Digitalisierung in Deutschland: Bundesregierung plant Sparkurs statt Fortschritt

Die Digitalisierung ist ein wichtiges Thema für Deutschland: Die komplizierte Bürokratie und langwierige Verfahren hierzulande schrecken etwa auch Fachkräfte sowie Unternehmen aus dem Ausland ab. Mit einer Digitalisierung der Prozesse könnte man da möglicherweise einiges vereinfachen und beschleunigen. Doch statt Fortschritten, die der Wirtschaftsstandort Deutschland in der Rezession dringender denn je braucht, sind Einschnitte geplant. Für die Digitalisierung wurde offenbar ein radikaler Sparkurs verordnet, wie die FAZ berichtet.

Es heißt, statt etwa der 377 Mio. Euro, die 2022 in die Digitalisierung geflossen sind, sollen es 2024 nur noch 3 Mio. Euro sein. Schon jetzt sind dabei die Fristen des Onlinezugangsgesetzes verfehlt worden und an Nachbesserung besteht offenbar wenig Interesse. Denn eigentlich verpflichtet besagtes Gesetz Bund, Länder und Gemeinden bis spätestens Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen neben den bisherigen Wegen auch digital über entsprechende Portale zu offerieren. Die Verwaltungsportale sollten auch untereinander zu einem Portalverbund verknüpft werden. Doch da hat sich wenig getan: Im Oktober 2022 waren etwa nur 33 von 575 Verwaltungsleistungen flächendeckend verfügbar – ein echtes Armutszeugnis.

Es bedürfte eines Nachfolgegesetzes, das der Nationale Normenkontrollrat auch schon mit konkreteren Inhalten empfohlen hatte. Negative Konsequenzen zeigen sich bereits, denn für die geplanten Energiehilfen der Bundesregierung fehlen etwa digitale Auszahlungskanäle. Auch bei der Registermodernisierung wird gespart: Fließen in diesem Jahr noch 83 Mio. Euro in dieses Vorhaben, sollen es 2024 nur noch 70 Mio. sein. Geld für die digitalen Identitäten wird von 60 auf 40 Mio. Euro gekürzt.

Frustrierte IT-Fachkräfte seien bereits aus der Verwaltung abgewandert, weil ihnen die Arbeit zu träge sei. Aktuell sieht es also eher so aus, als würde der digitale Rückstand in Deutschlands öffentlichem Sektor zu- statt abnehmen. Für den Wirtschaftsstandort Deutschland sei das laut Experten ein sehr schlechtes Zeichen. Bleibt zu hoffen, dass doch noch gegengesteuert wird.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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113 Kommentare

  1. Ich habe gerade Besuch aus der Ukraine hier. Habe mal gefragt wie Verwaltungsdienstleistungen da so laufen. Alles, also komplett alles digital. War vor Corona schon so. Da war ich schon erstaunt. Bzw. Sie was hier noch alles analog läuft. Auch Mobilfunk (auf dem Land), das Netz da ist besser als hier. Sie hat 2 SIM Karten, 6GB 1 Euro im Monat, die andere 1,50 Euro im Monat mit 8GB. Netzintern und Festnetz frei, nur andere Handynetze kosten einiges, darum auch 2 SIM Karten. Kreditkartenakzeptanz ist da auch besser als hier auf dem Land (33% der Geschäfte). Hätte ich nicht gedacht. Aber wenn die in 10 Jahren mal Faxpapier brauchen, tja, dann müssen die das wohl von hier importieren 😉

    • Wäre auch hier alles kein Problem wenn nicht der Datenschutz auf EU und vor allem auf deutscher Ebene dem ganzen im Wege stehen würde. Die Ukrainer werden sich noch wundern was sich für sie ändern wird wenn sie in ferner Zukunft vielleicht sämtliche Kriterien für einen EU Beitritt erfüllen können. Und Big Data ist für deutsche Amtsstuben Teufelszeugs weil das Volk über Jahrzehnte mit den möglichen Folgen verängstigt wurde. Das Behörde A, Behörde B und meine Versicherungen auf die selben Daten zugreifen kann ist eher die Ausnahme als die Regel. Bestes Beispiel neulich bei mir war ein Umzug. Warum zum Teu…. kann ich mich nicht einfach am neuen Wohnort anmelden und automatisch bekommt meine Krankenkasse, meine Rentenversicherung, meine Bank, die Zulassungsstelle usw. nicht automatisch alles mitgeteilt? Man muss alles selber machen und dafür jede Menge Zeit verplempern.

