Computer- und Videospiele: Große Teile der Geschichte sind bereits verloren
Computer- und Videospiele sind zwar im direkten Vergleich mit etwa Radio und Fernsehen noch ein verhältnismäßig junges Medium, können aber dennoch bereits auf eine über Jahrzehnte reichende Geschichte zurückblicken. Doch große Teile ihrer Historie sind bereits unwiederbringlich verloren. Denn die Industrie bemüht sich laut vielen Experten zu wenig darum, die eigene Geschichte und Vergangenheit zu erhalten.
So hat der eine vielleicht angefangen, erstmals am Atari 2600 zu spielen. Für den anderen ist es der C-64 gewesen, ein Dritter erlebte am NES das erste Mal Gaming in seiner frühen Form. Doch wie viele der Spiele, die ihr damals gezockt habt, könnt ihr heute noch abrufen, und sie es nur für einen kurzen, nostalgischen Blick? Genau, da dürfte es schwierig werden. Beispielsweise sind laut der Video Game History Foundation (VGHF) heute nur noch ca. 4,5 % der C-64-Spiele in irgendeiner Form kommerziell erhältlich. Viele Titel sind verloren.
Der C-64 ist keine Ausnahme, denn nur etwa 13 % der Games, die zwischen 1960 und 2009 für Computer und Spielekonsolen erschienen, sind heute noch breit erhältlich. Der Zugriff auf 9 von 10 klassischen Spielen kann nur illegal, über spezielle Bibliotheken oder private Sammlungen erfolgen. Das heißt, Zeugnisse der Geschichte des Mediums sind nur noch für einen schrumpfenden Kreis leicht erhältlich. Die VGHF mahnt dabei, dass es bei der Erhaltung der Geschichte eines Mediums eben nicht nur darum gehe, die Kassenschlager zu erhalten. Das zeichne dann nämlich ein verzerrtes Bild.
So sei die Zeit vor 1983, also vor dem legendären Zusammenbruch der damaligen Videospieleindustrie, mittlerweile ähnlich nebulös wie die Stummfilmzeit für die Filmindustrie. Damals wurden wichtige Standards etabliert, die noch heute handwerklich eine Rolle spielen – doch das Gros des Materials ist nicht mehr einfach zugänglich. Es sind insgesamt auch Kassenschlager wie der Game Boy betroffen: Nur noch 5,7 % der Game-Boy-Titel sind heute kommerziell erhältlich. Blickt man auf den Game Boy Color, sind es sogar nur 2,7 %. Selbst aus der gar nicht mal so extrem alten PlayStation-2-Bibliothek können nur noch 12 % der Spiele gekauft werden.
Engagement, um ältere Spiele vor dem kompletten Verschwinden zu bewahren, werden meist durch Spieler selbst veranlasst und nicht durch die Industrie. Dies ist aber gar nicht so einfach, weil die Rechteinhaber teilweise wieder dagegen einschreiten. Siehe auch das Internet Archive. Die Industrie wiederum schreibt sich zwar auf die Fahnen, die Archivierung von Games zu fördern und spendet unter anderem Spiele für digitale Bibliotheken – doch die Bibliotheken dürfen die Titel dann nicht digital für Dritte frei zugänglich machen. Es ergibt sich also eine Art Archivierung hinter verschlossenen Türen. Nur wer die Bibliotheken vor Ort aufsucht, erhält Zugriff.
Der US-Branchenverband ESA argumentiert, es gehe vielen Websites gar nicht darum, Spiele zu archivieren und zu sichern, sondern Raubkopien zu verteilen und so dem aufstrebenden Retro-Markt zu schaden. Einige Spiele, wie das damals auch von mir geliebte „No One Lives Forever“ können nicht neu aufgelegt werden, da es mehrere Rechteinhaber gibt, die sich aber nicht einig sind, wie die Rechte genau verteilt sind.
Laut VGHF wäre es hilfreich, wenn sich die Industrie eingestehen würde, dass sie selbst die Archivierung ihrer Spiele nicht stemmen kann und will, weil es sich wirtschaftlich eben nur bei einigen Titeln lohnt. Es sei ja auch nachvollziehbar, dass Unternehmen andere Prioritäten hätten, als den Erhalt der Historie des Mediums. Dann sollte man aber eben z. B. auch Bibliotheken mehr Möglichkeiten einräumen und sie unterstützen.
Wichtig ist eben, dass sich auch oft junge Spieleentwickler mit Retro-Games auseinandersetzen, um die Wurzeln der Industrie zu entdecken oder sogar neue Ideen zu entwickeln. Dies sollte auch in Zukunft möglichst einfach möglich bleiben.
