„Gwent: A Witcher Card Game“: Meine Eindrücke aus der Beta

„The Witcher 3: Wild Hunt“ soll leider das letzte Abenteuer des Hexers Geralt gewesen sein: ein großartiges RPG, das vor allem im Bereich Storytelling und Nebenaufgaben meiner Meinung nach Maßstäbe für Open-World-Games gesetzt hat. Falls ihr „The Witcher 3: Wild Hunt“ und die wirklich fantastischen Erweiterungen nicht gezockt habt, dann holt es bitte unbedingt nach. Ihr werdet es mit Sicherheit nicht bereuen. Irgendwie kehrt Geralt, zumindest als Randnotiz, dann aber doch nochmal zurück: In „Gwent: A Witcher Card Game“. Mit arger Verspätung wurde ich vor einigen Tagen für die geschlossene Beta an der Xbox One freigeschaltet, welche bereits seit Ende Oktober läuft. Meine Eindrücke sind bisher allerdings unerwartet gemischt.

„Gwent“ bzw. in der deutschen Version „Gwint“ ist ein Sammelkartenspiel, das in „The Witcher 3: Wild Hunt“ auch für mehrere Quests eine Rolle spielt. Wie in anderen Genrevertretern wie „Magic: The Gathering„, „Yu-Gi-Oh!“ oder auch digitalen Vertretern wie Blizzards „Hearthstone“ stellt ihr euch ein eigenes, anpassbares Deck mit verschiedene Karten zusammen und duelliert euch im Multiplayer mit Gegnern. Zwar könnt ihr in „Gwent“ auch gegen die K. I. antreten, das ergibt aktuell in der Beta aber wenig Sinn. So sind lediglich einzelne Duelle möglich. Eine Story-Kampagne will Entwickler CD Projekt RED noch nachreichen.

Zum Einstieg kann man übrigens erstmal eine Reihe an Tutorials spielen – wer in „The Witcher 3: Wild Hunt“ schon reichlich Gwent gespielt hat, kann jene allerdings auch überspringen. Denn das grundlegende Gameplay ist gleich geblieben: Man duelliert sich mit einem Gegner und kann sowohl Einheiten als auch Zaubersprüche spielen. Das Spielfeld besteht aus drei Ebenen: einer für Nahkämpfer, einer für Fernkämpfer und eine für Belagerungseinheiten. Alle eure Einheiten weisen eine gewisse Stärke auf. Wer am Ende einer Runde die höchste Einheiten-Gesamtstärke auf dem Spielbrett versammelt, gewinnt. Drei Runden sind maximal zu spielen. Nach jeder Runde wird jedoch das Spielbrett leergefegt. Deswegen sollte man darauf achten nicht in der ersten Runde sein gesamtes Pulver zu verschießen, denn dann hätte der Gegner in den Runden 2 und 3 leichtes Spiel.

So darf man nämlich pro Runde nur wenige, neue Karten ziehen und muss weitgehend mit seiner Starthand haushalten. Das erfordert strategisches Denken: Haue ich in Runde 1 meine stärksten Kreaturen raus und setze den Gegner unter Zugzwang? Oder verlocke ich mein Gegenüber dazu direkt aufzudrehen, damit ich in Runde 2 und 3 tricksen kann? Auf die richtige Balance kommt es an. Da man sich sein Deck aus Karten frei selbst zusammenstellen kann, ist auch das Entwickeln eigener Strategien möglich. Vier Fraktionen gibt es hierbei als übergeordnete Kategorien: die Northern Realms, die Monster, Skellige und die Scoia’tael. Nilfgaard, welche man in „The Witcher 3: Wild Hunt“ ebenfalls spielen konnte, sind aktuell noch nicht freigeschaltet – folgen aber. So gibt es beim Deckbau die bekannten Einschränkungen: Neutrale Karten wie Geralt könnt ihr in alle Decks reinhauen, aber Monster wie die Nekker vertragen sich nunmal auch nur mit anderen Monstern.

