Vorratsdatenspeicherung schreitet voran – gefährdet speziell Blogger

1984Die Vorratsdatenspeicherung ist leider eines der Lieblingskinder einiger Politiker und soll auf Krampf durchgedrückt werden. Kritik hagelte es in der Vergangenheit zwar genug, doch ein neuer Entwurf ist durch den Rechtsausschuss gekommen und heute im Parlament Diskussionsthema. Man muss mittlerweile davon ausgehen, dass die Vorratsdatenspeicherung wohl auf uns alle zukommt. Besonders Schreiberlinge wie Blogger und Journalisten müssen deswegen vermutlich in Zukunft auf sich aufpassen und könnten bei der Veröffentlichung sensibler Daten allzu schnell die Grenze zwischen investigativem Journalismus und sogenannter Datenhehlerei überschreiten.

So wird die Vorratsdatenspeicherung von Kritikern auch gerne als „Anti-Whistleblower-Gesetz“ bezeichnet. Auch wenn ich gern mal über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mosere, finde ich einen neuen Kurzbericht des NDR-Magazins „Zapp“ dazu sehr aufschlussreich. Das Problem ist nämlich, dass Whistleblower heute nicht mehr angestaubte Aktenordner auf dunklen Parkplätzen an die Presse herausgeben, sondern die Daten z. B. via USB-Stick oder komplett übers Netz weiterreichen. Das fiele dann unter den Paragraph 202d zur „Datenhehlerei“.

Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, mahnt, dass eine enorme Rechtsunsicherheit entstehe: „Ich halte es für fahrlässig hier eine Grauzone einzuführen und damit das unkalkulierbare Risiko sich vielleicht bei seiner täglichen Berufsausübung strafbar zu machen“, so Buermeyer im Beitrag. Journalisten würden zwar durch eine Klausel geschützt, jene sei aber zu vage und öffne deswegen z. B. Angriffen auf Blogger Tür und Tor. Denn es heißt, die Arbeit mit geheimen Daten sei nur zulässig, wenn sie  „ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten“ diene.

Buermeyer sieht aber in der Schutzklausel viele Lücken: Beispielsweise wären Blogger, die nicht von ihren Artikeln leben und eher als Hobby schreiben, durch die Klausel gerade nicht geschützt. Auch Personen, die ein irgendwie geartetes, privates Interesse an ihrer Recherche hätten, wären nicht berücksichtigt. Denkbar wäre ein Fall, in dem ein Journalist zugleich privat Aktivist ist – schon fiele der Schutz durch die Klausel aus.

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In größeren Redaktionen, in denen Texte in der Regel durch mehrere Hände gehen, könnten sich alle Beteiligten strafbar machen – das gilt selbst für externe Experten, die man gerade zu komplexen Themen um Rat fragen müsste. Justizminister Heiko Maas und seine Mitarbeiter negieren die Probleme und beharren vor allem auf dem Standpunkt, dass ein Whistleblower Daten stehle und zur Rechenschaft gezogen werden müsse.

Da nützt es leider wenig, dass Richter Buermeyer im Interview mit „Zapp“ abschließend drauf hinweist, dass die neuen Paragraphen voraussichtlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien und die Arbeit der Presse in völlig unangemessener Weise erschwerten. Dass es diverse Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht geben dürfte, hält er für absolut sicher. Letzteres hatte vorherige Entwürfe bereits gekippt und muss sich eventuell bald erneut mit dem Thema beschäftigen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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44 Kommentare

  1. @Jasemine:
    Damit sagst du ja dennoch, dass es für dich ok wäre, die 300.000 vollständig und anlasslos zu überwachen. Ist es eben nicht. Und ihr Status und ihre Herkunft ist da kein ausreichender Anlass, soweit sie sich weiter nichts zu schulden kommen lassen.
    Richtig, VDS hat und hatte nie was mit Terror (oder wahlweise KiPo) zu tun, das ist nur das Totschlagargument, das gerade in ist. Deine 300.000 sind aber genauso wenig Terroristen, da lässt du dich schön vom gleichen Populismus einlullen.

    @Name
    Demokratische Teilhabe und Engagement ist für dich gewaltsamer Aktivismus und Bürgerkrieg, „in Fahrt sein“ ist für dich Raserei. Du kommst mit Judensternargumenten bist aber scheinbar der letzte, der sich gegen Unrecht auflehnen würde, genauso wenig wie du es offenbar für nötig befindest, die eigenen Rechte oder gar die anderer hochzuhalten und sie als die Errungenschaft zu begreifen, die sie darstellen. Du versuchst dich mit Logik zu wehren, und scheiterst. Nun sind dir offenbar die Argumente ausgegangen. Am besten belassen wirs dabei.

  2. OMG!
    Wie engstirnig bist Du denn, 2cent? Um’s Verrecken Recht behalten müssen, egal mit welchen Verrenkungen?
    Welcher Teil von
    „Es geht […] um „Oh, schau, so wichtig ist es dann wohl doch nicht, über Schritt und Tritt der Menschen informiert zu sein. Ergo sind die Argumente Lügen!“
    erschliesst sich Dir nicht?

  3. @Jasemine: Ich habe das durchaus verstanden. Mir gefällt nur deine Argumentation nicht, weil sie nach dem Motto verläuft „Ginge es um Terrorismus, müsste man die ja auch/erst recht überwachen. Das ist nicht das Problem an der VDS und das Terrorismus/KiPo-Argument war immer Bullshit.

  4. @2cent
    Das Topic ist ja schon „news von Gestern“, wir machen mit einem Chat also den Thread nicht (mehr) kaputt:
    Nochmal: Du verstehst das (eventual)vorsätzlich falsch!
    Ich sage nicht(!) „Die 300.000 gehören überwacht!“, sondern „Wer selbst die 300.000 nicht überwacht hat in Tat und Wahrheit keine Terrorangst!“ (sondern will nur überwachen/gängeln/drohen).

    P.S. Jetzt magst Du ANTIFA bis zum Anschlag sein, aber Du wirst bitte nicht ernsthaft leugnen, dass bei n südosteuropäischen/arabischen Immigranten das Kriminalitäts-/Terrorrisiko „einen Hauch“ höher ist, als bei n bereits hier lebenden Menschen.
    300.000 ist als statistische Masse sicher signifikant genug.

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