      • Was für ein „Datenschutzproblem“?

        Wenn in Deutschland eine AUTOBAHN gebaut werden soll, dann pumpt der Staat da Geld rein. Richtig so! Autobahnen generieren Wirtschaftswege, Mobilität, und in Folge zahlreiche Geschäftsmodelle und Wohlstand. (Klimafans dürfen hier statt Auto gern ÖPNV einsetzen, dann stimmt’s für euch auch — es geht um das Prinzip)

        Wenn in Deutschland eine DATENAUTOBAHN gebaut werden soll, dann versteigert der Staat die Frequenzen meistbietend und generiert „Einnahmen“ — ich schreibe das in Anführungsstrichen, weil die Unternehmen sich das dann von ihren Kunden natürlich wiederholen, und zwar nochmal mit Aufschlag und besteuert.

        Wenn es ein Datenschutzproblem gäbe, dann hätten wir die ganzen Leistungen wie Digitale Ausweise oder digitales Bezahlen ja nicht. Wir haben das alles ja — nur, es ist alles irre teuer, irre unhandlich, und die Gegenstelle ist technisch noch nicht so weit, das auch anzunehmen.

        Ich kann deine Beobachtung bzgl. Osteuropäern voll bestätigen, aber der große Unterschied hier ist glaubich: Wir machen halt nicht. Wir dürfen, wir könnten, aber wir machen nicht.

        Ist irgendwie auch nicht überraschend. Würdest Du dich als Politiker stark machen für eine digitale Währung oder einen full-feature-Personalausweis, wenn selbst in einem IT-Blog grad 20% der Leser abgestimmt haben, sie liessen ihr Haus bei Streetview verpixeln?

        Mal überspitzt: Dieses bekloppte Land hat eine bekloppte Regierung wegen der bekloppten Bevölkerung. Passt doch.

  2. Der Vollständigkeit halber sollte man darauf hinweisen, dass nicht nur das hier betroffene Bundesinnenministerium Gelder zum Zwecke der Digitalisierung ausgibt. Da gibt es z.B. noch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit entsprechenden eigenen Geldern und Projekten. Von dort heißt es dazu:

    > Wir werden im kommenden Haushalt kein Finanzproblem bei der Digitalisierung haben.
    > Für die zentralen Hebelprojekte der Digitalstrategie ist die Finanzierung gesichert.

  3. MeinNametutnichtszurSache says:

    Nur zwei Stichpunkte:

    – Sondervermögen 100.000.000.000 müssen gegenfinanziert werden, aber dass sollte es uns wer sein, nicht wahr?
    – Paradebeispiel Limux: Man muss nur das Geld einfach an den richtigen raushauen wollen, oder?

  4. Ist die FDP nicht zur Digitalisierung angetreten und hat damit Wahlkampf gemacht? Digitalisierung first, Bedenken second? Und jetzt will FDP-Lindner kein Geld geben.

  5. Das „eingesparte“ Geld für die Digitalisierung investieren die jetzt bestimmt in die geplante Zuwanderung.

    • André Westphal says:

      Das würde normalerweise ja auch bedingen, dass man da mal Dinge vereinfacht, um für Fachkräfte attraktiver zu sein – da ist bisher aber bis auf Augenwischerei viel zu wenig passiert. Digitalisierung wäre da also auch eine sehr gute Sache. Fachkräfte-Zuwanderung ist sehr wichtig, da wäre das Geld vortrefflich angelegt, angesichts der abnehmenden Bevölkerung. Aktuell ist Deutschland aber eher ein für Fachkräfte unattraktives Land.

      • Wir haben keinen Fachkräftemangel. Die Fachkräfte arbeiten in einer anderen Firma, die besser zahlt, und der Fachbereich ist für junge Leute nicht interessant, wenn er nicht besser bezahlt wird. Gib Leuten Geld, und sie wollen den Job machen.

