Soziale Netzwerke: Lehrer müssen draussen bleiben
Manch Lehrer in Baden-Württemberg dürfte sich beim Besuch von Facebook wie der Hund vorm Metzger vorkommen. „Wir müssen leider draussen bleiben“. Das Kultusministerium in Baden-Württemberg hat am gestrigen Montag neue Regeln für soziale Netzwerke festgelegt, beziehungsweise den Umgang mit den Netzwerken klarer definiert. So soll aus Gründen des Datenschutzes jegliche dienstliche Kommunikation, sowohl unter Lehrern als auch zu Schülern vermieden werden.
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Hiermit fallen also komplett die beliebten Informationsgruppen von Lehrern und Schülern weg, in denen vielleicht Unterrichtsmaterial ausgetauscht wird. Nicht nur die Gruppen sollen vermieden werden, auch die Chatfunktion ist tabu. Nicht nur Facebook gehört dazu, auch Twitter und Google+ sind mit eingeschlossen. StudiVZ natürlich auch, aber dieses Netzwerk ist ja schon nicht mehr der Rede wert.
Ausgesprochene Verbote soll es offiziell nicht geben, wie man seitens des Ministeriums mitteilt. Ausnahmen bestätigen die Regel: kommt eines der genannten Netzwerke als Unterrichtsfach vor, dann kann man dieses natürlich nutzen – allerdings dürfe kein Schüler genötigt werden, sich ein Konto bei einem der sozialen Netzwerke anzulegen.
Was den Austausch via elektronischer Medien angeht, da sollen sich die Lehrer künftig voll und ganz auf ihnen zur Verfügung stehende verschlüsselte Mailprogramme konzentrieren – oder sich gleich auf den, „konventionellen Schriftverkehr“ verlegen. Ja, man darf sich schon die Frage stellen, ob es nicht genau die Menschen sind, die die Zukunft Deutschlands ausbremsen, die diese Regeln oder Ratschläge festlegen.
Die Frage ist doch, warum es überhaupt soweit kommen muss, dass Unterrichtsmaterial über Facebook getauscht wird. Würde ich persönlich auch nicht wollen, dafür gibt es geeignetere Medien, z. B. ein Portal auf der Schul-Homepage. Genauso, was den Kontakt angeht. Ich kann durchaus nachvollziehen, dass man es nahelegt, E-Mail als bevorzugtes Medium zu verwenden. Wenn es darauf hinaus läuft, dass Schüler gleich noch lernen wie man Verschlüsselung sinnvoll nutzt, umso besser.
Unfassbar. Absolute Evolutionsbremsen diese Menschen. Normalerweise sollte man sich freuen, dass dank Facebook o.ä. schon die Infrastruktur geschaffen wurde, stattdessen untersagt man es. Ich erinnere mich zu gern an die „Schulplattformen“. Der letzte Dreck.
Dass eine gewisse Umsicht gerade für Lehrer beim Umgang mit den sozialen Netzwerken notwendig ist sollte klar sein.
Aber ich denke die Regelungen schießen auch etwas übers Ziel hinaus.
Es muss natürlich nicht sein, dass Unterrichtsmaterial auf Facebook getauscht wird (dafür gibt es andere Plattformen) aber die Lehrer ganz auszuschließen? Hallo? Es macht doch nur Sinn, die Kids dort abzuholen, wo sie sich den ganzen Tag herum treiben.
Vor allem unter dem Aspekt, dass viele Eltern mit Facebook & Co. überfordert sind, ist es doch sinnvoll, dass dort ab und an auch mal eine Autoritätsperson vorbei schaut.
Ich finde zwar auch, dass Lehrer außerhalb der Schule gerne über Facebook und anderen Plattformen mit Schülern kommunizieren dürfen, aber Materialien für den Unterricht? Das finde ich dann doch etwas zu viel …
„Ja, man darf sich schon die Frage stellen, ob es nicht genau die Menschen sind, die die Zukunft Deutschlands ausbremsen, die diese Regeln oder Ratschläge festlegen.“
Das sehe ich komplett anders.
Daten aus den Schulen (und seien es nur Unterrichtsmateralien) haben in öffentlichen Netzwerken nichts verloren. Die sollen lieber ein eigenes Netzwerk schaffen, das nicht kommerziellen Interessen unterworfen ist, wie es bei Facebook der Fall ist.
draußen
das ist doch ganz klar, die kommunikation auf fb ist nicht sicher. und der deutsche lehrplan geheim!
wenn da jetzt englisch-arbeitsblätter für unterricht und hausaufgaben verteilt werden, dann könnte die jeder abfangen und selber machen… ein horrorszenario!!!
