Game Over: Darum sind viele Spiele heute so besch…eiden

Videospiele sind mein Hobby, seit ich ein kleiner Knirps gewesen bin. Es fing an mit dem Atari 2600 und dem C-64, erstreckte sich über das Super Nintendo und die erste PlayStation und geht heute bis hin zu PS4 Pro und Xbox One X. So liebe ich Titel wie „Persona 5“, The Witcher 3″ oder auch jüngst „The Outer Worlds“. Trotzdem gibt es immer wieder Zeiten, in denen ich mich frage, was zur Hölle da los ist mit Publishern und Entwicklern. Und vielleicht stellt ihr euch manchmal im Hinblick auf Mikrotransaktionen, Loot Boxes oder Battle Passes die Frage: Wo ist der Spaß hin?

Dieser Beitrag ist dabei nur meine persönliche Meinung und ich möchte klarstellen: Ich finde nicht, dass alle Spiele heute Mist wären. Ganz im Gegenteil: Jedes Jahr gibt es eher zu viele als zu wenige Titel, die mich interessieren. Und gerade in dieser Konsolengeneration würde es mir schwerfallen, mich auf meine absoluten Games-Favoriten festzulegen.

Doch in letzter Zeit fällt mir immer stärker auf, was da eigentlich für kuriose Dinge geschehen bei Entwicklern und Publishern – speziell meine ich da die In-Game-Monetarisierungen. Wohlgemerkt rede ich nicht nur von Mobile Games aus dem Free-to-Play-Bereich, sondern von Vollpreis-Titeln für PC und Konsole.

Bevor nun der erste Kommentator raunt „Das war schon immer so, biste jetzt erst aufgewacht?“ Nein, das war eben nicht immer so. Und dafür möchte ich ein paar jüngere Beispiele aus der Gaming-Industrie aufgreifen und meine persönliche Meinung dazu mit euch teilen. Ich teile das Thema dabei in zwei Beiträge auf, damit hier kein Mammutwerk entsteht und weil es einfach zu viel gibt, als dass ein Beitrag alles abbilden könnte.

Spiel ist unfertig? – Komm, mach mal Early Access!

Publisher sind kreativ. Eigentlich sollte es das Ziel sein, dass sie bzw. ihre Entwicklerstudios Games produzieren, die Spaß machen. Ein gutes Spiel verkauft sich, generiert Mund-zu-Mund-Propaganda, baut eine Marke auf. Doch irgendwann bekam man den Hals nicht mehr voll. Einfach nur ein fertiges Spiel veröffentlichen und verkaufen – das ist viel zu langweilig. So kam man auf einen neuen Dreh: Mach doch mal Early Access!

Das bedeutet, man schnoddert Spiele raus, deren Produktion aber eigentlich noch in vollem Gange ist. Spieler dürfen während der laufenden Entwicklung ran und geben Rückmeldungen ab. Dadurch erhalten die Entwickler die Chance vorm finalen Release Fehler zu korrigieren. Klingt grundsätzlich nach Win-Win – Qualitätssicherung durch eine breite Gruppe an Playtestern, die als Gegenzug als erste an ein Spiel kommen. Tja, aber wenn der Vollpreis für Early-Access-Titel ausgerufen wird, dann läuft in meinen Augen etwas schief.

Ergebnis: Der Spieler bezahlt dafür, als Beta-Tester zu agieren – in der Hoffnung, dass irgendwann mal ein gutes Spiel das Ergebnis ist. Problem: Viele Early-Access-Titel werden niemals fertiggestellt. Bei kleineren Entwicklern kann es passieren, dass einfach das Geld ausgeht oder die Lust vergangen ist. Bei größeren Titeln wie „Star Citizen“ kommt es hingegen vor, dass ein ambitioniertes Team bzw. ein weitschweifiger Kreativer dahinter steckt, der sich in Details verliert. Oder ein Publisher stellt fest: Beim Early Access machen zu wenige mit – stampfen wir das Ding lieber ein, als noch mehr Geld reinzubuttern und ein Verlustgeschäft zu machen. In die Röhre gucken die bisherigen Early-Access-Käufer.

Am Ende gibt es viele Gründe, aus denen ein Early-Access-Projekt scheitern bzw. eingestellt werden kann. Grundsätzlich habe ich gegen diese Art der Veröffentlichung und Einbindung der Community nichts. Allerdings entwickelt sie sich immer mehr dazu, Spieler zu Beta-Testern umzuwandeln – und der Gamer zahlt auch noch für dieses zweifelhafte Privileg.

