Kommentar: Windows 8 – nächste EU-Klatsche für Microsoft?

Zuerst einmal möchte ich mit meinen bekannt sachlichen und mit Bedacht gewählten Worten einen kleinen Kommentar mitgeben, bevor ich zum Thema komme. Ich frage mich oft, was für Klappspaten in Kommissionen und EU-Gerichten sitzen. Was da an Müll verzapft wird – das ist einfach unfassbar. Browserchoice ist mit so ein Ding. Microsoft muss Kunden, die aktuell den Internet Explorer als Standardbrowser verwenden, darüber informieren, dass auch andere Webbrowser zur Nutzung zur Verfügung stehen.

Microsoft hatte man damals aufgebrummt, dass der Anwender die Wahl haben müsse, welchen Browser er installiert und zum Standard macht. Ich klamüsere das hier jetzt nicht alles einzeln auf, nicht nur der Internet Explorer war „damals“ 2009 ein Kriterium, dieses Urteil zu erlassen, sondern auch seine Integration ins Betriebssystem.

2009 war das? Das war das Jahr, in dem der Internet Explorer mit all seinen Versionen zwar immer noch gesamt betrachtet Platz 1 belegte, aber in der Gunst der Konsumenten schon längst weg vom Fenster war. Jeder, der nicht mehr auf dem Baum schläft, der wusste auch 2009 schon, dass man andere Browser installieren hätte können – und wer jenes nicht wusste, der sollte lieber beim Gameboy bleiben….

Wie gesagt, nur meine Sicht der Dinge, eure mag anders sein. Wer sich so etwas ausdenkt, der muss dafür sorgen, dass ich den gleichen Schwurbel auch unter Linux und Mac OS X vorfinde. Und in Zeiten mobiler Systeme muss man natürlich auch Google mit Android und Apple mit iOS verknacken, dass diese mir schon beim Start einen der gefühlt 100 Browser anbieten, die es auf dem Markt gibt.  Und dass man bei iOS nicht einmal einen anderen Standardbrowser außer Safari festlegen kann, wäre sicherlich schon Grund genug für eine EU-Klage mit anschließendem Verkaufsverbot als Urteil. Mindestens 😉

Nun hat Microsoft bei geschätzten 28 Millionen Rechnern die Browser-Auswahl vergessen. Uuuups! Hat bis jetzt keine Sau gemerkt, weil es eben keinen gestört hat. Das lustige Fensterchen muss nun wieder eingeblendet werden und bietet dann so Top-Browser wie RockMelt, Lunascape, Comodo Browser oder SR Iron feil, letztere ein reines Abklatschprodukt von Google Chrome – man hat sich einfach Webkit geschnappt und etwas zusammen gefrickelt.

Die Experten der EU-Kommission haben nun ein neues Untersuchungsverfahren gegen Microsoft eingeleitet, in dem es um den Internet Explorer in Verbindung mit Windows RT geht. Dem Betriebssystem, welches ich momentan die kleineren Chancen einräume (Unterschiede zum normalen Windows 8 hier), da es eigentlich gar kein Windows ist, sondern die Metro UI mit einem eigenes angepassten System. Normale Programme und Co? Laufen nicht, müssen speziell entwickelt werden.

Problem: Unter Windows RT steht dem Internet Explorer eine Art Desktop-Modus zu, der vollen Zugriff auf die APIs von Windows bekommt, im Metro-Modus ist dies nicht möglich. Heißt: der Internet Explorer hat auf der noch nicht veröffentlichten Windows RT-Plattform mit bis dato also NULL Kunden einen Wettbewerbsvorteil. Ich meine: ist ja nicht so, dass Apple auf dem iPad auch keinen anderen Standard-Browser zulässt – des Weiteren können nur Browser benutzt werden, die auf die veraltete Engine zugreifen können, wie sie auch von Safari genutzt wird (dieser aber in der aktuellen & schnelleren Version).

Jedenfalls ist diese Windows API-Geschichte für die Freunde der EU-Kommission mal wieder Grund genug, ein bisschen zu recherchieren. Microsoft ist ja auch Mitte 2012 in allen Belangen noch der große und böse Monopolist, den es zu beschneiden gilt. Google, Opera und Mozilla haben ja bereits frühzeitig ihren Unmut geäußert. Was dies im Endeffekt bedeuten könnte, wenn die EU-Jungs frei drehen?

