„State of Decay 2“ angespielt: Zombies machen müde Männer munter

Über „State of Decay 2“ hatte ich letztes Jahr zur E3-Präsentation noch eher gemosert: Hübsch kann man dieses Spiel meiner Ansicht nach nicht unbedingt nennen. Vor allem die Charakteranimationen lassen manche Marionette lebensecht wirken. Trotzdem habe ich das Game dank eines Keys von Microsoft (Danke!) dann doch einmal angezockt. Tatsächlich wurde ich positiv überrascht, denn zum Preis von aktuell 29,99 Euro bekommt man hier eine Menge Spiel geboten.

„State of Decay 2“ ist aber auch nicht ohne Probleme: Zwar gibt es im Spiel durchaus eine gewisse Hauptgeschichte, jene ist aber so lose erzählt, dass kaum Spannung aufkommt. Im Wesentlichen führt ihr in einer postapokalyptischen Welt eine Gruppe Überlebender an, die sich gegen die Horden von Infizierten zur Wehr setzen muss. Anfangs wählt ihr dafür eine von drei Gruppen Überlebender aus. Das hat zwar Einfluss auf den Bereich in dem ihr startet, aber die knappen und für das Gameplay bedeutungslosen Hintergrundgeschichten der Teams sind ziemlich banal.

Um euch zu schützen, müsst ihr in den Randgebieten eurer Siedlung die Nester der Zombies ausfindig machen und jeweils das blutige Zentrum zerstören. Das ist gewissermaßen ein Kreislauf, denn immer wieder schaltet ihr so neue Bereiche frei, stärkt eure Siedlung und zieht dann erneut in den Kampf. In der Vorbereitung müsst ihr aber wiederum Ressourcen anhäufen und eure Gemeinschaft stärken. Dazu gehört Materialien zum Craften zu sammeln sowie das Essen und auch medizinische Vorräte aufzufüllen.

Dabei kann man wiederum nicht abstreiten, dass sich „State of Decay 2“ schnell in einer gewissen Monotonie verliert. Ihr sammelt Ressourcen in heruntergekommenen Häusern, knallt ein paar Zombies um und peppt damit eure Siedlung auf. Ein wenig fühlt man sich dabei wie ein Hamster im Laufrad, denn viel Variation baut das Game leider nicht ein. Immerhin sind die Ziele in der Regel großzügig: Einige Gebäude erfordern es, dass ihr täglich die richtigen Güter rankarrt. Das mag auf den ersten Blick nach Stress klingen. Allerdings habt ihr dafür ausreichend Zeit und geratet selten unter Druck.

Je mehr ihr eure Basis ausbaut, desto wahrscheinlicher wird es, dass Zombies euch einen Besuch abstatten. Das ist logisch: Generatoren für Strom etwa machen Krach und je mehr Gebäude und Überlebende sich ansammeln, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass ihr ein paar Infizierten als nette Beute erscheint. Dabei solltet ihr aber nicht nur auf die Toten, sondern auch auf die Lebenden achten.

Denn ihr trefft immer wieder auf wohlgesonnene Überlebende, die sich allzu gerne einen Platz in eurer Siedlung sichern möchten. Einige sind gut im Umgang mit scharfen oder stumpfen Waffen, andere können gut mit Technik hantieren. Klingt danach, als müsste man hier recht taktisch auswählen, wen man aufnimmt? Das wirkt zwar am Anfang so, aber eigentlich kann man meistens alle Personen durchwinken. Ab und an kann es zwar zu Raufereien unter den Überlebenden in euer Siedlung kommen, wirklich dramatische Konsequenzen hat dies aber nicht.

Die Kämpfe sind dabei übrigens eher simpel gestrickt, aber erfüllen ihren Zweck. Unterschiedliche Waffen haben allesamt ihr Vor- und Nachteile. So richten scharfe Waffen mehr Schaden an und lassen euch durch Gruppen schnetzeln, gehen aber leichter kaputt als z. B. eine robuste Brechstange. Alternativ ballert ihr freilich auch mit einer Feuerwaffe umher. Dabei solltet ihr natürlich darauf achten immer ausreichend Munition aufzustöbern. Auch die Wummen haben aber Nachteile, denn sie sind für weiter entfernte Zombies wie ein Lockruf.

Ihr holzt dabei unterschiedliche Arten von Zombies um, die euch aber auf die ein oder andere Weise sicherlich alle aus anderen Games wie „Dying Light“ oder „Left 4 Dead 2“ kennt. Manchmal macht einem die Performance dabei aber mehr zu schaffen, als die Gegner. Selbst auf meiner Xbox One X stellte ich in den Kämpfen, gerade beim Einsatz von Feuerwaffen, viele Ruckler fest. Wenn ich bedenke wie formidabel ein Kracher wie „Far Cry 5“ in nativem 4K auf der Konsole läuft, ist die Performance des technisch wenig beeindruckenden „State of Decay 2“ leider nicht gerade zu loben.

