404: Vorratsdatenspeicherung beschlossen
404. Nicht nur der Fehlercode für ein nicht gefundenes Element, sondern auch die Anzahl der Stimmen, mit denen heute in Deutschland die Vorratsdatenspeicherung beschlossen wurde. Hierbei gab die CDU / CSU geschlossen 275 Ja-Stimmen ab. Es gab kein Nein und kein Enthalten, dafür aber 35 nicht abgegebene Stimmen. Die SPD mit ihren 193 Mitgliedern stimmte mit 129 Ja-, Nein-, 7 Enthalten- und 14 nicht abgebenene Stimmen, während aus den Lagern Die Linke und B90/Die Grüne nicht eine Stimme für die Vorratsdatenspeicherung kam.
Dies bedeutet, dass die Provider Verbindungs- und Standortdaten über einen bestimmten Zeitpunkt speichern müssen. Man will hier großzügig ausbauen, denn – so heißt es -:
Die Speicherdauer sei bei den einzelnen Unternehmen unterschiedlich und reiche von sehr wenigen Tagen bis zu vielen Monaten. Dies schaffe Lücken bei der Strafverfolgung und bei der Gefahrenabwehr und könne im Einzelfall dazu führen, dass strafrechtliche Ermittlungen ohne Erfolg blieben, weil weitere Ermittlungsansätze nicht vorhanden seien.
Was das unter anderem bedeutet? Wer wann mit wem telefoniert oder SMS ausgetauscht hat, wird nun gesetzlich festgelegt gespeichert. Wann welchem Internetanschluss welche IP zugewiesen war, zudem Standorte von Mobilfunkgeräten beim Senden von SMS oder wenn eine Verbindung ins Netz aufgebaut wurde – also quasi immer.
Nicht drin sind Inhalte der jeweils erwähnten Dienste – zumindest werden diese nicht offiziell im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gespeichert werden müssen. Heißt letzten Endes: nutzt für Inhalte Messenger, die von Fachleuten als sicher erachtet wurden. Hier gibt es Signal oder aber auch Threema (obwohl hier oft bemängelt wird, dass der Quellcode nicht öffentlich sei). Wer die Spuren seines Surfens nicht gespeichert werden wissen möchte, der kann auch das TOR-Netzwerk nutzen, hier haben die Kollegen von Netzpolitik einen hilfreichen Artikel für Einsteiger veröffentlicht (da solltet ihr generell zu politischen Themen lesen). Alternativ gibt es noch diverse VPN-Anbieter, denen muss man dann allerdings auch vertrauen können.
Passt natürlich gut in die heutige Zeit. Panikmache, Angst vor Terror und Co – da rechtfertigt sich so eine Vorratsdatenspeicherung sicherlich. Das Volk unter Generalverdacht. Fragen steigen in mir auf, ob „mein“ Staat auch überhaupt mit diesen unfassbaren Datenmengen sicher umgehen kann. Die Geschehnisse der letzten Zeit zeigen mir allerdings, dass Spionage ja auch so ein Thema ist – ich weiss also nicht, ob die Daten sicher sind – nein, ich glaube einfach nicht daran.
Aber es gibt auch noch andere Rand-Geschichten: die Kohle für dieses Kack-Konstrukt wird letzten Endes auf uns, den Bürger umgeschlagen. Und so werden nun absurde Summen in einen Überwachungsapparat gepulvert, von dem nicht einmal bekannt ist, wie konform er mit dem Recht ist. Denn wir wissen ja: die Vorratsdatenspeicherung war bereits da, wurde aber auch gekippt. Und so ist es nachvollziehbar, was FDP-Frau Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagt:
Mit 80 Prozent Mehrheit im Bundestag kann alles beschlossen werden, auch eine verfassungs- oder europarechtswidrige Vorratsdatenspeicherung. Das Scheitern der Vorratsdatenspeicherung aus verfassungs- und europarechtlicher Sicht ist bereits vorprogrammiert. Spätestens der Europäische Gerichtshof wird die Vorratsdatenspeicherung wieder kassieren.
