Deutsche Spieleentwicklung: Politik will die Förderung zusammenstreichen

Am Wochenende hatte ich erst darüber berichtet, dass sich die Spieleindustrie in Deutschland verbesserte Rahmenbedingungen wünscht. Da nannte man konkret eine verbesserte Ausbildung von Fachkräften an deutschen Hochschulen. Doch die Politik plant aktuell eher eine Verschlechterung. Zumindest will man die Förderungen für Entwickler 2024 erheblich kürzen. Der Branchenverband game warnt laut einem Bericht der Welt, das werde der Industrie und Deutschland als Zukunftsstandort schaden.

Ca. 900 Unternehmen mit ca. 12.000 Mitarbeitern machen aktuell die Branche in Deutschland aus – fast 20 % mehr Beschäftigte und 46 % mehr Firmen als noch vor drei Jahren. game nimmt an, dass dies auch stark an der 2020 eingeführten Förderung für die Branche liege. Mehr Entwickler als früher wagen heute den Sprung und gründen ein eigenes Studio. In einem Regierungspapier heißt es dann auch, Deutschland solle zu einem Leitmarkt für Computerspiele werden. Es handele sich um eine Wachstumsbranche und einen relevanten Wirtschaftsfaktor. Ebenfalls ergebe sich durch die Gaming-Branche ein Pool für hochqualifizierte Arbeitskräfte im digitalen Bereich.

Allerdings scheint die Begeisterung abgeebbt zu sein, da die Förderung von zuletzt 70 Mio. Euro ab dem nächsten Jahr auf 48,7 Mio. Euro zusammengestrichen werden soll. Bedenkt man, welche Milliarden-Subventionen in die Ansiedlung einzelner Unternehmen wie Intel oder auch TSMC fließen, ist das ohnehin ein eher kleiner Topf, der auch noch schrumpft. game verweist auf andere Regionen wie Frankreich, Großbritannien oder Kanada, in denen deutlich mehr gefördert werde. In Kanada etwa, das nur auf die halbe Bevölkerungsanzahl kommt, arbeiten dreimal so viele Fachkräfte in der Spielebranche. Das zeige das brach liegende Potenzial für Deutschland.

So gebe es in Deutschland Kostennachteile für Entwickler, die erst durch die Förderung aufgehoben worden seien. Durch das Zusammenstreichen werde Deutschland als Standort für die Spieleentwicklung unattraktiver. Zumal das Budget für 2024 ohnehin schon ausgereizt sei, da damit noch Ansprüche aus Anträgen der Vorjahre abgedeckt werden müssten. Das liegt daran, dass die Entwicklung von Spielen mehrere Jahre benötigt und die Förderung so nicht auf Schlag, sondern häppchenweise fließt. Im Ergebnis können in Deutschland Entwickler quasi erst ab 2025 wieder Anträge stellen. Das schrecke ab.

Laut game sollte sich die Politik fragen, was sie wolle: Deutschland ernsthaft zu einem Gaming-Standort der Weltspitze aufbauen oder unter „ferner liefen“ rangieren. Auch Länder wie Polen oder Irland seien mittlerweile vorbeigezogen. Die Branche selbst hält 125 Mio. jährlicher Förderung für sinnig. Nur so könne man sowohl laufende Projekt als auch frische Studios unterstützen. Zumal man im Gegensatz zu anderen Ländern Ansiedlungen aus dem Ausland in Deutschland bislang noch gar nicht sehe.

Am Ende sei die Games-Branche ein Multi-Milliarden-Markt, an dessen Erlösen Deutschland bislang kaum partizipiere. Das sei besonders bedenklich, da Deutschland einer der weltweit fünftgrößte Spielemarkt sei. Mal sehen, ob man sich da hierzulande noch am Riemen reißt.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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20 Kommentare

  1. Unter meinen Kommentar zu dem Thema vom Wochenende hatte jemand ein paar „tolle“ Spiele aufgeführt, die mit jeweils rund 1,5 Mio Euro gefördert wurden.

    Games für KLEINE Kinder!

    Damit will Deutschland führend werden?
    Oder schielt man auf die Kunden von übermorgen?

    Gute Entscheidung finde ich.

    • Ach, also das macht es eigentlich erträglicher für mich.

      Bin grundsätzlich erst mal Gegner solcher Fördervorhaben, aber bei vielen Spielen, die sich an Kinder richten, denke ich mir: Wären sie doch nur ein klein bisschen weniger toxisch. 😀

      Call of Duty kann man meinetwegen auch gerne bei den Amis entwickeln.

