Google kriegt den Content nicht! – Ein Erklärungsversuch

Der Ärger ist groß: Einerseits freuen sich viele auf das Nexus 7  und sehen, dass Google auch bei den Inhalten nachlegen will, andererseits zeichnet sich schon jetzt ab, dass deutsche Kunden wieder nur ein abgespecktes Programm in Google Play sehen werden. Keine Filme, keine Serien. Google ist daran gar nicht wirklich schuld. Aber warum schaut Deutschland hier dennoch in die Röhre?

So sollte sie eigentlich aussehen, die Zukunft im Unterhaltungssektor: Smartphone, Tablet, Streaming-Box. Alles funkt hin und her, man kauft oder leiht die Inhalte und streamt von einem Gerät aufs andere. Schön wärs. Geht aber in Deutschland nicht.

Google kommt zu spät. Apple, Microsoft, Sony und Amazon waren schneller

Es gibt Filme und Serien in iTunes, über Zune, über das PS-Network und via Lovefilm-VoD (gehört Amazon). Rechteinhaber haben also hier Lizenzen bereits vergeben. Warum nicht auch an Google? Klar haben die Studios ein Interesse daran, dass sie ihre Inhalte so oft wie möglich und so teuer wie möglich lizensieren. Aber am Ende gibt’s ja  auch noch das Free-TV…

In Deutschland ist der Free-TV-Markt größer und einflussreicher als in anderen Ländern

Werbefinanziertes Fernsehen in dem Umfang wie bei uns, gibt es in anderen Ländern nicht. Weltweit nicht. Die großen Sender/-gruppen schließen im Voraus Verträge ab und erwerben darüber Senderechte- bzw. Pakete.

Jetzt stecken aber schon immer mehr Lizenznehmer (Apple, Microsoft,…) in dieser Verwertungskette (in der vorgegeben wird,was, in welchem zeitlichen Abstand an welchen Vertrieb lizensiert wird) drin.

Die deutschen Free-TV-Sender sind dabei eine mächtige Institution: Der hiesige Markt ist der größte in Europa und zudem einer mit einer kaufkräftigen Bevölkerung, sprich Zuschauern. Das heisst, hier lässt sich viel Geld mit Werbung verdienen, entsprechend teuer können Rechteinhaber hier ihre Inhalte auch an die Fersehsender vermarkten (was sie in anderen Ländern nicht können, weil: entweder weniger Einwohner, und/oder weniger Kaufkraft der Einwohner, ergo günstigere Werbeplätze, ergo weniger Geld bei den Sendern um Filme-/Serien zu lizensieren…).

Den Sendern wird das aber mittlerweile zuviel: Wenn über das PayTV, über Streaming-Anbieter, Download-Portale,Networks, etc. irgendwelche Inhalte bereits zu oft vermarktet wurden, bevor die Sender sie erstmalig im Free-TV ausstrahlen können, dann haben diese Angst davor, dass „Content“ bereits im Vorfeld „totgesendet“ wurde, und dass die „werberelevante Zielgruppe“ bei ihnen nicht mehr reinschaut, wenn denn nach Jahren mal Filme und Serien endlich bei ihnen über den Schirm flackern: Weil diese den Kram vorher schon öfter, also über Kino und DVD/BluRay hinaus, irgendwo konsumiert hat und ihn jetzt langweilig findet. Was man schon kennt und x-mal gesehen hat, ist halt nicht mehr spannend.

Deshalb machen die Sender Druck und sagen: „Wir kaufen nur zu dem Preis, wenn vorher nicht alles und jeder bereits die Inhalte in seinem Store hatte.“

Da sich dieser Markt organisch entwickelt hat, der digitale Vertrieb von Inhalten und die Gefahr daraus für das Fernsehen, sich lange nicht so klar abzeichnete wie das heute der Fall ist, haben Apple, Microsoft, Amazon und Co ihre Lizenzen halt schon im Sack. Die „Bedrohung“, jüngere Zielgruppen als Zuschauer zu verlieren, stand schließlich vor ein paar Jahren noch nicht so im Raum,wie das heute der Fall ist.

