Steve Jobs ist tot: kein Nachruf
Mir haben Menschen Mails geschrieben und die Medien sind voll damit – Steve Jobs ist tot. Mit 56. Krebs ist ein verdammtes Arschloch, welches schon viele Menschen aus dem Leben geholt hat. Ich werde jetzt nicht Steve Jobs‘ Tod mit anderen vergleichen. Man vergleicht weder Tod noch Katastrophen miteinander. Jede einzelne Sache an sich ist schlimm genug. Jeder, der schon einmal einem lieben Menschen die Hand gehalten hat, als oder nachdem dieser starb, der weiss wie wertvoll und zerbrechlich das Konstrukt Leben ist. Da gibt es einfach keine Skala, keine Wertung. Der Tod ist das Ende der menschlichen Hülle.
Ich schrieb vor einiger Zeit einen Text über Steve Jobs bzw. meine Beziehung zu Apple – der Text war nicht als Nachruf gedacht, passte damals aber. Und aus diesem Grunde möchte ich den angepassten Text noch einmal mit euch teilen. Steve Jobs ist tot. Auch weiss ich nicht, was ich darüber schreiben soll. Einen Abgesang auf einen Menschen, den ich nicht kenne? Einen Abgesang auf einen Menschen, den viele nur im Auge hatten, um den Wert ihrer Aktien zu beobachten? Nein, ich kann ehrlich gesagt dazu nichts sagen. Ich kann euch höchstens erzählen, wie meine Gedankengänge sind, was ich mir für die Zukunft wünsche – und wie ich eigentlich zu Apple kam 😉
Ich beschäftigte mich schon mein Leben lang mit Computern. Ich bin 34. Atari, Amiga, C16, C64 und das ganze Programm an Konsolen habe ich bis zum heutigen Tag zumindest ausprobiert. An Apple in Computerform bin ich nie „rangekommen“. Ich war Apple-Hasser. Warum? Weil ich keine Ahnung von den Geräten hatte! Ich hatte mich nie damit befasst und Unwissen ist bei vielen Menschen ein Punkt, der Angst macht.
Irgendwann schlug auch Apple in dem Geschäft ein, in dem ich damals arbeitete. Herausforderung für mich. Ich musste lernen. Und ich liebe es zu lernen, wenn die Technik Spaß macht. „Apple-Besitzer sind bessere Menschen“ sagte einmal ganz früher ein Mensch zu mir. Ratet, was ich mir dachte. „Was für ein Arschloch!“. Und ja, diese Meinung vertrete ich heute noch. Niemand ist besser, weil er irgend etwas nutzt oder besitzt. Hier kommt mein Ruhrpott-Gen wieder durch. Das sagt: es gibt nur zwei Sorten von Menschen: korrekte Menschen und Arschlöcher.
Irgendwann relativ spät kaufte ich mir mein erstes weisses MacBook. Ich kam echt nicht klar. Ich war beruflich eingespannt und hatte zwar das Wissen, wie alles funktioniert, kam aber nicht in meinen Workflow. Also den ganzen Krempel wieder verkauft und erst 2008 wieder einen privaten Blick auf Apple geworfen. MacBook gekauft, irgendwann kam der iMac dazu, dann iPod, iPad 1 & 2. Nein, natürlich nicht nur Apple – andere Technik von anderen Herstellern liebe ich auch, dazu später mehr.
Da saß ich nun und wurde vom Apple-Hater zu einem der sagt: „wow, coole Technik“. Technik muss Spaß machen und mein MacBook Air und der iMac macht mir einfach Spaß. Ziel erfüllt. Diskussionen über Preise von Apple, Politik von Großkonzernen und Co erinnern mich immer an Gespräche aus der Kneipe. Da sitzen geBILDdete Rentner am Tisch, saufen Apfelkorn und essen deutsche Schinkenwurst. Ich steige bei solchen Diskussionen immer aus.
Ich will nicht meine technischen Vorlieben, die breit gefächert sind, auf andere übertragen. Jeder muss schauen, dass er dass Gerät, die Technik findet, die ihm Spaß macht. Wenn mich Menschen um Meinung fragen, dann sage ich immer: Probiere aus, was du machen willst und schau auch, was dir Spaß macht. Technik muss einfach Spaß machen, wenn man privat viel Zeit mit ihr verbringt. Und so werkeln bei mir Windows-Gelumpe, Apple-Gedöns und andere verschiedene Technik-Firmen, die mir Spaß machen – vielleicht, weil sie innovativ sind.
Innovativ. Und das ist jetzt mein Einstiegspunkt zu Steve Jovbs. Ich will gar nicht wissen, wo wir uns heute befinden würden, gäbe es nicht Menschen wie Bill Gates, Steve Jobs & Co. Ich könnte diese Liste auf alle Lebensbereiche und Epochen ausdehnen. Menschen, die zielstrebig nach vorne gearbeitet und Dinge erfunden oder geremixt haben. Die Liste ist lang. Doch bei Steve Jobs war es halt nicht nur das Auge für die Technik, sondern auch das Verkaufen.
