„Rise of the Ronin“ im Test: Eine ungeschliffene Schönheit

Mit „Rise of the Ronin“ liegt ein neuer Exklusivtitel für die PlayStation 5 vor. Entwickelt hat dieses Game Team Ninja. Das Studio steckt z. B. auch hinter „Wo Long: Fallen Dynasty“. Ihr neues Spiel ist im Japan des Jahres 1863 angesiedelt. Als Spieler schlüpft man in die Rolle eines herrenlosen Samurais, welcher mit seinen Entscheidungen das Schicksal des Landes prägen kann. Ich habe mir das Spiel dank eines Codes von Sony in den letzten Wochen für euch anschauen dürfen.

Wer hier im Übrigen auf ein ähnliches Spiel wie „Ghost of Tsushima“ hofft, dem möchte ich direkt den Wind aus den Segeln nehmen. Denn „Rise of the Ronin“ spielt sich wesentlich sperriger. Zumal Team Ninja deutlich weniger Wert auf eine mitreißende Geschichte gelegt hat. Vielmehr sehe ich hier die Erkundung der Spielwelt, die taktischen Kämpfe und die Soulslike-Elemente im Vordergrund.

Eine weitere Warnung: „Rise of the Ronin“ hinterlässt einen schlechten ersten Eindruck. Es dauert 1–2 Stunden, bis sich die Spielwelt öffnet und weitere 3–4 Stunden, bis ihr die erste große Stadt besucht sowie durch Begleiter und erweiterte Fortbewegungsmöglichkeiten endlich tiefer in die Mechaniken des Spiels eintaucht. Das wiegt besonders schwer, da die Einführung formal zwar storylastig ist, euch aber ohne Gespür für Erzählweise Exposition um die Ohren kloppt – ohne emotionalen Anker. Da könnte mancher Leser in Versuchung kommen, das Game direkt wieder von seiner SSD zu verbannen – und würde viel verpassen.

„Rise of the Ronin“: Die Technik enttäuscht eher

Auch grafisch wirkt „Rise of the Ronin“ im direkten Vergleich mit anderen PS5-Exklusivtiteln eher ungeschliffen. Charakteranimationen wirken oft hölzern, detailarme Texturen finden sich in der Spielwelt zuhauf. Selbst der Qualitätsmodus wirkt nicht übermäßig knackig – alternativ könnt ihr auch noch aus einem Performance- und einem Ray-Tracing-Modus mit jeweils niedrigeren Auflösungen wählen. Ich persönlich finde da etwa in Art-Design und Spielwelt „Ghost of Tsushima“ optisch deutlich attraktiver.

Dabei mangelt es „Rise of the Ronin“ nicht an Umfang und Aktivitäten. Habt ihr den Prolog hinter euch gebracht und könnt die Spielwelt relativ frei erkunden, ploppen schnell mehr und mehr Aufgaben auf. Ihr könnt Katzen aufstöbern und streicheln, gesuchte Verbrecher zur Strecke bringen oder in individuellen Nebenaufgaben z. B. Kräuter für eine Apothekerin sammeln und einem Händler helfen, sein gestohlenes Pferd zurückzubekommen. Ähnlich wie in den Titeln von Ubisoft wiederholen sich einige Aufträge allerdings sehr oft, sodass etwas Formelhaftigkeit herrscht.

"Rise of the Ronin" legt auch Wert auf umfangreiches Loot-Sammeln.

„Rise of the Ronin“ legt auch Wert auf umfangreiches Loot-Sammeln.

Spaß mach es dennoch, „die öffentliche Ordnung“ wiederherzustellen, indem ihr Raufbolde und Banditen entweder in der direkten Konfrontation oder per Schleichen / Meuchelmord ausmerzt. Nach Wiederherstellung der Ordnung kehren z. B. Bewohner zu einem Hof zurück, Pilgerer kommen wieder zu einem Schrein, etc. Diese Aktionen sind zudem kein Selbstzweck, sondern steigern eure Bindung zu den jeweiligen Regionen. Dadurch winken Boni, wenn die Verbindung maximiert wird.

