Paketabgabe: Extrasteuer für den Onlinehandel soll Innenstädte retten

Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag möchten, dass Onlinehändler mit einer „Extrasteuer“ belegt werden. Diese Steuer soll dann quasi für die Rettung der Innenstädte genutzt werden. Das Ganze nennt sich laut der Welt dann „Pakt für lebendige Innenstädte“. Die abzuführende Steuer richte sich laut Bericht nach dem Bestellwert.

Das Grundsatzpapier, welches der Welt vorliegt, fordert, dass diese Paketabgabe beim Onlinehändler erhoben und von ihm dann an das Finanzamt abgeführt wird. Zusätzlich sollen Schnellkredite und Steuererleichterungen für Pandemie-geschädigte Unternehmen realisiert werden.

Die Einnahmen aus der neuen „Steuer“ (meinetwegen auch Gebühr) sollten den Einzelhandel vor Ort direkt entlasten: „Die Mittel werden in vollem Umfang zur Stärkung eines vielfältigen Einzelhandels in lebendigen Innenstädten eingesetzt„, zitiert die Welt.

Hinter der Forderung stehen der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Andreas Jung und Christian Haase, der kommunalpolitische Sprecher der Unionsfraktion.

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149 Kommentare

  1. Das verhindert doch, dass die kleinen Einzelhändler die notwendige Kurve kriegen und auch die Lieferung ihres Sortiments nach Hause anbieten. Dual channel wäre doch eigentlich die Lösung, um Kunden an sich zu binden – gerade diesem Konzept würde man so aber Hürden in den Weg legen… wenn, dann müsste man diese Abgabe auf den reinen Onlinehandel begrenzen, der nicht über ein Ladenlokal verfügt. Das übrigens gerne auch außerhalb der Großstädte liegen kann, denn der Handel auf dem Land muss auch gestärkt werden.

  2. Rauchen die Bananen oder schnupfen ’ne Spur Müsli? Dorfbewohner sollen also allen Ernstes per PKW die Städte verstopfen und mit Abgasen beglücken; denn hier gibt es keine Öffis mit denen man in die Städte kommen könnte! Alles unausgegorener Politikermist!

    • Selbst wenn es die Möglichkeit gibt mit öffentlichen Verkehrsmittel in die nächste Stadt zu fahren ist das oft schlicht zu teuer.

      Ich würde durchaus mein Auto öfter mal stehen lassen und mit dem Zug in die nächste Stadt fahren, aber nicht zu diesen Preisen. Da müsste ich ja vollkommen geisteskrank sein, das lohnt sich bereits bei einer Person nicht mehr, bei zwei und mehr Personen fange ich gar nicht erst an.

  3. Was für ein Quatsch. So wie die Innenstädte aktuell aussehen, will ich da gar nicht hin, selbst wenn es die Artikel geschenkt gäbe. Ob ich bei mir in die Innenstadt gehe, in Hamburg, Berlin oder Amsterdam ist scheiß egal, überall der gleiche Massenmist vom Fließband. Da bestelle ich lieber im Netz, es gibt doch zu jedem Scheiß eine Rezension oder ein Video, was fast besser ist, als etwas 5min im Geschäft anzugrabbeln. In der Innenstadt möchte ich einen Bäcker, der nicht Industrieware aufbackt, viele kleine Läden mit handgemachten Sachen, eben Individualität. Dazu schöne Cafés und Restaurants anstatt Nordsee, Subway und McDonald’s.

  4. In Großstädten gibt es das Problem nicht. Generell sollte msn darüber nachdenken die Innenstadt attraktiver zu gestalten. In manchen Innstädten will sich niemand mehr so gern begeben. Ich selbst geh ziemlich gern in die Stadt, aber teilweise ists wirklich schäbbig

  5. Beste Idee seit langem. Sofort umsetzen bitte. Ich zahle gerne einen Aufschlag, wenn dieser bei den richtigen Stellen ankommt!!! Pro Paket 5 €, damit ich nicht jeden Scheiß nicht einzeln bestelle ….

  6. Man merkt mal wieder mehr als deutlich, dass sich diese Idee Menschen ausgedacht haben denen jeglichen Bezug zur Realität fehlt.

    Das Thema Einzelhandel in den Innenstädten hat sich erledigt in der jetzigen Form. Absolut unwiederbringlich. Und das ist auch alles andere als schlimm sondern durch und durch begrüßenswert. Niemand wird die dritte New Yorker Filiale vermissen, den zehnten Handyladen und die anderen immer gleichen Läden in jeder Stadt.

