Das Missverständnis: Deutschland im Europavergleich weiter auf der Daten-Landstraße

Unterhält man sich mit einem Amerikaner über Autos, dann kommt dieser gleich ins Schwärmen. „German Autobahnen“ sind beliebt. Anders soll es allerdings in Sachen Internetgeschwindigkeit aussehen, hier sind wir im Europavergleich angeblich auf der Landstraße unterwegs – wenn man das so nennen will. Wahrscheinlich knattert der Großteil der Bevölkerung nach Medienberichten eher mit einem Moped über den Fahrradweg.

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Gemessen wurde von der Europäischen Kommission, hier hat man 30 MBit/s vorausgesetzt und geschaut, wie viele Menschen in den jeweiligen Ländern jeweils Zugriff auf diese Geschwindigkeit haben, gemessen am Bevölkerungsanteil. In Belgien nutzen 22,7 Prozent der Einwohner diese Geschwindigkeit, in den Niederlanden immerhin noch 17,2 Prozent. Der EU-Durchschnitt beträgt 6,3 Prozent, wir liegen also mit 5,5 Prozent noch unter dem Durchschnitt, noch hinter Rumänien.

Was viele missverstehen: es geht hier nicht um Nutzer, sondern um Bewohner. In Sachen Anschlussinhaber sieht es ganz anders aus, denn so haben in Deutschland 13,3 Prozent der Breitbandkunden Zugriff auf mehr als 30 MBit/s und 3 Prozent sind im Bereich 100 MBit/s+ unterwegs. Nicht zu verachten sind auch die generellen Abdeckungen, hier haben wir in Deutschland eine Abdeckung von 84 Prozent, wenn es um 144 Kilobit bis zu 30 MBit/geht.

Ja, da das liest sich langsam, aber leider schlüsselt die EU Kommission nicht alles unter 30 Mbit auf. Übrigens haben wir in Deutschland eine hohe Broadband Penetration, diese liegt mit 34,9 Prozent über dem EU-Durchschnitt von 29,8 Prozent. Was leider unter dem Durchschnitt liegt, ist das Wachstum seit Januar 2013, hier liegen wir mit 0,8 Punkten unter dem EU-Durchschnitt.

Lange Rede, kurzer Sinn, schaut euch genau die Tabelle an, wenn euch die EU-Zahlen interessieren, und lasst euch nicht immer zwingend die Mär vom Internet-Albtraumland Deutschland erzählen.

Zum Ausbau in Deutschland empfehle ich auch einmal diesen und diesen Beitrag. Bei mir auf dem Dorf sind übrigens 100 MBit auf dem Papier machbar – und bei euch?

(Grafikquelle: Statista)

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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49 Kommentare

  1. northlander says:

    @¥kens

    In Schweden wird nicht fast alles über oberirdische günstige Leitungen realisiert, Kann sein, dass es in Småland einige überirdische Leitungen gibt, weil der Untergrund so steinig bzw. felsig ist. Hier in Östergötland und anderswo ist eigentlich alles vergraben.

    Viele Gemeinden setzten schon zur Breitbandinitiative von vor über zwölf Jahren auf Glasfaser in eigenen Netzen, auch in Städten. Kupfer stirbt hier aus. Auch der ehemals staatliche Netzbetreiber Telia (bzw. seine Netzgesellschaft Skanova) hat vor über fünf Jahren begonnen, in ländlichen Gegenden das Kupfernetz abzubauen und durch Glasfaser zu ersetzen.

    Ein Beispiel aus der Fläche sind meine Gemeinde und vier Nachbargemeinden mit über 2000 Kvadrat-km Landfläche und 32000 Einwohnern. Auf unserer Landstrasse gibt es seit 2003 Breitband mit bis zu 250 mBit/s (symmetrisch), heutzutage auch 3G mit bis zu 25 MBit/s und 4G. ADSL habe ich nie probiert. Ich hätte deutlich weniger als 2 mBit/s, da ich von beiden Telestationen am weitesten entfernt liege.

  2. coriandreas says:

    Schnelles Internet? In Südkorea und Japan gibts 2-Gbit/s für 40 Euro mit Flatrate.

  3. DragonHunter says:

    Ich ziehe bald nach Essen… da sollte man denken, sind 16 MBit kein Problem… was bietet einem Vodafone? 3-4MBit… in der 10.größten Stadt in Dtld. … schnelles Internet?… Darf ich lachen?