Kämpfen und Beute einsammeln

Hier kommt dann auch das Loot-System ins Spiel. So hinterlassen Gegner stets umfangreiche Beute und auch Questgeber schmeißen euch neue Ausrüstung geradezu nach. Das meiste davon könnt ihr direkt wieder verkaufen oder zerlegen, um Rohstoffe für Upgrades oder die Erstellung neuer Items zu gewinnen. Ansonsten könnt ihr auswählen, welche Waffen ihr bevorzugt einsetzt. Generell könnt ihr zwischen zwei Hauptwaffen und einer Feuerwaffe schnell wechseln. Zusätzlich findet ihr immer wieder neue Rüstungen, die teilweise in Sets auch zusätzliche Boni aktivieren können, und habt auch die Möglichkeit weitere Hilfen wie Rauchbomben einzusetzen.

Das Loot-System motiviert einerseits durchaus, andererseits findet man so viel neue Ausrüstung im Minutentakt, dass es manchmal nervt, sich durch die Menüs zu wühlen und Statistiken abzugleichen. Zumal auch noch ein Fertigkeitensystem mit zwei verschiedenen Arten von Punkten dazukommt. Denn einmal gibt es allgemeine Skillpunkte und dann auch noch spezielle Punkte, die z. B. nur für Stärke oder Ausdauer genutzt werden können. Meiner Ansicht nach hat es Team Ninja hier etwas übertrieben, denn diese Update-Systeme hätte man etwas entschlacken können.

Am besten seid ihr beraten, wenn ihr dem Drang widersteht, nach jedem Kampf eure Beute zu durchstöbern und dies nur in regelmäßigen Abständen wiederholt. Wichtig im Übrigen: Seid ihr gegen einen Feind unterlegen und dieser bringt euch zur Strecke, startet ihr erneut an eurem zuletzt gehissten Banner. Besiegte Feinde kehren zudem in die Umgebung zurück und ihr verliert vor dem letzten Speichern errungenes Karma. Obsiegt ihr nun gegen eure Nemesis, erhaltet ihr das zuvor verlorene Karma zurück. Wenn ihr eines der erwähnten Banner nutzt, könnt ihr generell Energie regenerieren und Feinde respawnen lassen. Andere Optionen zur Regeneration sind z. B. Heiltränke. Abseits eurer Lebensenergie verfügt ihr auch über einen KI-Balken, der im Grunde eurer Ausdauer entspricht. Geht jener zur Neige, werdet ihr kurz bewegungsunfähig und eure Gegner haben freie Bahn. Umgekehrt gilt das gleiche, wenn euren Gegner die KI-Puste ausgeht.

Koop-Elemente bereichern „Rise of the Ronin“

Es gibt einige in sich abgeschlossene Missionen, die ihr auch im Koop spielen könnt. Verzichtet ihr auf einen menschlichen Partner, dann dürft ihr selbst zwischen eurem Hauptcharakter und dem jeweiligen KI-Begleiter, den die Story euch aufdrückt, wechseln. So lernt ihr auch immer wieder mal neue Kampfstile kennen. Ja, und auch euer Protagonist kann im Übrigen zwischen verschiedenen Kampfstellungen, einige offensiver, einige defensiver, wechseln. Je nach gewählter Waffe gibt es da völlig unterschiedliche Stile. Das alles im Auge zu behalten, erfordert je nach Schwierigkeitsgrad viel Aufmerksamkeit.

So ist „Rise of the Ronin“ schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad teilweise knallhart. Wer also neu bei Soulslike-Titeln ist, kann auch gleich im Story-Modus beginnen, in dem die Kämpfe deutlich einfacher gestaltet sind. Ansonsten solltet ihr auch je nach Gegnertyp regelmäßig die Waffen wechseln, um euch etwa mit dem Speer Kolosse eher vom Leib zu halten oder mit dem Katana Gewehrschützen leichter niederzumähen. Steht ein Feind auf einer Anhöhe, könnt ihr gar zu eurem Enterhaken greifen und ihn hinabreißen. Ansonsten dient das Utensil als Kletterhilfe.

Kämpfe nehmen ein Gros eurer Spielzeit in "Rise of the Ronin" ein.

Kämpfe nehmen ein Gros eurer Spielzeit in „Rise of the Ronin“ ein.