    Wenns dann einmal richtig geknallt hat kommt vielleicht wieder bezahlbarer Wohnraum für normale Menschen in den Innenstädten.

    Und sollte jetzt jemand so naiv sein, und den Arbeitsplätzen nachtrauern, dem empfehle ich sich mal mit den Leuten zu unterhalten die dort arbeiten. Im Einzelhandel wird schon seit locker 10 Jahren primär nur noch mit Studenten, billigen Aushilfen, 400 Euro Jobs und Vollzeitszellen nahe dem Mindestlohn gearbeitet. Die Realität sieht so aus, dass selbst der ungelernte Regaleinräumer bei Amazon deutlich mehr verdient.

  7. Innenstädte wieder umgestalten: Unten Läden, Restaurants/Cafés etc und oben Wohnungen die bezahlbar sind. So blieben die Städte auch nachts lebendig.

    Ladenmieten realistisch halten. Fragt mal euren Bäcker, Café etc was sie ca an Miete bezahlen und rechnet, wie viele Brötchen/Tassen jeden Tag über den Tresen gehen müssen. Plus Strom, Personal, Heizung, steuern etc. ich wundere mich seit Jahren, dass das überhaupt noch jemand schafft.

    Zugang attraktiver gestalten. Park&ride mit Bus/Straßenbahn im 5-10min Takt. Mit Parktickets die ich mobil verlängern kann oder eben wie im Parkhaus nicht ablaufen. Dann kann man ohne Zeitdruck bummeln und mal Klamotten anprobieren die man nicht geplant hatte aber Spaß machen.

    Wettbewerb in der Stadt zulassen. Bei uns werden ständig Anfragen abgelehnt weil „der neue“ ja Konkurrenz wäre. Im stadtmarketing sitzen die anliegenden Händler. Ergebnis: Stadt quasi tot. Immer längere Strecken stehen leer. Nur Handy Shops u ä kommen noch rein.

    Zentrale online Plattform schaffen und jedem (!) Zugang ermöglichen. Kunden möchten nicht für 4 Städte im Umfeld verschiedene Plattformen haben, dort manuell nach Händlern suchen die man vorher evtl gar nicht kennt. Kunden möchten nach Produkten suchen und Angebote finden. Dann entscheiden ob sie bestellen oder vor Ort ausprobieren möchten. Ohne Zig Accounts anlegen zu müssen.
    Amazon hat so etwas weltweit aufgebaut und das ist der Erfolg. Ein Baustein davon. Man kann das machen/schaffen – man muss es aber wollen.

    es gibt die Perlen in manchen Städten. Hüte würde ich nie online kaufen aber huthändler sterben aus weil: wenn keiner mehr in die Stadt kommt, findet die auch niemand mehr.

    Händler dürfen auch mal flexibler werden. Ware liefern wenn sie vor Ort für Kunden bestellt werden muss, statt dass ich als Kunde nach 1-2 Wochen nochmal hinfahren muss.

    Es gäbe viel zu tun und viele haben Ideen. Eine Strafsteuer ist nun wirklich einer der schlechtesten Vorschläge seit langem! Stadt muss lohnenswert wert sein. Zucker statt Peitsche. Aber was weiß ich schon.

  8. Diese Typen haben so den Arsch offen, das ist schon gar nicht mehr lustig. An die Innenstädte hätte man denken sollen, bevor man den Verkehr mit allen möglichen Mitteln versuchte aus den Zentren zu verbannen. Aber jetzt rumheulen und die Kunden bestrafen, weil sie sich woanders zu behelfen wissen. Das absolut Letzte.

  9. Verstehe das Prinzip dahinter nicht. Die großen Ketten haben eh einen Online Handel. Sollen die sich selber mit der Steuer dann retten? Die kleinen, richtigen Fachgeschäfte werden doch eh durch die hohen Mieten vertrieben und gibt es nur noch in Seitenstraßen oder eben gar nicht mehr. Statt dann bei Media Markt, Saturn, H&M und so weiter online zu bestellen, soll ich dann in den Laden?
    Da ist mal wieder die geballte Kompetenz am Werk.

  10. Brzcyinskijwicz says:

    Die ganzen – äußerst validen – Argumente contra Offline-Shopping wie Autofahrer unerwünscht in Innenstädten, kein Service, mangelnde Kompetenz, kein Widerrufsrecht, etc hatten wir ja jetzt schon mehrfach.

