9-Euro-Ticket trägt wahrscheinlich nichts zum Klimaschutz bei

Das 9-Euro-Ticket erfreut sich enormer Beliebtheit. Es gibt auch von den verschiedensten Stellen Forderungen nach einem Nachfolgeangebot. Oft wird dabei auch mit dem Klimaschutz argumentiert. Allerdings ist das wohl eine Milchmädchenrechnung, wie die Tagesschau berichtet. Es könnte sogar das Gegenteil der Fall sein – das 9-Euro-Ticket könnte einen klimaschädlichen Effekt haben.

Erste wissenschaftliche Auswertungen deuten darauf hin, dass das 9-Euro-Ticket nämlich kaum dafür gesorgt habe, dass das Auto stehengelassen worden sei. Vielmehr seien zusätzliche Fahrten angetreten worden, die es sonst nicht gegeben hätte. Zumindest deuten erste Erkenntnisse auf einen solchen Effekt hin. Die Datenlage sei aktuell aber noch dünn und die Ergebnisse daher mit Vorsicht zu genießen. Aktuell sehe es aber zumindest danach aus, dass der Verkehr kaum verlagert werde und stattdessen schlichtweg mehr Verkehr entstehe.

Zumindest war bei Befragungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sowie bei einer Untersuchung im Großraum München herausgekommen, dass nur ca. 3 % der Befragten ihr Auto wirklich zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) stehenlassen. Das 9-Euro-Ticket habe also zwar den ÖPNV befeuert, aber nicht für Ersatzfahrten, sondern primär für zusätzliche Ausflüge und Reisen. Dies sei auch eher selektiv auf bestimmten Strecken geschehen, die dadurch teilweise überlastet gewesen seien. Rund ein Viertel der im ÖPNV mit dem 9-Euro-Ticket absolvierten Fahrten wäre ohne das Ticket womöglich gar nicht angetreten worden, so der VDV. Der Verlagerungseffekt vom Individualverkehr auf den ÖPNV hingegen habe nur bei maximal 2 bis 3 % gelegen.

In München konnte man dennoch eine leicht dämpfende Wirkung auf den Straßenverkehr feststellen. Er sei im Juni entgegen der Vorjahre nicht leicht angestiegen, sondern um 3 % zurückgegangen. Es sei auch positiv zu bewerten, dass mehr Menschen den ÖPNV nun in ihren Alltag integrieren würden. Eine Studie der TU Dresden kommt auch zu dem Ergebnis, dass sich viele Menschen nach dem 9-Euro-Ticket vorstellen könnten, höherpreisige Angebote zu buchen. Verbreitet sei die Bereitschaft, Monats-Tickets für 60 bis 90 Euro zu kaufen. Die Forscher kommen aber auch zu dem Ergebnis, dass der Preis nachrangig sei und es vielmehr zunächst für ein stabiles Wachstum darum gehe, die Kapazitäten auszubauen. Aktuell arbeite das System am Anschlag.

Allein im Eisenbahnverkehr gebe es einen Investitionsstau beim Neu- und Ausbau von rund 150 Milliarden Euro. Die Regierung zeige aber keinen echten Willen, Investitionen in dieser Größenordnung bereitzustellen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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69 Kommentare

  1. Die Menschheit muss sich innerlich von ihrem Reisewahn befreien, der in jeder, vor allem auch in geistiger Hinsicht äußerst zerstöreriisch ist. Dass Kostenlosprogramme (und überhaupt die pausenlos propagierte Illusion von technischen Alternativen) das schlechte Denken noch befeuern, nicht bloß das Vehikel substituieren, sollte klar sein. Aber das ist eben der Wahn der – Technik.

  2. Kommt ungefähr hin.
    Ich bin ein Paar mal mit der Bahn anstatt mit dem Auto ins Büro gefahren.
    Andererseits bin ich auf 3-4 Mal öfter ins Büro gefahren, als ich ohne das 9-Euro-Ticket machen würde.

  3. Das war vorher klar. Es war ein vergünstigte Probemitgliedschaft. Genausowenig wie man nach einem Monat Netflix direkt seine Satschüssel abschraubt… wie immer kann man den „Erfolg“ beliebig interpretieren. Was klar ist und bleibt: wir werden weder alle wie Lindner Posche fahren noch wie Merz privatfliegen.
    Aus Bremerhavener Perspektive muss sich beim ÖPNV aber was tun, auch auf der Schiene

  4. Mira Bellenbaum says:

    Misst, das wichtigste Zitat vergessen!
    „Es könnte sogar das Gegenteil der Fall sein – das 9-Euro-Ticket könnte einen klimaschädlichen Effekt haben.“

    Grundsätzlich, also in der „Rushhour“, hat der Verkehr entgegen der Erwartungen um ca. 2-3% abgenommen.
    Das dann als gescheitert hinzustellen, … Diese Logik verstehe ich nicht!

