„Ghostwire Tokyo“: Kurztest der neuen Version für die Xbox Series X|S

Das Spiel „Ghostwire: Tokyo“ ist eine Kuriosität: Denn es erschien im März 2022 zunächst für Windows und im Konsolensegment exklusiv für die Sony PlayStation 5 – obwohl den Vertrieb Bethesda übernimmt, welche bekanntermaßen mittlerweile den Redmondern gehören. Dies lag daran, dass da Exklusivabkommen mit Sony noch vor der Übernahme abgeschlossen worden war. Jetzt ist es so weit: Das Spiel ist auch für die Xbox Series X|S verfügbar. Parallel ist zudem das große Update „Der Faden der Spinne“ erschienen. Grund genug für mich, einmal in „Ghostwire: Tokyo“ für euch hereinzuschauen.

„Ghostwire: Tokyo” erhielt 2022 eine solide Resonanz: Das Spiel wurde keineswegs verrissen, kann aber mit einem Meta Critic Score von 75 auch nicht als echter Hit gefeiert werden – ein gutes Spiel, das aber vielleicht nicht ausreichend aus der Masse hervorgestochen ist. Dabei übernimmt die neue Portierung für die Xbox Series X|S alle Stärken und Schwächen, ist aber bereits im Xbox Game Pass enthalten. Wer sich also für Horror-Spiele begeistert und die Flatrate abonniert hat, hat im Grunde keine Ausrede.

Der Plot des Spiels ist identisch geblieben: Ein Geist ergreift von einem jungen Mann namens Akito Besitz. Was nicht gerade angenehm klingt, rettet letzterem das Leben, als ein mysteriöser Nebel Tokyo umfängt und die Menschen zu Geistern transformiert, die jetzt körperlos vor sich hin vegetieren. Da Akito bereits besessen ist, bleibt er unverändert, sieht man davon ab, dass der in ihm wohnende Geist jetzt seine rechte Hand kontrolliert. Gemeinsam versuchen sie jetzt den maskierten Beschwörer Hannya zu stoppen, welcher dämonische Wesen ins urbane Neonlicht zerrt.

Natürlich gibt es im Verlauf der Geschichte einige Twists und „Ghostwire: Tokyo“ versucht auch eine tiefere Message um das Verarbeiten von Traumata zu vermitteln. Über weite Strecken ist die Erzählung jedoch recht übertrieben, sodass viele Momente sehr an der Grenze zur unfreiwilligen Komik rangieren. Deswegen empfand ich den Titel auch nie als wirklich angsteinflößend. Es gibt aber stets eine unheimliche Atmosphäre, die am besten funktioniert, wenn sie ohne die cheesy Dialoge auskommt. Immerhin: Die deutschen Synchronsprecher machen ihren Job überraschend gut, sie können nicht für das überkandidelte Drehbuch.

Grafisch empfinde ich „Ghostwire: Tokyo“ als ein wenig zu steril. Irgendwo passt das zum überfüllten Tokyo, bedingt aber ein Art-Design, das mir zu unterkühlt ist. Da empfinde ich etwa die „Yakuza“- bzw. „Like A Dragon“-Titel, die ebenfalls im modernen Tokyo spielen, als wesentlich lebendiger bzw. einnehmender. Dabei sind die Umgebungen durchaus detailliert, die Monster-Modelle teilweise kreativ. Aber bei mir wollte der Funke nicht überspringen, zu ähnlich sieht irgendwie alles in der weitläufigen Großstadt aus.

Diese visuelle Monotonie wird leider durch das Kampfsystem verstärkt, bei dem man im Wesentlich immer wieder drei Zauber und feste Abläufe nutzt, um allen Gegner beizukommen. Zumal man feindlichen Angriffen nicht durch geschicktes Ausweichen über einen dedizierten Button entgehen kann, sondern eher zwischen Blocken und magischen Angriffen wechselt. „Munition“ für die drei elementaren Angriffe (Wasser, Luft und Feuer), die sich auch aufladen und dann in stärkeren Varianten nutzen lassen, sammelt man in der Spielwelt. Auch mit einem Bogen könnt ihr den Gegnern den Garaus machen. Neue Pfeile sind jedoch rar, sodass ich am Ende dann doch eher gezaubert habe.

