Netflix CEO über Tatort, RTL und sein eigenes Scheitern
Netflix ist auf dem besten Weg, Fernsehen, wie wir es kennen, zu revolutionieren. Keine festen Sendezeiten, massentaugliche Eigenproduktionen und die Überallverfügbarkeit haben den traditionellen Sendeanstalten etwas voraus. In den USA ist Netflix in jedem zweiten Haushalt vertreten. In Deutschland möchte Netflix innerhalb der nächsten fünf bis sieben Jahre in jedem dritten Haushalt angekommen sein. Über das und mehr plauderte Netflix-Gründer Reed Hastings in einem Interview mit der FAZ.
Nutzerzahlen für einzelne Länder nennt Netflix nicht, insgesamt hat man nun aber 62 Millionen Kunden, einen Großteil davon noch in den USA. Bescheidenes Ziel: Bis Ende 2016 in allen Ländern weltweit vertreten zu sein, ohne zu wissen, wie Serien und Filme dort jeweils ankommen. Das sind ambitionierte Pläne, die aber nicht allzu abwegig erscheinen. Auch die durchaus optimistische Prognose greift Reed Hastings nicht aus der Luft, man habe ja gesehen, wie es in den USA lief.
Hastings prophezeit auch dem sonntäglichen Tatort keine rosige Zukunft. Er findet es bereits heute kurios, dass sich Menschen Sonntag Abend um 20:15 vor den Fernseher setzen, um diesen zu sehen. In 10 Jahren wird dies nicht mehr der Fall sein, meint er. Das Videostreaming steht noch am Anfang, 62 Millionen Nutzer bedeutet gerade einmal ein Prozent der Smartphone-Nutzer. Ähnlich sieht er es mit klassischen Fernsehsendern. Er vergleicht diese mit dem Festnetztelefon. Das steht zwar fast überall herum, die Nutzer haben heute aber Smartphones, die sie für die Kommunikation nutzen.
Fans von House of Cards sollten sich übrigens keine allzu großen Hoffnungen machen. Die Serie war der erste große eigene Erfolg von Netflix, in Deutschland hat die Erstausstrahlungsrechte allerdings Sky. Der Grund hierfür ist einfach, dass Netflix sich damals nicht die weltweiten Rechte leisten konnte. Deshalb werden auch künftige Staffeln hierzulande zuerst bei Sky verfügbar sein. Dem Erfolg in Deutschland tut dies aber keinen Abbruch.
Des Weiteren verrät Hastings in dem Interview auch noch, warum Mitarbeiter so viel Urlaub haben sollen, wie sie möchten und warum er besser nicht bei jeder neuen Idee eine Firma gründet. Lesenswert.
„Er findet es bereits heute kurios, dass sich Menschen Sonntag Abend um 20:15 vor den Fernseher setzen, um diesen zu sehen.“
Vielleicht sollte er dabei mal Twitter verfolgen. Dieses „gemeinsame“ schauen kann Streaming leider (noch) nicht bieten – oder zumindest nur im kleinen Kreis.
Dieses „gemeinsame Schauen“ habe ich persönlich aber auch noch nie verstanden. Habe es schon mehrfach probiert, aber entweder ich konzentriere mich auf Twitter oder auf einen spannenden Film. Für mich persönlich und ich vermute auch mal für die Mehrheit der Leute ist das nix.
Im Gegenteil muss ich dem Interviewten Recht geben. Wie oft komme ich zwischen halb neun und neun nach Hause und ärgere mich, dass ich die erste halbe Stunde verpasst habe von irgendwas was ich gucken wollte. Ich hasse es mittendrin in Filme einzusteigen. Meistens ist das TV Programm für mich nur noch Trigger um zu gucken ob Filme bei Netflix oder Amazon verfügbar sind.
Das Fernsehen von heute ist wie das Telefon von gestern.
Da ändern auch die spastischen Zuckungen von öffentlich-rechtlichen Sendern mit ihren Mediatheken nichts. Parallel gestreamte Zoo-Dokus über alle dritten Kanäle sind nur einer der Sargnägel. Habt Ihr schon mal den Tatort-Hashtag verfolgt? Das ist nicht die mediale Zukunft.
