Frisches Urteil: 02 soll Kunden keine Extra-Datenpakete mehr andrehen (Update 28.2)

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Ein neues Urteil des Landgerichts München trifft den Mobilfunkanbieter O2 schwer: Die „Datenautomatik“ bei einigen Tarifen sei für Kunden zu kompliziert zu durchschauen, biete zu wenig Mitbestimmungsoptionen und benachteilige die Anwender durch automatische Hochstufungen in teurere Tarife. Deswegen hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) dann auch gegen die O2-Mutter Telefónica Deutschland geklagt. Jetzt hat sie Recht bekommen. Allerdings will Telefónica in Berufung gehen. Den Ärger um Bandbreiten, Drosselung und Datenvolumen kennen wir natürlich alle, so dass die Fortsetzung der ganzen Querelen spannend bleibt.

Falls ihr viel mobil das Internet nutzt, habt ihr entweder ohnehin ein umfangreiches Datenvolumen gebucht oder seid bestimmt schon einmal gedrosselt worden. Fortan im Schneckentempo Websites abzurufen, bringt niemandem Spaß. Das hat auch O2 eingesehen. Doch die Schlussfolgerungen sind umstritten: So bucht O2 in einigen Tarifen nach Ausschöpfung der Datenpakete kostenpflichtig maximal drei mal pro Abrechnungszeitraum Zusatzvolumen in Höhe von jeweils 100 MByte automatisch dazu. Zwei Euro kosten die zusätzlichen 100 MByte jeweils. „Wiederholungstäter“ stuft O2 nach drei Monaten, in denen jeweils dreimal das Zusatzvolumen genutzt wurde, automatisch in einen teureren Tarif ein. Einige Kunden fanden das weniger witzig und auch der VZBV war damit nicht einverstanden.

o2 website screenshot

Zwar wurden die betroffenen Kunden über jede Abbuchung für das zusätzliche Volumen und auch die Tarif-Hochstufung sowie die Widerspruchsmöglichkeit via SMS informiert, aber es wurde keine explizite Zustimmung eingeholt. Die Kritik des VZBV daran ist eindeutig: „Wenn man sich für einen preisgünstigen Tarif mit weniger Volumen entschieden hat, sollte man letztlich nicht doch mit einem teureren Tarif dastehen.“ O2 ist mit diesem Vorgehen allerdings nicht allein. Auch die Vodafone bietet beispielsweise Verträge mit Datenautomatik an. Ausnahme ist hier die Deutsche Telekom, die sich dahingegend bisher abstinent verhält. Zu viele Kunden hätten von der Vorgehensweise allerdings laut den Verbraucherschützern keine bewusste Kenntnis.

Dieser Argumentation hat sich das Landgericht München angeschlossen: Es reiche keineswegs aus den Kunden einfach per SMS über eine vorgenommene Vertragsänderung nachträglich zu informieren. Vielmehr müssten Zusatzentgelte und Erweiterungen der Hauptleistung explizit durch den jeweiligen Kunden freigegeben werden. Auch seien die Anmerkungen zur Datenautomatik in den Geschäftsbedingungen zu diffus.

Das gesprochene Urteil AZ 12 O 13022/15 ist noch nicht rechtskräftig und die Telefónica geht wie eingangs erwähnt in Berufung. Vor dem Oberlandesgericht München wird also nun weiter verhandelt. Trotzdem hat man die automatischen Upgrades der Tarife mittlerweile gestrichen. Die automatischen Zubuchungen von Volumen geschehen aber weiterhin. Eine ähnliche Klage, ebenfalls wegen der Datenautomatik, läuft seitens der Verbraucherzentrale Bundesverband übrigens auch gegen Vodafone.

Was meint ihr dazu? Sollten Kunden einfach vor Vertragsabschluss die Bedingungen genauer durchlesen und die Anbieter informieren ausreichend über ihre Strategie? Oder jubelt man hier den Nutzern tatsächlich zu leicht neue Kosten unter?

(via Der Spiegel)
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Update 28. Februar 2016 Carsten Knobloch: O2 hat eine Klarstellung veröffentlicht.

Man sein davon überzeugt, dass die Datenautomatik in der aktuellen Form rechtskonform ist und man wird an ihr festhalten. Aus Sicht von Telefónica Deutschland stellt die Daten-Automatik einen Bestandteil der Hauptleistung des gewählten Tarifs dar und ist keine davon unabhängige Zusatzleistung, wie vom Gericht gedeutet.

Für die Kunden ist der Mechanismus zur Datenautomatik transparent nachvollziehbar, denn sie werden auf unterschiedlichen Kanälen darüber informiert, dass die Datenautomatik ein Bestandteil des gewählten Tarifs ist. Informiert wird z.B. im Mobilfunkvertrag, in Produkt-Flyern zu Tarifen oder online.

