„The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“ im Test


Ganze sechs Jahre ist es her, als „The Legend of Zelda: Breath of the Wild“ (fortan als BOTW referenziert) erschien. Mit „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom (TOTK)“ schlägt ein direkter Nachfolger nun eine neue Zeitrechnung an. Dieselben Schöpfer, das scheinbar haargenaue Setting … ja sogar auf der gleichen (mittlerweile deutlich veralteten) Hardware und in derselben Welt. Könnte es sein, dass TOTK das schafft, was zig andere IPs gehörig verhaspelt haben? Darf sich ein gigantisches Open World Spiel im Jahr 2023 noch so dreist am alten Material bedienen? Meine Meinung dazu lest ihr hier im Test.

Tears of the Kingdom erschien am 12. Mai dieses Jahres weltweit für die Nintendo Switch und spielt einige Jahre nach der Handlung des Vorgängers. Den exakten Zeitraum möchte ich aus Spoiler-Gründen nicht erwähnen. Es sei nur gesagt, dass es sich hierbei wahrlich um eine direkte Anknüpfung an BOTW dreht. Heißt konkret, dass sich Kenner gut aufgehoben und heimisch fühlen; allerdings im Umkehrschluss auch, dass Neulingen viele Untertöne, Anspielungen und generelle Hintergrundinformationen nicht auf Anhieb klar sein dürften. Eine kleine Entwarnung gibt es allerdings: Auch wenn Vorwissen für das deutlich überlegenere Spielerlebnis sorgen dürfte, hilft das Spiel an vielen Stellen mit zusätzlichen Trivia aus und überdies scheinen manche Bewohner Hyrules ohnehin an Amnesie zu leiden.

Grundsätzlich kann man das Spielprinzip für Unwissende folgendermaßen herunterbrechen: Ein gigantisches Action-Rollenspiel, das nach außen hin eine flache Lernkurve bietet, bei genauerer Betrachtung allerdings viel Tiefe in sowohl Spielwelt als auch -mechaniken mit sich bringt. Wir schlüpfen in die Rolle von Link – dem Leibwächter der Prinzessin Zelda von Hyrule, einer mittelalterlichen Fantasy-Welt. Zu Spielbeginn erkunden die beiden Höhlensysteme tief unter dem Schloss, scheinbar auf der Suche nach Hinweisen zu einem verschollenen Volk aus alter Zeit. Kurz darauf entdecken sie eine mumifizierte Gestalt, welche aus einem jahrtausendelangen Schlummer erweckt wird. Dabei wird der rechte Arm des Recken verletzt und seine ikonische Waffe beschädigt. Als daraufhin alles um sie herum zusammenbricht, werden Zelda und Link voneinander getrennt und letzterer an einen geheimnisvollen Ort gerettet.

Das Spiel startet dramatisch und wirft viele Fragen auf, die in dem bis zu hunderte Stunden währenden Abenteuer beantwortet werden wollen. Denn davon lebt wie schon BOTW auch Tears of the Kingdom: Neugier und Spaß am Entdecken. Ohne eigene Initiative wird man kaum bis gar nicht zum Abspann kommen. Es dreht sich hier jedoch noch immer um dasselbe Land Hyrule, das man schon aus dem Vorgänger kennt. Doch durch den sogenannten Kataklysmus und über die seitdem vergangenen Jahre hat sich viel geändert – und zwar so viel, dass sich das neue Abenteuer kaum frischer und mystischer anfühlen könnte.

Hyrule ist auf der Landkarte vermeintlich genauso groß, wie bereits im Vorgänger – doch seitdem locker auf der mehr als zweifache an reiner Spielwelt angewachsen. Das betrifft nämlich nicht nur die reine Fülle an Details und Geheimnissen, sondern so gesehen auch die eigentlichen Landmassen als solche. Neben dem Altbekannten gibt es quasi mindestens nochmal dasselbe Volumen in Form unterirdischer Höhlensysteme. Garniert wird das Ganze mit einer sehr luftigen Kirsche auf dem fetten Sahneberg; wenn ihr versteht, was ich meine.

