Google Stadia: Plattform für Cloud-Gaming offiziell vorgestellt

Google hat soeben seine neue Plattform für Cloud-Gaming, Stadia, vorgestellt. Den Namen finde ich persönlich recht generisch bzw. unglücklich. „Stadia“, da muss ich an sowas wie „Fiat Stadia“ denken – irgendein beliebiges Auto, das durch eine langweilige Reklame rollt. Ob das Projekt ein Erfolg wird, halte ich auch für fraglich, doch interessant klingt die Technik allemal.

So ist Google Stadia eine Cloud-Gaming-Lösung, die direkt über den Browser Google Chrome funktioniert. Geräteübergreifend, also egal ob am PC, am Smartphone, am Tablet, am Notebook oder am Smart TV – ihr könnt direkt auf Stadia zugreifen. Dabei verspricht Google Game-Streaming in bis zu 8K und mit bis zu 120 fps. Auch 4K-Streams mit HDR und 60 fps hat Google explizit erwähnt. Das klingt natürlich erst einmal fabulös, denn das sind Dinge, die man sich nicht einmal fest von der nächsten Konsolengeneration erhoffen kann.

Was Google nun aber weniger in den Vordergrund rückt: Je höher die Auflösung und je höher die erhoffte Framerate, desto schneller muss eure Internetleitung natürlich sein. Und 4K ist eben auch nicht gleich 4K. Wer beispielsweise einen 4K-Stream von Amazon Prime Video oder Netflix mit einer Ultra HD Blu-ray vergleicht, merkt schnell, dass der Stream eher einer guten Blu-ray gleicht. Das liegt an der erhöhten Kompression bzw. der niedrigeren Datenrate. Für Core-Gamer halte ich Google Stadia daher nur für bedingt interessant.

Doch ist Google Stadia etwas für Gelegenheitszocker? Kann man die vielleicht damit abholen? Meiner Meinung nach wird auch das schwierig, denn für Gelegenheitsspiele, die in der Regel wenig Leistung benötigen, braucht man keine Streaming-Lösung. Derartige Spiele berechnet halt auch ein olles Smartphone, sage ich mal. Stadia visiert also eine sehr spezielle Nische an: Gamer die einerseits Core-Games wie „Assassin’s Creed Odyssey“ zocken möchten und über eine schnelle Interneleitung verfügen, andererseits aber keine Konsole und keinen Gaming-PC anschaffen möchten. Ich behaupte, die Schnittmenge ist da kleiner, als Google vermutet.

Klar, sieht es natürlich mega interessant aus, wenn man an einem PC zockt, wie in der Demo von Google gezeigt, und in sekundenschnelle einfach am Smartphone weiterspielen kann. Auch der vorgestellte Controller sieht gut aus – er wirkt minimalistisch und funktional. Und das ist für einen Controller meiner Meinung nach auch ideal so. Google hebt jedoch hervor, dass der Stadia Controller optional ist. Denn ihr könnt auch eure bereits vorhandenen Controller in Kombination mit Stadia nutzen, so Google.

Für den Stadia Controller sprechen aber ein paar Aspekte: So verbindet sich der Controller laut Google direkt via Wi-Fi mit der Cloud, was den Input Lag offenbar reduzieren soll. Außerdem ist ein Share Button vorhanden, der direkt Inhalte zu YouTube schießen kann. Für den Google Assistant integriert Google ebenfalls direkt am Controller einen Button. Berechnet werden die Spiele eben in der Cloud in Googles Datenzentren rund um den Globus.

Cool ist die Idee, dass ihr etwa ein YouTube-Video zu einem Spiel ansehen könnt – und dann direkt bei YouTube einen Button für den Wechsel zu Stadia finden sollt. Drückt ihr ihn, steigt ihr fast verzögerungsfrei ins Spiel ein. Da sehe ich persönlich jedoch weniger das Potential für komplette Spiele, sondern z. B. für Demos. Ich könne mir vorstellen einen Trailer zu meinetwegen „Devil May Cry 5“ zu sehen, zocke das Spiel dann kurz an – und kaufe es dann eben für die Plattform meiner Wahl. Allerdings gibt es da auch offene Fragen und Risiken: So könnten falsche Eindrücke entstehen, wenn Latenzen und Input Lag dazwischen funken und man über Stadia das Gefühl hätte das Spiel läuft verzögert, an dedizierter Hardware läuft aber alles absolut glatt. Hier muss man eben schauen, wie alles am Ende in der Praxis aussieht.

