„The DioField Chronicle“ im Test: Strategie-RPG ohne Wagnisse

Ich hatte bereits über „The DioField Chronicle“ von Square Enix berichtet. Dabei handelt es sich um ein neues Taktik-JRPG. Die Trailer haben mir vorab sehr gut gefallen und deswegen habe ich mir das neue Game im Anime-Stil einmal angeschaut. Dabei gibt es durchaus einiges an Für und Wider zu berichten.

Entwickelt wurde „The Diofield Chronicle“ von Squre Enix und Lancarse. Getestet habe ich diesen Titel an der Sony PlayStation 5. Ihr könnt aber auch an PS4, Xbox One, Xbox Series X|S, Nintendo Switch und dem PC zuschlagen. Gleich vorweg: Dieses Spiel bringt einen richtig tollen Orchester-Soundtrack mit, der von den renommierten Komponisten Brandon Campbell und Ramin Djawadi stammt, welche auch schon Musik zu „Game of Thrones“ beigesteuert haben. Die Musik ist auch abseits des Games hörenswert und macht stellenweise einen erheblichen Teil der Atmosphäre aus.

Okay, wenn wir schon kurz beim Sound sind: Die englischsprachige Vertonung bietet per se gut gewählte Sprecher, die aber fast permanent irgendwie gelangweilt klingen. Ob dies von der Dialogregie so gewünscht wurde, weiß ich nicht, denn in anderen Titeln bringen die Sprecher bessere Leistungen. Ansonsten gibt es das, was man von so einem Taktik-RPG mit Fokus auf Scharmützeln erwartet: Geklirre von Waffen, berstendes Gestein oder Metall, kampfeslustige Soldaten. Das fällt nicht aus dem Rahmen, passt aber zum Spiel.

Grafisch sieht man dem Spiel an, dass es in der letzten Konsolengeneration verwurzelt ist. Speziell in Cutscenes fällt dies auf, wenn die Charaktere ihre Lippen wie Holzpuppen simpel auf und ab bewegen. Die Kampfansicht, in welcher ihr die Welt aus der isometrischen Perspektive betrachtet, kommt deutlich besser weg. Zumal in den Gefechten sehr schöne Partikeleffekte und Lichtspektakel zu sehen sind. Bugfrei läuft das Spiel aber nicht und es gab auch ab und an leichte Performance-Einbrüche bei mir.

Toll gelöst finde ich wiederum die Karte, auf der ihr Pläne schmiedet bzw. Missionen anwählt. Dass die Macher da offenbar den Vorspann von „Game of Thrones“ genau studiert haben, lasse ich durchgehen, denn das Ergebnis gefällt mir. Vielleicht fällt euch auf, dass ich bisher gar nichts über die Story von „The DioField Chronicle“ geschrieben habe, obgleich diese bei einem JRPG normalerweise nicht gerade unwichtig ist? Nun ja, die Geschichte und die Charaktere sind weniger die Stärken dieses Titels.

Alleine die Namen der Charaktere klingen oft so, als hätten die Entwickler englische Wörterbücher, Atlanten und RPG-Regelbücher zeitgleich durchwühlt, um Kombinationen zu basteln: Andrias Rhondarson, Waltaquin Redditch oder Iscarion Colchester werden vermutlich nicht zu Figuren, von denen ihr begeistert euren Freunden berichtet. Und auch die Geschichte ist einigermaßen vom Reißbrett: Ihr führt die Söldnertruppe der Blue Foxes zunächst durch kleinere Gefechte, doch im mittelalterlichen Königreich braut sich etwas Größeres zusammen. Bald schützt ihr nicht mehr Dorfbewohner vor Banditen, sondern werdet in einen Krieg der Imperien gerissen.

Dabei kommt es natürlich zu Intrigen am Hofe und auf dem Schlachtfeld und es treten die typischen Fantasy-Klischees auf. Hier werdet ihr also nichts zu sehen bekommen, was ihr nicht schon in anderen Spielen, Filmen oder Serien des Genres erlebt habt. Allerdings kann es auch mal ganz angenehm sein, wenn ein Titel sich den Stereotypen fügt, ohne alles neu erfinden zu müssen. Doch auch wenn „The DioField Chronicle“ einen gewissen Charme hat, bleibt eigentlich kein Charakter oder Aspekt der Welt so wirklich im Gedächtnis.

