„Final Fantasy XVI“ im Test: Action statt Rollenspiel

„Final Fantasy XVI“ ist ein Spiel, an dem sich die Geister scheiden werden: Der neue Titel von Square Enix wird als erstes Action-RPG der Reihe beworben. Tatsächlich handelt es sich hier aber mehr um ein Actionspiel im Stil von „Devil May Cry“ als um ein Rollenspiel. Dieses Experiment des Franchises wird nicht jedem schmecken und ist vergleichbar mit dem Sprung, den die Reihe „Yakuza“ / „Like a Dragon“ in Teil 7 hinlegte, als man den umgekehrten Weg ging – von einem actionlastigen Echtzeit-Kampfsystem hin zu rundenbasierten Gefechten. Aber ist „Final Fantasy XVI“ ein gutes Spiel?

Ich konnte mir den neuen Triple-A-Kracher von Square Enix in den letzten Wochen bereits genauer anschauen. Gleich zu Anfang: An meine persönlichen Favoriten, „Final Fantasy VI“ und „Final Fantasy VII: Remake“ kommt „Final Fantasy XVI“ bei Weitem nicht heran. Dabei gefällt mir das neue Kampfsystem für sich alleine betrachtet sehr gut und besser als das etwas statische Pendant aus „Final Fantasy XV“. Aber „Final Fantasy VII: Remake“ verkörperte aus meiner Sicht die bessere Balance aus Spannung und Taktik.

Aber der Reihe nach: „Final Fantasy XVI“ ist Donnerstag exklusiv für die Sony PlayStation 5 erschienen. In diesem Titel schlüpft ihr in die Rolle des Protagonisten Clive Rosfield. Gemeinsam mit Clive taucht ihr in die mittelalterliche Fantasy-Welt von Valisthea ein. Endlich: Die Entwickler von Creative Business Unit III orientieren sich am Titel („Final Fantasy„) und stellen nicht Science-Fiction in den Vordergrund. Magie ist die Grundlage des Lebens in Valisthea, doch eine dunkle Bedrohung breitet sich aus. Clive versucht diesem Rätsel auf den Grund zu gehen, während er gleichzeitig mit sich hadert, da der Tod seines jung verstorbenen Bruders Joshua auf ihm lastet.

An sich ist die Geschichte von „Final Fantasy XVI“ interessant und vielschichtig, denn man hat sich offenbar etwas Inspiration bei „Game of Thrones“ geholt. Die ganze Welt wirkt dreckiger, die Charaktere verschlagener und politische Intrigen spielen eine zunehmende Rolle. Da spritzt dann auch unverhofft das Blut, sexuelle Handlungen werden angedeutet und es wird ab und an geflucht wie ein Bierkutscher. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen.

Auch in der Grafik spiegelt sich das wider. Die Charaktere wirken nicht mehr ganz so überzeichnet und Anime-artig wie in vorherigen Teilen. Dabei sind vor allem die Cutscenes im Übrigen immer wieder sehr beeindruckend. Der orchestrale Soundtrack schwillt hauptsächlich in den Kämpfen an und ist sonst weit dezenter als ich das erwartet hätte. Letztere laufen, wie eingangs angedeutet, komplett in Echtzeit ab und erinnern in ihrer Hektik an „Devil May Cry“. Ihr kombiniert Schwerthiebe mit magischen Attacken und schaltet zwischen verschiedenen Esper-Kräften um, die euch zusätzliche Spezialangriffe erlauben.

Ebenfalls könnt ihr hilfreiche Items zur Stärkung einsetzen sowie nach kurzer Einstiegsphase eurem Hund Torgal Kommandos erteilen, um euch im Kampf mit Angriffen oder Heilung zu unterstützen. Ab und an begleiten euch auch andere Figuren. Direkt steuern könnt ihr aber stets nur Clive. Die Umgebungen sind dabei im Übrigen technisch sehr gelungen und strotzen nur so vor feinen Details. Gerade zu Anfang sind die Areale, in denen ihr euch bewegt, aber extrem schlauchartig. Das hat mich an die lange Einstiegsphase von „Final Fantasy XIII“ erinnert.

Entscheidungen könnt ihr ebenfalls nicht treffen: Die Handlung verläuft, das kennt man aber auch aus den Vorgängern, streng linear. Allerdings habt ihr die Wahl, allerlei optionale Nebenaufgaben zu absolvieren. Diese sind „ganz in Ordnung“. Erwartet hier nicht das Niveau, welches etwa die hervorragenden Sidequests in „Horizon Forbidden West“ haben. Dies gilt im Übrigen auch für den Charakter Clive.