Dem x-schichten-TV laufen laut neuester Statistik auch die Zuschauer davon. Wer will, sofern er es rafft, andauernd einen Spiegel vorgehalten bekommen?
Netflix ist das mediale Zugpferd. TV wann und wo und mit welchen Medien ich es konsumieren will. Gerne auch für Geld.
Es ist die Zeit der medialen Umstellung. Da jammern Verlage und Sendeanstalten. Genau wie früher die Kutschenbetreiber…
„Auch die durchaus optimistische Prognose greift Reed Hastings nicht aus der Luft, man habe ja gesehen, wie es in den USA lief. “
Mööp mein Idiotie Sensor ist gerade geplatzt.
Wer den Deutschen Markt mit USA Vergleich, den kann man gleich ignorieren. Es gab nie so eine starke Free TV Landschaft in den USA.
Der andere Punkt. Das Zeug egal ob ÖR oder Privat wird ja geguckt. Das auf einmal die TV Landschaft hier vollkommen Amerikanisiert wird. Ist echt eine gewagte aussage. Klar ist das der Wunsch von Netflix, das die Free TV Konkurrenz verschwindet. Aber Wünsche gehen halt nicht immer in Erfüllung.
Netflix wirbt auch mit Sachen die Sie so gar nicht halten können. Ich kann lange nicht zu jeder Zeit das gucken was ich will. Die Lücken im Sortiment ist Gigantisch. Wenn man nicht nur auf Ami Ware steht. Wird es bei Netflix zappenduster. Außerdem fliegen auch Sachen wieder raus.
IDazu ich kann ja Free nicht nur den Tatort sehen. Sondern ich muss die zahllosen dritten und Spartensender dazu nehmen. Die Privaten haben auch mehr als nur 1 Sender. Es gibt ein gigantisches Angebot im Free TV umsonst. Da werden tonnenweise Inhalte produziert die, die Deutschen gerne sehen.
Ein Punkt ist auch immer Lustig. Wieso ist man nicht frei den Tatort zu sehen wann man will?. Den Videorekorder hat der Typ noch nicht entdeckt oder?
Das gucken wann ich will, kann ich schon lange bevor Streaming ein funkeln in Auge einiger Spinner war.
Was ich auch immer interessant finde. Den Datenschutz. Das wird vollkommen ignoriert wenn Smart TVs im Internet Senden. Angegriffen werden können. Und Kunden komplett ausspioniert werden im TV Konsum. Das Thema scheint absolut tabu zu sein.Weil da ließt man man gar nix zu.
Das missbrauchst Potenzial ist auch nicht ohne wenn die Daten ergeben das man laufend Kritische Sendungen sieht.
Was ultra genial wäre wenn Netflix auch Sport events Streamen würde. Aber das wir wohl nicht geschehen solange Sky und ARD/ZDF die Rechte haben.
@kenny94: Ich denke, in ein paar Jahren bieten die um die Rechte mit.
Ich schau mir den Tatort zwar nicht zur Sendezeit an aber froh bin ich schon dass es die gibt! Das unsichtbare Publikum ist bei Radio und Fernsehen gerade das Wesentliche. Wie das technisch bewerkstelligt wird ist egal. Sonntags gibt’s den Tatort und Montag geht’s wieder ran… Kann nicht erkennen was man daran unbedingt ‚revolutionieren‘ muss! Was man Sonntag morgen macht, darüber wäre interessant zu beraten… Da ist mir immer nur Brunchen ein wenig zu physisch ausgeprägt. Rumhängen ebenso. 🙂
Ich habs schon öfter geschrieben und kann es jetzt nur nochmal wiederholen: Ich glaube, wenn ich keinen Zugriff auf die US-Inhalte auf Netflix hätte, würde ich es nicht abonnieren. Auf der deutschen Seite sieht man viel zu häufig die gleichen bekannten Inhalte und hauptsächlich große Spielfilm-Klassiker, die man schonmal irgendwo gesehen hat und durchgekaut sind. Mir gefällt viel besser, dass man auf der US-Seite zu verschiedenen Themenkomplexen, z.B. bei Dokus, nicht nur eine Produktion, sondern gleich ein Dutzend verschiedene Produktionen von unterschiedlichen TV-Sendern zum gleichen Thema angeboten bekommt.