Die Gesetzentwürfe können hier nachgelesen werden.
Wer übrigens wissen will, wer aus eurem Wahlkreis dafür war, der kann die Namensliste hier einsehen.
Der Bundestag lernt es halt nicht, das die Vorratsdatenspeicherung wieder kassiert wird stört keinen mehr, leider ist es bei anderen Gesetzesvorhaben wie z.B. der Maut ja auch, da fragt man sich dann immer als Laie, was für Fachidio… da sitzen, in der freien Wirtschaft wären die doch schon längst wegen Unfähigkeit und Inkompetenz entlassen worden
Mal für die Langsameren (caschy ;-)):
1. Dein Mobilfunkanbieter speichert deine Bewegungs- und Verbindungsdaten bereits seit vielen Jahren länger als die VDS das verlangt. Was tust du dagegen?
2. Dein E-Mail-Anbieter speichert deine Kommunikationsdaten bereits seit vielen Jahren tiefgehender als die VDS das verlangt. Was tust du dagegen?
Mit der VDS ändert sich eigentlich lediglich die gesetzliche Grundlage, wer an diese Daten „ran darf“. Dass sie überhaupt existieren, ist eine Schweinerei. Ich empfehle Kritik an denen, die diese Daten erheben.
Vorratsdatenspeicherung? Hatten wir doch schon. Anzahl der durch VDS aufgeklärten Verbrechen laut Polizei? 0!
Hilft VDS Terroranschläge zu verhindern? Offensichtlich nicht! Beispiel Frankreich (machen VDS schon ne Weile), z.B. Charlie Hebdo
IMHO linder Aktionismus von den Internetausdruckern.
Mit gutem Beispiel voran? Also wenn die schon darlegen, wer wie abgestimmt hat, kann man doch gleich noch Adresse und Telefonnummer daneben schreiben. Erspart einige Recherchen 😉
Wie soll man denn da nach eigenem Wissen und Gewissen abstimmen, wenn man danach sofort von der Fraktion abgesägt wird?
Ein sehr schwarzer Tag für die Demokratie und ein absolutes Armutszeugnis für unsere Politik.
Geschichte wiederholt sich. Sind auf einem gutem weg.
Interessant auch der letzte Link wo man einsehen kann welcher gewählte Politiker vor Ort sich für die Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Einstimmg dafür, gut zu wissen auch wenn es nicht weiterhilft.
Ein glorreicher Tag für Herrn Heiko -heuteneinmorgenja- Maas 🙁
Aber auch echt Wahnsinn wie zuverlässig die ganzen CDU-Drohnen abstimmen…
bei den Knicklichtern von der SPD zeigt sich ja zumindest noch Restwiderstand.
Caschy, ich schätze dich, aber ich glaube, du hast nicht verstanden, wie die Vorratsdatenspeicherung überhaupt funktioniert. Es gibt keine Datenmengen, die der Staat händeln muss, sondern sie bleiben beim Mobilfunkprovider. Der Staat bekommt mit hohen richterlichen Hürden Zugriff darauf.
Wie viel Geld das kostet, habe ich noch nicht gelesen, aber ich sehe nicht, dass es Unsummen verschlingt. Auch wird kein Überwachungsapparat aufgebaut.
Kurzum: Komm mal wieder runter.
Dass man mit der Angst Politik machen kann, ist doch nichts neues.
Ein Paradebeispiel dafür ist doch das deutsche Waffenrecht. Wenn alle zwei Jahre mal irgendwer seine Frau erschießt, soll sofort wieder das Waffenrecht verschärft und gesetzestreue Legalwaffenbesitzer weiter gegängelt werden.
Dass im gleichen Zeitraum zigtausende (!) durch besoffene Autofahrer sterben kümmert aber keinen.