        Jeder ITler kennt diese „gläserne Decke“beim Gehalt. Tränenüberströmt „bekommen wir niemanden“, aber: Ich als Senior-Fachkraft habe dieses Jahr den höchsten Gehaltszuwachs in unserer Abteilung überhaupt, nämlich 6%, also sogar unter Inflation. Wir suchen händeringend nach Leute, die das gleiche können wie ich. Die Leute kommen zu den Gesprächen, dann teilt man ihnen mit, was sie kriegen können, und sie sind weg.

        Am Ende findet sich dann ein 21jähriger Junior-Dev aus dem Senegal, der für horrende Summen über eine Migrationsagentur bei uns angelernt wird, aber hey, dann ist der billig. Und nach 2 Jahren ist der weg, zu jemandem der anständig zahlt.

        Wir haben hierzulande so eine Art „Planwirtschaft“: Preise, Mieten, darf alles steigen ohne Limit. Aber sobald Du in der Situation bist, mal richtig in den Lohn-Topf greifen zu können, lässt die Regierung den Druck ab durch Migration, Entrechtung oder Beihilfen.

        Ich kann das mit dem „Mangel“ nicht mehr hören. Ich verdiene 5800, gibt mit 7000 und Du hast ’ne Fachkraft. Feddich.

        • André Westphal says:

          Doch, es fehlen Fachkräfte, wir haben beispielsweise auch eine abnehmende Bevölkerungsentwicklung / Überalterung – das ist in den meisten westlichen Industrienationen der Fall. Was du hier als „Gegenargument“ anführst, ist ein selektives, persönliches Beispiel, das zwar etwas über deine Lebens- / Berufsumstände aussagen mag, nicht aber über die Gesamtwirtschaft Deutschlands und nicht einmal etwas über eine bestimmte Branche oder Firma.

          Um es zu verdeutlichen: Das ist das gleiche, als wenn ich mit einem Spiel an meinem Gaming-PC Probleme habe und daraus ableite = alle haben Probleme. Nee, eher nicht, denn ich kann nur über mein isoliertes Beispiel eine verlässliche Aussage treffen.

          • Was soll daran „selektiv“ sein?

            Auf dem Arbeitsmarkt ist „Druck“ zugunsten der Arbeitnehmer, und die Regierung lässt den Druck ab, indem sie Arbeits-Migration erleichtert.

            Haben hingegen Arbeitgeber ein Problem, wird aktiv Druck gemacht — zum Beispiel die Arbeitspflicht für Hartz IV Empfänger, weswegen inzwischen 25% der deutschen Arbeitnehmer kritisch nah am Mindestlohn sind und die Gehälter niedrig bleiben.

            Und die Kurve Gehälter vs. Gewinne kennen wir auch alle. Die astronomischen Gewinne generieren um’s verrecken keine daran angelehnten Gehälter.

            Und last-but-not-least kennt das ja nun wirklich jeder Arbeitnehmer: Egal wieviel Umsatz deine Arbeit produziert, irgendwo ist mit dem Gehalt Schluss, dann musst Du Manager werden. Gehaltsbänder für Rollen und so.

            Die jungen Leute kommen aus der Schule, gucken sich die Gehaltsperspektiven an und machen dann nicht das, was wir bräuchten, sondern gehen lieber in den BWL-Wasserkopf.

            Abgesehen davon — für die Länder, die in ihren Schulen ordentlich technisch ausbilden, nur damit ihnen das reiche Deutschland anschliessend die Fachkräfte wegholt, ist das richtig Mist.

  6. Ich sehe derzeit keinerlei Aussicht auf eine vernünftige Politik bei irgendeiner der im Bundestag vertretenen Parteien.

    Jede Alternative endet in massloser Enttäuschung. Und so schaut es ja derzeit in allen europischen Ländern und bei der EU aus.

    Wie man da auf eine Zukunft in Europa setzen soll, das bleibt mir schleierhaft.

  7. Ich schätze die haben erkannt das das eh nichts mehr wird und einfach aufgegeben 😉

  8. Ich bin der Meinung, dass wenn man nicht so viel wie möglich (1 Mrd aufwärts) in die Digitalisierung jährlich steckt, Deutschland so in seiner Form nicht mehr existieren wird.