Übrigens trefft ihr nicht zwangsläufig auf alle Verbündeten, die das Spiel zu bieten hat. Durch Nebenmissionen abseits der Hauptgeschichte könnt ihr hin und wieder neue Helden einsammeln. Leider habt ihr aber insgesamt keine Möglichkeit, den Verlauf der Handlung zu beeinflussen. Vielmehr verläuft die Story streng linear. Die Kämpfe erinnern dabei visuell an Nintendos „Fire Emblem“, laufen jedoch in Echtzeit ab. Sie lassen sich aber pausieren, um kritische Schritte zu planen bzw. Charaktere zu dirigieren. Der Schwierigkeitsgrad ist durchaus knackig: Wer keine Lust auf die Nebenmissionen hat, kommt in den Hauptlevels schnell an seine Grenzen, da die eigenen Charaktere zu schwach sind.

Etwas Grinding ist also notwendig, was manchen Spieler abschrecken könnte, der schnelle Erfolgserlebnisse ohne Monotonie wünscht. Glücklicherweise sind die Kämpfe meistens recht zackig: Länger als 10 bis maximal 15 Minuten erstreckt sich eigentlich kein Gefecht. Viele Battles habt ihr in 5 Minuten hinter euch gebracht. So erreicht man ein hohes Tempo und die Scharmützel sind meistens eine kurzweilige Angelegenheit.

Übrigens ist die Steuerung am Controller manchmal etwas überladen bzw. manche Auswahl von Spezialangriffen oder des passenden Charakters hätten man sicher einfacher gestalten können. Generell machen die Kämpfe aber Laune und erlauben auch Kniffe wie das Einkesseln von Gegnern. Teilweise müsst ihr natürlich nach dem typischen „Schere, Stein, Papier“-Schema agieren: Fernkämpfer und Magier bleiben im Hintergrund, vorne halten euere Nahkämpfer die Gegner in Schach. Man hat aber auch Potenzial verschenkt: Die Umwelt wirkt sich etwa nicht auf die Gefechte aus. Es ist also etwa gleichgültig, ob eure Kämpfer eine erhöhte Position haben, nass geregnet sind, auf welchem Untergrund sie herumstehen, etc. Da kennt man Bessere von etwa „Divinity: Original Sin“.

Dies gleicht man mit einem erstaunlich umfassenden Upgrade-System aus: Ihr könnt nicht nur die Ausrüstung anpassen, einzelne Charaktere ausufernd verbessern und sie neue Skills erlernen lassen, sondern auch das Gesamtlevel der Einheiten steigt an. Anfangs wirkt das alles erschlagend, rasch findet man sich aber zurecht. Mehr Abwechslungsreichtum wäre eben bei den Kämpfen möglich gewesen, denn meistens ist das Ziel schlichtweg alle Gegner auszuschalten. Ab und an gibt es Erschwernisse wie ein Zeitlimit oder die Vorgabe bestimmte Personen bzw. Objekte zu schützen. Viel Facettenreichtum herrscht aber nicht. Da lobe ich mir im Vergleich etwa „Valkyria Chronicles 4“.

Im Ergebnis ist „The DioField Chronicle“ ein gutes Taktik-JRPG, dem es aber, sieht man vom exzellenten Soundtrack ab, an einem herausragenden Alleinstellungsmerkmal fehlt. Wer auch an Titeln wie den genannten „Fire Emblem“, Valkyria Chronicles 4″ oder gar „Final Fantasy Tactics“ Gefallen findet, kann auch hier sicher 40 Stunden oder mehr seinen Spaß haben. Es wird solide Unterhaltung geboten, man liefert hier aber, wenn wir mit „Game of Thrones“ vergleichen, nicht das Niveau von Staffel 1, sondern ist eher auf dem Level der letzten Seasons angelangt.

The DioField Cronicle (PlayStation 5)
  • Das Spiel bietet eine einzigartige und wunderschöne Welt, die Einflüsse aus Fantasy, Mittelalter und...

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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