„Hitman 3“ im Test: Der lustige Attentäter von nebenan
„Hitman 3“ ist Ende Januar 2021 erschienen. Seitdem beschäftige ich mich dann auch mit Agent 47, dem glatzköpfigen Auftragskiller, der sich hier durch sechs neue Areale meuchelt – erstmals auch auf den Next-Generation-Konsolen. IO Interactive wagt dabei zwar wenig Neues, wer an den beiden Vorgängern Gefallen gefunden hatte, wird an „Hitman 3“ meiner Meinung nach jedoch ebenfalls einen Heidenspaß haben.
Bis auf neue Abkürzungen, die euch in den jeweiligen Levels schnell von einem Punkt der Karte zu einem anderen führen können, ist das Gameplay von „Hitman 3“ im Grunde 1:1 identisch zu „Hitman 2“. Da hätte man die Areale des Spiels also grundsätzlich auch als DLCs veröffentlichen können. Ich persönlich kann dies aber verzeihen: Besitzt ihr nämlich schon „Hitman“ oder „Hitman 2“, könnt ihr euren Spielfortschritt übernehmen und die Levels der vorherigen Spiele mit technischen Verbesserungen in „Hitman 3“ spielen. Der neue Titel wird somit insgesamt zur Schaltzentrale.
Einziger Wermutstropfen: Ihr müsste „Hitman 3“ dann auf der gleichen Plattform verwenden wie zuvor. Habt ihr also beispielsweise „Hitman 2“ für die PS4 gekauft, solltet ihr „Hitman 3“ für die PS4 oder PS4 erwerben – an der Xbox One bzw. Xbox Series X|S habt ihr sonst eben keinen Zugriff auf eure bisher freigeschalteten Boni bzw. die alten Levels. Davon war ich beispielsweise selbst betroffen, da ich „Hitman“ und „Hitman 2“ auf der PS4 gespielt habe, nun aber „Hitman 3“ für die Xbox Series X gekauft habe. An der zuletzt genannten Konsole läuft das Spiel in nativem 4K. Die Framerate liegt bei so gut wie immer perfekten 60 fps.
Ray-Tracing liefert „Hitman 3“ nicht und insbesondere die Animationen wurden gegenüber dem letzten Titel bestenfalls marginal verbessert. Sie wirken immer noch arg hölzern. Allerdings sieht das Spiel wirklich knackscharf aus und liefert sehr detaillierte Umgebungen und schöne Lichtstimmungen. Bereits das erste Level in Dubai mit seinen spiegelnden Glasoberflächen rang mir da doch direkt ein erfreutes Lächeln ab.
Generell sind die Levels in ihrer Gestaltung extrem abwechslungsreich: Jeder der sechs Abschnitte steht für ein großes Areal, in dem ihr im Sandbox-Stil zwar euer Missionsziel erhaltet, jedoch enorme Freiheiten dabei habt, wie ihr es erreicht. So könnt ihr kleinen Geschichten folgen, die euch näher an euer Attentatsziel heranbringen. Im zweiten Abschnitt, Dartmoor, könnt ihr etwa eine Detektivgeschichte lösen (oder einfach einen Unschuldigen zum Sündenbock machen), um an die Familienpatriarchin heranzukommen.
Wollt ihr euch jedoch mit solchen (stets optionalen) Geschichten nicht abgeben, geht ihr eben euren eigenen Weg. Wie in den bisherigen „Hitman“-Spielen könnt ihr allerlei Verkleidungen anlegen, indem ihr Wächter, Bodyguards oder einfach nur den Koch um die Ecke bewusstlos schlagt und deren Kleidung übernehmt. Das hilft euch unbemerkt in neue Areale vorzudringen. Abermals gibt es aber immer Personen, die eure Verkleidungen durchschauen, sodass stets Taktieren angesagt ist.
Werdet ihr enttarnt oder fallt anderweitig auf, beispielsweise wenn ein Passant beobachtet, wie ihr jemanden in die Büsche zerrt, wird natürlich Alarm geschlagen. Auch Ballern verbleibt euch dann als Option. Agent 47 geht jedoch nach wenigen Schüssen zu Boden und es verschlechtert eurer Ranking, wenn ihr das Schießeisen zückt, um andere Personen um die Ecke zu bringen, als eure Zielperson. Besser ist es also, stets zu schleichen, sich zu tarnen und möglichst unentdeckt zu bleiben.
Bei meinem Gameplay haben sich da amüsante Situationen ergeben, denn „Hitman 3“ ist wie die Vorgänger durchaus mit Humor versehen. Ich wollte in Dubai etwa eine bestimmte Verkleidung ergattern, um näher an meine Zielperson heranzukommen und ein sonst für mich versperrtes Areal zu betreten. Also lockte ich einen NPC durch ein angeschaltetes Radio in eine kleine Dachgarten-Ecke, um ihn bewusstlos zu schlagen und den Körper im hohen Gras zu verbergen. Tja, dumm nur, dass nun eine andere Dame in der Nähe inspizieren wollte, warum da plötzlich laute Musik lief. Auch sie lag nach einem beherzten Hieb im Gras.
