Godspot: Am achten Tag schuf Gott das WLAN

godspotMoses kommt vom Berg herab, um dem Volk die Botschaft Gottes zu verkünden: „Also liebes Volk, es gibt gute und schlechte Nachrichten. Die gute Nachricht ist: Ich hab ihn runtergehandelt bis auf zehn. Die schlechte: Ehebruch ist immer noch dabei.“ Trommelwirbel und einen Tusch für den schlechten Witz zum Einstieg in das Thema. Aber als ich das gleich Folgende zum ersten Mal las, da musste ich auf den Kalender schauen und nachvollziehen, ob „Der Postillon“ nicht wieder zugeschlagen hat. Aber es stimmt: WLAN kommt in die Kirche. Das machen einzelne Kirchen schon im kleinen Kreis, in Berlin zieht man das Ganze nun groß auf. Die EKBO (Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz) hat ein Angebot gestartet, welches auf den Namen Godspot hört.

Ein Name, einfach wie genial. Man hat quasi den direkten Draht nach oben, via WLAN. Vorbei die Zeiten, in denen man vielleicht Edge in der Kirche hatte. Bei Godspot handelt es sich um ein kostenfreies Angebot, welches auch das unbegrenzte Surfen im Netz erlauben soll. Gläubige Nutzer kommen zuerst auf eine Startseite, wo es Informationen zur Gemeinde gibt und die Themen Glaube und Leben besprochen werden. Dann kann der Nutzer frei surfen. Das Projekt, realisiert über einen externen Dienstleister, soll erst einmal in 220 Kirchen in Berlin und Brandenburg installiert werden, darunter in der Französischen Friedrichstadtkirche am Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte und in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin-Charlottenburg.

Die Kirche alleine ist nicht auf diesen Stunt gekommen, stattdessen hat man sich die Hilfe einer Agentur geschnappt, die nicht nur die Idee zum Namen hatte, sondern auch Branding, Website, erste Medien und das Packaging für den godspot-Router übernahm. Ziel soll es sein, allen 3000 Kirchen und kirchlichen Gebäuden einen EKBO Hotspot zur Verfügung zur stellen.

Meinung:

Für mich ist das Ganze schwer zu beurteilen. Unsere Kommunikation verschiebt sich in der heutigen Zeit immer mehr in mobil erreichbare Netzwerke. Für viele Menschen hat das Konstrukt Kirche aus für mich nachvollziehbaren Gründen deutlich an Bedeutung verloren, dennoch würde ich niemals einem Menschen seinen Glauben streitig machen wollen oder seine Beweggründe für den Kirchengang infrage stellen wollen. Mir stellt sich nur die Frage, ob das Ganze ein großer Marketingstunt ist – oder welchen Nutzen man daraus ziehen will, dass in einer Kirche (kirchliche Gebäude ausgenommen) WLAN installiert ist. Sicher nicht, damit sich der gläubige Foodblogger bei der Oblate und billigem Messwein auf Instagram verewigt.

Eure Meinung dazu?

(via Jan Petter)

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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15 Kommentare

  1. Das kann ja nur der Anfang sein. Es wäre zum Beispiel schön, wenn die Kirchengemeinden ihre Mitglieder etwa mit eigenen Mail-Adressen versorgen würden oder Cloud-Dienste hosten.
    Damit könnte die Kirche ihren gesellschaftlichen Bezug mehr stärken. Ich sehe auch, dass Kirche nicht mehr so wichtig ist und kann es auch voll und ganz verstehen (ich selbst studiere übrigens Theologie), dass sie nicht mehr diesen Standpunkt in der Gesellschaft hat.
    Derartige Dienste halte ich doch für einen richtigen Weg, sich der Gesellschaft zu öffnen. Vielleicht gibt es ja demnächst Hackathons in den Kirchen?

  2. Gott ist in der Cloud…
    Naja ist doch eigentlich ein Schritt in die richtige Richtung.

  3. Warum nicht, ist immerhin ein Versuch wert. Der virtuelle Gottesdienst Sonntags um 10 Uhr im Bett und im Live Chat….

  4. Neulich beim Konfirmationsgottesdienst – Pastor: „Bitte schalten Sie jetzt alle ihre Handys aus!“ Nach dieser Ansage frage ich mich, wozu man WLAN in der Kirche braucht, aber auch sonst finde ich es an diesem Ort überflüssig. Ich bin mal gespannt, wann die ersten Horden von Jugendlichen die Kirchen belagern, um Musikvideos bei YouTube zu schauen. Junge Menschen haben sie dann wieder in der Kirche, aber mit dem Ort der Stille wird es wohl dann vorbei sein.