    Was ich aber vermisse sind die Ladenöffnungszeiten. Beispiel: ich arbeite in einer Vorstadt in einem Bürojob von 9-18 Uhr. Also (ganz grob, zugegeben) deckungsgleich mit den Öffnungszeiten der Läden, vor allem der kleineren.
    Wann also, wenn nicht am Wochenende, soll ich denn überhaupt mal in die nächstgrößere Stadt fahren zum Einkaufen? Und überhaupt: Shoppen am Wochenende ist für mich ein ähnlicher Horror wie ein Bummel beim Ikea zu Semesterbeginn. Fürchterlich viele Leute. (Vermutlich alle mit dem gleichen Problem).
    Im Online-Handel kann ich shoppen, wann ich will. Außerdem spare ich mir die Anfahrt.

    Oder, was mir ganz besonders auch auf den Zünder geht, ist, wenn beispielsweise lang geplante verkaufsoffene Sonn- oder Feiertage auf den letzten Drücker per Gericht gestoppt werden. Da versuchen es die Händler schon einmal, die Leute außerhalb der normalen Zeiten in die Läden zu bekommen, und dann kommt Ver.di und klagt das kaputt. Dass die sich dabei ins eigene Fleisch schneiden (arbeitslose Verkäufer zahlen wahrscheinlich keine Gewerkschaftsbeiträge), merken die auch nicht..

    Aber so lange sich daran nichts ändert, wird der stationäre Handel halt mit Subventionen am Leben gehalten werden müssen. Oder auch nicht. Wettbüros und Handyläden boomen ja auch so.

  11. Eine Unterstützung der lokalen Läden halt ich erst einmal für gut. Allerdings artet das, wenn es lobbygesteuerte Politiker wollen, schnell in eine Unterstützung für die aus, die es nicht brauchen.

    Abseits von „geil und geiz“-Läden gibt es Firmen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht online auftreten können, z.B. Eiscafes. Die sind schon unterstützenswert, weil sie ein gewisses Niveau hochhalten.
    Aber unter dem Deckmantel des Arguments, dass man ja alles ganz, ganz schnell und unbürokratisch werde lösen müssen, wird man sich wahrscheinlich jetzt schon ausrechnen, wie man die Förderungen verteilt. Ich könnte wetten, dass es nach „Quadratmeterzahl“ geht. Womit dann die Riesen im Einzelhandel, die in fast jeder Einkaufsmeile zu finden sind, „fette Kohle“ erhalten, obwohl sie es nicht brauchen.

    Förderung ist für mich ok, aber es geht nicht ohne Bürokratie. Die Unternehmen müssen schon beweisen, dass sie es wert sind, von der Gesellschaft gerettet zu werden. Ansonsten regt sich bei mir das Ungerechtigkeitsgen: während jeder, der ALG2 beantragt, einen kompletten finanziellen Striptease leisten muss, dürfen sich Unternehmen dieser Anforderung nicht entziehen. Gleiches (Un-)Recht für alle.

    Zu dem Argument, was ich hier mitgelesen habe, dass „die Politik“ verantwortlich sei für das Innenstadtsterben: nein, sehe ich nicht so. Denn in den allermeisten Fällen gehören die Immobilien nicht der Stadt und Gesetze verbieten es den Kommunen in der Regel, den Vermietern vorzuschreiben, welche Mieter sie zu akzeptieren haben. Wenn die Kommunen Regeln aufstellen, dass z.B. kein neuer 1-Euro-Laden eröffnen soll, dann lassen die Vermieter die Immobilie einfach leer stehen. So lange, bis die Stadt genug erpresst wurde und den nächsten 1-Euro-Laden doch akzeptiert. Es hilft, wenn man sich ansieht, wem die Immobilien in den Einkaufsstraßen tatsächlich gehören: meist sind es Investmentfirmen mit den üblichen Namen (KKR, Blackrock, …). Denen ist alles völlig egal, solange der Profit stimmt. Bürgermeister, Stadträte oder Verwaltungen haben da wenig zu melden.

    Abgesehen davon sollte man aber tatsächlich erst einmal dafür sorgen, dass die großen Onlinehändler da Steuern zahlen, wo Ihre Waren verkauft werden. Und nicht in Irland oder den Niederlanden. Letztendlich können wir die ganzen Gelder, die verteilt werden, nur mit Steuererhöhungen reinholen. Es wäre schön, wenn sich bei dieser Steuererhöhung mal ALLE beteiligen und es nicht nur zu Lasten der „Kleinen“ geht.