    Jedes Land, was nicht die Digitalisierung als Nr. 1 ToDo auf seinem Plan hat, wird mittelfristig wirtschaftlich abgehängt sein. Die Auswirkungen sieht man ja bereits mit der Abwanderung von Fachkräften und Firmen ins Ausland.

    Und an zweiter Stelle dann ein Neuaufbau unseres maroden Gesundheitssystems.

    Auf mehr Themen braucht man sich nicht konzentrieren. Eine Partei, die das macht, kriegt meine Stimme.

  9. Deutschland Karte ist wichtiger als schnelles Internet. Hilfe für die Welt und Flüchtlingshilfe ebenso. Deutschland hat eben andere Prioritäten. Ich kann mich nicht daran erinnern wann Deutschland mal so viele Probleme hatte und die Politik nicht dagegen getan hat. Da war Regierung Merkel um Welten besser als das was jetzt dran ist.

    • Die Ampel macht einen absolut beschissen Job, keine Frage. Die Merkel Legislatur hat jedoch auch unter anderem die Weichen für den aktuellen Zustand gestellt.

      Atomkraftwerke abschalten. Die Bahn weiter zu Tode sparen. Ausbau der Stromnetze weiter verpennt. Den Ausbau erneuerbarer Energien nicht weiter gefördert etc.

      Es sind aktuelle so große Baustellen offen. Die können gar nicht ansatzweise geschlossen werden.

  10. Fax, Bargeld und Aktendeckel. Das deutsche Bermuda-Dreieck.

    • Hallo Weberli, merkwürdig: FAX ist doch die Abkürzung von Faksimili – also man erzeugt durch Funk oder leitung eine dingliche Kopie eines Gegenstandes – bild, Drucseite, handschriftlicher Brief – an einem anderen Ort… nichts anderes macht ein 3-D-Drucker – auch er erzeugt Faksimilis dinglicher Gegenstände … warum wird auf allem dinglichen – Papier, Akten, Bücher – als „rückständig“ herumgehackt? Mikrofilmarchive aus den 40ern und 50ern lassen sich heute immer noch lesen , was ist mit Datenträgern die unter CPM oder DOS beschrieben wurden ? Klar – im Mikrofilmarchiv gibt es keine Volltextsuche und keine hyperlinks und das ganze steht und fällt mit einer guten Registratur. Aber das geht und ist beständig, wenn man mehrere duplikate an verschiedenen Örtlichkeiten unterbringt sogar weitgehend katastrophensicher. So ganz kann und mag ich dem FAX seine Daseinsberechtigung nicht absprechen. Vor allem ist es niederschwellig nutzbar : zu versendendes Schriftgut einlegen, Telefonnummer wählen und auf Start drücken . Kann jeder Praktikant im Büro. Und die Oma schafft das auch so ihren Rentenbescheid ans Amt zu senden. EDV und IT ist of weit davon entfernt niederschwellig anwendbar zu sein. Das vergessen hier im Blog viele weil sie einseitig nur durch ihre „Technik-Brille“ gucken.

  11. Ein Kernproblem ist das Mindset.
    Überall Verbote oder Skepsis bei dem was uns voran bringt.
    Digitalisierung, erneuerbare Energien, Prozessautomatisierung, usw…
    Wir müssen ANPACKEN!

  12. Was sich in Deutschland abspielt ist ein absolutes Trauerspiel. Man liest nur noch negatives. Kürzungen beim Elterngeld, Kürzungen in der Digitalisierung die unser Land vorwärts bringen und Sachen vereinfachen oder Bürokratie abbauen.

    Aber das Geld ist nicht mehr vorhanden. Schließlich müssen die Löcher des Sozialsystems irgendwie gestopft werden. Ist nur noch eine Frage der Zeit bis es knallt.

  13. Ich sehe da auch einen positiven Aspekt. Ich glaube kaum einer weiß, wie sehr der Staat Beute von Geldverbrennung aus der IT-Beratung geworden ist, deren Ziele nicht gerade lauter sind. Preis-Leistung stimmt null. Leider auch bei interner Umsetzung nicht.

    Hier mal einfach dem Sumpf einmal auzutrocknen würde dann ein Jahr später auch Chancen bieten. Ich bin übrigens Berater. Und ertrage diesen Raubzug langsam nicht mehr, denn keinen interessiert es.

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