Die Kämpfe sind extrem taktisch und wie ihr schon herauslest, sind die dahinter steckenden Systeme mit viel Tiefe versehen. Manchem Spieler dürfte das also schon alles zu viel sein und wie Arbeit vorkommen – dann bleibt euch eben der Story-Modus, durch den ihr auch kommt, ohne regelmäßig Stil und Waffe zu wechseln. Dabei leben die Scharmützel vom genauen Timing, was vor allem das Ausweichen und Parieren betrifft, um gezielt Gegenangriffe auszulösen und / oder den KI-Balken eures Gegenübers zu schwächen.

Mein Fazit

Später im Spiel erhaltet ihr sogar die Option zu früheren Zeitpunkten der Geschichte zurückzukehren, um etwa andere Entscheidungen zu treffen und so die Story zu verändern. So könnt ihr auch Missionen nachholen, die ihr vielleicht beim vorherigen Durchspielen übersehen habt. Eine sehr faire Mechanik, die euch das Maximum aus „Rise of the Ronin“ herausholen lässt, ohne, dass ihr die monotonen Aspekte wiederholen müsstet.

Das ist auch mein größer Kritikpunkt: „Rise of the Ronin“ ist zwar vollgestopft mit Content, allerdings ist vieles davon mehr Filler als Killer. Ein einfacheres Upgrade-System, weniger, aber dafür interessantere Ausrüstung und eine kürzere, aber dafür persönlichere Story hätten das Spiel nicht beschnitten, sondern durch einen Fokus aufgewertet. Was bleibt ist ein gutes Spiel für Fans von Soulslikes bzw. Team Ninja, das aber nicht mit dem Feinschliff aufwarten kann, der z. B. Titeln der PlayStation Studios ihren speziellen Glanz verleiht.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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2 Kommentare

  1. Nachdem ich mich beruhigt hatte, habe ich nun doch weitergespielt. Allein um das Geld nicht verschwendet zu haben.

    Alle Kritikpunkte treffen zu. Der größte bleibt leider die Performance.
    Wo Ghost besser ausschaut und ein flüssiges Erlebnis bietet (als ältere und ursprünglich für die PS4 geschaffen), ruckelt Ronin an manchen Stellen und hinterlässt immer wieder einen hakeligen Eindruck, trotz 4k 120hz VRR etc. TV.
    Das muss dringend nachgebessert werden.

    Die Featuritis stört auch. Man kann sich, wenn man will, stundenlang mit Micromanagement beschäftigen. Bindungen hier, Attribute dort und im Menü zum Untermenü weiter zum Unteruntermenü.
    Ein wenig Entschlackung täte dem Spiel gut.
    Man sollte nicht genau so viel Zeit im Menü verbringen müssen wie im Game.
    Das Konzept von Ghost hat gezeigt wie es gehen kann.
    Da gibt es auch 4 Haltungen, aber schlüssiger umgesetzt und deutlich im Flow.
    Ich bin kein Fan davon wenn man ein Game studieren muss. Das Game sollte selbsterklärend sein.

    Vom Storymodus sollte man sich auch nicht täuschen lassen. Man hat zwar mehr Reaktionszeit, aber auch da stirbt man oft genug. Gerade wenn einen der Gegner in einer ungünstigen Position festnagelt.
    Und die Gegner kommen selten alleine.
    Storymode heißt nur das man Fehler machen darf. Aber auch nicht zu viele.
    In den höheren Stufen sind Fehler halt gleich tödlich.

    Leider gibt es in diesem Themenbereich kaum Games, von daher mache ich weiter.
    In der Hoffnung das noch Patches zum Feinschliff kommen.
    Es wäre traurig und beschämend wenn erst eine PS5 Pro das Game ordentlich befeuern könnte.

    Freunde des gepflegten Soulslike mit hoher Frusttoleranz dürften hier ihre Freude haben. 😉

    • Die mäßige Performance bei Konsolen und auch PC Spielen in den letzten Jahren hat schon arg zugenommen. Ziemlich unverständlich. Denn gerade im Vergleich mit einer damals bereits bei Erscheinen veralteten Technik der PS4 ist doch die PS5/SeriesX Generation deutlich leistungsstärker. Aber irgendwie scheint es so als ob für Performance Optimierungen bei den meisten Studios kein(e) Geld/Zeit mehr zur Verfügung steht. Auch auf PC scheint man sich nur noch auf Upscaling-Features der GPU Entwickler auszuruhen.

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