Hall-Effekt-Sensoren einfach erklärt: Gaming frei von Stick Drift
Ich habe an diesem Wochenende meinen Testbericht der snakebyte Gamepad Base X und RGB X veröffentlicht. Es handelt sich in beiden Fällen um verhältnismäßig günstiger Xbox- und Windows-Controller, die Hall-Effekt-Sensoren für sowohl die Analogsticks als auch die Trigger verwenden. Auch im Zusammenhang mit Gaming-Handhelds wie dem Ayaneo Kun habt ihr vermutlich schon einmal von eben jenen Hall-Effekt-Sensoren gehört. Ich habe mir gedacht, dass ich euch die Funktionsweise in diesem Beitrag einmal flott erkläre.
Eigentlich geht es hier um Komponenten, die für den gemeinen Gamer keine große Rolle spielen sollten – so meint man zumindest auf den ersten Blick. Solange die Sticks funktionieren, ist es doch wurscht, welche Technik dahintersteckt, oder? Genau da kommen wir auf den Punkt: Herkömmliche Analogsticks mit mechanischen Bauteilen, wie sie sowohl Microsoft für die offiziellen Xbox-Controller, Nintendo für die Joy-Cons und den Pro-Controller als auch Sony für die DualSense verwenden, verschleißen früher oder später. Das erste Problem, was meistens auftritt, ist der sogenannte „Stick Drift“.
Da habt ihr vielleicht schon von den driftenden Joy-Cons der Nintendo Switch gehört, denn dort scheint das Problem eine Zeit lang besonders verbreitet gewesen zu sein. Es kann aber grundsätzlich alle Analogsticks mit sagen wir mal „konventioneller Bauweise“ treffen. In meinem persönlichen Bekanntenkreis etwa hatten zwei Freunde das Stick-Drift-Problem mit den DualSense-Controllern der PlayStation 5 – glücklicherweise in beiden Fällen noch während der Garantiezeit.
Was ist Stick Drift?
Doch wie äußert sich denn nun Stick Drift und was hat das mit Hall-Effekt-Sensoren zu tun? Ich bitte um etwas Geduld und will das Problem des Stick Drifts kurz erklären. Stick Drift tritt an Analogsticks mit der Zeit durch Verschleiß der Bauteile auf. Aber auch Verschmutzungen können Stick Drift begünstigen. So setzen klassische, mechanisch Analogsticks auf sogenannte Potentiometer. Diese mechanische Komponente passt, je nachdem wie ihr den Stick bewegt, die elektrische Spannung an, um eure Bewegungen zu erfassen bzw. von analog in digital und damit in Spielen umzusetzen.
Die jeweils durch das Potentiometer angepasste Spannung wird an einen kleinen Strip weitergeleitet. Und genau dieser nutzt sich, ihr ahnt es, auf Zeit zwangsläufig ab. Mit zunehmender Abnutzung kann es nun zu ungewünschten Fluktuationen kommen, selbst dann, wenn ihr den Stick gar nicht bewegt.
Ergebnis: Eure Spielfigur bewegt sich ohne euer Zutun in eine bestimmte Richtung = Stick Drift. Dieses Phänomen kann sich auch durch den Verschleiß anderer Komponenten ergeben – etwa von Federn, etc.
Meistens ist aber eben das Potentiometer als solches der Grund, aus dem es zu Stick Drift kommt. Ergebnis: Der Controller wird unbenutzbar, selbst wenn alles andere noch funktioniert. Denn Hersteller wie Microsoft, Nintendo oder Sony interessieren sich bisher wenig für den einfachen Austausch von Controller-Komponenten durch den Benutzer. Man verkauft euch eben lieber ein neues Eingabegerät.
Warum helfen Hall-Effekt-Sensoren gegen Stick Drift?
Jetzt kommen wir zu den Hall-Effekt-Sensoren. Eventuell habt ihr bemerkt, dass derzeit einige Controller-Hersteller, wie eben Snakebyte, oder auch Hersteller von Gaming-Handhelds, wie Ayaneo, explizit im Marketing betonen, dass sie für die Analogsticks und Schultertrigger Hall-Effekt-Sensoren einsetzen. Dabei verweist man teilweise auch darauf, dass es dadurch eben nicht zu Stick Drift kommen könne. Aber warum ist das denn so?
Bei Controllern mit Hall-Effekt-Sensoren verzichtet man auf das Verschleißteil Potentiometer. Stattdessen wird hier die Spannung / der Stromfluss über ein Magnetfeld und entsprechende Sensoren beeinflusst. Durch den Verzicht auf mechanische Komponenten, die miteinander in Kontakt kommen müssen und sich abnutzen, erhöht sich natürlich die Langlebigkeit stark. Ebenfalls kann sich dadurch sogar die Präzision erhöhen. Auch damit werben die Hersteller gerne, ich bin allerdings persönlich der Meinung, dass das die wenigsten Gamer wirklich bemerken werden.