Kein Nachfolge-, eher ein Wunderwerk

So komme ich kaum umhin, BOTW im Nachhinein schon fast als eine Teaser-Demo zu den Dimensionen eines TOTK zu sehen: Wo BOTW eingangs zu brillieren vermochte, nahm man für Links neustes Abenteuer scheinbar alles genauer unter die Lupe. Gezielt wurden neue Elemente in den Spieldesign-Mix eingeflochten und heraus kam ein durchdachteres und vielschichtigeres Erlebnis, als ich mir hätte erträumen können. Ganze Elemente, das Interface, massive Kernmechaniken und sogar die Stimmung des zugrunde liegenden Plots selbst erscheinen im Gewand und komplementieren gekonnt den Gameplay-Loop aus Erkunden, Rätseln, Kämpfen und Überleben. Es ist ein echtes Abenteuer in Reinform, welches beinahe jedes Spiel der letzten sechs Jahre alt aussehen lässt. Trotz des visuell angestaubten Auftritts.

In Breath of the Wild nahm ein Spielelement ausnahmslos Platz auf dem höchsten Podest jeglicher Kritik – die Haltbarkeit von Waffen und Schilden. Wie in jedem klassischen Rollenspiel bedient sich Link auch in seinen jüngsten Pixelausflügen eines Repertoires an Schwertern, Speeren, Bögen, Schildern und mehr. Der Haken? So ziemlich alles davon geht nach kurzer Zeit kaputt. Der Zustand jeglicher Waffe und jedes Schildes nahm bei Benutzung rapide ab und man konnte das weder verhindern noch rückgängig machen.

Waffen zerbrechen im Nachfolger noch immer und können nicht repariert werden. Link wird allerdings mit einer Reihe neuer Fähigkeiten ausgestattet, wovon eine das Verkleben von so ziemlich allen möglichen Gegenständen ist. Richtig gehört: Auch Waffen können via „Ultrahand“ miteinander oder mit in der Spielwelt existierenden Gegenständen verbunden werden. Mag absurd wirken, ist allerdings schlichtweg genial. Aus einem Knüppel und einem Felsbrocken wird ein Steinhammer, aus einem Pfeil und dem Auge eines geflügelten Monsters ein zielsuchendes Projektil – die Möglichkeiten scheinen grenzenlos und nach nunmehr grob 60 Stunden Spielzeit kann ich euch sagen: Sie sind es.

Von den neuen Fähigkeiten will ich auf zwei genauer eingehen. Die Skills „Aufstieg“ und „Umkehr“ verändern beide das Spielgefühl entscheidend.  Allein schon die Möglichkeit, sämtliche beweglichen (nicht lebenden) Elemente der Spielwelt in der Zeit zurückdrehen zu können, verändert alles. So werden nicht nur vom Himmel herabfallende Ruinen-Teile zum praktischen Aufzug, sondern die nächste geworfene Bombe ein Verhängnis für überraschte Feinde und der herumliegende Baumstamm zur frei animierbaren, schwebenden Plattform. In Kombination mit der vorhin beschriebenen Möglichkeit, alles miteinander zu verkleben, tut sich ein Sog der Kreativität auf.

Links auf den ersten Blick simple Fähigkeit des „Aufstiegs ermöglicht es, durch jede sich über ihm befindende Decke zu „springen“. Jede Felsspalte wird also zum Aufzug zum Berggipfel, jede rissige Decke einer Ruine stellt den Durchgang zur nächsten Etage dar, und, und, und. „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“ ist aus meiner Sicht ein Meisterwerk, sowohl inhaltlich als auch technisch. In Anbetracht der umfangreichen Sandbox-Simulation Hyrules, bei der in zig Stunden des ausgiebigen Testens kein einziger Bug den Flow störte, bleibt einem schon mal vor Staunen der Mund offen.

Und wenn man die technischen Limitierungen der Switch im Hinterkopf behält, haut einen die Symbiose aus detaillierten Wettereffekten, Ausblick hoch über den (prozedural berechneten) Wolken und die generelle Atmosphäre nicht selten von den Socken. Und das in einer Zeit, in der jedes zweite Release auf beinahe allen Plattformen von etlichen Fehlern und problematischer Performance geplagt zu sein scheint. Natürlich sprechen wir hier von einer geringen Rendering-Auflösung von 720p, welche im Docked Mode dann in 900p hochskaliert auf den heimischen Fernseher geworfen wird.