Der letzte ist einer zuviel

Jetzt kommt Google auch noch? „Nein“, sagen die Rechteinhaber, „für Deutschland gibt’s nichts, wir wollen uns das Free-TV nicht verprellen, das ist eine sichere Bank, die zahlen gut, deshalb, Google, bleibst du mal bitteschön in dieser Verwertungskette außen vor, in anderen Ländern gern, aber für Deutschland nicht, da ist uns das TV wichtiger…“

Wenn man das „Google kriegt keinen Content“-Dilemma also auf einen Satz runterbrechen will, dann bedeutet das:

„Schuld an allem ist RTL!“ 😉

Wie gesagt, ist nur ein Erklärungsversuch. Wer etwas widerlegen, erhellen oder ergänzen kann, immer her mit den Erklärungen.

 

 

 

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Der Gastautor ist ein toller Autor. Denn er ist das Alter Ego derjenigen, die hier ab und zu für frischen Wind sorgen. Unregelmäßig, oftmals nur 1x. Der Gastautor eben.

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33 Kommentare

  1. „Schuld“ sind direkt und indirekt auch die übermächtigen öffentlich-rechtlichen Sender. Auch die zeigen Unterhaltung ohne Ende und haben ein Interesse daran, dass das bei ihnen geguckt wird (nur teilweise durch Werbung aber wenn die Programm bringen, dass niemanden interessiert, müssen auch die sich rechtfertigen, wenn auch nicht vor uns). Indirekt haben öffentlich-rechtliche Medien eine beinahe marktbeherrschende Stellung in den Bereichen Nachrichten, Information und bei gewissen Sportveranstaltungen, die sie mit ihrem praktisch nach oben offenen Gebührenscheck auch zu verteidigen wissen. Folglich müssen private Medien auf die Nischen ausweichen, die noch da sind – und das sind neben dem üblichen TV-Abfall zum Beispiel hochwertige Serien.

  2. Hats mit Karsten nun einen neuen Philosophen im Blog? 😉 Macht an sich alles Sinn, andererseits ist aber zunehmend erkennbar, dass die Privaten selbst mit Pay-TV-Sendern aufrüsten, die „normalen“ Sender zunehmend eigene Formate wiederverwerten und wie Einheitsbrei absenden (schon teilweise echt peinlich, wenn im Ausland als „der“ deutsche Sender RTL gezeigt wird (witzigerweise Radio Television LUXEMBURG), als hätte jeder deutscher Fernsehsender/-zuschauer das Niveau, und würde ja auch dafür sprechen, wie Hulu Content werbefinanziert zu streamen, macht aber auch keiner.

  3. Mag sein, dass die Erklärung oben (teilweise) zutrifft, ist mir als Endkunde/Zielgruppe aber schnurzpiep.

    Ich will Content X zum Zeitpunkt Y. Entweder, ich bekomme ihn dann zu einem für mich angemessen P/L-Verhältnis, dann nutz ich das, oder ich bekomm ihn gar nicht/zu teuer/schlechte Features/etc, dann verzichte ich – dann verzichte ich aber auch dauerhaft.

    Es gibt weitaus mehr Content als man konsumieren kann und ich habe keine Lust, mein Leben danach auszurichten, wann im Free-TV endlich mal der Film kommt, den ich gerne sehen würde – HD+ sei dank, wäre ja wahrscheinlich nichtmal eine Aufzeichnung drin.

    Kurz, wenn ich etwas konsumieren will, dann jetzt und dann wähl ich aus dem verfügbaren.

  4. Noch ein (C)Karsten? Wow. Wieviele Kärsten kriegen wir hier noch? 😀

    Zum Beitrag. Sehr informativ. Diese Seite habe ich noch nicht betrachtet. Auf der anderen Seite, dass RTL an allem Schuld ist, das wissen wir nun schon länger.

  5. notionspeed says:

    #BoycottRTL !

    Da läuft doch eh nur noch MÜll!

  6. Woher stammt diese erklärung und wo ist der Link? Oder ist das „nur“ Deine persönliche Meinung? Werbefinanziertes Fernsehen gibt es auch in meine Heimat (USA), oder sagt Dir ABC, NBC und CBS nichts?