Der Analogstick selbst, also was ihr da mit euren Fingern eben berührt, bleibt aber natürlich ein Verschleißteil. Doch durch Hall-Effekt-Sensoren wird der Lebenszyklus eures Controllers potenziell deutlich verlängert. Neben Sticks setzen einige Controller aus den gleichen, angesprochenen Gründen auch auf Hall-Effekt-Sensoren für die Trigger. Gerade für Gaming-Handhelds, bei denen der Controller ja quasi fest ins Gerät integriert ist, ergibt das natürlich besonders viel Sinn.
Warum verzichten Microsoft, Nintendo und Sony auf Hall-Effekt-Sensoren?
Vermutlich ist diese Frage mittlerweile bei einigen von euch im Kopf aufgetaucht: Wenn Hall-Effekt-Sticks langlebiger und auch genauer sind als Potentiometer-Sticks, weshalb verbauen dann weder Microsoft noch Nintendo oder Sony entsprechende Komponenten? Nun, die tatsächliche Antwort kennen nur die Hersteller selbst. Zu vermuten ist, dass es schlichtweg ums Geld geht. Hall-Effekt-Sensoren sind etwas teurer als Potentiometer und wer damit rechnet, Millionen von Controllern sowohl direkt mit den Konsolen als auch als optionales Zubehör zu verkaufen, der achtet auch auf Centbeträge.
Böswillig könnte man auch unterstellen, dass den Herstellern der Controller-Verschleiß möglicherweise ganz gelegen kommt, sodass wenig Motivation besteht, die Eingabegeräte langlebiger zu gestalten. Schließlich verzichten selbst die Premium-Controller Xbox Elite Series 2 und DualSense Edge auf Hall-Effekt-Sensoren. Immerhin: Beim DualSense Edge könnt ihr die Stick-Einheiten zumindest einfach austauschen. Aber das lässt sich Sony natürlich versilbern – mit 24,99 Euro pro Stickmodul.
Es bleibt abzuwarten, ob die großen Hersteller vielleicht mit der nächsten Konsolengeneration endlich als Standard zu Hall-Effekt-Sticks wechseln. Das könnte man ja immerhin gut als Nachhaltigkeitsmaßnahme vermarkten.
Denn man muss auch ehrlich sagen: Wenn snakebyte in Controllern ab 29,99 Euro Hall-Effekt-Sensoren für Sticks und Trigger einsetzen kann, dann sollte es auch für Microsoft und Co. machbar sein, ohne die Preise der Eingabegeräte in ungeahnte Höhen zu katapultieren.
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Ich verstehe dass die Intensität der Bewegung durch Magnetfelder erfasst wird. Soweit okay. Das ist ziemlich präzise. Aber der Stickdrift passiert doch weil die Rückholfedern ausleiern. Und die können doch auch bei Hall Effect Sticks ausleiern oder irre ich da?
Ich glaub das Hauptproblem sind diese Drehpotentiometer an der Y- und X-Achse und deren Mechanik.
Du irrst ein wenig. Wenn die Feder verschlissen ist und der Stick sich nicht mehr zentriert, bleibt die Bewegung der Figur in die „eine Richtung“ bestehen, soweit so richtig. Zentrierst du den per Daumen, bleibt die Figur stehen.
Bei Stick Drift hingegen wandert die Figur auch wenn der Stick perfekt zentriert ist. Du kannst nichts dagegen tun.
Oder du bewegst den Stick und deine Figur macht dabei noch willkürliche Bewegungen.
All das resultiert nur von einem verschlissenen Poti der keine richtigen Spannungen mehr weitergibt.
Eine ausgeleierte Feder ist ärgerlich, beeinflusst aber nicht die korrekte Bewegung deiner Figur.
Ich wünschte es gäbe irgendwann mal HE Ersatzsticks für meinen Edge Controller.
Aber wie schon angemerkt, die Sticks kann man ersetzen.
Aber es gibt keine Austausch Sticks mit anderen Federn oder Sensoren, nur den Standard Poti für 25€.
Ein Schelm wer da böses von Sony denkt.
Na ja, ich hatte bei Controllern mit Stickdrift immer die Situation dass wenn man von Hand zentriert hat nichts mehr auf dem Bildschirm passiert ist. Die ungewollten Bewegungen sind immer nur dann passiert wenn der Stick aufgrund ausgeleierter Rückholfedern nicht zentrisch gehalten hat…. Hab ich ihn von Hand mittig gehalten war alles okay.
Danke für diesen Artikel!
Es geht meines Wissens hier um Patente. Und damit wird das deutlich teuerer als nur die Teile
Das täte jetzt mal interessieren um was für Patente es jetzt ginge und warum das teurer werden sollte.
