Vorratsdatenspeicherung schreitet voran – gefährdet speziell Blogger
Die Vorratsdatenspeicherung ist leider eines der Lieblingskinder einiger Politiker und soll auf Krampf durchgedrückt werden. Kritik hagelte es in der Vergangenheit zwar genug, doch ein neuer Entwurf ist durch den Rechtsausschuss gekommen und heute im Parlament Diskussionsthema. Man muss mittlerweile davon ausgehen, dass die Vorratsdatenspeicherung wohl auf uns alle zukommt. Besonders Schreiberlinge wie Blogger und Journalisten müssen deswegen vermutlich in Zukunft auf sich aufpassen und könnten bei der Veröffentlichung sensibler Daten allzu schnell die Grenze zwischen investigativem Journalismus und sogenannter Datenhehlerei überschreiten.
So wird die Vorratsdatenspeicherung von Kritikern auch gerne als „Anti-Whistleblower-Gesetz“ bezeichnet. Auch wenn ich gern mal über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk mosere, finde ich einen neuen Kurzbericht des NDR-Magazins „Zapp“ dazu sehr aufschlussreich. Das Problem ist nämlich, dass Whistleblower heute nicht mehr angestaubte Aktenordner auf dunklen Parkplätzen an die Presse herausgeben, sondern die Daten z. B. via USB-Stick oder komplett übers Netz weiterreichen. Das fiele dann unter den Paragraph 202d zur „Datenhehlerei“.
Ulf Buermeyer, Richter am Landgericht Berlin, mahnt, dass eine enorme Rechtsunsicherheit entstehe: „Ich halte es für fahrlässig hier eine Grauzone einzuführen und damit das unkalkulierbare Risiko sich vielleicht bei seiner täglichen Berufsausübung strafbar zu machen“, so Buermeyer im Beitrag. Journalisten würden zwar durch eine Klausel geschützt, jene sei aber zu vage und öffne deswegen z. B. Angriffen auf Blogger Tür und Tor. Denn es heißt, die Arbeit mit geheimen Daten sei nur zulässig, wenn sie „ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger dienstlicher oder beruflicher Pflichten“ diene.
Buermeyer sieht aber in der Schutzklausel viele Lücken: Beispielsweise wären Blogger, die nicht von ihren Artikeln leben und eher als Hobby schreiben, durch die Klausel gerade nicht geschützt. Auch Personen, die ein irgendwie geartetes, privates Interesse an ihrer Recherche hätten, wären nicht berücksichtigt. Denkbar wäre ein Fall, in dem ein Journalist zugleich privat Aktivist ist – schon fiele der Schutz durch die Klausel aus.
In größeren Redaktionen, in denen Texte in der Regel durch mehrere Hände gehen, könnten sich alle Beteiligten strafbar machen – das gilt selbst für externe Experten, die man gerade zu komplexen Themen um Rat fragen müsste. Justizminister Heiko Maas und seine Mitarbeiter negieren die Probleme und beharren vor allem auf dem Standpunkt, dass ein Whistleblower Daten stehle und zur Rechenschaft gezogen werden müsse.
Da nützt es leider wenig, dass Richter Buermeyer im Interview mit „Zapp“ abschließend drauf hinweist, dass die neuen Paragraphen voraussichtlich nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien und die Arbeit der Presse in völlig unangemessener Weise erschwerten. Dass es diverse Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht geben dürfte, hält er für absolut sicher. Letzteres hatte vorherige Entwürfe bereits gekippt und muss sich eventuell bald erneut mit dem Thema beschäftigen.
Gehen wir nicht so hart mit Heiko Maas ins Gericht und erfreuen uns lieber an seinem tollen Foto! Er wird schon wissen, was er tut. Ein Pfundskerl! Grundgesetz, das stört doch nur!
Vielleicht sollten wir die Regelung einführen, dass beim Scheitern von Gesetzen vor dem Bundesverfassungsgericht die beteiligten Politiker und Minister mit ihrem persönlichen Vermögen für die entstandenen Kosten haften – Argumente helfen ja anscheinend nicht.
Es wird eh wieder kommen, dass es gekippt wird.
Leider ist es dann allen egal, dass es über die 2 Jahre illegal war und kein Kopf wird rollen.
Alle kleben auf den Stühlen fest, deswegen sollten die Hauptverantwortlichen bei gekippten Gesetzen den Stuhl zwangsläufig räumen müssen.
Aber dazu wird es leider nicht kommen. „Huch, die 3. Klatsche, wie konnte das nur passieren? – Konnte ja keiner wissen!“
Fast schon traurig. Hier im Saarland ist Herr Maas nie zum Zuge gekommen. Jetzt haut der gute Mann in seiner Ministerposition aber mal richtig auf die Kacke. Da muss wohl der ganze Frust, der sich über die Jahre angesammelt hat, wieder raus… Egal wie, Hauptsache gefühlt jede Woche in der Presse stehen.
@zhet: Danke, dass du es schon geschrieben hast, denn das habe ich auch gerade gedacht.
Ich verstehe auch nicht, welchen Teil von
Zitat Zeit.online: „Der Europäische Gerichtshof erklärte die entsprechende Richtlinie von 2006 (Anmerkung: zur Vorratsdatenspeicherung) für unzulässig. Die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf Straftaten sei nicht mit EU-Recht vereinbar, urteilten die Richter. Die Richtlinie sei „ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten“.“
unsere Politiker nicht genau verstehen.