In der relativ offenen Spielwelt begegneten mir auch einige Bugs. Glücklicherweise waren diese meist eher lustiger Natur. Da lugt schonmal ein abgeballerter Gegner mitten durch die Wand oder dessen Körper führt aufgrund eines fehlerhaften Ragdoll-Effekts einen Breakdance auf. Nerviger ist es, wenn Charaktere Dialogzeilen plötzlich doppelt runterrasseln oder die KI sich entschließt, dass sie euch nicht folgen möchte, sondern lieber verträumt einen Zaun anstarrt.

Trotzdem lässt sich schwer abstreiten, dass „State of Decay 2“ trotz aller erwähnten Mängel mehr ist, als die Summe seiner Teile. Mir hat die düstere Atmosphäre, die sicherlich nicht unabsichtlich an The Walking Dead erinnert, sehr gut gefallen. Auch ist das eher lockere Management der Ressourcen genau mein Ding. Für mich gibt es nichts nervigeres, als unter enormem Zeitdruck durch ein Spiel zu hetzen. Hier muss ich zwar Dinge ranschaffen, bekomme aber ausreichend Zeit für meine Ziele.

Für 29,99 Euro bietet Game zudem eine mehr als ausreichende Spielzeit. So könnt ihr hier ohne Probleme 20 bis 30 Stunden investieren. Auch das mehrmalige Durchspielen bietet sich an, denn die Ressourcen die ihr findet oder die Überlebenden die ihr rekrutiert sind zufallsgeneriert. Schade ist, dass man den Überlebenden nicht selbst Namen zuweisen kann. Ich hätte gerne meinen Freundeskreis durch die Zombie-Apokalypse geführt.

Das geht allerdings auf andere Weise, denn „State of Decay 2“ erlaubt über den Online-Multiplayer mit bis zu drei anderen Gamern zu zocken. Das funktioniert sogar plattformübergreifend mit PC und Konsole. Dabei zocken alle aber gemeinsam das Spiel des Hosts. Die zugestiegenen Zocker erhalten jedoch Belohnungen und dürfen gefundene Ausrüstung mitnehmen. Wer also ein paar gute Kumpels für „State of Decay 2“ begeistern kann, wird doppelt so viel Spaß haben.

Mir haben auch die RPG-Elemente gefallen: Charaktere werden besser in dem was sie tun, so dass es um so mehr schmerzt, wenn sie über den Jordan gehen. Es ist nämlich nicht möglich ältere Spielstände zu laden – weg ist weg. Das verleiht den eigenen Handlungen natürlich Gewicht, das man mühsam hochgepowerte Charaktere nicht im nächsten Gefecht verlieren möchte.

„State of Decay 2“ ist ein Spiel mit einigen Ecken und Kanten, macht aber gerade im Multiplayer viel Spaß. Der Preis von ca. 30 Euro ist fair. Zumal der Titel auch im Xbox Game Pass enthalten ist. Somit kann ich Zombie-Fans auf jeden Fall das Anzocken empfehlen, wenn es etwas Überlebenstraining mit Rollenspiel-Elementen sein soll.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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4 Kommentare

  1. phrasemongerism says:

    Ich frage mich wann das Zombie-Thema mal durch ist, faszinierend dass sich das so lange hält. Hat vermutlich mit der Angst des Menschen zu tun sich in eine wandelnde Leiche zu verwandeln.

  2. Sebastian says:

    Ich würde bei einer Spielwertung nicht wirklich den Preis mit einfließen zu lassen und darüber die Probleme oder Unzulänglichkeiten zu relativieren. Es gibt halt gute Spiele für wenig Geld und schlechte Spiele für viel Geld. Ich war auch erst ein wenig gehyped, aber die Gamestar-Wertung (https://www.gamestar.de/spiele/state-of-decay-2/wertung/53943.html) inkl. Abwertung und der angesprochene Punkt „wenig Wiederspielwert, zu repetetiv“ schrecken mich ab. Besonders bei einem Koop spiel. Da sind 15 Stunden, von denen GS spricht, einfach zu wenig, selbst für 30€.

    • RegularReader says:

      Halte von diesen Wertungen wenig bis gar nichts. Gerade bei GameStar habe ich schon häufig Dinge gelesen, die für mich wenig nachvollziehbar waren.
      Ist halt sehr subjektiv, hatte schon häufig mittelmäßig oder sogar schlecht bewertete Spiele, die mir aber sehr viel Spaß gemacht haben. Kommt immer darauf an was einem gefällt und mit wem man ein Spiel spielt.

  3. Ich will ja nicht meckern – aber das lesen dieses Tests hätte ich mir sparen können. Besinnt euch lieber auf das, was ihr könnt und lasst Game-Tests links liegen.

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