Nichtsdestoweniger bleibt der bittere Beigeschmack, wie viel atemberaubender ein Tears of the Kingdom wohl hochauflösend und mit 60 Bildern pro Sekunde aussehen könnte. Zwar tut die dynamische Auflösung ihren Job, doch unter Vollast im Handheld-Modus bei 540p und darunter macht selbst AMDs FSR eine fragwürdige Figur. Hilft nichts, dass die Taktrate des Arbeitsspeichers hier wohl ebenfalls einen Flaschenhals darstellt: Bei Aktivierung der Ultrahand-Fähigkeit scheint das Spiel sämtliche Bewegungen von nicht-lebenden Elementen in Echtzeit aufzuzeichnen.

Irgendwie so versuche ich mir jedenfalls zu erklären, warum die Ultrahand die angepeilte Bildrate von 30FPS derart sabotiert – insbesondere in Siedlungen. Eingangs wurde von den Journalisten, welche zu dem TOTK-Preview-Event eingeladen wurden, sogar hauptsächlich die regelmäßigen Bildrateneinbrüche bemängelt. Diese konnte ich zum Launch hin schnell bestätigen, wurden dann aber recht flott von Nintendo via Patch 1.1.0 und jüngst 1.1.1 behoben.

Nicht ohne Grund blieben bei mir das Steam Deck und andere Konsolen seit dem 12. Mai liegen: „The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom“ bietet eine Reise in eine beinahe schon überfordernd große und detaillierte Spielwelt, die ich seit mindestens sechs Jahren von keinem anderen Digitalausflug mehr geboten bekam. Dazu eine Geschichte, ihre Inszenierung, ein herausragender Soundtrack und grenzenlose Möglichkeiten, welche andere große Nummern der letzten Jahre statisch und austauschbar erscheinen lässt. Ich hätte es nicht gedacht, doch das kann scheinbar nur Nintendo. Was lest ihr also noch weiter? Eine Kaufempfehlung sollte gar nicht mehr nötig sein.

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Unregelmäßiger Gastautor im Jahr 2023.

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14 Kommentare

  1. Danke für den wirklich schönen Artikel. Lässt sich gut lesen und ohne es gespielt zu haben oder einen Trailer gesehen zu haben denke ich mir wie geil wäre es dieses Spiel welches so schön beschrieben ist in 4K HDR spielen zu können.
    Ach Mensch Nintendo… die geben sich immer so viel Mühe mit den Spielen aber muss man es denn immer Hardware raus bringen die schon veraltet ist beim erscheinen. Der Switch sei noch verziehen aber das OLED Pro Modell hätte mindestens noch ein Chip im Dock gebrauchen können das man es am TV wenigsten mit 4K HDR oder 1080p 60 hätte spielen können.

  2. Klar können Waffen repariert werden. Bei den Fels-Oktoroks die Waffe, Schild oder Bogen auf den Boden legen. Diese werden eingesaugt und kommen repariert zurück. Geht aber nur einmal bis zum Blutmond oder man sucht einen anderen Oktorok. Also bei besonderen Waffen oder Schilde drauf achten und das Ganze so handhaben. Dennoch kann man mit der Synthese und den Möglichkeiten so schnell an Waffen kommen, das es grundsätzlich egal ist. Das Hylia Schild kann man nachkaufen oder reparieren und das Master Sword geht ja nach 10 Minuten wieder.

  3. Es gibt genau 2 Nachteile warum ich das erste Mal seit ich denken kann Zelda nicht zum Release gekauft habe und es vermutlich auch nicht kaufen werde. Das ist zum einen die Grafik, sorry Nintendo aber diese als angestaubt zu bezeichnen wäre eine Untertreibung. Das zweite Problem das ich mit dem Zelda habe, ist die immer noch fehlende Sprachausgabe. Im Jahr 2023 sollte man schon den Leuten etwa mehr bieten als Sprechblasen geblubbel. Man soll ernsthaft immer noch vieles lesen? Nintendo bleibt bei dem Thema in der Vergangenheit hängen.