  12. Laßt Euch mal von einem nunmehr über 60-jährigen erzählen: Lieferdienste für Kleidung, Eletronik und Co. sind ja so neu! Früher hieß Online „Quelle“ – oder „Otto“ – katalog, war schön dick, bunt und fast schon ein Kunstwerk mit den vielen schönen Fotos. Es soll sogar Männer gegeben haben welche sich vor allem sie Seiten auf denen Damentrikotage angeboten wurde gern ansahen – lach! Warum hatte gerade in Deutschland der kataloghandel solchen Erfolg? Wegen der früher branchenspezifisch sehr unterschiedlichen und kundenunfreundlichen ladenschlußregelungen: Bäcker hatten andere Öffnungszeiten als Schlachter , Warenhäuser machten zu anderen zeiten zu als kleinere Bekleidungsgeschäfte … unübersichtlich . Es war schon in den 60ern bequem und eine Freude im neuesten Versandkatalog zu blättern und sich die neuen dinge ins haus kommen zu lassen . Gabs auch für Bücher , schon vor Amazon , hieß „Buchclub“, Bertelsmann & Co. Ja ja nur weil statt katalog nun online „geblättert“ wird soll das auf einmal schlecht sein? ist wie früher innenstädtische Verkaufsstellen hatten durch rigide Ladenschlußregelungen nachteile gegenüber dem katalog-Versandhandel, heute das gleiche Bild bei Online versus präsenzhandel von wegen Parken , problemen mit dem Transport der Ware mit eigner kraft usw. Komisch früher kam keiner auf die doofe idee otto oder Quelle mit sonderabgaben zu belasten weil sie pakete liefern statt Filialbetriebe zur Selbstabholung einzurichten.

  13. „Niemand will den Sozialismus einführen….“

    Durch Angebot und Nachfrage regelt sich der Markt selbst. Nicht jedem macht shoppen und suchen in der Stadt oder Filiale spaß von der Auswahl ganz zu schweigen.

  14. Ich habe das ganze nochmal sacken lassen. Ich war wohl zu Emotional, da ich mit meiner Familie persönlich betroffen bin. Mit Sicherheit ist eine Paketsteuer nicht der Weißheit letzter Schluss. Dennoch sollte sich jeder mal überlegen ob er eine Zukunft ohne Einzelhandel haben will? Soll Amazon only die Zukunft sein? Kann ich mir kaum vorstellen.

    • Erstmal: Super-Respekt für deine Antwort. Persönliches Reflektieren in Online-Diskussionen ist sehr schwer und eben deswegen auch so wertvoll.

      Disclaimer: Ich persönlich lebe vom Onlinehandel, genauer gesagt: Ich bin Techniker im Bereich „High-End Onlineshops“, also so die Sorte „2,5 Mio. Artikel für 100 Besucher gleichzeitig“.

      Ich würde das aber mal ganz aussen vorlassen. Im Kern geht es glaub ich einfach darum, dass Menschen sich verhalten wie ein großer, breiter Fluss: Man kann sich den Gedanken abschminken, dass man den komplett aufstaut, oder umlenkt, oder doppelt so breit macht. Man kann ihn beeinflussen, man kann da Strom per Staustufe erzeugen, aber im großen und ganzen bestimmt der Fluss den Plan, nicht der Mensch. Alle Versuche, da intensiv einzugreifen enden bloß damit, dass im Frühlingshochwasser die Uferbebauung von 50 Kleinstädten die Elbe runtertreibt…

      Der Handel, Off- wie Online, hängt von zahlreichen Faktoren ab, „wie wir leben“. Das war vor 100 Jahren mal die trubelige Innen/Großstadt mit ihren Lichtern. Vor 50 Jahren die Autostadt mit hinfahren, 4 Mega-Tüten voll shoppen für die Familie auf Vorrat, wegfahren. Und heute?

      Heute ist es wieder anders. Die einen vermissen die Autostadt: Ich zahl doch nicht 10 Euro für Parken oder Bahn, um überhaupt einkaufen zu dürfen. Wieder andere haben keinen Bock auf die Innenstadt, eben WEIL da andere mit dem Auto hinfahren und sie gern nach dem markenbewussten Shopping ihren Latte Americano Soja in der Fußgängerzone trinken möchten. Der Dritte vermisst die Beratung im Fachhandel, der vierte will beratungs-frei billiger shoppen.

      Der große Fehler im Konzept des Artikels ist, dass man die Menschen an die Innenstadt anpassen will — und nicht die Innenstadt an die Menschen. Da isser, der große breite Fluß aus meinem Beispiel.

