„Days Gone“ angespielt: Da treffen sich World War Z und The Walking Dead…
„Days Gone“ ist der neueste Exklusivtitel für die Sony PlayStation 4. Das Game hat eine recht turbulente Entwicklung hinter sich. Vielleicht ist das auch der Tatsache geschuldet, dass es sich um das bisher ambitionierteste Projekt des Entwicklers Bend Studio handelt. Bekannt geworden sind sie vorwiegend für Handheld-Titel wie etwa „Uncharted: Golden Abyss“ für die PS Vita sowie die Reihe „Syphon Filter“. Ich habe mir „Days Gone“ mal für euch angeschaut.
Zombies: Eine Zeit lang waren sie allgegenwärtig, sei es in TV-Serien wie „The Walking Dead“, Filmen wie „Shaun of the Dead“ oder eben Spielen wie „Resident Evil“. Mittlerweile ist der ganz große Hype etwas abgeebbt, doch unterversorgt sind wir mit Geschichten rund um die Untoten weiterhin nicht. Und wie es der Zufall so will, erschien kurz vor „Days Gone“ auch noch zu „World War Z“ ein gleichnamiges Spiel – der Film ist dabei eine der Inspirationsquellen für „Days Gone“.
Nun gab es im Vorfeld einiges an Kontroversen um das Game: Denn Preview-Builds des Spieles krankten an sehr mauer Performance und die Vorberichterstattung war gespalten. Bei YouTube ergriffen einige Influencer die Gelegenheit, um das Spiel vorab reichlich zu dissen – ohne es jemals selbst gespielt zu haben. Videos von Grafik-Bugs machten die Runde und insgesamt schient „Days Gone“ unter keinem guten Stern zu stehen.
Sony hat da allerdings einen Ruf zu verlieren: In der PS4-Ära hat Sony mit seinen Exklusivtiteln quasi einen Kassenschlager nach dem anderen rausgehauen. Titel wie „Spider-Man“, Horizon Zero Dawn“ oder „God of War“ wurden nicht nur von den Kritikern gefeiert, sondern verkauften sich auch bombig. Viele Spieler feiern Sony dafür, dass der Hersteller die klassische Singleplayer-Erfahrung immer noch mit solchen Blockbustern zelebriert. Wird „Days Gone“ diesem Ruf gerecht?
Das zu beantworten, fällt mir persönlich schwerer als gedacht. In manchen Punkten erkennt man hier klar die Liebe zum Detail, die man von den Sony-Exklusivspielen kennt. Entgegen mancher Kritik ist die Grafik beispielsweise hervorragend. Ich sehe ein „Read Dead Redemption 2“ auf der Xbox One X hier zwar weiterhin als höchste Messlatte an, doch „Days Gone“ braucht sich technisch absolut nicht hinter anderen PS4-Exclusives zu verstecken.
Natives 4K wird hier zwar freilich nicht geboten, durch Checkerboard-Rendering erzeugt man aber ein erstaunlich scharfes und sauberes Bild. Was mit etwas aufgefallen ist, ist (vorwiegend in den ersten Cutscenes) ein wenig Treppchenbildung bei Hintergrundobjekten. Das kennt man selbst von Konsolentiteln sonst kaum noch, deswegen stach das für mich ein wenig heraus. Speziell die Charaktermodelle sind aber duchaus beeindruckend. Wer etwas inne hält und den Hauptcharakter Deacon St. John genauer mustert, entdeckt feinste Details in seiner Kleidung, Ringe an seiner Hand und sauber animierte Kleidung, die einem mit unterschiedlichen Materialien sehr realistisch erscheint.
Gespielt wird Deacon von Sam Witwer, den ihr vielleicht auch noch als Starkiller aus „Star Wars: The Force Unleashed“ oder aus Serien wie „Battlestar Galactica“, „Smallville“ oder „Being Human“ kennt. Er ist ein sehr beliebter Nebendarsteller in Fernsehserien und euch bestimmt schon einmal im TV begegnet. Witwer erledigt einen hervorragenden Job, auch wenn der von ihm verkörperte Deacon als Charakter etwas blass bleibt. Dafür kann aber weniger Witwer etwas, sondern mehr die Autoren. Deacon erhält gerade zu Anfang des Spiels wenig Charakterzeichnung: Seine Freundin stirbt, deswegen ist er verbittert und ein Hitzkopf. Kann man irgendwo verstehen, aber sympathisch wird er dadurch nicht automatisch.
Ich muss aber dazu sagen, dass ich genau wie ihr erst seit dem Wochenende zocken kann und das Spiel in der kurzen Zeit noch lange nicht durchgespielt habe. Als Spielzeit kursieren online Angaben von 25-30 Stunden für die Main-Story. Dazu kommen dann freilich Side-Missions und Sammelaufgaben. Beispielsweise kann man in „Days Gone“ rund 40 Zombie-Horden platt machen – fast alle sind optional. Das weckt eben Erinnerungen an „World War Z“, da diese Horden flink unterwegs sind und aus Hunderten von Zombies bestehen.