    Dass es gerade zu Ferienzeit mehr Menschen von dem 9€-Ticket Gebrauch machen würden,
    war auch vorhersehbar!
    Die Frage, hätte ein Teil dieser Menschen ohne das 9€-Ticket dann ihr Auto genutzt?

    Und was auch noch beachtet werden müsste, viele haben das 9€-Ticket genutzt um den ÖVPN
    überhaupt erst einmal kennenzulernen! Sie nutzen generell das erste Mal Bus, Bahn oder Shuttleservice!

    Somit ist dieser Artikel, der generell nicht nur gegen das 9€-Ticket ist, sondern auch gleich gegen den ÖVPN, sehr einseitig.

  5. Das wundert mich nicht. In meinem Bekanntenkreis (mich mit eingeschlossen) hat auch niemand für alltägliches (Pendeln, Einkaufen, Familienbesuche) das Auto zugunsten von ÖPNV stehen lassen. Es wurden halt einfach mehr Ausflüge gemacht.

    Aber ich pflichte einigen Kommentaren hier bei, dass diese Ausflüge sonst wahrscheinlich mit dem Auto gemacht worden wären.

    Dass das Ticket positiv zum Klimaschutz beitragen würde, hätte ich auch nie vermutet. Bahn fahren mit Regionalverkehr ist und bleibt quasi nur innerstädtisch interessant. Alles andere dauert einfach viel zu lange und ist mit etlichen Umstiegen und Wartezeiten verbunden. Die meisten die schon vor dem 9€ Ticket ein Auto hatten werden dieses auch während des 9€ Tickets einfach wie gehabt weiter benutzt haben. Mir ist die verlorene Zeit durch Bahnfahren kein Geld der Welt wert. Selbst wenn es ein 0€ Ticket gäbe, würde ich es nur für Ausflüge aber niemals für Besorgungen oder den Weg zur Arbeit nutzen.

    Aber das 9€ Ticket sollte doch auch gar kein Umweltretter sondern eher eine finanzielle Entlastung darstellen oder?

  6. Die Gesellschaft subventioniert jedes Auto jährlich mit im Schnitt rund 5.000 Euro. Man kann zum Test einfach mal diese Subventionen streichen und dann wird man sehen, wie das Ergebnis ausfällt.

    • GooglePayFan says:

      Dein Essen wird plötzlich noch einmal um 100% teurer, wenn pro LKW plötzlich mehrere 10.000€ Wegzoll gezahlt werden muss.

      Und auch die Rettungsdienste können sich die Krankenkassen dann nicht mehr ohne Zuzahlung leisten…

  7. Warum soll ein besserer ÖPNV nur unter dem „Klimagesichtspunkt“ sinnvoll sein? Gute, verfügbare , preiswerte und vor allem _unkomplizierte_ Mobilität mit Bus, Bahn , Tram ist doch im Interesse aller Menschen, egal, ob sie nun ein Auto haben oder nicht. Oder es stehenlassen oder abschaffen oder nicht. ÖPNV ist eine Daseinsvorsorge wie Trink- und Abwasserversorgung , Strom, Gas , Heizung , Schule , öffentliche Gesundheitsfürsorge und und und. Das ist ein zweck an sich , und hat erst mal gar nichts mit dem „kampfthema“ CO2 und Klima zu tun. Das sollte man einfach mal ideologisch entlasten und dann über Lebensqualität durch einen guten ÖPNV reden . Dann wird das Thema nämlich viel übersichtilicher, der Wert des ÖPNV eindeutig erkennbar und vom grün-ideologischen Ballast entrümple. Ein guter ÖPNV war nämlich schon lange vor dem „Club of rome“ ein Wert an und für sich . Ich will mehr und besseren und – nicht unbedingt kostennlosen, aber übersichtlich und einfach tarifierten bundesweiten ÖPNV. Das Klima ist mir erst mal wurscht in dem Zusammenhang . Das eine hat nämlich nichts mit dem anderen zu tun. Damit hätte auch eine gute Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket einen Sinn – egal ob das nun CO2 spart oder nicht oder gar mehr erzeugt.

  8. Wenn man weniger PKW-Verkehr will, muss man nicht nur die Alternativen verbessern, sondern auch die Bevorzugung des MIV beenden. In einer Stadt wie Hamburg werden deutlich weniger als die Hälfte aller Wege mit dem Auto zurück gelegt, dennoch ist der Verkehrsraum zum mehr als 2/3 vorrangig oder gar exklusiv dem MIV zugeteilt. Wenn man das korrigieren würde, also mehr Busspuren, mehr Protected Bikelanes und mehr breite, stolperfallenfreie Fußwege, würde die Zahl der PKW-Fahrten drastisch zurück gehen. Dann noch die Subventionen durch gratis-parken oder billigst-Anwohnerparken abschaffen…

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