„Spider-Man“ angespielt: Amazing und Spectacular – der ultimative Netzschwinger
Seitdem Sony das schlicht betitelte „Spider-Man“ 2016 für die PlayStation 4 bzw. PlayStation 4 Pro angekündigt hat, fiebere ich diesem Superhelden-Game schon entgegen. Das neue Material heizte meinen inneren Hype 2017 nochmals an. Seit meiner Kindheit, als ich abgenudelte VHS-Kassetten des trashigen 1960er-Cartoons begutachten durfte, hat der Netzschwinger bei mir einen Stein im Brett. Irgendwo bei meinen Eltern müssten sogar noch einige uralte Comics von „Die Spinne“ herumfliegen. Nun ist jedenfalls das exklusive PS4-Spiel da – und es hat das Potential Xbox-Jünger neidisch zu machen.
Um klarzustellen: Ich liebe auch meine Xbox One X. Für Multiplattform-Titel ist es einfach eine geile Konsole – Punkt. Aber die Exklusivspiele gefallen mir bei Sony doch einige Nummern besser. „God of War“ auch „Detroit: Become Human“ oder eben nun „Spider-Man“ möchte ich nicht missen. Letzteres ist ein Open-World-Game um den redseligen Helden, dessen Leben auch vor privaten Problemen niemals verschont bleibt. Denn Spideys Alter Ego Peter Parker ist eben kein reicher Milliardär oder gestandener Mann, sondern je nach Interpretation ein nerdiger Schüler bzw. Student.
Im Spiel von Insomniac, unter anderem bekannt für die Reihe „Ratchet & Clank“, ist Peter Parker mittlerweile 23 Jahre alt und als Spider-Man seit acht Jahren dabei die Straßen New Yorks aufzuräumen. In seinem Alltag arbeitet er als wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Forschungslabor. Das spielt durchaus auch eine Rolle. Zwar verbringt man das Gros der Spielzeit nämlich im Kostüm des Netzschwingers, verkörpert aber auch hin und wieder Peter Parker – und sogar dessen Freundin Mary Jane. Letztere begleitet man mangels natürlicher Kampffähigkeiten durch einige Schleicheinlagen. Könnte nervig enden, ist aber im Spielverlauf eher dezent integriert und somit eine nette Abwechslung.
Als Spider-Man schwingt man sich durch Manhattan und erfüllt Haupt- und Nebenaufgaben. Beginnen wir mal mit der schlechten Nachricht: Die Sidequests spielen nicht wirklich auf der Höhe Zeit. Mittlerweile hat sich ja selbst ein Publisher wie Ubisoft in seinen neueren Games wie „Far Cry 5“ von ausgelutschten Aufgaben wie dem Aktivieren von Türmen verabschiedet. Trotzdem muss Spidey, der eigentlich über ausreichend Ortskenntnis verfügen sollte, in Manhattan zahlreiche Türme und damit die Karte freischalten. Auch sonst gibt es allerlei wenig aufregende Sammelaufgaben oder monotone Rennen gegen die Zeit, welche sich im Ablauf jeweils stark gleichen. Von der Vielfalt eines „The Witcher 3: Wild Hunt“ oder wenigstens eines „Far Cry 5“ bleibt man also leider weit entfernt.
Dafür hat „Spider-Man“ andere Qualitäten. Dazu zählt etwa die rund 20 Stunden lange Hauptgeschichte, welche sich schon ab den ersten Minuten ziemlich filmreif anfühlt. Hätte also auch für einen neuen Blockbuster herhalten können. Die Story funktioniert so gut, weil sie eher bodenständig ist, sich nicht um die Rettung der Welt, sondern um New York und Spideys bzw. Peter Parkers kleineren Mikrokosmos dreht. Das war ja auch etwas, was z. B. im meiner Meinung nach bisher besten Film um den Charakter, Raimis „Spider-Man 2“, so gut funktioniert hat.
Es kommen aber trotzdem zahlreiche Charaktere aus den Comics vor: Miles Morales, J. Jonah Jameson, Shocker, Electro und viele weitere, manchmal auch nur Cameos oder Anspielungen, lassen das Fanherz höher schlagen. Zumal Insomniac auch die Möglichkeit bietet zahlreiche Kostüme für den Wandkrabbler freizuschalten. Das geschieht, indem ihr in Nebenaufgaben entsprechende Tokens sammelt. Meistens müsst ihr aber auch bereits ein gewisses Level erreicht haben, um den jeweiligen Anzug zu erhalten. Mir sagt das neue Standard-Design weniger zu, so dass ich rasch andere Favoriten entdeckt habe. Beispielsweise ist das Kostüm aus „Spider-Man: Homecoming“ eine tolle Alternative. Kriminell ist nur, dass der Symbiote Suit unterschlagen wurde. Warum, warum, warum?
Jedes Spiel um „Spider-Man“ steht und fällt aber mit einem zentralen Element: Wie fühlt sich das Schwingen durch New York City an? Bisher gilt hier nach etlichen Jahren lustigerweise immer noch „Spider-Man 2“ aus der PS2-Ära als Maßstab. Denn in dem Spiel wurde die Physik um das Schwingen am besten gelöst. Netze mussten sich wirklich an Objekten befestigen und der Charakter verhielt sich in der Luft entsprechend passend. Mit etwas Übung konnte man das enorm taktisch nutzen. Auch im neuen „Spider-Man“ wurde das ganze ähnlich gelöst. So hat Insomniac eine saubere Lösung gefunden, um dem Spieler einerseits ausreichend Kontrolle zu geben, das Sausen durch NYC aber nicht zu einem Krampf werden zu lassen.