Tote Hose im Spiel, aber: „Wir ham da mal so ne Roadmap…“

Early Access hat den Nachteil, dass man ein noch in der Entwicklung befindliches Game als Retail-Version in den Laden stellen kann. Doch Publisher haben längst einen zweiten Kniff gefunden, um unfertige Spiele mit wenig Inhalt trotzdem als „fertig“ rauszuhauen: die Roadmap! Man veröffentlicht also ein Spiel, für das eigentlich viele Inhalte noch komplett fehlen. Tja, da ist man sich bewusst, dass die Gamer davon womöglich rasch enttäuscht sind. Was macht man also? Schließlich will man möglichst schnell an Kohle kommen, statt ohne greifbare Einnahmen weiter zu tüfteln..

Die Lösung: Man kündigt eine Roadmap an. Am liebsten mit Sprüchen wie: „Wir haben einen Plan für mehrere Jahre!“ Wenn ihr so etwas hört, dann macht lieber einen großen Bogen um das jeweilige Game. Denn was die Entwickler und Publisher euch eigentlich sagen wollen ist: „Okay, zum Launch ist im Spiel tote Hose… Aber irgendwann wird es mal viel besser… Na ja, vielleicht!“ Was ihr dann kauft, ist in erster Linie ein loses Versprechen – bei dem der Publisher keine Reue haben wird, es zu brechen, wenn die Verkaufszahlen nicht stimmen. Denn Beispiele, in denen die pompös vorgestellte Roadmap eines Spieles so viel wert gewesen ist wie die sinnlosen In-Game-Goodies für Vorbesteller, gibt es zahlreiche.

Einer der Worst-Offender, der mir sofort einfällt, ist „Anthem“. Die tumulte Entwicklung des drögen Loot-Shooters wurde mit immenser Recherche bei Kotaku dokumentiert – sehr lesenswert! So stimmte man die Spieler zum Launch erst einmal mit einer ach so dollen Roadmap ein, welche mehrere Akte mit neuen Inhalten für das Spiel versprach. Nachdem man Akt 1 zunächst verschieben musste, kündigte man kurz nach dem großen Cataclysm-Update in bestem PR-Speak an, sich ganz von dem Akt-Modell (höhö) zu verabschieden.

Die Begründung war zugleich logisch wie absurd: Man wolle erstmal die Kernprobleme des Gameplays von „Anthem“ beheben. Man sollte annehmen, dass soetwas vor der Veröffentlichung passieren würde – nein, Bioware und EA fangen über ein halbes Jahr nach Release an zentrale Probleme anzugehen.

Als zweites Game, das im Grunde alle Register gezogen hat um Fans der Marke zu vergraulen, muss man wohl „Fallout 76“ erwähnen. Mittlerweile zur Lachnummer der ganzen Gaming-Community avanciert, ist nur Bethesda selbst das Lachen im Halse stecken geblieben. Dieses Online-Spiel erschien zwar mit gigantischer Spielwelt, in der sich aber letzten Endes nur gähnende Leere verbarg: stumpfe Fetch-Quests, keinerlei NPCs, schlechte Interaktionsmöglichkeiten mit anderen Spielern.

Das unterhaltsamste an „Fallout 76“ sind wohl die endlosen Videos zu den Bugs, welche bei YouTube eine Eigendynamik entwickelt haben. Schön wäre es, würde ich da atomare Käfer in der Postapokalypse meinen, doch selbst Monate nach Veröffentlichung weiß Bethesda da immer wieder neue Kalauer zu liefern. Zuletzt etwa brachte man Spieler zum Kopfschütteln, als man das Wastelander-Update auf 2020 verschieben musste, welches endlich NPCs implementieren sollte.

Stattdessen fand man locker Zeit um ein Abonnement namens „Fallout 1st“ zu ersinnen – für stolze 119,99 Euro im Jahr oder 14,99 Euro monatlich. Der pure Wahnsinn, wenn man bedenkt, dass man dafür im Wesentlichen Tand erhält. Schlimmer noch: Die einzig sinnvollen Bestandteile des Abos, die Möglichkeit in geschlossenen Welten mit Freunden zu Spielen und unendlich viele Crafting-Items in einem Container zu lagern, waren zum Start von Fallout 1st verbuggt. So verschwanden verstaute Gegenstände einfach aus den Containern und die privaten Spielwelten waren nicht korrekt in sich geschlossen.