Der Launch soll noch 2019 stattfinden – einen konkreten Termin nannte Google aber noch nicht. Auch nicht, ob Deutschland direkt mit in der ersten Welle der Regionen mit von der Partie sein wird. Zu vermuten ist das, weil man von „most of Europe“ sprach, aber dennoch bleibt vieles vage. Die zentralen Fragen lauten: Welche Internetgeschwindigkeiten benötigt man für 1080p, 4K, 8K und die erwähnten Frameraten von 60 oder gar 120 fps? Wie teuer soll der ganze Spaß monatlich sein? Welche Spiele werden enthalten sein im Angebot?  Wird es eine Art Flatrate geben wie etwa beim Xbox Game Pass oder muss man Spiele trotzdem separat kaufen – wie etwa teilweise bei GeForce Now? Wenn ja, erhält man dann parallel auch Codes für die regulären PC-Versionen?

Aktuell ist Google Stadia weiterhin eine tolle Idee und ein spannendes Konzept – das sich aber in der Praxis erst noch beweisen muss. Vieles hört sich spannend an, aber das galt etwa auch für OnLive (*hust*). Funktionieren muss alles in der Praxis und auch die richtige Zielgruppe erreichen. Kann Fiat Google Stadia das schaffen? Ich bin gespannt – was glaubt ihr?

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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62 Kommentare

  1. Das hier haben sie bei der Vorstellung natürlich nicht erwähnt:

    „Highspeed-Internetverbindung erforderlich“

    „Die Wiedergabe mit 4K HDR bei 60 fps ist von der Bandbreite abhängig. Das Spielerlebnis kann je nach Qualität der Internetverbindung variieren.“

    Auch nachzulesen hier:
    https://store.google.com/magazine/stadia

    Natürlich keine Information, über welche Bandbreite hier gesprochen wird.
    Interessant auch, dass im Video der Vergleich zu den Konsolen gezogen wurde.

    Weiter oben schreibt Jemand, dass 60ms Input Lag noch zum Spielen reichen… naja, versucht das mal mit nem Flipperspiel, das kann man vergessen.

  2. Dieter Gramm says:

    Ich nutze schon seit Monaten die Beta von GeForce Nie auf einem Nvidia Shield.
    Ich habe verschiedene Spiele von Steam darüber installiert und es läuft alles wunderbar. Ich bin einfach begeistert von der idee.
    Kein Ärger mehr mit Windows und Treibern..

  3. André Westphal says:

    Letzten Endes wird der Erfolg von Stadia auch ganz stark von dem Preismodell abhängen. Ich vermute, dass man es so machen wird wie Nvidia: Für Stadia fällt eine grundsätzliche Gebühr an, um die Kosten zu decken. Dafür bekommen Abonnenten den Zugang und Zugang auf ältere Games und vermutlich auch die Exklusivtitel von Google. Neue Titel müssen aber separat gekauft werden zu den normalen Spielepreisen von 50-60 Euro.

    Und da werden dann nämlich die meisten Gelegenheitsspieler, die jetzt jubeln, auch wieder abspringen: „Was, so teuer? Ich dachte ich hätte alles in einer Flatrate…Ne, das ist ja wieder nix, „Angry Birds“ kostet doch auch nichts und ich muss kein Abonnement bezahlen!“

    Dann kommt hinzu:
    – Bei Stadia kann ich einmal durchgezockte Spiele nicht wieder verkaufen, wenn ich sie durch habe.
    – Ich muss mit dem Risiko leben, dass Spiele aus dem Angebot wieder herausfallen oder Google den Dienst einstellt – wäre bei Google keine Überraschung, das macht das Unternehmen generell ja ganz gerne mal
    – Ich brauche eine sehr schnelle Internetverbindung, um Stadia überhaupt sinnig nutzen zu können.
    – Es bleibt die Frage, was die höchsten Qualitätseinstellungen und all die tolle Hardware zur Berechnung bei Google nutzt, wenn ein stark komprimiertes Bild bei mir ankommt. Der Sweet Spot sind da kleine Bildschirme auf Notebook-Größe, nicht aber größere Monitore oder gar TVs.

    Das heißt alles nicht, dass Stadia deswegen untergehen wird, aber Google muss noch viele Fragen beantworten und zeigen, dass die Sache rund läuft – bisher haben sie nur gesagt „Das wird mega-geil!“ ohne wirklich viel zu zeigen. Denn neben Google müssen auch die Publisher und Entwickler mitspielen – da weiß man ja noch gar nichts zu.