@Kurt +1
Da Werbung ist in der Schule glücklicherweise verboten ist, ist das Facebook-Verbot nur konsequent. Facebook lebt von Werbung und dem Verkauf der Daten seiner Benutzer. Da kann die Schule doch niemanden zwingen dort Mitglied zu werden, nur weil der Lehrer seine Unterrichtsmaterialien dort verteilt. Warum nicht ein schuleigenes Portal? Oder klassische E-Mail (-Listen)? Und das ganze auch noch verschlüsselt?
@Sven meinst Du, dass die Lehrer mit sozialen Netzen weniger überfordert sind als die Eltern? Und wo sind Lehrer heute noch Autoritätspersonen?
Halte ich für eine gute Entscheidung. Lernmaterial auf Plattformen zur Verfügung zu stellen, die nicht unter Kontrolle der Schule sind, birgt gewisse Gefahren. Es gibt mit Moodle ja auch eine schöne Lösung dafür. Müssen sich nur Lehrer finden, die das Ding administrieren können. Lehrer mit guten Computerkenntnissen sind leider rar gesät (leider auch unter den Informatiklehrern).
Absolut richtig. Auch Unterrichtsmaterial ist sensibel und hat dort nichts verloren. Wird Zeit das endlich mal wieder auch an den Datenschutz gedacht wird. In Zeiten von Facebook, WhatsApp und Co. schlage ich immer wieder meine Arme über den Kopf zusammen. Und kommt nun nicht mit „Evolutionsbremsen“, wir hatten vor 10 Jahren auch schon mit den Profs. ausgetauscht, interne BBS Systeme aufgebaut und hatten eine menge Spaß im eigenen IRC Netzwerk. Das hatte mehr mit Evolution zu tun als die Facebook-Zombies heute.
Ironie
Da hieß es noch: AERpZXNlciBTYXR6IGtvbm50ZSBuaWNodCBqZWRlciBtaXRsZXNlbiB3ZWlsIGVyIGVpbmZhY2gg
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Die Grüne Verbotspartei halt!
Natürlich darf kein Schüler Nachteile davon haben, nicht bei Facebook angemeldet zu sein.
Eine schuleigene Plattform zum Austausch von Arbeitsblättern ist meist vielen Schülern zu kompliziert. Von daher ist es nicht so übel die Sachen parallel auch auf Facebook oder sonst wo zu publizieren (vielleicht nicht öffentlich, aber beispielsweise in einer versteckten Gruppe). Jedoch nur als Zusatz. Nicht als Hauptportal.
Den gänzlichen Ausschluss von Lehrern finde ich auch nicht okay. Ich habe die Möglichkeit zu meiner Schulzeit gerne genutzt den Lehrer via Facebook bei Verständnisfragen anzuschreiben.
Einzig die Privatsphären-Einstellungen sollten so geschaltet sein, dass Schüler und Lehrer gegenseitig nichts über das Privatleben der anderen Person erfahren. Allerdings wäre das ziemlich mühselig…
Im Gegenteil bin ich der Ansicht, dass das Kultusminsterium absolut auf der Höhe der Zeit und als Dienstherr sogar verpflichtet ist, sich selbst und mithin sowohl Lehrer als auch Schülerinnen (abhängige Schutzbedürftige) vor Datensammelei, Datenschnüffelei und möglichen Abmahnungen zu schützen. Das sollten doch nach den letzten Wochen der Enthüllungen von Edward Snowden langsam alle begriffen haben.
Was geht es Facebook oder die NSA an, was die Klasse 8a gerade in Biologie macht? Was geht es sie an, welche dämliche Frage eine Schülerin gerade gestellt hat? Wer hat Kontrolle darüber, dass diese Inhalte nicht willkürlich weiter verbreitet werden und Lehrer/Kinder damit bloßgestellt werden? Und wer trägt am Ende die Verantwortung?
Abgesehen davon, gibt es mit lo-net ein adäquates und abgesichertes Netzwerk speziell für Schulen, wenn man nicht die eigene Homepage nutzen will oder verschlüsselt mailen kann.
Vielleicht ist darüber hinaus nicht bekannt, dass Schulen ein eigenes E-Mail-System für vertrauliche dienstliche Kommunikation benutzen und auch benutzen müssen (EPOS).
Das sollte selbstverständlich sein und das gilt bei allen Unternehmen in Bezug auf unternehmensrelevante Inhalte ebenso.
Im Übrigen ist die Überschrift des Artikels schon vollkommen irreführend. Es geht überhaupt nicht um ein Verbot der Teilnahme von Lehrern an Facebook – das wäre auch nicht legitim -, sondern lediglich darum, dienstliche Kommunikation nicht in die Hände von Datenkraken oder Datenschnüfflern zu geben.