Der vergisst man schon fast wieder, dass Bethesda zudem vor dem Launch angekündigt hatte, dass „Fallout 76“ über den In-Game-Shop nur kosmetische Items anbieten würde, später aber doch Objekte den Weg dorthin bewältigten, die durchaus spielerische Vorteile verschaffen. Schade, denn damit hat sich das Unternehmen so viel Credibility in der Community verspielt.

Bezahle uns, damit du unser Spiel nicht zocken musst

Noch bunter treibt es vielleicht nur noch Ubisoft. So bescheuert das klingen mag: Die Franzosen verkaufen mittlerweile für Titel wie „Tom Clancy’s Ghost Recon Breakpoint“ sogenannte Time Savers. Ja, richtig gehört: Ihr kauft von dem Publisher ein Spiel und bezahlt am Ende dafür, dass ihr es nicht spielen müsst. Auf so eine Idee muss man auch erst einmal kommen. Doch daran wird ein Problem deutlich: Wer Mikrotransaktionen verteidigt, argumentiert oft: „Stört doch nicht! Sie sind ja optional! Kann man ignorieren! Das Spiel wird dadurch ja nicht schlechter!“ – doch, wird es in vielen Fällen.

Denn die Planung von Mikrotransaktionen fließt tief in die Entwicklung ein. Wie sonst könnte man Time Saver überhaupt anbieten? Ein Spiel soll doch Zeit vertreiben, dabei Spaß bringen – nicht etwas sein, dass ich möglichst schnell hinter mich bringen möchte. Leider entwickelt man hier aber so, dass das Spiel absichtlich keine Freude bereitet, sondern in Arbeit ausartet, die man gerne umgehen möchte – durch In-Game-Käufe.

Sprich: Das Gameplay wird absichtlich anders gestaltet, denn es wird um Mikrotransaktionen herum entwickelt. Man geht also genau „falschrum“ vor. Statt in erster Linie ein gutes Spiel zu entwickeln, damit es sich über seine Qualität gut verkauft, entwickelt man Mikrotransaktionen und baut drumherum ein Game auf. Deswegen gibt es mittlerweile in vielen Titeln, unter anderem in Ubisofts Open-World-Titeln, so viel Grinding und so gigantische Spielwelten mit immer gleichen Aufgaben.

Doch wem macht das noch Spaß? Über 100 Stunden habe ich etwa „Assassin’s Creed Odyssey“ gespielt – wahrlich kein schlechtes Spiel, das mir in vielen Augenblicken viel Freude gemacht hat. Doch nach dem 99. Banditen-Lager hatte selbst ich keine Lust mehr noch Erfahrungspunkte durch derlei Nebenaufgaben zu sammeln, die am Ende nur einen Haken auf der Karte setzen. Doch darum geht es heute den Publishern und Entwicklern. Ob ihr Spaß habt, ist zweitrangig: Wichtig ist das „Engagement“ – das ist die wahre Währung der Gaming-Industrie. Ihr sollt an das Spiel gebunden werden, möglichst viel Zeit hinein pumpen – und am Ende auch mal Geld für eine Abkürzung ausgeben.

Morgen geht es mit Teil 2 meines Kommentars weiter und da werde ich nochmal auf Themen wie „Wale“, Loot Boxen und Battle Passes genauer eingehen. Bis dahin interessiert mich eure Meinung: Geht es nur mir so oder vermisst ihr es auch manchmal einfach ein fertiges Spiel zu kaufen und zu zocken? Klingt so einfach, erscheint aber so kompliziert. Gut, dass es da zumindest noch manche Ausnahmen, wie „God of War“, „Horizon: Zero Dawn“ oder „The Outer Worlds“gibt.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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152 Kommentare

  1. Hallo André,

    ich finde deinen Abschnitt zu Early Access etwas unreflektiert und oberflächlich.
    Bestes Beispiel: 7D2D, welches man auf dem Screenshot schön präsentiert.
    Das Spiel wurde fast ausschließlich von einer Person programmiert über einen Zeitraum von mittlerweile 5 Jahren, eine Vorfinanzierung eines solchen Projektes ist quasi ohne Early Acess nicht machbar, da das „Studio“ bisher noch nichts produziert und vorzuzeigen hatte auser einer Idee. Dennoch ist das Spiel für die Anzahl an Entwicklern sehr positiv bewertet und in seiner aktuellen Fassung sehr gut spielbar. Ich würde dich daher bitten in Zukunft etwas reflektierter an solche Themen ran zu gehen, klar Trennlinien zwischen „Abzocke“ und legitimen Early Access unterscheiden, denn das klingt für mich in seiner aktuellen Form sehr nach einer Polemik und mehr nicht.