Das nahm jedoch akustisch ein hinter der Mauer um die Ecke stehender Kellner wahr, der sofort die Wachen alarmierte. Der zu mir trabende Wächter fand sich nach kurzer Zeit ebenso im Gras wieder. Als ich dann später auch einem Journalisten seine Kleidung abnehmen wollte, führte ihn ebenfalls in besagte Dachgarten-Ecke – schockiert blickte er ins Gras, um dort ebenfalls zu landen… Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass derselbe Kellner wie zuvor erneut entgeistert eine Wache zurate ziehen würde – die wenige Sekunden später ebenfalls in meinem „Lager“ landete. Und so marschierte ich als Unschuldslamm wieder aus dem Dachgarten, in dem nun in einer lauschigen Ecke insgesamt fünf Bewusstlose ihre Schädel dröhnen ließen.
Vielleicht lest ihr es heraus: In „Hitman 3“ schreibt man seine eigenen, kleinen Geschichten. So kann es eben gerade dann zu spaßigen Situationen kommen, wenn nicht alles nach Plan läuft. Da nimmt sich das Spiel auch gar nicht so bierernst. Es steht euch etwa frei, Umstehende mit Äpfeln, Muffins oder Coladosen zu bewerfen, um sie kurz aus der Fassung zu bringen.
Mir gefällt dabei sehr gut, dass ihr in den Levels jederzeit speichern könnt und es aufgrund der Struktur des Spiels leicht ist, eine Pause einzulegen. Dadurch ist „Hitman 3“ ein Spiel, das sich wunderbar für kurze Sessions zwischendurch anbietet. Die 6 Abschnitte zockt man alle wohl in jeweils ca. anderthalb Stunden durch, sodass der Umfang nicht gigantisch ist. Alle Levels sind aber auf das mehrmalige Durchspielen ausgelegt, denn es ist unmöglich, mit nur einem Versuch alle Geschichten zu durchleben.
Nach jedem Durchspielen erhaltet ihr, je nachdem wie ihr vorgegangen seid, Punkte. Jene schalten dann neue Startpunkte, neue Verkleidungen und neue Objekte frei. Beispielsweise könnt ihr dann als Koch in der Küche beginnen und möglicherweise direkt eine Waffe oder einen Dietrich irgendwo deponieren lassen. Da ist also ein erheblicher Wiederspielwert gegeben. Das gilt auch, weil die Entwickler von IO Interactive es euch erlauben, eure Leistungen mit anderen Spielern online zu messen oder Abschnitte nach deren Vorgaben zu zocken, um euch zu beweisen. Zudem gibt es bald wieder die sogenannten Elusive Targets, die im Spiel dann für einen eingeschränkten Zeitraum besondere Ziele für euch darstellen.
„Hitman 3“ ist aber nicht frei von Kritikpunkten. Die hölzernen Animationen und die extreme Ähnlichkeit zu den Vorgängern hatte ich ja schon angesprochen. Und auch die Story des Spiels, die euch eigentlich als roter Faden durch die einzelnen Areale führt, ist komplett vergessenswert. Da möchte ich euch nichts spoilern, aber Agent 47 und auch die anderen Charaktere bleiben eher unbeschriebene Blätter und es gibt keine großen Überraschungen. Auch ist die Videoqualität der Cutscenes unterirdisch. Ich war extrem erstaunt, als die erste Videosequenz vor Dubai über den Screen flimmerte. Enorme Kompression, geringe Auflösung und die Qualität der Animationen wirkt wie aus den späten 1990er-Jahren. Das hätte sich IO Interactive dann lieber ganz gespart. Da wirkte der Sprung in die deutlich bessere In-Game-Grafik beruhigend auf mich.
Mein persönliches Fazit? „Hitman 3“ ist der logische Schlussstrich unter die Trilogie um Agent 47, wagt allerdings keine Experimente. Wer also damit leben kann, dass der neue Teil im Grunde eher wie ein technisch verbessertes „Hitman 2.5“ anmutet, der wird hier sehr viel Spaß haben.
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Freue mich schon… Werde ich mir kaufen, wenn das Spiel wieder deutlich günstiger geworden ist.
Ich habe es bereits gespielt. Gameplay quasi wie Teil 1 und 2. Aber die Missionen bzw. die Locations finde ich viel besser.
Ja, das Gameplay ist im Grunde nahezu identisch, einzig die Abkürzungen sind neu, aber das krempelt nichts um. Wenn man die Vorgänger mochte, wird man eben auch hier seinen Spaß haben. Ich fand die Schauplätze auch klasse – wobei dieses Vorstadt-Szenario aus „Hitman 2“ immer noch mein Liebling ist :-).