„Ghostwire: Tokyo“ bringt etwas Taktik ins Spiel, wenn man sich an Gegner heranschleicht, nachdem man sie mit Talismanen abgelenkt oder kurzzeitig gelähmt hat. Dann sind Instant-Kills aus dem Hinterhalt möglich. Bedauerlicherweise wird man aber zum einen schnell entdeckt und zum anderen haben die Dämonen nicht nur übernatürliche Sinneskräfte, sondern sind zumeist auch in Gruppen unterwegs. Schleichen führt daher selten zum Ziel.

Es gibt RPG-mäßig auch einen Skilltree, der allerdings etwas aufgesetzt wirkt und keine Überraschungen birgt: Angriffe bekommen mehr Wucht bzw. richten mehr Schaden an, ihr könnt mehr Munition tragen oder die schweren Attacken schneller aufladen. Das alles ist hilfreich, bringt aber nie neue Drehs ins Gameplay. Was daher anfangs noch Spaß macht, als alles neu erscheint, bleibt danach zu statisch und man wird in ewig gleichen Abläufen gefangen.

So reinigt ihr Gebiete der Stadt und saugt die Geister der früheren Bewohner ein, um sie quasi als „Währung“ einzusetzen und Erfahrungspunkte zu erhalten. Wie in den Ubisoft-Spielen erwachsen daraus jedoch recht monotone, sich stets wiederholende Aufgaben wie das Reinigen versuchter Bäume. Rasch wird das Ganze eher zu einer Arbeit, auf die ich ab einem gewissen Punkt keine Lust mehr hatte, weil ich mich sowieso gut aufgepowert fühlte.

Unterhaltsamer sind die Nebenaufgaben, die manchmal sogar etwas Humor beinhalten und so von der düsteren Hauptstory ablenken. Diese Sidequests mit netten, kleinen Geschichten haben wir am Ende sogar am besten an „Ghostwire: Tokyo“ gefallen und mich im Ansatz an die „Yakuza“-Titel erinnert. Das lag sicherlich auch am typischen japanischen Humor, welcher durchschimmert.

Ihr könnt übrigens auch an den Xbox Series X|S aus mehreren Performance- bzw. Qualitätsmodi wählen. Mit 30 fps etwa ist auch Ray-Tracing an Bord, mit 60 fps sinkt die Auflösung, aber das Spiel läuft deutlich rasanter. Das Update „Der Faden der Spinne“ bringt im Übrigen mehr roten Faden in die Geschichte und erweitert einige Story-Szenen. Es handelt sich aber um dezente Erweiterungen und nicht etwa größer angelegte Umbauten wie bei z. B. „Persona 5: Royal“. Einige neue Nahkampfangriffe sind ebenfalls an Bord, peppen das Kampfsystem aber meiner Ansicht nach kaum auf.

Ein neuer Spielmodus, der nach dem Abschluss von Kapitel 2 aus dem Hauptmenü anwählbar ist, ist die größte Erweiterung: Dabei handelt es sich um eine Art Ausdauer-Probe, denn ihr kämpft euch durch 30 Herausforderungen. Geht ihr drauf, landet ihr wieder im ersten Level und verliert (fast) all euer Geld, behaltet aber gewonnene Erfahrung und Teile der Ausrüstung. So könnt ihr nach und nach weiter vordringen. Es gibt auch eine kleine Rahmenhandlung, die ganz solide ist.

Im Ergebnis ist „Ghostwire: Tokyo“ ein solides Spiel, das mir persönlich aber wesentlich zu eintönig gewesen ist. Wer Horror-Spiele mit dichter Atmosphäre als heiligen Gral ansieht, kann aber eventuell mehr Befriedigung aus diesem Titel ziehen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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3 Kommentare

  1. Fand das Spiel wirklich unterhaltsam, man muss sich aber strikt an folgende Vorgehensweise halten:

    Spielt nur die Hauptstory durch und nur diese!
    Dann macht es wirklich gut Laune.

  2. Habe es im PS Plus gespielt (dort ist es übrigens wieterhin erhältlich) und fand es ganz gut. Man merkt aber auch, dass viel Potential verschenkt wurde. 1 Jahr mehr Entwicklung mehr und es hätte ein Hit daraus werden können.

  3. Technisch allerdings auch ein Jahr später mit den gleichen bzw. größeren Schwächen als die Ps5 Version.

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