    • André Westphal says:

      Bei Early Access ist es so, dass ich tatsächlich nicht alles da verdammen will – die Ursprungsidee fand ich auch gut – also dass eben dort Spiele von kleinen Entwicklern Aufmerksamkeit bekommen können. Leider wird das eben aber mittlerweile auch wieder durch größere Studios zweckentfremdet – ähnlich wie beim Crowdfunding.

      Ich meine da also explizit nicht Indie-Studios oder kleinere Entwickler, die meistens auch faire Preise ausrufen, sondern größere Entwickler / Studios. Der Titel im Screenshot wurde übrigens nicht als gezieltes Beispiel von mir gewählt, mir gings eher generell darum den Steam-Bereich zu zeigen, das kam dann vielleicht leider etwas unglücklich rüber. Deswegen war 7D2 auch kein Beispiel im Text.

  2. Singleplayeroffline-Spiele bieten idR die Möglichkeit von Cheats/Mods an, weshalb das Grinding dort in keinem Vergleich zu WoW steht. WoW war mal gut – früher – heute ist es stupides Grinding ohne Spielspaß und ohne die Möglichkeiten der Singleplayerofflinegames… Deshalb gibt es für mich kein schlechteres Gameplaydesign (Spielen ist wie arbeiten, ohne Spielspaß und Freizeitgefühl) als das heutige WoW (BFA, Legion, WoD..). Auf der Blizzcon wird dann gesagt ‚oh wir haben gemerkt, Spieler können gar nicht mehr alle Twinks spielen und fühlen sich unter Druck alles machen zu müssen‘, so ein lächerlicher Kommentar als ob sie es nicht absichtlich genau so entwickelt hätten (und nein, frühere AddOns vor instanzierten Dailygrindzonen und A*machtgrindsche*** hat sich WoW noch wie ein Spiel angefühlt und nicht wie Zwangsarbeit)…

    Zum early access.. ich hatte 1-2x early access Spiele erworben, die beide fertig gestellt und teils mit Gratispatchs im Lauf der Zeit erweitert wurden. Am meisten habe ich jedoch während des early access gespielt und auch am meisten Spaß gehabt, gerade weil das Spiel noch unfertig war und witzige Elemente hatte, die später ‚weggepatcht wurden wegen Balanceetc.‘. Das gilt auch für manche alpha und beta Versionen von Onlinegames. Unfertige Spiele bieten manchmal spielerische Freiheiten, die in der Releaseversion gestrichen wurden und dadurch dann weniger spaßbringend sind.

  3. Hubert Schubert says:

    Das sind genau meine Gedanken. Das ist der Kapitalismus im Endstadium. Qualität kostet zu viel Geld, bringt also weniger Profit. Aber wir Konsumenten haben es in der Hand und die meisten scheinen kein Problem damit zu haben. Ich wünsche ihnen weiterhin viel „Spaß“ mit diesen „Spielen“.

    • Vielen Dank, den habe ich! Auch mit großartigem DLC-Content! Statt ewig rumzunörgeln spiele ich einfach die guten Titel und lasse die paar wenigen faulen Äpfel einfach links liegen.

      Noch nie gab es so ein breites qualitativ hochwertiges Spieleangebot und Abos wie Game Pass & Apple Arcade – also weniger jammern, Controller in die Hand und einfach losspielen!

      Und wenn du keinen „Spaß“ mehr mit diesen „Spielen“ hast, dann kauf dir stattdessen doch einfach ein Buch: Kein Abo, keine Lootbooxen, kein DLC, keine Patches, kein whatever.

  4. Kann ich leider nur zustimmen.

  5. Ich kann dem Artikel in einigen Punkten zustimmen, schließe mich aber dem Kommentar von Hanna mit ihren differenzierten Einwänden, z. B. was Early Access betrifft, an und möchte in dem Sinne dem hier herrschenden Grundtenor in den Kommentaren widersprechen.
    Meine Position zusammenfassend vorab: Es gab nie zuvor eine bessere Zeit zum Zocken!