Hier im Blog war kürzlich das snakebyte Gamepad im Test mit Hall-Sensoren für mal gerade 30€.
Irgendwie passt da was nicht zusammen.
Danke für die Erklärung. Hätte ich jetzt nicht nach gegoogled, fand es am Morgen aber interessant zu lesen.
Übrigens ist der Xbox Elite Controller mit Abstand der Controller, der im Bekanntenkreis am häufigsten kaputt geht und Mangelerscheinungen zeigt. Die meisten haben davon auch schon den 2. oder 3. gekauft. Dementsprechend wäre das für mich alles Absicht – geplante obsolenz.
Denn du KANNST es ja anders machen, wenn du es wirklich willst. Und du kannst damit auch weiterhin Geld verdienen, wenn auch weniger. Und darum geht es dann wohl.
Hatte bei meinen Switch Joycons schon diverse male Stickdrift und z.B. wurde Nintendo vor einiger Zeit dazu gewzungen, diese auch außerhalb der Garantie zu reparieren. Sonst wären wirklich schon 3 – 4 Joycons drauf gegangen.
Bei meinem PS5 Controller ist es dann letztes Jahr genau ein paar Monate außerhalb der Garantiezeit passiert. Dank YouTube Anleitungen und etwas Frickelei konnte ich mir aber teure Reparaturen oder den Austausch ersparen.
Dabei habe ich auf der PS5 wortwörtlich in knapp 3 Jahren max. 5 oder 6 Games durchgespielt, während sie sonst monatelang unbenutzt Staub ansammelt.
Dass mir dieses Problem bis zur Switch / PS5 Ära noch nie Probleme bereitet hat, obwohl ich seit den 90ern zocke und besonders in den 2000ern sehr viel über diverse Konsolen hinaus gezockt habe, finde ich schon bezeichnend.
Und wenn meine alten Konsolen alle paar Jahre mal wieder ausgegraben und an den TV montiert werden, funktioniert das Meiste wie am ersten Tag….. wurde früher anders gebaut und werden heutige Bauteile einfach immer filigraner…oder wird nur billiger verbaut?
Hatte das Problem teils auch schon mit PS3 und Xbox 360 Controllern. Kann mir vorstellen, dass vorher einfach eine größere Deadzone eingesetzt wurde, sodass Stick Drift nur in extremen Fällen aufgefallen ist. Bei neuen Controllern wird ja jede kleinste Bewegung umgesetzt, somit fällt auch der Drift früh auf.
Ich selbst hatte bisher Glück und noch an keinem Controller Stick-Drift – allerdings hatte ich im Bekanntenkreis eben 2 Freunde, die schon nach 3-4 Monaten das Problem an den DualSense-Controllern hatten. Einer davon ist Hardcore-Zocker, der andere eher gelegentlicher Spieler.
Es spielt auch eine Rolle, was für Spiele man so zockt, etwa ob man oft die Bewegungsrichtung stark ändert, und wie sauber man die Controller hält. Man kann aber so oder so auch etwas Pech und Glück haben bei der Abnutzung.
Es wäre auch kein großes Problem die Fehler per Kalibrierung zu kompensieren, da auch das scheinbar nicht passiert, kann man tatsächlich vermuten, dass die Hersteller lieber erneut verkaufen wollen. Oder eben 25 Euro für Update aufrufen.
Welche Erklärungen dafür, dass kaum einer Hall Effekt Sensoren verbaut, könnte es noch geben außer „die bösen Companies“?
Warum benutzt man da eigentlich keine billigen optischen Winkelcodierer, wie früher in den Kugelmäusen?
Der Platz und Strombedarf ist zu hoch.
Kleines Beispiel für einen HE Sensor für ein Gamepad.
https://www.youtube.com/watch?v=6JX_kdyDnlM
15$ für 10 Module. Da ist auch nicht viel Technik dahinter.
Das Problem ist, das ein Modul mit Poti noch ein bisschen billiger ist. Auf Millionen Stückzahlen kommt schon eine Summe zustande mit der ein Unternehmen rechnet.
Das Problem mit den Potis kenne ich noch aus meiner C64 / Amiga Zeit. Auch da haben sich die Potentiometer bei den Competition Pro nach harter Behandlung irgendwann verabschiedet. Insofern ist das Thema nicht neu. Interessant ist nur, dass es anscheinend bessere Lösungen gibt und diese einfach nicht genutzt werden.
4 Jahre Maschinenbaustudium, 2 Jahre Masterstudium, 7 Jahre in einer technischen Vorentwicklung tätig und noch nie habe ich gehört, dass das jemand „Hall-EFFEKT-Sensor“ nennt 😀 Einfach nur Hallsensor. Und nein, dass ist nicht böse gemeint 🙂