MmmH. Als Gegner der Vorratsdatenspeicherung kann ich eigentlich nur dazu raten, dass alle Blog-Betreiber einen „public key“ fuer eine Kontakt-E-Mail-Adresse veröffentlichen sollten (Selbst „Der Spiegel“ hat so etwas. Damit könnten WhistleBlower ihre Meinung verschlüsselt übermitteln und der Blogbetreiber könnte entscheiden, was er veröffentlichen kann und will bzw. er sogar weiterleiten will bzw. muss. Ich finde es nach wie vor merkwürdig, dass von allen Seiten viel argumentiert/diskutiert/lamentiert wird, aber keinerlei konkrete Massnahmen eingeleitet werden – wie z.B. das Verschlüsseln von E-Mails, Messages (Chats, SMS) oder Ähnlichem. NUR weil das „etwas kompliziert“ und „etwas aufwendig“ ist?!? Ich kann aus Erfahrung nur sagen, dass das Verschlüsseln nur deswegen kompliziert erscheint, weil die beteilligten Entwickler manchmal den Eindruck erwecken, als seien sie paranoid – man schaue sich nur mal „de-mail“ an. Was ich da erlebt habe, geht auf keine Kuhhaut. Kurz gesagt, man sichert alles so ab, dass der Nutzer weder durchblickt noch zur Sache kommt und aufgibt. Letzteres scheint mir in diesem Fall sogar gewollt zu sein.
Je mehr „krumme“ Dinge im Gesetz stehen, je eher wird es gekippt. Insofern, wenigstens etwas. Hoffentlich!
Wie ‚Eddie‘ Snowden wohl über diesen Gesetzentwurf denken mag?
Voll gut! Dann können noch ein paar mehr Blogs hierzulande Straftaten begehen und sich die Taschen mit „Spenden“ vollmachen, sobald sie dafür geradestehen sollen!
Das deutsche Gesetzgebungsverfahren im allgemeinen ist mittlerweile total verkommen. Es werden immer mehr Gesetze beschlossen, welche später vom BVerG moniert oder gar kassiert werden.
Gerade bei Gesetzen, welche im Vorfeld heiß diskutiert werden, würde es der normale Menschenverstand gebieten, die Verfassungsmäßigkeit vorab zu prüfen. Und bei denen im zweiten oder gar dritten Aufguss ohnehin.
Offenbar denken sich die Politiker aber: „Wenn keiner klagt hat’s Bestand.“ Leider kommen sie damit auch noch häufig durch.
Ihr habt diese Regierung aus Großer Koalition gewählt. Das habt ihr nun davon.
Vorratsdatenspeicherung ist doppelplusgut!
Immer wieder das Gleiche.
1) Gesetz wird ausgearbeitet.
2) Allen ist klar, dass das Gesetz schwammig formuliert als auch rechtswidrig ist und vor dem Bundesverfassungsgericht kippen wird.
Gesetz wird trotzdem verabschiedet.
3) Gesetzt wird gekippt.
Springe zu 1).
Und alle so yeah.
Die Legislative ignoriert die Judikative. Immer wieder. Die Exekutive tut das auch manchmal. Wir können froh sein, dass die Judikative weitestgehend unabhängig ist in diesem Land und dass es in Europa ähnlich unabhängige Institutionen gibt.
Es ist ein geistiges Armutszeugnis der Verantwortlichen, dass das so läuft und durchgesetzt wird. Und vor allem, dass gestandene Politiker keine Prinzipien mehr zu haben scheinen.
Dieser Erosionsprozess führt letztendlich zur Radikalisierung von Menschen, die nicht mehr an die Gewaltenteilung und die demokratische Grundordnung glauben. Die fordern dann Ordnung und vor allem Gerechtigkeit. Das wird bitter, weil es dann wieder extrem wird.
Da sind sie wieder, die schlauen Kommentare. Hebe doch bitte mal die Hand, wer sich bisher auch nur halbwegs mit mehr als oberschlauen Kommentaren gegen eine oder mehrere Reinkarnation der VDS eingesetzt hat. Sei es durch Beteiligung an der ersten Massenklage (check), Spenden (check), „seinem“ Abgeordneten auf die Pelle rücken (check), Teilnahme an Demos (check), Nachdenken bei Wählen (check) usw usf…
Wird ja eh wieder gekippt, GANZ VON ALLEIN! Maulhelden seid ihr.
Und wenn ich dann dass GELABER von Legislative und Judikative lese. Vergesst mal den Souverän nicht, der versagt nämlich auch ganz gewaltig! Wer ist denn dran schuld, dass die Herren Berufspolitiker keine Konsequenzen zu befürchten haben und mit sowas durchkommen? IHR!
Aber das BVerfG solls wieder richten, weil ihr den Arsch nicht hochbekommt. Wer setzt denn da die Richter ein und hat schon beim letzten Mal angesagt, dass deren „gesetzgeberische Gestaltungsambitionen“ mal in die Schranken weisen muss?
@ 2cent
Ich für meinen Teil habe etwas besseres zu tun als gegen Windmühlen zu kämpfen.
Wozu gibt’s denn die Gewaltenteilung in Exekutive, Legislative, Judikative und die Presse als vierte Gewalt? Natürlich verlasse ich mich auf die Judikative und die Presse. Ist auch ihr Job (zumindest bei der Judikative).
@Name (erforderlich)
SO funktioniert Demokratie, du hasts verstanden. (nicht)
Genau, was mich mächtig ankotzt.
@ 2cent
Hab mir gedacht, dass du das sagst. 😉
Sorry 2cent,
ich unterstütze Digitalcourage e. V., bin bei Petitionen dabei, habe über abgeordnetenwatch.de Verbindung zu Politikern, habe keinen Teil der Groko gewählt und war vorige Woche auf der Anti-TTIP-Demo, auch wenn die mit der VDS erstmal nichts zu tun hatte. Also hör auf, mich anzumachen!