    Zur Biographie: Ich bin 36 Jahre alt und habe noch lebhafte Erinnerungen an das erste Computerspiel, das ich je gesehen habe: Batman auf dem Sinclair ZX Spectrum meines Onkels. Da war ich ein Kleinkind – kein Wunder, dass Spiele später zu einem meiner Hobbys wurden. Außerhalb von Sessions bei Freunden war der erste Rechner im Haus ein 386er mit Dos-System (Lemmings, Prince of Persia, The Incredible Machine), der erste eigene PC ein Pentium 90 mit Windows 95. Ich bin dem PC treu geblieben und habe in meinem Leben über 600 Spiele gespielt. Das ist ne Menge. Auf meinem derzeitigen System sind über 3000 Spiele installiert, die ich jederzeit starten kann. Grob gerechnet habe ich also, wenn ich in dem gleichen Tempo weitermache, Stoff für ca. 95 Jahre, Stand jetzt. Ich bin mir nicht so ganz sicher, ob ich das schaffe. 😛

    Warum schreibe ich das? Nun, das Offensichtliche zuerst: Aus meiner Position fällt es schwer nachzuvollziehen, wie man erwägen kann, das Hobby aus Mangel an interessanten Veröffentlichungen an den Nagel zu hängen! Angeberei spielt wohl auch eine Rolle, obwohl ich lieber von Sammlerstolz spreche. Aber vielleicht bin ich auch ein anspruchsloser Vielzocker, das mögen Leute mit einem verfeinerten, spezialisierten Geschmack durchaus zu Recht so sehen.
    Um es klarzustellen: Ich kritisiere Praktiken wie überteuerte, aus dem Hauptspiel ausgeschnittene DLCs, ich hasse das Prinzip Lootbox und gehe wie schon erwähnt bei den meisten im Artikel angeprangerten Punkten mit. Aber wie kommt es dann, dass sich die Eindrücke trotz gleicher Kritik an manchen Auswüchsen der aktuellen Spielelandschaft so stark unterscheiden? Der eine nennt ein paar wenige Titel, die gingen schon klar, aber insgesamt so meh, und ich würde mich am liebsten zehnteilen, um zumindest das Relevante mitzubekommen.

    Ich glaube nicht, dass man diese Frage mit einer monokausalen Antwort auflösen kann. Meine streitbare These, von der ich glaube, dass sie Relevanz hat, ist: Nicht die Spiele haben sich so stark verändert, sondern ihr, oder besser, wir. Als Kinder waren wir begeisterungsfähig, schon von kleinen Dingen gefesselt, und konnten uns tagelang mit dem gleichen Kram beschäftigen, ohne das uns langweilig wurde. Jetzt sind wir langweilige, ernsthafte, kritische Erwachsene, die sich angewöhnt haben, dass man allein schon aus Distinktionsgründen dagegen sein muss, um sich von der jugendlichen, dummen Masse an CoD-Spielern abzuheben, die auch einfach jeden Rotz unhinterfragt abfeiern müssen. Und andererseits, zum Zwecke der Anbiederung an die echten Erwachsenen, die Spiele natürlich für Kinderkram halten, Recht haben sie!, und es ärgert uns ein bisschen, dass wir noch nicht so weit sind, und so ein Mist, um die Altersvorsorge habe ich mich immer noch nicht ausreichend gekümmert.

    Das ist jetzt natürlich polemisch piesackend formuliert. Niemand muss das gleiche Hobby, das einem als Kind oder Jugendlicher etwas bedeutet hat, ein Leben lang weiterverfolgen. Es spricht nichts gegen Weiterentwicklung, das Erlangen von persönlicher Reife oder sich einfach etwas anderes zu suchen, das dem Menschen, zu dem man geworden ist, eher entspricht. Aber bitte, falls es so ist, akzeptiert es doch einfach, und lasst den anderen den Spaß! Ich schreibe übrigens nur deshalb so niederträchtig, weil es um Dinge geht, die ich nur zu gut von mir selber kenne. Was habe ich beim (letzten, davor auch schon) Tomb Raider-Reboot gewettert, dass man meine alte magische Reihe nimmt und daraus ein zielgruppenorientiertes Produkt mit Lootsammelkramgedöns und fancy „Drücke die Sprungtaste innerhalb eines Zeitfensters von einer Minute, um einen echt hart cineastisch inszenierten Sprung in allerletzter Sekunde durchzuführen…das dritte mal an dieser Steilwand“-Mechanik. Ja, das kann man so sehen, und ich sehe es auch so. Aber hätte ich Rise of the Tomb Raider damals als 14-jähriger gespielt, meinetwegen mit halb so guter Grafik – ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ähnlich magische Erinnerungen daran haben würde, wie die alten Teile heute in mir hervorrufen.