    Ich denke da steckt viel mehr dahinter….

  7. Wenn ich das so lese stellt sich für mich die Frage, wie das bei Apple und Co. in Zukunft aussehen wird. Die haben doch bestimmt keine Verträge auf Lebenszeit abgeschlossen. Das würde doch wiederum bedeuten, dass die Privatsender versuchen werden, bei jeder Gelegenheit diese, früher nicht beachtete, Konkurrenz aus dem Verwerter-Pool zu schmeißen. Irgendwie hab ich eh das Gefühl, dass es bei dem Contentstreit in Deutschland nur Verlierer gibt, vor allem die Kunden.

  8. Mhh. Wenn das so einfach wäre, dann wäre Google da sicher schon gerichtlich gegen vorgegangen. Denn das wäre sicherlich nicht rechtens, dass man an 5 Leute verkauft und dann dem 6. den Zugang verweigert. Das riecht nach Monopol. Ich denke einfach, dass die Rechteinhaber mit den Jahren einfach mit den Preisen nach oben gegangen sein werden und da Google ja versucht, alles recht billig hinzukriegen, wird daran hapern.

  9. Tja, dann haben die Sender selber schuld, wenn sich die des Englisch mächtigen potentiellen Kunden in Deutschland ihre Serien halt illegal im Internet besorgen. Wer will Game of Thrones synchronisiert und ein halbes Jahr nachdem es in den USA oder GB lief und alle Internetseiten schon voll mit Spoilern sind irgendwann abends auf RTL2 sehen, wenn das Original nur ein paar Klicks entfernt ist?

  10. Steve Gates says:

    Die Argumentation halte ich nicht für logisch. Richtig, es gibt im TV-Bereich exklusiven Content, aber der Großteil aus den Jahrzehnte umfassenden Archiven wird doch so ziemlich an jeden lizensiert, der sich dafür interessiert. Im Vergleich zu den USA geht der Weg aber nicht immer direkt über die Networks und Studios sondern oft auch über lokale Independent-Anbieter, die die Verwertungsrechte erworben haben. Ausserdem ist es mir so ziemlich egal, ob Google Filme, Serien und Musik selbst anbietet oder ich den Content mit entsprechenden Apps auch aus anderen Quellen erhalte.

  11. Klasse und vor allem schlüssige Erklärung.
    Wieviel Marktmacht „das deutesche Free-Tv“ hat sieht man schon alleine daran, wie schwer es Sky fällt schwarze Zahlen zu schreiben.
    @Jan ARD und ZDF fallen hier mit Sicherheit nicht so ins Gewicht, da sie zur Prime-Time mehr auf Eigenproduktionen setzen.
    @Erik Content dann wenn ich will ist immer noch ein PL-Verhältnis und die Mehrzahl wird noch über Free-Tv bestens abgedeckt.

  12. Also in den USA gibt es zumindest zur Primetime doppelt soviel Werbung. Auch die Werbungsschaltung funktioniert viel lokaler (so Bundesland-mäßig). Außerdem wird die Macht der Verbreitung ganz außer Acht gelassen… wenn viele Leute Endgeräte in Deutschland kaufen die sich dem Play-Store bedienen könnten, dann wird auch irgendwann diese Quelle genutzt werden.
    Außerdem ist der Online-VOD Markt in Deutschland generell scheisse…. Hat sich mal jemand die VOD-Videos von Lovefilm angeguckt… ich finde den ziemlich inaktuell 😉
    Auch Maxdome ist nicht besser.
    Deutschland ist in dem Bereich auch im allgemeinen weit zurück. Aber leider aus mehr Gründen als oben angeführt.

  13. Hi
    Vielen Dank für die sehr ausführlichen Infos

  14. und wo ist RTL daran schuld? Wer zu spät kommt bestraft das leben. Pech!