Woher kommt das „RTL“ im Titel?
Der Sender spielt im Interview doch überhaupt keine Rolle und wird nur in einem Nebensatz mal kurz erwähnt.
Unsere TV-Konsum hat sich in der letzten Zeit deutlich reduziert – liegt u.a. auch an dem immer schlechter werdenen Angebot. Wir schauen abends mal die „Aktuell Stunde“ im WDR oder um 20 Uhr die Tagesschau, aber TV-Shows oder Spielfilme im Abendprogramm werden immer weniger.
Dafür ist die Nutzung von Netflix und Maxdome bei uns angestiegen – den Film / die Serie dann zu schauen, wann man es will und wo man es will ist deutlich angenehmer, unabhängig vom festen Programm der Sender.
Beim Wechsel unseres Kabel-Vertrages haben wir kürzlich die Internetbandbreite erhöht, aber das TV-Paket massiv reduziert – u.a. auch den ganzen HD-Mist weg. Werbefinanzierte Mist braucht kein Mensch in HD zu sehen.
@caschy @kenny94 wenn Netflix (erfolgreich) um die Fußballübertragungsrechte mitbieten würde wäre das Fernsehen endgültig für mich gestorben; endlich!
@Julian@caschy@kenny94: Dann könnt ihr aber euren 8€ im Monat Adieu sagen. Mit LIve Events würden die Kosten deutlich steigen sowohl auf der technischen als auch auf der Content Seite. Kann mir nur schwer vorstellen das so etwas tatsächlich so schnell kommt.
Nur kurz als Zwischeninfo: Hastings hat bei der re:publica 2015 klar und deutlich geäußert, dass es keine Live-Übertragung von Sportevents geben wird. Die Rechte an solchen Events sind einfach viel zu teuer und passen auch aktuell nicht in das Netflix-Konzept.
Ich lasse mich seit Jahren nicht mehr vom TV-Programm fesseln. Entweder es wird aufgenommen und später ohne Werbung geschaut, oder es wird immer mehr gestreamt. Amazon und Netflix haben für mich mehr im Angebot als ich Zeit habe. Ich wunder mich immer über die die schon alles gesehen haben. Arbeit, Familie, Hobbys, Freunde und wenn dann mal Zeit übrig bleibt…
Wenn Netflix hilft, das deutsche Privatfernsehen in die Bedeutungslosigkeit zu verabschieden, finde ich das gut.
Ich gebe ja zu: Ich mag den Tatort Sonntags um 20.15. Über Facebook, Twitter bis hin zum Kino schaut man „gemeinsam“, ein zeitlicher Rahmen, an dem sich alle orientieren können, alle haben den gleichen Stand. Man kann mit Freunden / Bekannten gemeinsam schauen, man muß sich nicht „verabreden“ da der Termin ja vorgegeben ist.
War damals bei Harald-Schmidt auch so, immer 23.15. Das war ein täglicher Fixpunkt.
(Sag ich obwohl ich APV-Kunde bin und ein Netflix-Abo hab ;))
Kann sein, dass N. für die Gemeinde der leichten Unterhaltung eine Bereicherung ist. Ich sehe da noch keinen Bedarf, da ich nicht sehe, dass Phoenix, 3sat und Arte ihre Daseinsberechtigung verlieren.
Und außerdem: Für mich ist es auch kein Problem, einfach mal abzuschalten, falls kein Qualitätsfernsehen läuft. Internetfernsehen ist für mich derselbe Murks der Privatsender, nur „moderner“. Nein danke!
sehr gut auch sein vortrag + interview letzte woche auf der re:publica. hier mit video: https://re-publica.de/session/talk-netflix-ceo-reed-hastings