    Es fällt mir auch nicht immer leicht, mich in diesen Zustand zurückzuversetzen, in dem man gespannt darauf ist, in andere Welten abzutauchen, sich mitreißen zu lassen, den meckernden, ewig kritischen Deutschen stummzuschalten. Das soll auch kein Plädoyer für unhinterfragten Konsum sein. Es sind seit damals viele Aspekte dazugekommen, aus denen ich subjektiv gewinnbringende Erfahrungen und Betrachtungen ziehen kann.

    Abschließend für die Ernüchterten noch ein paar Titel aus meinem Spielejahr, alte und neue, zur Unterstreichung meiner Eingangsthese, es gäbe nie eine bessere Zeit zum Zocken als heute. Kennt ihr sie schon und könnt deshalb sicher sagen, das sei es gewesen mit der Kreativität?
    Evoland 2 – Mash-Up von, Hommage an, und Satire auf eine Vielzahl von Genres, die zudem noch alle Spaß machen, eingebettet in einer schönen, melancholischen Story.
    Star Wars KotoR 2 – Endlich nachgeholt, immer noch interessant! Mit weniger emotionalem Punch versehen als der Vorgänger, kann man einen kleinen Planescape Torment-Vibe in den verhandelten philosophischen Ansätzen nicht verleugnen und sich wunderbar darüber streiten, ob das hier verunglückte Ambition ist oder tatsächliche Tiefe. Außerdem ein wirklich kaputter, nihilistischer Wookie und eine deutlich bessere Schreibe als in allen Star Wars-Filmen.
    Knytt Underground – Die alte, geniale Nifflas-Formel und -Stimmung, erweitert um interessante inhaltliche Ansätze, modernen Humor und teilweise knallhartes Platforming.
    Final Fantasy VII – Endlich nachgeholt, auch heute noch und auch ohne Remake ein Meisterwerk mit erstaunlich aktueller Thematik.
    Dusk – Da hat jemand verstanden, was die alten Shooter-Meisterwerke aus den 90ern so gut macht und eines nachgeschoben. Sowieso gute Zeiten für Fans der alten Schule, ich freue mich schon auf Ion Fury, Amid Evil und einige mehr!
    Anodyne – Ein schwer atmosphärisches Werk für Freunde von leicht abseitigen, traumähnlichen Erfahrungen.
    Fran Bow – Sehr unkonventionelles Setting; teilweise recht gorehaltiger Horror aus der Perspektive eines Kindes. Erinnert in der Epik der Geschichte an die Werke von Michael Ende.
    Aviary Attorney – Ich behaupte, dass diese höchst eklektizistische Mischung originär ist: Ace Attorney (nie gespielt, aber hierdurch definitiv in den Fokus gerückt), J. J. Grandville, Vögel und andere Tiere als Handelnde, Camille Saint-Saëns, pointierter Humor, liebenswerte Charaktere, ganz großes Drama. Und das Verrückte: Es passt alles zusammen.
    Die Rusty Lake-Reihe – Mehr Futter für Freunde des Abseitigen und David Lynch.
    Doki Doki Literature Club – Eine einmalige Erfahrung! Noch nie habe ich so viel geflucht während des Spielens, wegen den Dingen, die das Spiel mit mir anstellt.
    Wolfenstein: The New Order – Endlich nachgeholt, was für ein grandios inszeniertes Spiel! Ich hatte ja als RTCW-Fan einen ordentlichen Shooter erwartet, aber keine Gänsehaut mit Ansätzen von feuchten Augen aufgrund eines mehrminütigen Monologes einer der Protagonisten (Tekla).
    Argh, ich könnte ewig so weitermachen! Nairi, The Count Lucanor, Primordia, Rime, The Last Door, The Beginner’s Guide, The Plan (beansprucht nur wenige Minuten eurer Zeit), Enderal, Hammerwatch und so viele mehr.