@Tux:
zu 1. ist illegal, Klagen gegen Vodafone, O2 und E-Plus laufen
zu 2. habe für vertrauliche Mails meinen eigenen Mailserver und nutze PGP bzw. GPG
@ekevu Lass mich raten. Junge Union? Du hast keine Ahnung von Daten und wie sie missbraucht werden können. Noch dazu ist der Richtervorbehalt ein absolut untaugliches Mittel um die Daten vor Begehrlichkeiten zu schützen. Das die Sicherheitsbehörden generell Zugriff haben auf die Datenbanken der Provider davon kannst du mal ausgehen.
Ergo: Ein Abartiges Monster das die Bürgerrechte mit Füßen tritt.
Was mich hier wundert ist, warum es keine Konsequenz gibt, wenn es doch klar ist, dass das wieder am EGh scheitert und schon vorher an der Stelle gescheitert ist.
Wenn ich in der Firma mit Absicht ein Projekt in den Sand setze, hat das schließlich auch konsequenzen.
@Kay:
1. Das ist die VDS auch. Aber auch ohne VDS wird das erst mal weiterhin passieren.
2. Du schon. Die meisten Leute nicht.
@Weltraummann
Leider eines der großen Probleme unserer Demokratie.
Die schlimmste Konsequenz die es gibt wenn Geld verschleudert wird, wiederholt die Verfassung gebrochen wird oder auch die Zukunft der Kinder ruiniert wird, ist, das jemand „die Verantwortung übernimmt“. Das heißt dann effektiv sich mit einer gemütlichen Pension ins Altenteil zurückziehen .
@dermaze
Weil du Charlie Hebdo ansprichst. Die VDS in Frankreich hat, soweit ich mich erinnere, aber wesentlich dazu beigetragen, Verbindungen zwischen Verdächtigen herzustellen und Abläufe zu rekonstruieren. In einem Verfahren nicht unwichtig, was Komplizen, Mittäter und Helfer angeht. Zum Vergleich kann man auch Videokameras im öffentlichen Raum heranziehen, die ja auch immer wieder in der Kritik stehen. Ich erinnere mich da gut an das Bombenattentat in Boston, bei dem man die Täter schnell und effektiv anhand der Videoaufnahmen identifizieren konnte. Es geht nicht darum, Straftaten zu verhindern, sondern bei den Ermittlungen und der Aufklärung einen Beitrag zu leisten.
@ekevu
Der Richtervorbehalt gilt zwar, allerdings erfasst Berlin (als einziges Bundesland) die Anfragen. Abgelehnt wurden genau null (!) Anträge. So hoch ist die richterliche Hürde also nicht. Sie erhöht aber natürlich den Verwaltungsaufwand, was hier und da schon mal abschreckend sein kann (vgl. Blutentnahme im Straßenverkehr).
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Ich persönlich habe kein großes Problem mit der VDS in ihrer aktuellen Form. Auch wenn ja aktuell deutsches und europäisches Recht regelmäßig mit Füßen getreten wird, ist mein Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat (noch) groß genug.
Bei der Diskussion hier wird komplett die Sicht der Strafverfolgung außen vorgelassen.
Das ist schon schade.
Weil nämlich so leicht wie der eine oder andere hier vielleicht denkt, ist es nicht für die Behörden an die Daten zukommen. Und schon gar nicht wenn diese älter als ein paar Tage ist. *Je nach Provider*
Die VDS ist solange böse bis ein Kind von jemanden Bilder oder Videos geschickt bekommt, welche absolut strafrechtlich verfolgt werden müssen (bezogen auf den Inhalt der Bilder/Videos) und man den Schuldigen nicht mehr ermitteln kann weil das ganze vor 8 Tagen war…
404 – Brain not found.
Internetausdruckern – Sehr geil. Danke!
Facepalm³. Ich kann nicht in Worte fassen wie schockierend ich das finde. Wird wohl langsam wirklich Zeit Befähigungsnachweis für gewisse Themenfelder und somit Entscheidungen einzuführen.
@derkamener: kannst du für deine Behauptung, dass „im gleichen Zeitraum zigtausende (!) durch besoffene Autofahrer sterben“ (Zeitraum bezieht sich vermutlich auf die von dir genannten 2 Jahre?) bitte eine Quelle nennen, die das belegt?