Beispielsweise kann man während des Schwingens auch eine Zeitlupe aktivieren, um zwischendurch den Weg zu wechseln, Gegner anzuvisieren oder vielleicht eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt zu fotografieren – dafür gibt es nämlich ebenfalls Tokens als Belohnung. Spidey könnt ihr dabei in drei verschiedenen Kategorien aufwerten, so wirklich viele neue Fähigkeiten gibt es aber nicht – ich hätte mir da mehr Auswahl gewünscht. Zumal ihr in den Kämpfen auch mit Button-Mashing und etwas Aufmerksamkeit für punktgenaue Konter gut weiterkommt. Die Gadgets der Spinne sind ein cooler Bonus, aber eben kein Muss, um zu triumphieren. Wichtiger ist, dass ihr euch die Sonderfähigkeiten der unterschiedlichen Anzüge zunutze macht – das kann durchaus entscheidend sein.
Etwa geben euch die jeweiligen Anzüge unterschiedliche Boni – ihr teilt mehr Schaden aus, könnt temporär gegen Schusswaffen immun sein oder besonders effizient schleichen. Glücklicherweise könnt ihr die Boni der freigeschalteten Anzüge auch mit anderen Kostümen kombinieren. Ihr müsst also nicht ein aus eurer Sicht häßliches Kostüm anziehen, nur um eine nützliche Fähigkeit zu verwenden. Insgesamt ist das Kampfsystem dabei sehr von Rocksteadys Batman-Titeln inspiriert – was nicht das Schlechteste ist. Die Gefechte laufen also sehr flüssig und rasant ab.
In den Storymissionen habt ihr es dabei manchmal auch mit etwas altbackenen Quick-Time-Events zu tun – finde ich im Jahr 2018 nicht mehr so ganz angemessen, hält sich aber glücklicherweise in Grenzen. Manchmal hätte ich mir aber gewünscht Spider-Man aktiv selbst zu kontrollieren, statt nur im passenden Moment „X“ oder „Quadrat“ zu drücken. Doch dafür macht es einfach einen Heidenspaß durch Manhattan zu schwingen, im Eiltempo über Dächer zu flitzen, nur um von einem Autodach abzuspringen, einen Wolkenkratzer hochzulaufen und in einer Gasse ein paar Gangster zu vermöbeln. Mit vielen Kleinigkeiten, etwa Passanten, die euch ein High-Five abluchsen wollen, strotzt die Stadt nur so vor Details.
Technisch ist das Game an der PS4 Pro ohnehin eine Wucht. Natives 4K wird hier freilich nicht geboten, aber die Bildqualität ist trotzdem fantastisch. Wer sich die Texturen, etwa an Spideys sehr detaillierten Kostümen, betrachtet, gerät ebenfalls schnell ins Schwärmen. Zumal das Spiel selbst beim rasanten Schwingen durch die Stadt immer sicher seine 30 fps hält. Klar, manchmal erkennt man, wie Objekte verspätet aufploppen, aber generell hat Insomniac es geschafft, eine offene Welt zu kreieren, die nur selten mit Mankos zu kämpfen hat.
Überrascht bin ich auch vom sehr aufwändigen Soundtrack mit Orchester-Einlagen. Da hat Sony wieder einmal kaum Kosten und Mühen gescheut. Auch die englische und (mit Abstrichen) auch die deutsche Sprachausgabe wissen zu gefallen. Bei letzterer gibt es aber ein paar Probleme. Manchmal quasseln euch Passanten unverhofft doch auf Englisch zu. Na gut, kann man als Multi-Kulti abstempeln. Auch die weitere Soundkulisse, etwa das markante Geräusch, wenn Spider-Man seine Netze verschießt, passen wie die Faust aufs Auge.
Mein kleines Anspiel-Fazit? Wer Superhelden-Games, Open-World-Titel und speziell natürlich „Spider-Man“ mag, der bekommt hier ein Spiel geboten, wie man es sich als Fan wünscht. Das heißt natürlich nicht, dass nicht noch Luft nach oben wäre. Etwa sind die manchmal Fetch-Quest-artigen Nebenaufgaben etwas zu monoton. Dafür feiert „Spider-Man“ ein technisches Feuerwerk ab, erzählt eine tolle Hauptgeschichte und versteht es, das Schwingen durch NYC so zu inszenieren, dass man sich als Gamer eben selbst fühlt wie der Held in Strumpfhosen. Ich freue mich jedenfalls auf viele weitere Stunden mit „Spider-Man“. Habt ihr das Spiel ebenfalls schon angetestet? Wie sind denn eure Eindrücke?
Das Spiel ist wirklich fantastisch, hat FÜR MICH aber einen riesen Hacken. Man kann die Kamera leider nicht in XY invertieren nur in Z. Das macht es für MEIN Gaming verhalten leider sehr schwer die Kamera in hektischen Sitationen im Griff zu haben, dadurch bin ich schon einige Tode gestorben. Ich hoffe mal auf ein Update und versuche weiterhin immer falschrum zu denken 🙂
Echt jetzt?! Besten Dank für den Hinweis, damit ist das Spiel für mich vom Tisch – sogar wenn es irgendwann gratis für Playstation+ angeboten wird. Das geht ja wohl gar nicht.