    Wie ein tendenziell unfreundlicher Kommentator schon schrub: Auch früher schon versuchten Entwickler mit längst bekannten Ideen im damaligen Rahmen der Möglichkeiten Geld zu machen. Auf ein Commander Keen folgten viele weitere Keen-Teile, die alles das Rad nicht neu erfanden, und danach noch eine riesige Welle an Epigonen mit oft sehr fragwürdiger Qualität. Es gab Ramsch-Sammlungen mit 500 Spielen und mehr, es gab Nesquick-Werbungsspiele, große Titel kosteten gerne mal 120 DM. Nein, es war nicht alles besser, man hat vieles nur vergessen und behält sich die Dinge, die erinnerungswürdig waren und verklärt den Rest etwas.

  6. Jaaaa leider ist gerade wieder eher so eine Low-Level-Zeit, aber erlich gesagt bin ich das als gaming veteran gewöhnt. Bis jetzt kamen dann aber auch doch immer wieder richtig gute Zeiten.
    Was mich persönlich neben den endlosen ingame käufen und diese sinnlose sammelei von irgendwelchen komischen achievments und lustlosen Quests nervt, ist die endlose updaterei! (ich schreibe das gerade während sich ein spiel, das ich jetzt gerne spielen würde zum dritten mal diese Woche updatet) Erlich das kotzt mich an! ich mein es ist ja gut dass ein spiel lebt und man sich darum kümmert! aber teilweiße tägliche follow up updates nach großen updates und das meistens auch noch ungefragt, wenn man nicht aufpasst, ist schon ne frechheit!

  7. André Westphal says:

    Auch an dieser Stelle nochmal:

    Ich möchte mich für die vielen Kommentare bedanken (habe sie alle gelesen!) – sowohl die konstruktiv-kritischen als auch das Lob natürlich. Als ich die beiden Beiträge aus persönlichem Antrieb geschrieben habe, war ich recht unsicher, ob sich am Ende jemand für das Thema interessieren würde und bin sehr überrascht und natürlich auch echt glücklich über die Resonanz – das ist beim Bloggen natürlich der größte Lohn, wenn man ins Gespräch kommt und Rückmeldung erhält :-). Also danke dafür!

  8. Danke André für deinen Artikel, er spricht mir wirklich aus dem Herzen.
    Als über-40er hab ich auch schon einiges in der Spielewelt mitgemacht – und es nervt mittlerweile nur noch.
    Werbung, Abo’s, Ingame-Käufe, Wiederholungen, Werbung trotz Ingame-Kauf, schräge Währungen, Extrakohle hier hin, dort hin, usw. – es ist beinahe so, als ob man eine von diesen schwachsinnigen TV Soaps einschalten würde, die „direkt aus dem Leben gegriffen sind“, sobald man ein heutiges Spiel startet.
    Ich bin schon länger raus, verfolge und unterstütze aber noch für mich interessante Spiele oder Studios, wie etwa vor 2 Jahren das erfrischende Lost Ember auf KS, welches für ein Debüt und ein Ministudio wirklich erste Sahne geworden ist und endlich mal wieder „anders“ ist als der heute durchgekaute AAA-Brei.
    Hin und wieder krame ich auch gerne mal ein älteres Spiel raus – ohne Onlinezwang, ohne Hintertürchen, einfach nur mal spielen. Geht doch.

  9. Mrs. Dulce Beverly says:

    Ich möchte für jeden ein Zeugnis meines Lebens geben. Ich war mit meinem Mann Anderson verheiratet, ich liebe ihn so sehr, dass wir seit sieben Jahren mit zwei Kindern verheiratet sind. Als er in den Urlaub nach Frankreich fuhr, bezog er sich auf eine Frau namens Peggy. Er sagte mir, dass er nicht mehr an unserer Ehe interessiert sei. Ich war so verwirrt und suchte Hilfe, ich weiß nicht, was ich tun soll, bis ich meine Freundin Cassie traf und ihr mein Problem erzählte. Sie sagte mir, ich solle mir vorher keine Sorgen machen, dass sie ein ähnliches Problem habe, und mich einem Mann namens Dr.Wealthy vorstellen, der ihren Ex-Freund verzauberte und ihn ihr nach 3 Tagen zurückbrachte. Mary bittet mich, mit dem Dr.Wealthy zu kommunizieren. Ich habe ihn kontaktiert, um mir zu helfen, meinen Mann zurückzubringen, und er bittet mich, mir keine Sorgen zu machen, dass die Götter seiner Vorfahren für mich kämpfen werden. Er sagte mir, dass er nach drei Tagen mit mir und meinem Mann zusammen sein würde. Nach drei Tagen rief mich mein Mann an und sagte mir, dass er wieder mit mir nach Dingen suchte. Er überraschte mich, als ich ihn sah und er fing an, um Vergebung zu weinen. Im Moment bin ich die glücklichste Frau der Welt für das, was dieser großartige Zauberwirker und ein großartiger Arzt für mich und meinen Mann getan haben. Sie können seine E-Mail-Adresse kontaktieren: (wealthylovespell@gmail.com). Oder WhatsApp .. ihn auf diese Nummer. {+2348105150446} Besuchen Sie die Website http://wealthyspellhome.over-blog.com/contact