Sollte die EU entscheiden, dass auch die Desktop-Versionen der Konkurrenz-Browser zugelassen werden müssen, müsste man das gesamte Konzept von Windows RT in die Tonne treten. Im schlimmsten Fall könnte das bedeuten, dass es vorerst überhaupt keine ARM-Tablets für den europäischen Markt gibt, bis die notwendigen Anpassungen vorgenommen wurden.

Nun möchte ich hier nicht „Arschbacken“ mit „Kuchen backen“ vergleichen, Windows RT ist sicherlich etwas anderes, als das oben angesprochene Browserchoice. Da Windows RT in meinen Augen kein echtes Windows-System ist, kann man hier nicht von einer Ausnutzung des Monopols sprechen. Das Monopol beackern fleißig Apple und die zig Android-Versionen. Mich persönlich nervt das alles. (via, via)

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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47 Kommentare

  1. @Martin:
    Die Quelle ist ist über zwei Jahre alt. Zudem gehst Du auch nicht auf mein Argument mit dem funktionierenden Adblocker ein. Bei Firefox z.B. funktioniert Adblock+ tatsächlich so – unter Chrome geht es prinzipiell nur per Verstecken der Werbung. Daher wird das Chromium-Projekt die Patches auch nie annehmen, weil Google das nicht will.

  2. OT: Aus welcher ST:TNG-Folge ist eigentlich das 1. Facepalm-Bild?

  3. Die Ergebnisse mögen Kopfschütteln auslösen, und das ist auch nachvollziehbar. Das liegt daran, dass Browser-Choice eine Stilblüte ist, die Ausdruck eines tieferliegenden Problems mit Microsofts Geschäftsgebaren ist.

    Man darf aber nicht vergessen, warum dies geschieht. Microsoft hat jahrelang IMHO fast mafiös agiert und war (ist?) einer der aggressivsten Firmen überhaupt. In der EU ist man da nicht so betroffen (und daher auch „cooler“), in den USA sind die Verflechtungen natürlich viel stärker. Nicht umsonst waren in den USA Bestrebungen bzw. ein Prozess am Laufen, den ganzen Konzern einfach zu zerschlagen. Lustig, das gerade Microsoft ein solches Verfahren praktisch schadlos überstanden hat… das gelang IMHO keinem anderen relevanten US-Großkonzern, nichteinmal Rockefellers Standard Oil. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

    Zudem besteht nachwievor eine so große Windows-Dominanz auf dem Desktop, dass Microsoft mit anderen Maßstäben gemessen wird. Das ist nicht unfair, sondern marktwirtschaftlich sinnvoll und daher auch juristisch gedeckt.

  4. @Viktor: Weil keiner davon eine Marktbeherrschende Stellung hat.

  5. Ich finde du hast recht.

    Ich als Ubuntu Nutzer finde es z.B. doof das ich I-Tunes nicht nutzen kann oder aber Portale wie Maxdome nicht nutzbar sind. Dagegen sollte man was tun!!

  6. Mit x86 hat sich im Desktop-Markt ein gemeinsamer Nenner gebildet. Meinetwegen können wir auf ARM verzichten. Wozu die Fragmentierung?

  7. Microsoft ging es mit der Integration des IE darum, etablierte Browser und Konkurrenten mit dem eigenen OS vom Markt zu putzen. In dieses Vorhaben hat MS große Emtwicklerteams gesteckt und den Browser (angeblich) untrennbar mit dem OS verflochten. Apple bietet seit jeher geschlossenen Systeme und Fremdfirmen können sich die Attraktivität des Marktes vorab ausrechnen. Übrigens ist es ziemlich arrogant, zu behaupten, wer nichts über Browser weiss, lebt auf Bäumen. Es gibt auch noch Leben neben der IT und hochgebildete Leute, denen das Programm für’s Internet einfach s…egal ist.
    Und abgesehen davon gäbe es heute weder den Firefox noch Opera etc., hätte es den gegen MS-Prozess nicht gegeben. Die Browserauswahl selbst war dabei allerdings weniger wichtig als die Planungssicherheit für Mozilla und Co..

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