Eine Hochstufung in einen teureren Tarif findet in der aktuellen Form der durchgeführten Datenautomatik nicht statt. Die Datenautomatik in der aktuellen Form funktioniert wie folgt:

Nach Verbrauch des im Tarif enthaltenen Datenvolumens wird dieses automatisch bis zu 3 x pro Abrechnungszeitraum/Monat erweitert. Danach wird die Surf-Geschwindigkeit bis zum Ende des laufenden Abrechnungszeitraums/Monats auf bis zu 32 KBit/s gedrosselt. Über jede Datenvolumen-Erweiterung wird per SMS informiert.

Sofern der Kunde die Datenvolumen-Erweiterung nicht wünscht, kann der diese auf Wunsch auch deaktivieren. Dies ist möglich über den Anruf beim Kundenservice, im Shop, über Live-Chat oder schriftlich.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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26 Kommentare

  1. Moin!
    Was für ein absurdes Gewese… Ich dachte, dass o2 wenigstens nur Drillisch dieses halbseidene Verfahren überlässt…

    o2/Telefonica widersprechen sich jedoch schon in der Stellungnahme selbst:

    „Daten-Automatik einen Bestandteil der Hauptleistung“
    vs.
    „auf Wunsch auch deaktivieren“

    Da bleibe ich gespannt, was in der Berufung passieren soll. Her damit. 😉

    Dann können wir künftig jede Menge von HauptleistungsVertragsteilen munter abbestellen?

    Und das beim Anbieter, der gerne alles Mögliche in die Nebenleistungen packt, um bei Preiserhöhungen das außerordentliche Kündigungsrecht zu umgehen?

    Absurder Haufen!

    :\ raimerik

  2. Die haben keine Chance in der Berufung. Bei dem Laden würde ich keine Verträge mehr machen.

  3. Bin bei O2. Da ich allerdings davon wusste, habe ich das deaktivieren lassen. Sauer macht macht mich das trotzdem.

    Meines Erachtens ist die Hochstufung in einen teureren Tarif eine Vertragsänderung, welche die Zustimmung des Kunden benötigt. Schließlich hat der nur für eine bestimmte Dienstleistung einen Vertrag unterschrieben und der Anbieter damit die Anfrage mit dem entsprechenden Angebot angenommen. Egal was O2 sagt, so ein Verfahren DARF NICHT rechtsgültig sein und es nie werden! Da muss auch egal sein, was in den AGB dazu steht.

    Anders herum wird nämlich kein Anbieter akzeptieren, wenn ich nur noch ein Drittel meiner Rechnung zahle, weil ich eben wiederholt nur ein Drittel der Dienstleistung in Anspruch genommen habe.
    Ich glaube, da haben wohl ein paar Manager bei Telefonica ihre Krawatte zu eng gebunden.

  4. @Icancompute
    So ist es. Die enge Krawatte ist Schuld 😉

    Ich habe meinen Telekom Vertrag gekündigt, einfach um mir mal in Ruhe die Konkurrenz anzuschauen und auf ein persönliches Angebot von der Telekom zu warten.

    Dabei sind mir die kundenfeindlichen Machenschaften bei O2 gleich sehr unangenehm aufgefallen.

    Daran sieht man auch gleich die Einstellung von O2 zum Kunden: Der ist ein notwendiges Übel und hat das zu machen was O2 will. O2 werde ich definitiv nicht nehmen!

    Telekom macht das komplett auf faire Art, man kann halt Volumen dazubuchen – wenn man möchte!

  5. „Sofern der Kunde die Datenvolumen-Erweiterung nicht wünscht, kann der diese auf Wunsch auch deaktivieren. Dies ist möglich über den Anruf beim Kundenservice, im Shop, über Live-Chat oder schriftlich.“

    Ja, Mensch. Das ist ja super. Anruf oder persönliches Vorsprechen genügen. Vermutlich ist das Implementieren eines einzelnen Häkchens im Online-Kunden-Bereich zu schwierig für Telefonica. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt…

  6. @sunworker
    Insgesamt kann ich nach einigen Jahren bei O2 nicht wirklich etwas Schlechtes sagen. Klar lief nicht immer alles 100%ig rund, aber wo tut es das schon, wenn man irgendwo lange genug dabei ist?
    Einmal haben sie auch versucht, mich zu verarschen. Aber das habe ich abwenden können. Wäre das nicht gegangen, hätte es die Kündigung gegeben. Haben sie mir aber eben keinen Grund zu gegeben. Man darf sich nur nicht alles gefallen lassen und wissen, wie man sich dann an der Hotline verkauft. Meine Vorgehensweise hat bisher recht gut funktioniert. Nicht nur bei O2.

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