    • @Andre: Reine Spekulation deinerseits. 😉 Genau so gut könnte es sein, dass sie es so ähnlich machen wie bei Google Play Movies: Keine Grundgebühr, wahlweise eine geringe Mietgebühr für Leihfilme oder wahlweise ein Festpreis für Kauffilme (dann dauerhaft). Oder kostenlose Spiele mit In-App-Käufen wie bei Apps. Oder von allem etwas, je nach Spiel.
      Wir werden sehen.

      Und bei Steam oder Epic kannst du auch keine durchgezockten Spiele weiter verkaufen. Und hast zusätzlich noch die Kosten für die Gaming-Hardware, das waren bei mir schon tausende Euro über die letzten Jahrzehnte. Allein schon für Grafikkarten…

      • André Westphal says:

        Klar, zu Stadia ist ja aktuell auch so gut wie alles Spekulation, weil Google eben kaum was Handfestes gesagt hat. Aber meine Annahmen sind recht wahrscheinlich: Publisher wie Electronic Arts, Activision, Square-Enix würden ihre eigenen Neuerscheinungen entwerten, wenn sie jene bei Google in eine Flatrate packen würden. Außerdem würden Microsoft und Sony dann Sturm laufen und auf die ist man angewiesen. Finanziell ergäbe das aber eben auch keinen Sinn, man will ja mit den Games Geld verdienen.

        Entsprechend: Ältere Games dürften genau wie bei GamePass hineinwandern, neuere aber weiterhin separat gegen Obolus zu haben sein. Und das ist dann so eine Sache, ob viele daran Interesse haben – der Fall GeForce Now zeigte bisher: „eher nicht“.

        Neu ist bei Stadia im Wesentlichen, dass man die Spiele nicht wie bei GeForce Now nur an Shield oder PCs streamen kann, sondern auch an mobilen Endgeräten oder Chromecast z. B. Da kann ich aber nur schwer einschätzen, ob das am Ende ein Gimmick ist nach dem Motto „Cooles Konzept!!!“, das aber am Ende keiner regelmäßig nutzt, oder ob es da wirklich Leute gibt, die ein Red Dead Redemption 2 auf Dauer am Phone zocken möchten. Das wird sich dann aber ergeben.

        Ich vergleiche Stadia da übrigens auch weniger mit Steam und Co., sondern eher mit Konsolen – PC-Gamer mit hohen Ansprüchen, für die ist Stadia eh indiskutabel. Eher kann man damit die Gamer anvisieren, die technisch nicht so hohe Ansprüche haben. Du kriegst mit sowas wie Stadia aber keinen PC-Zocker, der auf Qualität und Freiraum (Mods, INI-Tweaks, etc.) Wert legt. Eher konkurriert man da mit den Spielekonsolen. Und da spielt der Gebrauchtmarkt eine große Rolle – ich erinnere an „Xbox 180“, was Microsoft da an Gebashe abbekam.

        Und das mit den In-App-Käufen wäre ja enormer Zusatzaufwand: Auf PS4, Xbox One und Co. erscheint das Game dann „normal“ und bei Stadia vollgestopft mit noch mehr Mikrotransaktionen? Die Presse kann man sich schon denken und den Unmut der Community.

        Ich sage nicht, dass Stadia gar nix wird, aber ich sehe da weder eine große Revolution, noch die Zukunft des Marktes – eher eine Erweiterung auf eine bestimmte Zielgruppe. Aber ob die das ganze am Ende annimmt oder lieber am Phone oder gegebenenfalls einer Konsole zockt, muss sich halt zeigen. Google verpackt im Grunde GeForce Now nun vielseitiger und besser und steckt mehr Aufwand rein. Ist am Ende ja auch alles nichts schlechtes – ich werde mir auch anschauen, wie es sich entwickelt.

  4. Clemens Ratte-Polle says:

    Bald nur noch online alles, kein PC, kein Betriebssystem, keine Offline-Ordner: Online-Computing.
    Man braucht nur noch einen Bildschirm, alles kommt aus dem Internet und wird gestreamt.
    Dein Desktop, deine Daten, alles im Netz.
    Prozessoren nur noch in der Cloud und im Display zum Dekodieren und Anzeigen. So werden flachste Displays möglich, in Brillen, als Armband.
    Man kann sich überall einloggen.
    Programme, Apps sind buchbare, abonierbare Dienste in der Cloud. Schon bekannt, ja.
    Schon 95 vorhergesagt.

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