Obwohl ich gerne Social Networks nutze finde ich das richtig und nicht rückständig. Unterrichtsmaterialien haben da nichts verloren. Mein Arbeitgeber schickt mir meine Unterlagen auch nicht auf FB. Eine Mailingruppe oder ein Schulportal ist hier die richtige Lösung.
Ich selbst bin auch kein Schüler mehr, aber im Studium läuft die Hälfte der Kommunikation über irgendwelche Dienste im Netz – sei es Dropbox zum Datenaustausch oder Facebook mit den Gruppen. Im Endeffekt ist es oft sogar so, dass man ziemlich doof da steht, wenn man keinen Zugang hat und keine netten Kommilitonen, die dann aushelfen.
Offiziell werden die Materialien natürlich auf Uni-Webseiten zur Verfügung gestellt und auch die Kommunikation findet dort statt. Dort gibt es aber oft keine Benachrichtigungsfunktionen, keine allgemeine Übersicht, die Studenten prüfen es nicht regelmäßig, etc. pp.
Diese Regelungen selbst für Lehrer finde ich gar nicht so wenig sinnvoll – denn man sollte niemanden im fremde Dienste zwingen und auch den Datenschutz nicht kritisch beleuchten. Aber die Schulen haben noch viel weniger Möglichkeiten – im Vergleich zu Universitäten – andere Infrastruktur zu nutzen. Gäbe es die, dann wäre es ja sicherlich nicht verwerflich als Zusatzangebot auch noch Twitter (kann man ja ohne Account nutzen) anzubieten oder automatisiert auch Informationen auf Facebook zu posten. Da beißt sich aber der Hund selbst in den Schwanz -> nur Verbote und keine Alternativen. (auch wenn es in BaWü zum Beispiel ein Projekt gibt, das Dropbox in sicher nachbauen soll und dann von den Landes-Hochschulservern gehostet werden soll oder das genannte Moodle oder auch ILIAS).
Die Kommunikation in Foren-Form auf Facebook ist vielleicht kritischer zu sehen, denn dann sind Inhalte wirklich nur auf einer Plattform vorhanden und man ist eben quasi gezwungen sie zu nutzen.
Genau, es fehlen die sicheren und guten Alternativen. Selbst Unis mit ihrem geballten IT-Wissen haben in der Regel miese Portale. Von den Schulen ganz zu schweigen. Statt Verbote zu verhängen, sollte in gute und sichere Informations- und Kollaborationstools für Bildungseinrichtungen investiert werden. Die könnten auch den Wissensaustausch zwischen den Einrichtung verbessern und (warum nicht?) Unterrichtsmaterial öffentlich für jeden verfügbar machen! #Träum
Dienstliche Kommunikation zwischen Lehrern, als auch der offizielle Informationsaustausch zwischen Lehrern und Schülern haben auf Facebook nichts verloren. Hierfür müssten sichere Alternativen für Bildungseinrichtungen zur Kollaboration, Wissensaustausch und Zugang zu Unterrichtsmaterialien geschaffen werden. E-Mail allein reicht nicht.
Private Kommunikation über soziale Netzwerke darf nicht verboten werden. Es muss der Lehrerin, dem Professor, der Ärztin und dem Minister frei stehen, selbst zu entscheiden, wie und mit wem sie kommunizieren wollen.
„…die Zukunft Deutschlands ausbremsen…“
Hey warum kommunizieren eigentlich noch nicht sämtliche Behörden in DE via Facebook, Twitter, etc.? Dann dann brauchen wir keine Brieftauben mehr. Ein Traum.
„Ja, man darf sich schon die Frage stellen, ob es nicht genau die Menschen sind, die die Zukunft Deutschlands ausbremsen, die diese Regeln oder Ratschläge festlegen.“
Sorry – aber das ist einfach falsch. Es geht nicht darum, dass Innovation oder zeitgemäße Kommunikation ausgebremst wird. Es geht darum, dass Schüler (und Lehrer) nicht, auch nicht implizit, dazu gedrängt werden, sich einem Portal (das privat betrieben wird und in den US sitzt) anzuschließen.
Bedenklich ist eigentlich, dass man sowas überhaupt kommunizieren muss. Lehrer sollten von sich aus darauf kommen, dass das nicht praktikabel ist. Schließlich gibt es genügend Alternativen, online den Unterricht fortzuführen.
Wie weit fb tatsächlich eingesetzt wird/wurde weiß ich natürlich nicht. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Aufregung gar nicht so groß sein muss.
was nofate sagt! Danke für’s formulieren, trifft’s ziemlich genau.