    • @Mrs. Dulce Beverly
      Hab ich sofort drauf geantwortet und überall wo nur ging, draufgeklickselt. Ganz schlimm bei mir: krieg laufend Geld von der Rentenkasse und muß deswegen ständig zur Bank laufen, weil die da sich immer bei mir beschweren, das die nu schon 10 tatkräftige Männer mit Schaufeln nur wegen mir angestellt haben, die ganzen Geldscheine im Tresorraum wegzuschaufeln. Ich weiß doch auch nicht wohin damit! Aus völliger Verzweiflung kauf ich nu schon Brot dafür und ess das auch alles auf, ich weiß nich wohin damit! Wände schon tapeziert mit den Scheinen, Badewanne voll damit, bin ein richtiger Messie hier, es türmen sich Geldberge hier über die ich drüberklettern muß, gerade zu Trampelpfade dazwischen! Und jeden Monat krieg ich immer noch mehr davon! Die Vermieter sind schon so lieb, mir wenigstens einen Teil abzunehmen, aus schierer Angst, das ich sie als Mietnomade mit einer völlig mit Geldscheinen zugemüllten Wohnung sitzen lasse und auch der soziale Dienst da, von den Elektrizitätswerken hilft tatkräftig mit, es reicht aber nicht! Es ist ganz dolle schlimm, gerade hier in Deutschland, man kann sich vor lauter Geld nich retten hier! Sogar als Obdachloser zwingen die einen hier noch, Geld vom Sozialamt holen zu müssen. Man entkommt dem nicht! Erst neulich hier in der Staße, ein gebeutelter Obdachloser, der hat gleich 3 Corona-Erbschaften gemacht, ganze Familie tod, Multimillionär … der hat sich erhängt! Ganz schlimm!

  10. Jürgen Schulze says:

    Dem kann ich mich nur anschließen.

    Ich (49) auch Atari 2600, C64 etc. pp. kann mich halt noch an früher erinnern. Man bezahlte EINMAL für ein Spiel. Man legte den Datenträger ein und musste nicht erstmal 50 GB Updates nachladen. Das Spiel lief sofort. Unfassbar, oder? Keine Karten musste nachgekauft werden, keine Charaktere nachträglich erworben werden. Man konnte schön und in Ruhe seine Solo-Mission durchspielen, wenn man wollte auch alle Neben-Missionen durchzocken und vielleicht sogar das Spiel auf dem höchsten Level nochmal durchspielen. Immer, wann man wollte und Zeit fand.

    Und, der Clou, wie gesagt: man zahlte nur einmal. Und als Bonus: Wenn man das Spiel komplett ausgereizt hatte, packte man es ein, verschenkte es oder verkaufte es. Unfassbar, oder?

    Heute muss man für unfertige Beta-Ware, die man nur herunterladen und nicht mehr verschenken oder verkaufen kann, erstmal 70+ Euro auf den Tisch legen. Und dann gibt es die „coolen“ Sachen natürlich nur, wenn man schön nachzahlt. Das ist auch einer der Gründe, warum ich keine Online-Abos habe, denn ich möchte später noch meine Rente genießen können.

    Für mich wird die Spiele-Industrie immer mafiöser – nicht umsonst behandeln viele Wissenschaftler und Politiker Loot-Boxen und Pay-to-win als Glücksspiel.

    Mein Fazit: wenn die EINMAL gezahlte Solo-Mission nicht taugt, ist das Spiel für mich uninteressant.

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