    • Hallo Christian, sehe ich ähnlich. Lieber Geld in echte frühkindliche Förderung in KiTas stecken, mehr Personal, bessere Ausbildung, bessere Sachausstattung. Gleiches für Schulen, Jugendzentren, Sportvereine. Spiele, vor allem Computerspiele , sind ein schöner Luxus, aber nicht Brot und Buter für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Wenn ein Computerspiel ohne öffentliche Förderung nicht bestehen kann braucht es die Welt auch nicht.

  2. Derzeit wird ja scheinbar Alles zusamegestrichen, was Zukunft sichern könnte: Digitalisierung, Forschung, Bildung, Infrastruktur.
    Da ist es nur gerecht, auch bei Spielen keine Ausnahmen zu machen.

    Eine Ausnahme hätten aber Ballerspiele sein müssen, die würden ja zur Verdoppelung des Bundeswehretat von derzeit 50 auf fast 95 Mrd. in den kommen Jahren passen.

    Was nützen all die schönen neuen Kanonen, wenn keiner damit – wenigsten virtuell – Ballern kann.

  3. wirklich beängstigend wie hier wieder „neue“ Dinge im Keim erstickt werden, weil man sie nicht versteht und stumpf einer Wirtschaftspolitik der 1980´ger in der BRD Folgt die alles der Autoindustrie unterstellt hat, warum wird denn Intel in Magdeburg und der Standort so gefördert warum möchte man TSMC in Dresden haben …..

  4. Es wollen so viele Branchen unterstützt werden…..
    Realistisch muss man sagen, das in einer Volkswirtschaft mit 84 Mio Menschen eine Branche mit 12.000 Mitarbeitern einfach keine größere Förderung verdient. Die Fördertöpfe sind begrenzt und viele in der Bevölkerung würden eine erhöhte Förderung für Games nicht verstehen.
    Der Vergleich mit den Chipproduktionen hinkt gewaltig. Einmal geht es da um Unabhängigkeit von China und an TSMC / Intel hängen in Deutschland hundertausende Jobs – wenn nicht sogar fast Millionen.
    Es geht da um die Sicherung von Jobs in der Automobil- und Maschinenbauindustrie, die für Deutschland überlebenswichtig ist.

    • André Westphal says:

      Das sehe ich z. B. anders: De deutsche Autoindustrie ist aktuell arg unter Druck geraten, weil sie sich über Jahrzehnte auf ihren Lorbeeren ausgeruht hat. Jetzt kommen im Bereich der E-Autos allerlei chinesische und amerikanische Firmen und man reibt sich die Augen. Das ist eine „alte“ Industrie, mit der es tendenziell in den nächsten Jahren eher bergab gehen dürfte, während die internationale Konkurrenz erstarkt.

      Die Spieleindustrie hat enormes Wachstumspotenzial und Deutschland selbst ist auch noch ein riesiger Markt. Aber da pennt man auch, weil da die klassische Mentalität greift „Ach, nichts Neues wagen…lieber Bewährtes weitermachen“ – klassisch hierzulande. Das ha auch eine Zeit gut funktioniert, aktuell verlieren wir aber den Anschluss.

      • Das ist richtig – wir sind ganz toll darin Trends zu verpennen. Aber glaubst Du, das die Gaming Branche jemals auch nur annähernd die Bedeutung der KFZ-/Maschinenbauindustrie erlangen wird? An der Branche hängen hunderte Zulieferer, da werden richtig dauerhafte Werte geschaffen.

        Die Gamingbranche ist da viel instabiler. EIn Flop und eine Firma kann Pleite sein.

        • André Westphal says:

          Es geht doch gar nicht um ein „entwder… oder….“. So oder so ist es eine schlechte Idee zu viel auf eine Karte zu setzen. Und wenn man im Bereich der Gaming-Industrie (noch) viele Chancen hat, sollte man zusehen, dass man in diesem Wachstumsmarkt auch nach vorne geht. Zumal die Lobbyisten ja durchaus in vielen Punkten Recht haben: Die Mitarbeiter auf der Spieleindustrie sind dann auch für andere Branchen sehr interessant, sodass sich da viel Synergieeffekte ergeben.

          Gerade da die ohnehin geringe Förderung noch zu kürzen, halt ich für falsch und bin da zur Abwechslung wirklich auf Seite des Branchenverbands.

          • Hm… ich verstehe Deine Argumentation, halte das Vorhaben aber für ebenso schwierig, wie einen Einstieg Deutschlands in die Halbleiterproduktion nach Jahrzehnte dauerndem Hyperschlaf.

            Denke an Jamba: fragwürdiges Marktkonzept, viel rechtlicher Ärger wegen Jugendschutz, aber hohe, weltweite Marktrelevanz. Letztlich flossen die Erträge aber sehr schnell in die USA. Und geförderte Projekte, wie z.B. das ehemalige Spiel des Jahres namens „Trüberbrook“ waren technisch vielleicht ganz interessant, hatten aber kaum Marktrelevanz.