    • Macht es das Leben nicht schwer, wenn man die Dinge immer verändern will ? Weshalb nicht einfach das Spiel spielen und es genießen wie es ist, anstatt darüber Gedanken zu machen, wie es sein könnte. Dieses Zelda hat gegenüber den Vorgänger soviel Verbesserungen. Wenn du vorher gerne Zelda gespielt hast, verstehe ich nicht, weshalb es dir jetzt keinen Spaß mehr machen sollte.

  4. AchtKAllesKlar says:

    Ich freue mich riesig, dass Nintendo der Konkurrenz wieder zeigt, was uns Spielern wichtig ist und was uns fasziniert. Dem Grafik- und Performanceprotz zum Trotz. Peace und Hyrule forever!

  5. Spiegel es seit dem es zwei Wochen vor Erscheinung auf einen M2 Pro mit 60fps und 2k stabil läuft. Es ist genial!

    Es beeindruckt mich eher, dass es auf dem 7 Jahre alten Handyporzessor der auch noch runtergetauchter ist damit der Akku nicht nach 30 Minuten aus geht. Das haben die sehr gut optimiert und angepasst.

    Außerdem habe ich gesehen, dass man die Switch überragten kann und dann auch auf 1k mit 60 fps auf der Switch mit Stromanschluss kommt.

  6. Heute bin ich nach ca. 60 Stunden mit der Story fertig geworden. Ein absolutes Meisterwerk, das Finale ist grandios. Gänsehaut pur. Interessanterweise hat mich BOTW nach einer gewissen Zeit verloren und ich fande es nur noch zäh, dass hatte ich bei TOTK nicht eine Sekunde. Klare Kaufempfehlung!

  7. Es scheint ja wirklich überall gut wegzukommen das Spiel. Ich muss mich immer wieder dazu motivieren es zu spielen und lege es nach kurzer Zeit dann meist doch wieder weg. Dabei hatte ich so viel Spaß mit BotW, habe mich so sehr auf TotK gefreut und jetzt bin ich von TotK nur noch genervt. Ich möchte hier aber gar nicht das Spiel haten, ich denke mir soviel Lob von sovielen Seiten muss schon gerechtfertigt sein. Nur für mich scheint es (leider) nichts zu sein.

    • Was stöhrt dich denn im Vergleich zu BotW? Weil es zu ähnlich ist?

      • Es ist für mich BotW viel zu ähnlich. Und von BotW hab ich einfach scheinbar genug gehabt, auch wenn ich es toll fand. Dazu kommt, dass Ich die neuen Mechaniken wie das Bauen nervig finde und die Steuerung beim Bauen einfach frickelig.

        • verstehe ich 🙂 ich batte damals nicht genug von BotW bekommen, bin daher voller Elan bei TotK. Jetzt gerade den Donnertempel fand ich richtig toll (ok, etwas zu einfach und zu kurz, aber doch echtes Zelda Dungeon Feeling) Aber das nächste Zelda darf dann auch wieder gerne was neues sein 🙂

    • André Westphal says:

      Mir gings schon mit dem Erstling so: Keine Frage, das Gameplay ist super, aber ich empfand die Spielwelt als zu groß und dadurch über weite Strecken recht monoton und zudem fehlte mir der Ansatz eine Geschichte zu erzählen. So an Plot oder auch Charakterentwicklung ist da ja marginal was vorhanden. Daher hab ich das Spiel dann recht schnell zur Seite gelegt, weil es für mich kein „Herz“ hatte – so gut viele Mechaniken waren.

  8. Moin Timo,

    vielen Dank für den ausführlichen Beitrag!

    Ich stimme dir inhaltlich in jedem Punkt zu und hätte es selbst kaum besser formulieren können.

    Eine Anmerkung – in deinem Text schreibst du:

    „Auch Waffen können via „Ultrahand“ miteinander oder mit in der Spielwelt existierenden Gegenständen verbunden werden.“

    Hast du, um Spoiler zu vermeiden, das Wort „Ultrahand“ in Anführungszeichen gesetzt? Eigentlich müsste es ja S******* heißen? 😉

    Ich wünsche weiterhin ein schönes Pfingstwochenende!

    LG
    Jörg

  9. Ein Meisterwerk und absolut ein mehr als würdiger Nachfolger. Technik und FPS ersetzen niemals Spielspaß.

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