Und ja: In „Days Gone“ nennt man die Zombies eigentlich „Freakers“, aber ich werde nie begreifen, warum sich so viele Formate um den Namen drücken. Ist ja bei „The Walking Dead“ ähnlich, so dass man dort unbedingt von den Walkern sprechen muss. Letzen Endes bleiben es Zombies, egal ob man sie nun so nennt. Die Atmosphäre in „Days Gone“ erinnert dann auch tatsächlich stark an „The Walking Dead“. Im nordamerikanischen Oregon angesiedelt, bewegt man sich durch verlassene Wälder, räubert Tankstellen aus und besucht Camps von anderen Überlebenden, um deren Vertrauen zu gewinnen.
Was man dabei selbst in den ersten Spielstunden bemerkt: Nach dem sehr linearen Anfang, also sobald sich die Welt geöffnet hat, kehrt rasch eine gewisse Monotonie ein. Diese Krankheit befällt immer noch einige Open-World-Spiele. So ähneln sich die Aufgaben sehr. Man kurvt für Person X zu Ort Y, sammelt dort das erwünschte Objekt Z ein, macht dabei einige Zombies Freaker platt und kehrt zurück für seine Belohnung. Da kommt man sich also doch manchmal wie ein Hamster im Laufrad vor.
Das gilt auch für die Mechaniken rund um Deacons Motorrad. Es ist das wichtigste Fortbewegungsmittel und sollte deswegen in Schuss gehalten werden. Zu Fuß sind die Wege durch die riesige Spielwelt nicht nur langatmig, sondern auch gefährlich. Denn neben Freakern können einen auch menschliche Gegner oder Raubtiere wie Bären oder Wölfe attackieren. Wohl dem, der dann einen Molotowcocktail griffbereit hält. Letztere kann man durch Crafting herstellen. Die Bedienung finde ich dabei etwas gewöhnungsbedürftig: Man hält zunächst die L1-Taste um das Survival-Menü zu öffnen, wählt dort einen Unterbereich über R1 aus und kann dann wiederum über R2-Gegenstände herstellen.
Allerdings muss man dazu sagen, dass nur wenige Open-World-Spiele aktuell das Crafting sinnvoll hinbekommen – selbst bei „Red Dead Redemption 2“ war dies ein Schwachpunkt. Wer sich seine Waffen lieber aufspart, Nahkampfwaffen zerbrechen nämlich grundsätzlich nach einigen Strapazen, der schleicht und attackiert Gegner heimlich. Das vereinfacht manches Szenario enorm und bringt Taktik ins Spiel. Die Gegner sind dabei aber nicht die hellsten und übersehen einen auch dann leicht, wenn sie einen eigentlich mitten im Blickfeld entdecken müssten.
Die Kämpfe sind dabei eine Mischung aus „The Last of Us“ und der „Uncharted“-Reihe. Freakern mit dem Baseballschläger eins überzuziehen macht jedenfalls Freude. Den Schusswaffen fehlt es allerdings ein wenig an Wumms. Ihr wählt übrigens zwischen drei Schwierigkeitsgraden, „Einfach“, „Normal“ und „Schwer“, bevor ihr euch ins Getümmel stürzt. Ich selbst habe auf „Normal“ begonnen, da ich bei derartigen Spielen mit Horror-Einfluss immer schnell ins Schwitzen komme. Hier ist „Days Gone“ dann fair, aber für erfahrene Spieler wohl einen Tick zu leicht. Im Gegensatz zu etwa „God of War“, das ich als erstaunlich schwer erfunden habe, passen die verschiedenen Stufen also durchaus zum Gameplay.
Deacon bleibt dabei natürlich nicht auf seinem anfänglichen Status hängen: Es ist möglich sein Motorrad aufzuwerten, damit es nicht so schnell zerdeppert, was gerade am Anfang schnell passiert. Auch er selbst lernt effizienter mit Waffen umzugehen, mehr Schaden einzustecken, etc. Erfahrungspunkte erhält man dabei wie üblich durch das Erfüllen von Story- und Nebenmissionen sowie das Töten von Gegnern. Bei jenen nimmt „Days Gone“ kein Blatt vor den Mund und wäre vor einigen Jahren sicherlich direkt auf dem Index gelandet. So begegnet man schon früh im Spiel Kinder-Zombies, die durchaus für Magenschmerzen sorgen könnten.
Die bedrückende Atmosphäre des Spiels wird auch durch den Soundtrack von Nathan Whitehead unterstrichen. Dabei gibt es eine passende Mischung aus rockenden Gitarren, Streichern und wabernden Synthies. Manches Mal habe ich mich ein wenig an den Soundtrack von „Far Cry 5“ erinnert gefühlt. „Far Cry 5“ ist dabei ein gutes Stichwort, denn das Spiel von Ubisoft hat einfach mächtig Laune gemacht. Gilt das nun auch für Sonys bzw. Bend Studios „Days Gone“?