            Und ja, das Marktpotenzial der Spielebranche ist riesig. Aber Förderung wird wahrscheinlich nicht die Lösung sein. Sonst wäre der deutsche Film Weltmarktführer. Vielmehr muss man Umstände schaffen, die Innovation befördern, Talente anziehen und Erfolg belohnen.

  5. Das ja schrecklich, was sagen den unsere Pro Gamer Söder und Bär dazu?

  6. Diese Regierungskoalition entwickelt eine beängstigende Meisterschaft darin, möglichst vielen Gruppierungen vor den Kopf zu stoßen.

    • eine Branche die sich anscheinend nur mit Förderungen über Wasser hält hat grundsätzlich ein Problem. Diese Regierung hatte nie ein Problem mit der Einnahmen-Seite sondern mit den Ausgaben die explodieren. Ich finde es nicht schlimm wenn jetzt auch mal Förderungen zusammengestrichen werden. Und das meine ich in sämtlichen Branchen und Bereichen. Die Zeiten des Wohlfahrt-Staates gehen halt langsam zu Ende.

      • Ah, dann meinst du sicher auch die jahrzehntelange Förderung von Atomenergie, der Automobilindustrie, der Rettung diverser Konzerne wie der Lufthansa zum Beispiel?

        • Bißchen Populistisch oder?
          Ja, wir haben Lufthansa gerettet, nur wenige Jahre später ist alles zurückgezahlt und der „Laden“ macht wieder Milliardengewinne. Bei so einigen Energiefirmen (Uniper / RWE) ist es ähnlich.
          Letztlich gute Investitionen, weil einmal Arbeitsplätze gesichert werden, aber auch weil der Staat seine Beteiligungen irgendwann mit Gewinn verkaufen kann.
          Ob sich Förderungen der Gamesindsutrie jemals so lohnen werden…..

          Es sind einfach gesicherte Geschäftsmodelle dahinter. Die Leute hören nicht auf Energie zu verbrauchen, zu fliegen etc. Aber ob die Leute einem deutschen Spiel zum Durchbruch verhelfen, das ist halt fraglich.

      • Problem hier ist nur, dass die Games-Branche in anderen Ländern sehr hohes Wirtschaftswachstum erzeugt. Nur hier wird es Stiefmütterlich oder als Killerspiel-Branche behandelt. Dabei ist Gaming doch ein großer Teil der „neuen“ Wirtschaft. In Sachen Auto sind wir jedenfalls nicht mehr so toll wie vor hundert jahren nochmal und Made in Germany ist auch ein Spruch von Oma. Hier hätte man einfach mal neue Wirtschafts und somit auch Steuerzweige erschaffen können. Stattdessen fördert man Kinderkram und hat mit dem DCP auch noch eine hoch lächerliche Veranstaltung am Start.

        • Hallo Lara, wenn man doch nur mehr „Kinderkram “ förderte: wie schon geschrieben : KiTa, Schule, Sportvereine (ich meine Breiten- und Jugendsport, nicht Ligafußballl mit dumpfbackigen Millionenverdienern) Jugendzentren, Kinder- und Jugendpsychologischen Angeboten und und und. Da könnte man die Millionen für die Spiele-Industrie gut unterbringen und das ist auch noch förderlich für den gesellschafftlichen Zusammenhalt. Und wenn hier einige vom „ende des Sozialstaates“ schreiben: nur ein Staat in dem für die Bürger ein gewisser Wohlstand erhalten wird und wo es möglichst wenig Abstigsängste gibt, ist sicher vor populistischen, vor allem rechtspopulistischen Tendenzen. Lernen wir gerade schmerzlich. Eine Sicherung von Arbeitsplätzen für die breite Masse, nicht von ein paar hippen Jüngelchen in der Games-Sparte , ist daher sinnvoll. Da wo eben viele und breit gestreut arbeiten oder deren Arbeit gebraucht wird und gesellschaftlich wertvoll ist z. B. soziale Berufe. Games – sorry, geht auch ohne. Ohne KiTa oder Schule oder Arzthelfer geht nix.

  7. Telekomiker says:

    Gott sei Dank ist meine Schwester HEUTE mit ihrem Studium in der Gamesbranche durch!

  8. Ich bezweifle, dass die Gaming-Branche in Deutschland an fehlenden Subventionen leidet. Crytek und Blue Byte sind auch nicht entstanden, weil man sie großzügig alimentiert hat. Die Ursachen liegen vermutlich woanders und irgendwo zwischen einer latenten Innovationsfeindlichkeit in Deutschland und strangulierender Bürokratie.

  9. Einfach das Spiel als Kampf gegen rechts deklarieren, dann ist der Topf 200 Millionen Euro groß und man darf sich nach Herzenslust daran bedienen.

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