Digitale Dienste: EU-Parlament winkt DMA und DSA durch

Es galt als reine Formsache, dass das EU-Parlament heute das neue Gesetz über digitale Dienste (DSA) und das Gesetz über digitale Märkte (DMA) durchwinkt. Beides Themen, die wir in der Vergangenheit schon behandelt haben. Natürlich gibt’s da positive Dinge, aber wenn ich lese, dass kleine Anbieter Große zwingen können, Kompatibilität zu gewährleisten, dann ist die positive Gestimmtheit mal gleich weg – siehe der Part, dass Messenger untereinander kompatibel sein müssen. Da denke ich, ist das letzte Wort noch nicht wirklich gesprochen, bzw. bin ich sehr auf die technischen Details gespannt. Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, sprach davon, dass ein technisches Team die Verantwortung für Fragen wie die Interoperabilität von Messenger-Diensten oder die Verwendung von nicht fälschbaren Token für die Produktrückverfolgung oder die Entwicklung von Normen zur Unterstützung der neuen Vorschriften übernehmen wird.

Mit DMA werden neue Wettbewerbsregeln für Tech-Giganten eingeführt, die faire und offene Märkte gewährleisten sollen. Das Gesetz über digitale Märkte (DMA) legt Verpflichtungen für große Online-Plattformen fest, die als sogenannte Gatekeeper auf dem digitalen Markt tätig sind. Bei ihnen handelt es sich um Plattformen, die über den Marktzugang entscheiden und daher für Verbraucher kaum zu umgehen sind. Das Gesetz soll ein faireres Geschäftsumfeld und mehr Dienstleistungen für Verbraucher bewirken. Apple, Google, Amazon und Facebook  muss man sicher nur beispielsweise nennen.

Um unlautere Geschäftspraktiken zu verhindern, müssen die als Gatekeeper eingestuften Plattformen für Folgendes sorgen:

  • Ihre Dienste müssen mit denen Dritter kompatibel sein. Somit können kleinere Plattformen von marktbeherrschenden Messaging-Plattformen verlangen, dass sie ihren Nutzern den Austausch von Nachrichten, Sprachnachrichten oder Dateien über Messaging-Apps ermöglichen. Dadurch haben Nutzer mehr Auswahl. Außerdem wird so verhindert, dass es zu Anbieterabhängigkeit kommt, d. h., dass sie nur eine bestimmte App oder Plattform nutzen können.
  • Geschäftliche Nutzer müssen Zugriff auf ihre Daten auf der Plattform des Gatekeepers haben, ihre eigenen Angebote bewerben und Verträge mit ihrer Kundschaft außerhalb der Plattform des Gatekeepers abschließen können.

Gatekeepern ist es nicht mehr möglich,

  • ihre eigenen Dienste oder Produkte auf ihren Plattformen besser zu bewerten als die Dritter und damit das eigene Unternehmen zu bevorzugen,
  • Nutzer daran zu hindern, vorinstallierte Software oder Apps problemlos zu deinstallieren oder Anwendungen und App-Stores Dritter zu nutzen,
  • personenbezogene Daten von und Nutzern für gezielte Werbung zu nutzen, es sei denn, sie stimmen dem ausdrücklich zu.

Das Gesetz für digitale Dienste (DSA) dreht sich um andere Dinge. Ziel des DSA ist es vor allem, EU-Bürger besser vor Desinformation, Hassrede oder illegalen Dienstleistungen zu schützen. Dazu sei es vor allem notwendig, die großen Tech-Konzerne wie Facebook, Google, Apple und Co. stärker regulieren zu können. Es wird ein Meldeverfahren gefordert, mit dem illegale Inhalte im Internet schneller entfernt werden können. Nutzern wird hierbei allerdings auch zugesichert, im Sinne ihrer Meinungsfreiheit, vor dem Löschen ihrer Inhalte, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden und sollen dann auch in der Lage sein, diese Entscheidung anzufechten.

Die neuen Verpflichtungen umfassen

  • neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte und die Verpflichtung der Plattformen zu schnellen Reaktionen, wobei die Grundrechte, z. B. das Recht auf freie Meinungsäußerung, und der Datenschutz gewahrt werden müssen,
  • mehr Rückverfolgbarkeit und Kontrollen von Händlern auf Online-Marktplätzen, um dafür zu sorgen, dass Produkte und Dienstleistungen sicher sind, z. B. mithilfe von Stichproben, die ermitteln, ob illegale Inhalte wieder auftauchen,
  • mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht der Plattformen, z. B. indem sie klarere Informationen über die Moderation von Inhalten oder die Nutzung von Algorithmen bereitstellen, mit denen bestimmte Inhalte empfohlen werden, sogenannte Empfehlungssysteme, wodurch Nutzer Entscheidungen über die Moderation von Inhalten anfechten können,
  • das Verbot irreführender Praktiken und bestimmter Arten gezielter Werbung, etwa Werbung für Kinder und Werbung auf der Grundlage sensibler Daten. Verboten werden auch die sogenannten Dark Patterns und irreführende Praktiken, die Betrügern dazu dienen, Entscheidungen der Nutzer zu manipulieren.

Was passiert, wenn sich betroffene Unternehmen nicht dran halten? Die Kommission kann laut eigener Aussagen Marktuntersuchungen durchführen, um dafür zu sorgen, dass die neuen Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden und mit der Dynamik des digitalen Bereichs Schritt halten können. Verstößt ein Gatekeeper gegen die Vorschriften, kann die Kommission künftig Geldstrafen in Höhe von bis zu 10 % des im vorhergehenden Geschäftsjahr weltweit erzielten Gesamtumsatzes verhängen. Bei wiederholten Verstößen können die Strafen bis zu 20 % des Umsatzes betragen.