      Die Menschen werden sich die Welt zurechtnutzen. Höhere Benzinpreise haben nicht dazu geführt, dass Menschen weniger Auto fahren. Wer will, dass „der große Fluss woanders langfliesst“, der darf ihn nicht stauen, wo er ist. Er muss graben, wo er ihn hinhaben will. Bessere Öffis statt teurem Sprit. eScooter beim kostenlosen Park+Ride-Parkplatz, und Fußgängerzonen für die Kaffeetrinker.

      Jetzt kommt mein(!) ganz persönlicher Teil:

      Ich lebe in Hamburg. Ich besitze ein Auto. In der Innenstadt war ich seit Jahren nicht mehr.

      Ich weiss nicht, was ich da soll. Ich kaufe meine Wanderschuhe bei ALDI, mein Fotozubehör im Netz, und meine Kleidung beim C&A im Einkaufszentrum im Stadtteil, mein Bastelbedarf im Baumarkt auf der grünen Wiese, und möglichst viel anderes im Netz — ich brauche den Fachhandel einfach nicht. Man kann über gekaufte Rezensionen im Internet denken was man will, i.d.R. sind sie immer noch informativer und kompetenter als der Fachhandel, plus: Der Satz „Wer billig kauft, kauft zweimal, also teuer“ gilt einfach häufig nicht mehr: Wenn nach dem billigen Tablet, dem billigen Smartphone, dem billigen Fernseher halt der billige Drucker mal nichts taugt, sodass ich einen zweiten kaufen muss, dann bin ich unterm Strich immer noch besser weggekommen, als wenn ich im Fachhandel gekauft hätte.

      Mein persönlicher Zukunftswunsch ist: Das die digitale Infrastruktur und das ganze Denken in Deutschland sich jetzt mal so ändert, dass ich nicht mehr arbeitsbedingt in der Großstadt leben MUSS, sondern von einem Resthof in der Lüneburger Heide aus arbeiten kann, und dass das ganze „Einkaufen fahren“ komplett umkippt ins „Einkauf gebracht bekommen“. Was mich überrascht: Für mich mit ü50 Jahren ist das vielleicht normal — aber die gut verdienenden Facharbeiter-Kollegen Mitte 20 ohne Familie, denen das Geld noch etwas lockerer sitzt, DIE investieren in Häuser und Wohnungen mitten in der Pampa. Die sind noch so jung, da bin ich ich IN die Stadt gezogen, und die planen ihren WEGgang.

      Ich glaube, das ist die Zukunft. Zuerst verschwindet die „Einkaufs-Innenstadt“. Danach verschwindet das lokale Shopping, weg vom Hol-ALDI und Hol-REWE hin zur Bring-Agentur, die den Einkauf aus 4 verschiedenen Märkten zu mir bringt — die Bio-Milch vom Alnatura, das Billig-Mineralwasser vom ALDI.

      Ich kann mir nicht vorstellen, was aus den Nischen wird. Outdoor-Kleidung, die man anfassen will. Der Juwelier und der Hutmacher. Der 1-Euro-Shop. Der Bäcker, der Eismann. Ich glaube, entweder schaffen wir es, die in eine Bummel-Fussgänger-Innenstadt ohne Klamottenläden zu integrieren — oder sie verschwinden einfach, wie auch der Tante-Emma-Laden, der Milchladen oder der TV-Laden. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass keine staatliche Steuerungsmaßnahme der Welt es irgendwie so hingedreht bekommt, dass wir Waschmaschinen, Lebensmittel, Computerkabel oder Socken in 15 Jahren noch käuflich erwerben „im Zentrum um den Hauptbahnhof“ — schlicht, weil es keiner will.

      Irgendwelche Steuertricks, die Onlineshopping teurer machen als Offline-Shopping führen nur dazu, dass die Menschen dann eben teuer Online shoppen. Weil: Offline ist vorbei, so oder so. Egal, wie man das findet. Egal, wie schade das ist. Egal, ob wir Online ökologisch sinnvoll hingedreht bekommen. Die Mehrheit will einfach, dass es an der Tür klingelt, und das neue Smartphone ist da, Ende.

      Jeder liebt Tante-Emma-Läden. Aber wirklich kaufen will da keiner, und deswegen sind sie verschwunden. Nicht der Wille oder Wunsch der Menschen ist entscheidend, sondern ihr Massenverhalten als Käufer. Und das geht straight Richtung online.

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