Letzterer bleibt über weite Strecken der Story sehr blass. Was begeistert ihn? Was lehnt er ab? Wo liegen seine Stärken und Schwächen? Deutliche Charakterzüge zeigt Clive kaum, er ist ein recht konturloser Protagonist, der mir dadurch nie wirklich ans Herz gewachsen ist. Das gilt auch für die meisten anderen Charaktere von „Final Fantasy XVI“, sodass dem Ganzen doch der emotionale Kick fehlt, den ich z. B. bei einem „Persona 5“ oder auch einem „The Witcher 3: Wild Hunt“ gespürt habe.

Technisch ist „Final Fantasy XVI“ zum Launch schon sehr feingeschliffen, hat aber auch seine Makel. Entfernen sich Gegner weiter von euch, kann man gut erkennen, dass die Animationen nur noch mit halber Framerate laufen und vor sich hinzuckeln. Der Performance-Modus ist zudem extrem inkonstant, sodass ich nur zum Qualitäts- / Auflösungsmodus raten kann. Mir ist aber auch hier aufgefallen, dass es oft Upscaling-Artefakte gibt und zudem die Bewegungsunschärfe oft sehr extrem ist. Ich habe das Spiel aber noch vor dem Day-One-Patch gespielt und Square Enix hat eine Option angekündigt, um den Blur zu deaktivieren.

Insgesamt fehlt mir bei „Final Fantasy XVI“ ein wenig das Herz, welches „Final Fantasy VII: Remake“ zu so einem besonderen Spiel für mich gemacht hat. Da habe ich Charaktere und Story richtig in mich aufgesogen. Beim neuen Titel von Square Enix reißt mich das rasante Kampfsystem mit, aber Story und Charaktere verfolge ich mit eher gemäßigtem Interesse – das ist schade. Zumal die Rollenspiel-Elemente fast wie ein Alibi wirken. In einem Skilltree könnt ihr verschiedene Kampffertigkeiten freischalten oder aufwerten. So findet ihr zwar euren eigenen Kampfstil, aber Attribute und Co. könnt ihr nicht beeinflussen.

Sehr fair ist, dass Square Enix es auch Action-Neulingen einfach macht. Schon zu Beginn des Spiels verfügt Clive über mehrere Accessoires, welche die Kämpfe extrem vereinfachen können. Beispielsweise kann er durch Tragen des „Rings des zeitigen Augenmerks“ vor Treffern automatisch auf Zeitlupe schalten, um euch das Ausweichen zu erleichtern. Wählt ihr zu Anfang des Spiels den Story-Modus, sind direkt mehrerer solcher Accessoires als Standard angelegt.

Ein Fazit zu „Final Fantasy XVI“ zu ziehen, fällt mir schwer. Stünde nicht der Name „Final Fantasy XVI“ drüber, würde ich den Titel als gutes Actionspiel mit mauen Charakteren und solider Story sowie hübscher Grafik und aufwändigen Cutscenes und Bosskämpfen gerne empfehlen. Der große Wurf für ein „Final Fantasy“ ist hier aber in meinen Augen wieder nicht gelungen. Mir persönlich gefiel da „Final Fantasy VII: Remake“ einfach deutlich besser.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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11 Kommentare

  1. 88% bei 108 Reviews sprechen doch eine sehr deutliche Sprache, es wird fast in jedem zweiten Test von Meisterwerk oder bestes FF aller Zeiten gesprochen.

    Ich freu mich jedenfalls wahnsinnig drauf.

    • André Westphal says:

      Wobei der User Score auf einen Schnitt von 7 von 10 kommt. Letzten Endes ist es Geschmackssache. Für mich ist das Spiel definitiv auch gut und an sich empfehlenswert, in der Reihe der Final Fantasys sehe ich aber doch viele Vorgänger deutlich vorne.

      • Der Userscore ist gerade bei exclusives nicht mehr wirklich aussagekräftig. Da ist so viel Review bombing Nonsens hinter.
        Da sollte man lieber auf etablierte Kanäle und Gaming Magazine vertrauen.

        • …gäbe es denn Journalismus im Gaming-Bereich; Geld ist ein noch größerer Anreiz als Parteibuch und Gesinnung.

        • Welche sind das? „Etablierte“ Gaming-Kanäle schmal nicht.

          Beispiel: https://www.ign.com/articles/the-xbox-series-x-is-a-must-own-console-for-rpg-fans
          Jene Konsole, welche genau BG3 nicht erhält soll demnach DIE Must-Own-Maschine sein, wenn es um RPGs geht weil Starfield. Lächerlich!