  15. „was sie in anderen Ländern nicht können, weil: entweder weniger Einwohner, und/oder weniger Kaufkraft der Einwohner“
    Aha. USA hat weniger Einwohner und weniger Kaufkraft als .de…
    Die Erklärung geht meiner Meinung nicht auf, da es ja dt nicht so ist, dass nur Deutschland außen vor ist, sondern oft ist halt USA only…
    Aber an der Lizenzierung liegt es natürlich, dass ist klar

  16. Kleine gefühlte Statistik: Korrekte Verwendung des Begriffs „Monopol“ in Kommentaren: 0%.

  17. Die einfachste Erklärung: die Rechteverwerter verlangen Summe x, Google bietet Summe y und nicht mehr.

  18. „Erik 10. Juli 2012 um 20:21 Uhr
    Mag sein, dass die Erklärung oben (teilweise) zutrifft, ist mir als Endkunde/Zielgruppe aber schnurzpiep.

    Ich will Content X zum Zeitpunkt Y. Entweder, ich bekomme ihn dann zu einem für mich angemessen P/L-Verhältnis, dann nutz ich das, oder ich bekomm ihn gar nicht/zu teuer/schlechte Features/etc, dann verzichte ich – dann verzichte ich aber auch dauerhaft.

    Es gibt weitaus mehr Content als man konsumieren kann und ich habe keine Lust, mein Leben danach auszurichten, wann im Free-TV endlich mal der Film kommt, den ich gerne sehen würde – HD+ sei dank, wäre ja wahrscheinlich nichtmal eine Aufzeichnung drin.

    Kurz, wenn ich etwas konsumieren will, dann jetzt und dann wähl ich aus dem verfügbaren.“

    Kann ich so unterschreiben. Am meisten nervt es mich, dass man keinen freien Zugang zu Netflix und Co hat .. als würden die Sender und Rechteverwerter irgendwie Geld daran verlieren. Die Leute, welche Serien/Filme sowieso im Originalton schauen, werden sich das Zeug sicher nicht im Free-Tv geben.

  19. Das Problem ist, dass die Sender daran tatsächlich Geld verlieren. Die Berechnung der überlebenswichtigen Werbepreise erfolgt nämlich durch Quoten und Reichweiten, die täglich sekundengenau erhoben werden.
    Schaut also auf RTL2 niemand Game of Thrones, weil es jeder bei Netflix gesehen hat, sinken bei RTL2 die Werbepreise und das Unternehmen verliert Geld.
    Eine eigene Streaminglösung der großen Privaten, also Bertelsmann/RTL und ProSiebenSat1 – quasi ein deutsches Hulu – hat das Kartellamt vor einiger Zeit gestoppt. Es scheint also nicht so, als würde sich da allzu bald etwas tun. In Amerika unken Journalisten bereits, das freie Kabelfernsehen stehe angesichts Netflix, Hulu aber auch HBO vor dem aus…. in Deutschland wird das wohl noch dauern =)

  20. @Matthias
    Das Sky keine schwarzen Zahlen schreibt liegt allerdings weniger an dem „guten“ Programm des Free-TV. Es ist schier die Preispolitik die Sky – vorher auch Premiere und DF1 – betreibt. Der teuerste Posten ist die Deutsche Bundesliga. Hier orientiert sich Sky bei ihren Geboten an der Premier League. Bekanntlich sind die Lizenzen dort die teuersten.

    Um die Kosten wieder gleich zu ziehen, braucht Sky Kunden, die Bundesliga sehen wollen. Der Paketpreis dafür liegt mit 40€ (oder so) viel zu niedrig, um die Kosten zu decken. Wäre der Preis höher, gehen Kunden flöten. Laut einer Umfrage, die ich im letzten Jaht gelesen habe, wäre der Durschnitt der Befragten bereit, maximal 25€ dafür zu zahlen. Wiederum wären viele bereit, bis zu 10€ für ein Spiel ihrer Wahl ohne Abo zu zahlen. Und hier bietet Sky meines Wissen nach keine Flexibilität.

    Zum Thema: kann mit gar nicht vorstellen, dass der deutsche Free-TV Markt solche macht ausübt. Scheint aber was dran zu sein, dieses Hickhack scheint nur in Deutschland zu sein. Wenn sich die Anstalten daran gestört fühlen, dann sollen sie gefälligst mit auf den Zug springen und VoD oder ähnliches anbieten, niemanden ausschließen und sich so etablieren.
    Der Content der Privaten ist zu 98% eh Nonsens.

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