    Kabel? gibts in der Straße nicht, Satellit? Naja Ping von 2000 is schon was feines. LTE? erst sind die Kuhkäffer dran

    Es ist traurig, wenn man sich mit ansehen muss, dass große Teile im Ruhrpott noch mit 6 MBit und weniger unterwegs sein müssen. Ich finde die Statistik gar nicht so verfälschend, wie der liebe Caschy, schließlich gelten die Zahlen für die anderen Länder auch für die Einwohner… lasst uns doch hochrechnen, wie viele Kunden in Rumänien mit 30MBit+ unterwegs sind…

    Solange ich in Großstädten nicht flächendeckend wenigstens 10Mbit kriegen kann, ist doch der ganze Breitband-Wahn nix wert… Was juckt den Kleinunternehmer, wenn man in Henningsdorf FTTH kriegt, wenn er selbst mit 4MBit seine Geschäfte abwickeln muss?

  4. @tripeX
    Zum Thema KabelBW: Die 99,9% helfen leider nicht, wenn der Vermieter sich weigert der „Gestattungsvertrag“ zu unterzeichnen, obwohl ihm dabei keinerlei Kosten entstehen würden.

    Über DSL geht leider auch nur 6Mbit: „Grauer Kasten“ ist zwar mit Glasfaser angebunden, und zu meiner Wohnung sind es von dort auch nur 30m, aber in dem „grauen Kasten“ steckt Hardware, die max. 6Mbit schafft…

    Was mich am meisten aufregt ist, dass die Gründe meines lahmen Anschlusses in beiden Fällen nicht an technischen Gründen scheitert, sondern weil andere nicht wollen.

  5. Will der Artikel jetzt sagen „aber 30 MBit braucht ja auch niemand“? Übrigens sind die 13% auch noch falsch, es sind 16% (man muss schon die Kategorien „30-100“ und „>100“ zusammenrechnen für „>30“). EU-Weit sind’s übrigens 16 bzw. 21%, also auch hier deutlich mehr. Auch gibt es durchaus Zahlen für kleinere Bandbreiten: 5,5% 10 (EU 66%). Letzteres halte ich übrigens für die derzeit wichtigste Schwelle.

  6. Laut Vertrag 16 Mbit/s bei Vodafone im Stadtrand Aachens.
    10 Mbit/s kommen an – reicht für VoD
    Für Download ist es mir eher zu langsam, aber ich will nicht meckern angesichts einiger User hier die es sichtlich härter trifft….

  7. Das ist alles völliger Blödsinn und dramatisiert die Sachlage völlig.

    Bandbreite:

    Schnelles Internet bzw. Breitband erst ab 30min zu definieren ist viel zu hoch.

    Beim Surfen auf Internetseiten wird der 0815 User keinen Unterschied zwischen 16mbit und 100mbit feststellen, da die Datenmenge zu klein dafür ist.
    Beim Download kommt es immer auf die Gegenstelle an. Heute wird gerade deshalb bei Servern pro IP oder Verbindung eine Begrenzung eingesetzt.

    Prozentualer Anteil :

    EEs ist ja wohl logisch das ein Land welches viel weniger Einwohner hat meistens besser da steht bzw. Dessen Chance viel größer ist einen höheren Anteil zu erzeugen.

    Kopfschüttelnd Gruß an die EU und Rechengenies

    Akusari

  8. Österreich / Linz (Hauptstadt von Oberösterreich), nahe dem Zentrum: Per DSL maximal 8 MBit (Telekom). Gedrosselt, da bei mehr als 6 MBit die Infrastruktur instabil wird und durch ständige Verbindungsabbrüche die Leitung unbrauchbar wird. Hat sich aber seit einem Austausch der Hardware gebessert.

    Kabel wäre verfügbar, der Nutzen würde aber die Mehrkosten bei mir nicht rechtfertigen.

    @Akusari: Der 0815-User nutzt auch Videos. Da merkt man den Unterschied recht schnell. Vielleicht nicht zwischen 20 Mbit/s und 30 Mbit/s, aber bei FullHD sind 8 MBit schon grenzwertig. Würden wir noch Digital-TV auch von der Telekom beziehen, würde das alleine schon 4 MBit/s belegen, vermutlich pro eingeschaltetem Fernseher.

    Es muss zwar nicht jeder einzelne 30 MBit oder mehr haben, aber es sollte bei Bedarf für möglichst jeden verfügbar sein.

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