Sobald der Rat die beiden Gesetze im Juli (DMA) und im September (DSA) offiziell annimmt, werden sie im Amtsblatt der EU veröffentlicht und treten 20 Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

Das Gesetz über digitale Dienste ist in der EU unmittelbar anwendbar und gilt 15 Monate nach seinem Inkrafttreten bzw. frühestens ab dem 1. Januar 2024. Für sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen gilt das Gesetz über digitale Dienste schon früher – und zwar vier Monate, nachdem sie von der Kommission als Gatekeeper eingestuft wurden.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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14 Kommentare

  1. „sogenannten Dark Patterns und irreführende Praktiken, die Betrügern dazu dienen, Entscheidungen der Nutzer zu manipulieren.“ …das trifft auf bestimmt 75% aller Cookie Banner zu 😛

    • Die sind unter anderem auch damit gemeint, weil genau das bekannt ist. So hat sich das am Anfang ja auch niemand gedacht.

  2. Ich möchte absolut keine Mitteilungen von Messengern, die ich selbst nicht verwende, erhalten.
    Ich fahre meine gesamte Kommunikation im strikten Closed-Shop Betrieb und lege keinen Wert auf plattformübergreifenden Firlefanz.
    Gruß, whn

    • the customer says:

      ok, das wusste man bei der EU nicht. Dein Beitrag hat das Gesetz in letzter Minute doch noch gestoppt.

    • Siehst du und ich bin das komplette Gegenteil ich hasse es mit mehr als einem Messanger hantieren zu müssen und ich will alles nur in einem haben, mir ist egal was mein Gegenüber nutzt. Den nicht jeder kann den Messanger meiner Wahl verwenden und ich werde es auch niemandem aufzwingen.

      • Ich habe mir einen besonders sicheren Messanger ausgesucht. Jetzt muss der aber auch mit weniger Sicheren kommunizieren können. Das schränkt die Sicherheit massiv ein. Außerdem unterscheiden sich auch die unterstützen Funktionen und man muss sich beim kleinsten gemeinsamen Nenner treffen.

        Wenn ich mit allen schreiben wollte, ohne viele Funktionen und Sicherheit, hätte ich auch gleich bei SMS bleiben können. Daher habe ich auch eher kein Interesse an der Interoperabilität. Wenn sie es schaffen ein gemeinsames, sicheres und funktionsreiches Protokoll zu entwickeln bin ich gerne dabei. Das wird aber leider vermutlich nie passieren.

      • Hallo Tobi,
        Deine Vorgehensweise und Einstellung zu dem Thema ist absolut nachvollziehbar.
        Der Vorteil ist klar ersichtlich, nur für mich persönlich nicht relevant.

        Ich verwende z.B. zu 95% Threema und iMessage, letzterer vorwiegend wegen meiner amerikanischen Verwandten.

        Telegram ist installiert um über die News-Kanäle Informationen zu erhalten, direkte Chats sind kaum vorhanden. Wenn sich allerdings Werbung in den Kanälen häufen sollte werde ich mich von Telegram verabschieden. Das Gleiche wird passieren, wenn Telegram externe Messenger zulässt und ich diese nicht in den Einstellungen blockieren kann.

        Ach ja, TeleGuard habe ich gerade mal im Test.:)

        Gruß, whn

  3. Das Internet wir immer mehr reglementiert und eingegrenzt. Das freie Netz was es mal war ist es einfach nicht mehr.
    Schuld haben natürlich auch die Großkonzerne die ihre Stellung ausnutzen und immer mehr in Richtung Zentralisierung drängen.

    • So ist das wohl … ich jedenfalls wünsche mir die Zeit zurück, wo man einfach mal eine Webseite aufrufen und nutzen konnte, ohne erst irgendwas bestätigen zu müssen. Und auch, dass man einfach eine eigene Seite ins Netz stellen konnte ohne die Sorge, abgemahnt zu werden.

    • absolut. leider sehr traurige entwicklung. kenne einige aus der IT die mittlerweile ein bauernhof haben, ohne das toxische internet….

      • Absolut nachvollziehbar, ich glaube da tendieren wir auch mittlerweile hin. Besinnung zum Wesentlichen.

  4. interessant ist auch, das es nun möglich sein soll, Bloatware zu deinstallieren und Software von anderen App-Stores zu beziehen. Muss man ja nicht, wenn man nicht will.

  5. „EU-Bürger besser vor Desinformation, Hassrede […] zu schützen“

    Der interessante Teil der News. Sehr sehr schwieriges Thema was sehr schnell zur Zensur genutzt werden kann.
    Wie wir beim großen C ja schon gelernt hatten, waren viele dieser „Desinformationen“ im Nachhinein doch wahr. Ich will da jetzt auch nicht drauf rumreiten, der Bericht der grade rauskam über die Maßnahme spricht da Bände, aber das ist halt so ein schwieriger Fall.

    Gibt bestimmt noch mehr Beispiele aber ich bin generell eher der Typ der für „Free Speech“ nach dem Vorbild der USA ist.
    Lass sie doch quatschen und sich selber outen sofern sie nicht zur Gewalt aufrufen. Mit Verboten arbeiten ist halt so ne Sache.

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