Update:
Es ist natürlich nicht so, dass es gar keine Bestrebungen zum Erhalt von Computer- und Videospielen gebe. Unser Leser Christian hat uns etwa darauf aufmerksam gemacht, dass es sich lohnt den europäischen Dachverband EFGAMP zu verlinken. Die Abkürzung steht für European Federation of Video Game Archives, Museums and Preservation projects. Allerdings treffen die hier erwähnten Problematiken rund um das Urheberrecht z. B. auch dort zu.
# | Vorschau | Produkt | Preis | |
---|---|---|---|---|
1 | Playstation 5 Pro | 799,00 EUR | Bei Amazon ansehen | |
2 | PlayStation®5 Standard (Slim) Bundle mit zweitem DualSense™ Wireless-Controller | 509,99 EUR | Bei Amazon ansehen | |
3 | PlayStation®5 (Digital Edition) Bundle mit zweitem DualSense™ Wireless-Controller | 429,99 EUR | Bei Amazon ansehen |
Transparenz: In diesem Artikel sind Partnerlinks enthalten. Durch einen Klick darauf gelangt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir eine kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Partnerlinks haben keinerlei Einfluss auf unsere Berichterstattung.
Naja, will ehrlich sein, wer sich für die Klassiker aus den 80ern interessiert, der entscheidet sich i.d.R. nicht für eine kommerzielle Lösung, selbst wenn es eine geben würde. Schon Mitte der 90er konnte man 8/16bit Systeme auf einem PC emulieren und heutzutage kann das jeder Toaster. Wenn nur 5% der Spiele von damals heute kommerziell erhältlich sind, dann juckt das 99% der Retro Spieler rein garnicht.
Und die Generation interessiert sich auch nicht um die „Legalität“. Wir haben damals die C64 Games auf dem Schulhof getauscht, keiner entwickelt da ein schlechtes Gewissen, heuzutage alte Games als Roms auf dem System der eigenen Wahl zu spielen. Das weiß die Industrie auch und deshalb bemüht sie sich auch gar nicht um kommerzielle Lösungen.
Den Maßstab „heute noch kommerziell breit erhältlich“ finde ich unangemessen. Niemand erwartet, dass jahrzehnte-alte Produkte noch kommerziell erhältlich sind, ob nun VWs aus 1956, Programme oder Erstausgaben von Büchern aus 1960. Kommerziell verfügbar sind im besten Fall Produkte, für die es noch eine nennenswerte Nachfrage gibt. Bei historischen Spielen für C64, Atari etc. ist das genau so wenig der Fall, wie für die Geräte selbst. Für so etwas sind höchstens spezialisierte Industriemuseen zuständig – wenn es denn ein öffentliches Interesse an Erhaltung dieser Spiele gibt.
In dem Zusammenhang: https://www.computerspielemuseum.de/ in Berlin.
In diesem Zusammenhang: https://binarium.de in Dortmund.
Eine ganze Ecke größer als in Berlin. Es hat mir in Dortmund wesentlich besser gefallen.
Na siehste, danke für den Tipp. War in beiden noch nicht.
Zusammenhang die Dritte: Das Binarium scheint zum 03.12.2023 zu schliessen! Wer das also noch sehen möchte, muss sich beeilen.
In diesem Zusammenhang: https://www.retrogames.info/ausstellung in Karlsruhe.
Der Vergleich mit einem VW. Sprich einen Produkt, welches aus mehreren Teilen produziert wird usw. Es geht hier um Software, welche auf einen Server gepackt wird und angeboten werden kann zum Kauf. In dem Artikel steht klar und deutlich, dass es egal ist, auf welchem Wege (physisch, digital usw. ). Überlege doch mal selbst, womit du einen Vergleich aufstellst. Diese Games haben so eine geringe Größe, dass der Speicher ebenfalls kein Problem sein sollte.
Zwar schade, aber so ist das halt mit Urheberrecht und Lizenzen. Den Schissen will 100 Jahre später logischerweise niemand mehr bezahlen, nur weil ein paar wenige Menschen auf der Welt das mal sehen wollen.
Das wird auch so weitergehen, schließlich kann man auch heutzutage ne ganze Menge Spiele nach 2-3 Jahren gar nicht mehr kaufen, weil die Lizenzen ausgelaufen sind.
Vielleicht sollte man eine Einigung finden, dass man die Spiele nach 20 Jahren freigibt, bzw. gegen eine geringe pauschale Gebühr kaufen kann. Oder dass die Spiele automatisch in eine externe Organisation übergehen. Ansonsten wird die illegale Schiene dafür genauso weiter existieren.
Selber nutze ich das aber auch, hab nen Anbernic RG405V mit 8000(?) Spielen drauf, und da fehlt sogar noch alles von Super Mario drauf, was man zum Glück als Roms bekommt. Aufm PC zock gerne mal die alten Need for Speeds, die bekommt man zwar noch zu kaufen, aber halt auch nur auf CD.