        • André Westphal says:

          Ich finde, das kommt arg drauf an. Große Spielemagazine bewerten wiederum bei großen Spielen eh erst ab 70% und aufwärts. Da ist dann quasi alles unter 80 % ne absolute Gurke, 80 % ganz ok und erst ab 90 % ein gutes Spiel – finde ich auch nicht unbedingt aussagekräftiger :-D.

          Ist eher so, dass man da im Einzelfall mehr auf den Text als wirklich die Punktzahl schauen sollte.

  2. Ich werde damit nicht warm… Diese schwülstige Geschichte liegt mir leider nicht. Ausserdem stört mich die Kombination von Story & Gameplay; Immer wenn es mir gerade etwas Spaß gemacht hat, kommt ’ne laaaaange Zwischensequenz und bremst mich aus. Hmm. Ich habe jetzt nach dem „Wald“ aufgehört und spiele Diablo weiter.

  3. BearLover1982 says:

    Ich weiß nicht, ob wir das selbe FF XVI gespielt haben, denn ich halte es für ein Meisterwerk. Leider bin ich niemals warm geworden mit dem Remake von FF VII bzw. dem Setting von XV und spiele seit jeher am liebsten Final Fantasy XIV online. Natürlich habe ich die Entwicklung vom neuen Teil in den Medien verfolgt und dachte mir “Nein, das wird dir niemals gefallen …”, entschied mich dann aber am letzten Tag vor Veröffentlichung doch noch dazu die Demo zu testen. Ende vom Lied: total geflashed vom Gesamtpaket, insbesondere der Geschichte! Ich wollte einfach wissen wie es weitergeht und demnach hab ich natürlich noch rechtzeitig vor Mitternacht vorbestellt um die Vorbesteller-Gadgets zu erhalten. Es macht unglaublich viel Spaß und die Kämpfe sind einfach episch. Normalerweise ist das ganze Setting wie gesagt alles gar nicht meins gewesen, denn ich empfand das Kampfsystem im Remake von Teil VII einfach schrecklich. Hier macht mir das alles aber gar nichts aus, auch das schlauchartige Leveldesign. Das erinnert mich eher an das Dungeon-Design von FF XIV. Ich empfinde auch die Charaktere als durchaus tiefgründig und interessant, verstehe daher einfach deine Kritik absolut nicht. Aber: Geschmäcker sind nun einmal von Grund auf verschieden. Für mich ist FF XVI einfach DAS Spiel des Jahres 2023 und einfach nur … GEIL!

    • マックス says:

      ich bin riesiger FF7 Fan aber das Remake hat mich sowas von kalt gelassen…
      Diese ständigen Animationspausen (Kriechen, Klettern, an Wänden vorbei klettern, etc) ging mir irgendwann sowas von auf die nerven. gefühlt würden die Kapitel ohne diese Aktionen nur halb so lange dauern, wie sie dauern.
      Bezüglich Schlauchlevel finde ich das Remake sogar schlimmer als FF16. In FF16 gibt es immerhin größere Gebiete die man erkunden kann. Klar viel zu entdecken gibts meist nicht, aber die Illusion ist immerhin da. In FF7 Remake ist alles so geradlinig das man am Ende eines Kapitels nie wieder zu den anderen Orten kann.
      Aber ist natürlich alles Ansichtssache.

  4. Bin zwar noch lange nicht durch (habe so etwa 12 Stunden gespielt). Es ist sehr gut und vor allem das Kampfsystem macht mir doch mehr Spaß als erwartet. Es ist m.E. auch ziemlich leicht zugänglich. Bei FF7 Remake brauchte ich für viele Boss-Fights immer sehr viele Anläufe. Hier scheint es zumindest bisher deutlich leichter zu laufen. Story und Setting gefallen mir auch gut. Man kann das Spiel aber nur schwer mit FF7 vergleichen. Mir gefallen beide sehr gut auf ihrer Weise.
    Was mir weniger gefällt: mit RPG hat es nicht sonderlich viel zu tun. Das sollte man bedenken und die Performance im Performance Modus könnte einen Tick besser sein.
    Was die Wertung angeht – wenn man mal die 0er User Wertungen rausnimmt, kommt der aktuell User Score von 7.9 ja doch schon sehr nah an dem 88 Metascore. Zu Ernst darf man gerade den User Score nicht nehmen. Beispiel „Last of Us Part 2“.
    Aber verglichen mit einem 93 Metascore wie bei TLoU2 finde ich die 88 hier auch etwas zu hoch. Ich denke am Ende wäre ich so bei einer 85er Wertung für FFXVI.

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