Wer nach einem Open-World-Spiel mit Zombies sucht, das im Gegensatz zu „Dead Rising“ oder „Dead Island“ ernster an die Thematik herangeht, der wird sicherlich viel Spaß mit „Days Gone“ haben – trotz des etwas einfallslosen Quest-Designs. Die Technik und die Stimmung sind extrem gelungen, so dass man oft das Gefühl hat, dass hier endlich das inoffizielle „The Walking Dead“-Game abgeliefert wurde, das man sich schon lange wünschte.
Gleichzeitig lässt sich schon festhalten, dass „Days Gone“ insgesamt nicht in die schwindelerregenden Höhen aufsteigen kann, die Sony-Exklusivspiele wie „Spider-Man“ sonst erklimmen. „Days Gone“ ist ein gutes Spiel – aber mit Ecken und Kanten. Die Charaktere hätten mehr Feinschliff vertragen, das Quest-Design hätte abwechslungsreicher sein dürfen und das Crafting sowie die Pflege des Motorrads sind umständlich bzw. eher Pflichtarbeit. Technische Bugs waren bei mir auf der PS4 Pro hingegen die Ausnahme – ich konnte aber schon mit den Updates auf die Versionen 1.04 bzw. 1.05 zocken. Wer das Spiel neu kauft, darf sich da entsprechend auf einen Download von mehr als 25 GByte einstellen.
Mir selbst macht „Days Gone“ Spaß und ich denke ich werde das Spiel in den nächsten Woche mit Pausen immer wieder weiterspielen, bis ich den Abspann zu Gesicht bekomme. Wer allerdings bei der Mischung aus Open-World- und Survival-Horror mit Zombies nicht sofort ein Glitzern in den Augen bekommt bzw. andere (bessere) Sony-Exklusivtitel wie „Horizon Zero Dawn“ noch auf der Liste hat, der wartet vielleicht lieber auf einen Sale.
Bei mir ist es jetzt mit Patch 1.07 auf der First gen ps4 pro ohne soundbug spielbar und genau das werfe ich Sony vor warum nicht 2 Wochen gewartet und ein stabiles Produkt auf den Markt gebracht, anscheinend ist TLOU2 zu nah
Ich glaube, Zombies heißen in Zombiefilmen, – Serien & – Spielen meistens nicht so, weil es im jeweiligen Universum einfach keine Zombiefilme und ähnliches gibt. Die Figuren aus Walking Dead haben also z. B. noch nie Dawn Of The Dead gesehen, einfach weil es diesen Film in ihrer Welt nicht gibt. Entsprechend kennen sie natürlich auch nicht „unsere“ Bezeichnung für die Untoten oder haben jemals von solchen gehört.
Gibt je nach Film natürlich Ausnahmen.
Wo der Titel Horizon Zero Dawn ein paar mal genannt wird: dort war das Crafting (sogar in fight) super intuitiv und schnell.
Einerseits konnte man es im Menü erledigen oder direkt bei der Anwahl im Waffenrad.
Das Crafting-Menu ist auch identisch zu Horizon Zero Dawn, verstehe die Kritik daher nicht!
Ganz einfache Erklärung wieso die Dinger nicht Zombies heißen: Zombies sind tot. Freaker sind es nicht, sondern infiziert (ähnlich wie in 28 Days later).
Das wird auch im Verlauf des Spiels näher erklärt.
Dass die Waffen wenig Wumms haben, stimmt so auch nicht ganz, umso länger man spielt, desto bessere Waffen bekommt man, wodurch sich mit nur einem Schuss mehrere Gegner auf einmal töten lassen (Stichwort: Miliz).
Ich hab das Spiel bereits durch und muss sagen dass ich die schlechten Kritiken absolut nicht nachvollziehen kann. Ich hatte tagelang jede Menge Spaß mit dem Spiel. Meiner Meinung nach ein Must-Have-Titel für die PS4. Ich denke wir werden da in den nächsten Jahren noch ein Sequel (oder mehrere) sehen (Cliffhanger am Ende des Spiels).
Mit Wumms meine ich auch mehr das „Gefühl“, das ist ja immer etwas schwer zu beschreiben. Ich find „Days Gone“ insgesamt auch seht gut und finde ebenfalls es hätte höhere Wertungen verdient gehabt. Irgendwie gehörte es ja zum guten Ton es schon vor Release zu bashen leider.
Während FarCry New Dawn irgendwie in Arbeit ausartete, macht Days Gone – trotz seiner Schwächen – einfach Spaß. Für mich ist dieses Spiel übrigens näher an Fallout 3 als am oben genannten.