Nintendo macht da – glaub ich – einen besseres Job, da man viele Klassiker mit irgend so nem Abo spielen kann.
Andererseits ist ne ganze ganze Menge anderer (wichtigerer) Geschichte genauso verloren. Mit Glück hat man Bildmaterial oder ist schriftlich dokumentiert. Oft hat man gar nichts.
Und mal ehrlich, wer interessiert sich in 100 Jahren noch für das Zeug, dass er das kaufen würde? Dafür gibts Archive. Wer dem heute nachweint, macht das doch auch nur aus eigener Nostalgie. Welcher Teenie fragt heute nach Donkey Kong für den GameBoy?
„Und mal ehrlich, wer interessiert sich in 100 Jahren noch für das Zeug, dass er das kaufen würde? Dafür gibts Archive. Wer dem heute nachweint, macht das doch auch nur aus eigener Nostalgie.“
Nur dumm, wenn niemand diese Archive erstellt, füllt und pflegt…
Dann macht es halt wieder die Community, siehe No-Intro, redump etc. Wo dann ein paar Private mit viel Herzblut zu der Sache sehr viel Liebe und Lebenszeit investieren.
Man sollte den Status Abandonware rechtlich fixieren. Software, Bücher, einfach jedes Werk, egal ob über oder unter der rechtlichen Schöpfungshöhe, sollte den Status Abandonware bekommen dürfen, wenn sich nur noch eine marginale Gruppe dafür interessiert oder die Gefahr besteht, dass es verloren geht. In diesem Zustand sollten alle rechtlichen Ansprüche ausgesetzt werden. Erfährt das Werk wieder eine Verbreitung, verliert es den Status wieder und der frühere Zustand wird wieder hergestellt. Damit sollten eigentlich alle Seiten zufrieden sein können und es würde das öffentliche Archivieren möglich machen. IANAL, vielleicht gibt es diese Regelung bereits irgendwo.
Die katastrophale Altbestandspflege in der Videospielindustrie zeigt uns, dass es möglicherweise doch keine gute Idee ist, das Urheberrecht an einem Werk bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers aufrechtzuerhalten und der Verwertungsindustrie zu gestatten, dieses Recht regelmäßig mittels diverser Tricks auf „de facto für immer“ auszudehnen und sich selbst Dauerblankoschecks für alles, was sie je angefasst haben, auszustellen. Patente laufen schließlich auch nach 20 Jahren ab, was mehr als genug Zeit ist, aus seiner Erfindung Kapital zu schlagen. Ich werde wohl nie verstehen, woher überhaupt diese Anspruchshaltung kommt, für dieselbe Arbeit immer und immer wieder entlohnt zu werden, geschweige denn, noch als Erbe für Arbeit Einnahmen zu kassieren, zu welcher man selbst nicht das Geringste beigetragen hat – die Renten- bzw. Pensionsansprüche meiner Eltern (und Großeltern), für welche diese gearbeitet haben, erbe ich auch nicht, selbst wenn sie unmittelbar nach Renteneintritt versterben sollten und somit ein deutlicher Überschuss auf der Einzahlungsseite vorläge.
Es macht einem aber auch wieder bewusst, wie idiotisch es von uns als Kunden war, uns von den Herstellern immer mehr Kontrolle über die Software, die wir käuflich erwerben und auf unseren Geräten abspielen, entziehen zu lassen, genauso wie Kontrolle über die Geräte selbst (bzw. bei Konsolen von Anfang an darauf zu verzichten); und dass es erst recht keine gute Idee ist, sich vollständig vom Gutdünken eines Anbieters wie Valve, Ubisoft, Nintendo oder Sony abhängig zu machen und sie sich selbst das Recht einräumen zu lassen, einem jederzeit den Zugriff auf die gekauften Produkte zu entziehen. Außerdem zeigt es, wie wichtig sogenannte Raubmordkopiererer/Piraten in Wirklichkeit für Kultur und deren Erhalt sind, und dass man der Contentmafia keinen „urheberrechtlichen“ Schutz für Werke gewähren sollte, an deren Erhalt und Verfügbarkeit sie selbst offenkundig kein Interesse hat.
Das Problem ist, das viele alte Software auch nur auf entsprechend alter Hardware/Software läuft.
„Und mal ehrlich, wer interessiert sich in 100 Jahren noch für das Zeug, dass er das kaufen würde? Dafür gibts Archive.“
Darum geht’s ja im Artikel, dass es eben keine Archive der Hersteller gibt und andere halblegal sind.
Die Hardware ist da nicht unbedingt das Problem. Klar, ein echter C64, eine echte VCS2600, ein echter Amiga 500 samt einem echten Competition Pro fühlt sich authentischer an – technisch laufen die Spiele aber auch auf einem Emulator.