  5. Abgesehen davon, dass ich nicht mehr in die Kirche gehe (bin vor ein paar Jahren aus diversen Gründen ausgetreten), bräuchte ich kein WLAN im Haus Gottes. Entweder wird gebetet oder es wird gesurft.

    Mit dem Godspot hat man auch keine bessere Connektion zu dem Chef da oben. 😉

  6. Jaa nie wieder Liedtexte suchen, die werden dann direkt auf das Smartphone geschickt.

  7. Tobias Unruh says:

    Ich habe in unserer Kirchengemeinde in den Gemeinderäumen WLAN über Freifunk realisiert. In den Räumen werden verschiedenste Angebote von Seelsorge über Yoga, Vorträge, Nachhilfe usw. angeboten. Bei uns heißt Kirche nicht mehr nur noch beten, sondern Gemeinschaft. Und Gemeinschaft braucht heutzutage halt immer irgendwie Internet. Mittel zum Zweck und so. Bei uns kommt das gut an!

  8. So könnte es doch noch voll werden in der Kirche, wenn am Monatsende das Datenvolumen aufgebraucht ist… #badidea

  9. steamblader says:

    Sehe das ähnlich wie der Kommentator Tobias Unruh. Kirche ist mehr als nur der Sonntagsgottesdienst (bzw. sollte mehr als nur der Sonntagsgottesdienst sein). Ich mache z.B. nebenbei eine Ausbildung zum C-Kirchenmusiker, und da wäre es schön, während der Übezeit in der Kirche am Instrument nicht ganz von der Außenwelt abgeschnitten zu sein – auf Funknetze haben die Erbauer dieser Gebäude nun wirklich nicht geachtet…

  10. Eike Justus says:

    Der allerwichtigste Vorteil ist, dass man eher als bisher vom Jüngsten Gericht erfährt und schnell noch ein Ave Maria loswerden kann. Vom Datenträger gestartet geht das besonders schnell, vielleicht gibt’s auch ’ne App dafür.
    Das bringt eine verkürzte Wartezeit in der Schlange vor dem Fegefeuer. Flat Rates haben nämlich leider keinen direkten Zugang zum Himmelstor.
    Doch Vorsicht, der Deifi wird euch den Spaß mit raffinierten Virenschleudern verderben.

  11. Vom News-Blog, bis hin zur Kirche tummelt sich alles im WWW. Na und?! Sollen Sie ihr Hallelujah auch per Wlan unter die gläubigen Schäfchen verteilen. Die, die am Sonntag in der Kirche sitzen lassen meist eh den Kopf hängen, weil eingeschlafen. Ob die nun aufs Smartphone schauen oder den Sonntags Schlaf ab 11:00 verlängern ist eh Jacke wie Hose. Zumal die meisten Kirchgänger sowieso im Smartphone-freien-Alter sind und das Wort Wlan für die eher dem Thema Sodom und Gomorra gleich kommt. Amen.

  12. Trial&Error says:

    Gut, ich komme vom Dorf aber als unsere Gemeinde einen „Medienkoffer“ mit Beamer bekommen hat, hat das unser Gemeindeleben bereichert. Der Beamer wird nur selten im eigentlichen Gottesdienst eingesetzt aber im Konfaunterricht oder auch bei Gemeindeveranstatltungen in der Kirche ist es eine Bereicherung.

    Im Winterhalbjahr veranstalten wir beispielsweise Monatlich ein Kirchenkino. Momentan noch mit DVDs. Warum nicht zukünftig auch über WLan und Netflix, Amazon Prime Video, …?

    Des weiteren hat unsere Kirchengemeinde gerade das Internet „entdeckt“. Der Aufbau einer Webseite mit über 20 Teilnehmern je Treffen ist im kleinen Pfarrbüro echt „eng“.

    Ich denke, wenn die Kirche mit der Zeit geht kann das für die Gemeinden nur Vorteile haben.

    @Area30
    Soweit ich weiß ist das auch bei uns der erste Satz des Pfarrers nach der persönlichen Begrüßung.
    Wenn man sich anguckt, wie die aktuellen Konfis mit Ihren Smartphones umgehen und das sie keine 5 Minuten zuhören können ohne 5 mal aufs Handy zu schauen, dann finde ich das auch ganz gut so.

  13. Und was sagt der berlin-brandenburgische Landesbischof zur Wahl der Bezeichnung „godspot“ ? Wie hält er dies für kompatibel mit dem 2. Gebot Gottes (Du sollst den Namen des Herrn nicht unnütz gebrauchen)? Oder müssen sich „Kirchenbeamte“ nicht an die 10 Gebote der Bibel halten?

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