Außerdem gibt es bronzene, silberne und goldene Karten. Hier wird also etwas genauer unterschieden als noch in „The Witcher 3: Wild Hunt“. Besonders mächtige bzw. seltene Karten wie Geralt sind gold – das nimmt sie auch von bestimmten Effekten aus. Zaubersprüche wie Regen etwa schwächen alle Einheiten in einer Spielfeldreihe – bis auf goldende Karten.

Da ihr jetzt in „Gwent: A Witcher Card Game“ aber nicht mehr durch eine Rollenspiel-Welt stapft, um neue Karten zu ergattern, hat sich CD Projekt RED etwas Neues einfallen lassen. So wird das Game an sich ja kostenlos sein – Geld verdienen will man durch Mikrotransaktionen. Es gibt also einen Shop, in dem man Fässer mit neuen Karten kaufen kann – gegen Echtgeld. Wer wiederum keine Kohle investieren mag, kann sich die Fässer auch durch eine In-Game-Währung (Erz) kaufen. Erz bekommt ihr z. B. für gewonnene Spiele. Bis ihr dann aber genügend Erz für den Kauf eines Fasses zusammen habt, kann es eine Weile dauern.

Außerdem könnt ihr noch neue Karten erhalten, indem ihr sie via Crafting herstellt. Dafür braucht ihr dann „Scraps“. Jene erhaltet ihr wiederum, indem ihr überflüssige Karten auseinander nehmt. Klar, dass man aber sehr, sehr viele Karten zermüllen muss, bis man ausreichend Scraps für eine gute, neue Karte hat. Bronzene Karten kann man dabei bis zu dreimal in sein Deck packen – silberne und goldene nur einmal. So hat man immerhin einen klaren Überblick darüber, welche Karten in der eigenen Sammlung ohnehin überzählig sind. Eine Möglichkeit Karten mit anderen Spielern zu tauschen, fehlt leider. Gibt es aber auch bei beispielsweise „Magic Duels: Origins“ nicht. Bis man also neue, mächtige Karten craften kann, geht extrem viel Zeit ins Land.

Meine Erfahrungen in der Beta:

So viel zum Drumherum, doch die wichtigste Frage ist sicherlich: Macht das Zocken von „Gwent: A Witcher Card Game“ in der geschlossenen Beta Spaß? Und funktioniert das plattformübergreifende Spielen? Denn Xbox- und Windows-Player können gegeneinander antreten. Nun ja, ich habe in der Beta nach meinem Eindruck wesentlich mehr Duelle mit PC-Gamern als Xbox-Besitzern ausgefochten und generell bereitet das keine Probleme. Allerdings ist die Stabilität der Verbindung offenbar Tagesform-abhängig. Einen Abend etwa habe ich das Spiel irgendwann frustriert abgebrochen, weil ich entweder bereits vor Spielstart einen Verbindungsabbruch erhielt oder aber schon beim ersten Kartenziehen entweder ich oder mein Gegner rausflog. Derlei Abbrüche erlebte ich auch an anderen Tagen regelmäßig, so dass hier deutlich zu merken ist, dass man eben noch eine Beta zockt. Ich denke aber bis zur offenen Beta Anfang 2017 dürfte CD Projekt RED das hoffentlich in den Griff bekommen.

Beim Spielen merkt man übrigens, dass Gwent eben doch der Tiefgang eines Magic: The Gathering fehlt. Zwar hat sich das Entwicklerteam bemüht das Gameplay mit neuen Spielmechaniken aufzupeppen, die es in „The Witcher 3: Wild Hunt“ noch nicht gegeben hat, aber der Abwechslungsreichtum des Spiels von Wizards of the Coast wird bei Weitem nicht erreicht. Auch spielt der Faktor „Glück“ hier eine deutlich größere Rolle als bei der Konkurrenz. Oft entscheidet eine einzige Karte über Sieg oder Niederlage, egal wie gut man vorher seine Strategie ausgenutzt hat. Beispielsweise gibt es neue Fähigkeiten wie „Breed“, welche auf einen Schlag eine machtvolle Monsterhorde loslassen können. Ich finde an der Balance sollte CD Projekt RED an diesem Punkt noch feilen. So ist speziell die Monster-Fraktion aktuell wohl die mächtigste und wird entsprechend auch mit Abstand am häufigsten gespielt. Das macht die Multiplayer-Partien etwas eindimensional, da man es allzu oft mit den gleichen Gegner-Strategien zu tun hat.