Alte Spiele laufen durchsus noch ineben alter Hardware (der Schreiber hat einen PowerMac von 2005) auch auf Emulatoren wie hatsri oder FreeDOS. Neben den Genannten ist auch archive.org eine gute Quelle, nicht nur für alte Spiele.
Vergänglichkeit ist auch ein Wert, auch wenn es manchmal weht tut. Wären z.B. alle alten Autos erhalten statt verschrottet worden, wären Oldtimer nichts wert und die Straßen voller Schrott. Selbst die menschliche Unsterblichkeit kann sich nur ein einzelnes Individuum wünschen. In der Gesamtheit wäre es eine Katastrophe.
Ob es Antiquitäten, Radiosendungen oder Lebewesen sind – Vergänglichkeit ist ein natürlicher Vorgang. Nur der Mensch strebt nach Ewigkeit, erreicht sie zum Glück nicht. Nicht mal seine Denkmäler und Ruinen sind für die Ewigkeit.
Freuen wir uns über die wenigen Überbleibsel der Vergangenheit, die wir nur wegen ihrer Seltenheit als wertvoll und erhaltenswert einschätzen. Warum sollte es mit Software anders sein als mit alten Büchern?
In Sachen Computerspielen und Autos ist es bisweilen besser, man schwelgt in durch die Zeit verzerrten Erinnerungen, wie toll dieses Spiel oder jenes Auto damals war. Einer Begegnung mit der Realität halten solche Erinnerungen nur selten Stand – bei Computerspielen noch weniger als bei Autos.
Äähm… also hier wird der historische, lehrreiche und spielerische Wert völlig ignoriert.
Das zu verlieren soll es wert sein, nur weil die verbliebenen Spiele dann eine Seltenheit sind? Dein Ernst?
Spiele sind Software-Code. Eine Reihe Einsen und Nullen. Das ist wie Wissen und nimmt teils sehr wenig Platz weg auf den Datenträgern dieser Welt. Es gibt keinen guten Grund, dass sie vergehen müssten.
Im Prinzip sind wohl die meisten Spiele ausreichend archiviert, aber problematisch sind dann die Leute, für die Emulation „böse, böse, böse“ ist. Vor allem, wenn sie Macht haben und Online-Archive abschalten wollen.
Nachtrag: Das Urheberrecht geht halt auch vieeeeeel zu lang, dange Disney und Lobbyisten.
Das einzige wirkliche Problem sind Spiele mit Onlinezwang, die nicht mal privat archiviert werden können. Eine richtig eklige Blüte dieses Trends ist in meinen Augen das Spielmodul „Control“ für die Nintendo Switch, wo das Spiel nur auf die Konsole gestreamt wird.
Es gibt uns… Wir erhalten den Krempel. Software und Hardware. Von der kleinen Handheld-Spielekonsole bis zum Großrechner.
https://www.classic-computing.org/
die sache könnte so einfach sein.
Medien die nicht mehr kommerziellen interessen dienen (weil man sie eben nicht mehr kaufen kann) sollen nach einer Übergangszeit von x jahren zum allgemeinen Kulturgut erklärt werden. somit sind sie Schützenswert und stehen wieder allen zur Verfügung.
…. und … diese Problematik wird ja eher noch schlimmer.
Wo es früher nur Spiele auf physichen Medien gabe, gibt es heute in erster Linie nur nur noch digitale Titel.
Da ist die „Haltbarkeit“ noch viel kürzer.
Als ich vor einigen Jahren meinen letzten Commodore C64 verkauft habe, hab ich zeitgleich eine ganze 100er Box voller „Sicherheitskopien“ entsorgt. Heute tut es mir Leid, womöglich wären selbst diese eines Tages noch wertvoll gewesen.
naja teilweise stimmt der Beitrag, teilweise auch nicht.
es ist viel verloren gegangen aber viele „Sammler“ haben auch bis zu 10 gleiche Versionen Zuhause um sie als Geldanlage zu bunkern und möchte man eins haben gibt es sie nicht mehr oder sie kosten einfach zu viel.
so auch mit Konsolen.
und anstatt vielleicht eine Webseite zu betreiben und die Geschichte zu beschreiben verschwinden dann die Spiele in der Versenkung.
ich hab es aufgegeben Titel für meinen Atari 2600 zu suchen, es ist es mir schlicht nicht wert.
das kostet zu viel Zeit und Geld und findet man etwas würd man entweder ausgenommen oder die Sammler überbieten so hoch dass man das Interesse verliert, das sind auch diejenigen die die Titel mehrfach haben.
aber das Thema wird gerne ignoriert.
sollte aber auch Mal angesprochen werden