So fehlt es „Gwent: A Witcher Card Game“ derzeit eben noch an einer breiteren Basis an Karten und einem Balancing, das alle Fraktionen gleich attraktiv machen könnte. Auch die Story-Kampagne ist dank Abwesenheit aktuell noch ein großes Fragezeichen und wäre für mich wohl der interessanteste Punkt an dem F2P-Game. Gut gefallen haben mir die neuen Kartenideen: Während in „The Witcher 3: Wild Hunt“ von den Zaubersprüchen vor allem die Wettereffekte bedeutsam gewesen sind, gibt es hier nun deutlich mehr Karten, die sich zu spielen lohnen. So gibt es Sprüche, die z. B. aus goldenen Kreaturen bronzene machen oder gezielt bestimmte Kreaturentypen aufpeppen. Ich sehe also durchaus Potential für Gwent, wenn CD Projekt RED die Dominanz der Monster-Fraktion zurückfährt und schleunigst die Kartenbasis erweitert.

Zu hart darf man mit Gwent ohnehin noch nicht ins Gericht gehen, schließlich handelt es sich eben noch um eine Beta. Die Oberfläche in der Beta wirkt bereits moderner als noch in „The Witcher 3: Wild Hunt“ und viele Karten haben nun kleine Animationen spendiert bekommen – auf Geralts Karte sieht man etwa beim Heranzoomen, wie der Witcher in Bewegung ein Monster köpft. Diese kleinen Feinheiten tragen viel zum Flair bei. Erneut palavern auch die (englischsprachigen) Originalsprecher los, wenn eine Karte ausgespielt wird.

„Gwent: A Witcher Card Game“ wird nach meinem bisherigen Eindruck zwar kein zweites „Hearthstone“ oder „Magic Duels: Origins“, dazu ist das Spielprinzip etwas zu simpel, doch für Witcher-Fans könnte hier ein launiger Zeitvertreib nahen, der in jedem Fall einen Blick wert ist. Besonders auf die Kampagne freue ich mich und hoffe hier bald auch Einblicke zu erhaschen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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4 Kommentare

  1. Ist das nicht auch für iOS und Android geplant? Sieht auf jeden Fall interessant aus. Hearthstone macht auch ab und zu Bock.

  2. Jan Seewald says:

    Sieht sehr schick aus und lässt auf ein solides Spiel hoffen. Wenn die echt solche Probleme mit den Servern haben, ist es kein Wunder, dass nur etappenweise User eingeladen werden. Ich warte auch noch auf meine Einladung um mir dann ein eigenes Bild zu machen!

    The Wichter 3 ist übrigens wirklich ein klasse Spie!

  3. Ein Spiel, bei dem man entweder seine kostbare Lebenszeit beim Sammeln der Ingame-Währung verplempert oder den dreifachen Preis eines richtig guten AAA-Spiels in Echtgeld hinlegt, damit man beim Wettstreit mithalten kann.

    Nur interessant für Leute, die keine Zeit für echte Spiele haben (Civilization, Dark Souls, FIFA, Forza, Battlefield, Dota 2, Skyrim und natürlich The Witcher 3…) und fett Kohle dafür ausgeben oder für Teenager, Studenten und andere, bei denen der Geldbeutel etwas schmaler ist, die aber noch Tonnen an Freizeit haben.

    Ich habe als Student selber lange Zeit Hearthstone gespielt und kann jedem nur davon abraten, sich auf solche Spiele einzulassen. Eure Zeit, egal ob durch Geld repräsentiert für das Ihr gearbeitet habt oder durch echte Lebenszeit beim Free-to-Play-Spiel, ist in andere echte Spiele und/oder andere Aktivitäten so viel besser angelegt.

  4. Agent Angelus says:

    Das mit den Monsterdecks kann ich nur bestätigen. Und es sind häufig auch noch schlechte Verlierer und senden oft kein GG (Good Game) am Ende. Für mal nebenbei ein netter Spielspass und Geld muss man nicht ausgeben, ausser man hat zuviel davon.

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