Es war schon immer spaßig, die Keynotes zu schauen. Übertriebene Awesomeness mit einem Hauch Magical shiny shiny. Entertainment für den Techie. Ich wünschte, es würde mehr solche CEOs geben, die mit Liebe & Leidenschaft – ja vielleicht mit ein wenig Wahnsinn auf die Bühne gehen. Steve Ballmer ist auch so einer. Menschen an denen wir uns reiben, die polarisieren – das macht doch Spaß. Ich war ja schon auf einigen Veranstaltungen, auf denen Technik vorgestellt wurde – ich bin jedes Mal schnell müde geworden. Homer Simpson hätte gesagt: „laaaaaaaaaaangweiliiiiiiig!“.
Ich mag eigentlich keine Vergleiche. Aber ein Steve Jobs ist (wie auch Bill Gates, Konrad Zuse und alle, die mir nicht einfallen) sind für mich die die Galileo Galileis unser Zeit in ihrer Sparte. Menschen, die Visionen wie Jules Verne haben und die Werkzeuge, ihre Visionen zu verwirklichen.
Nein, ich kannte Steve Jobs nicht, auch mag ich mir kein wirklich wertendes Urteil erlauben – aber wie erwähnt: ich wünschte, es würde mehr charismatische Gesichter geben, die so viel Freude in mein Techie- und Blogger-Leben bringen.
Und wer weiss – vielleicht sitzt Steve Jobs jetzt an irgendeinem Pool im Himmel, trinkt einen Cocktail und lacht. Vielleicht auch über uns – aber das wissen wir ja nicht 🙂
Bildnachweis:
1. Steve Jobs, Quelle: Apple.de
2. Steve Jobs WWDC07 von acaben unter CC 2.0
3. Steve Jobs painted portrait _DDC7953 von Abode of chaos unter CC 2.0
Zitat: „Sopho sagt
Wir sterben alle. Von Anfang an.
Das Leben ist tödlich. Gewöhnt euch dran!“
@Sophos: sehr philosophisch, Sopho, und so hilfreich…
Gute Worte 🙂
Meine einzigen Berührungspunkte zu Apple waren der Macintosh meines Sohnes und mein iPod Nano. Aber die Produkte gefallen mir. SW-seitig wären sie interessant, nur das Bezahlmodell gefällt mir nicht. Es ist mir einfach zu teuer.
Ob der Apfel ohne Steve Jobs wieder madig wird wie schon mal? Hoffe dann springt Billy Boy denen wieder zur Seite 😉
Kompliment, Caschy. Sehr gut formuliert und vor allem sehr schön differenziert (und gerade wegen letzterem viel besser als Jubel oder Verdammung von „His Steveness“).
Fakt ist, Jobs war ein Pionier und Visionär. Fakt ist aber auch, der Erfolg von Apple hing nicht nur an Jobs, sondern auch vielen Tausend anderen, die „nur“ bei oder für Apple arbeiten. Ein typischer Fall, aber nicht von „entweder-oder“, sondern von „sowohl-als auch“. Wie so oft.
Fakt ist, daß er polarisiert hat. Teils aus emotionalen Gründen (Apple-Hasser vs. Apple-Fans), teils aus technischen Gründen im weitesten Sinne (iPhone-„Fesselung“, App-Zensur auf iTunes etc.).
Aber wäre Jobs ein Engel gewesen, dann hätte er auf ner Wolke gesessen und Harfe gespielt, anstatt mit Steven Wozniak zusammen den Apple I und dessen Nachfolger zu erfinden.
Fakt ist, Steve Jobs war ein Mensch mit allen dazugehörenden Eigenschaften. Was er getan hat, war manchmal genial, manchmal besch…eiden, manchmal stinknormal – und meistens wahrscheinlich irgendwo da mittendrin.
Ceterum censeo:
Jobs in den Himmel zu loben, ist genauso blödsinnig wie ihn in die tiefste Hölle zu verdammen.
Letzten Endes macht es nur Sinn, ihn differenziert als den Menschen zu sehen, der er war; ihn wegen seiner Fehler kritisch zu betrachten; und ihm für seine Leistungen den angemessenen Respekt zu zollen.
So long, Steve. Nett, das Du auch da warst.
ich hab ihn auch nicht gekannt. vielleicht war er in ordnung, vielleicht ein arsch. kompetent war er offenbar.
wieviele nachrufe o.ä. hat das jetzt ausgelöst? wieviele minuten hat das jeweils beansprucht, wieviel engagement insgesamt?
wieviele kleine kinder verhungern jeden tag? wieviele nullen hat diese zahl hinten dran?
zugegeben moralkeule; mir ist auch klar, dass ich in einem tech-blog kommentiere.
ich will nur mal die verhältnismässigkeit ins gedächtnis rufen.
Es ist wirklich traurig, dass so ein Mensch, oder besser überhaupt ein Mensch mit 56! an Krebs sterben muss. Wann wird die Medizin endlich diese Geissel der Menschheit besiegt haben?
Oder will man vielleicht gar kein Heilmittel? Der Pharmaindustrie würden Milliardengewinne verloren gehen. Böser Gedanke nicht wahr?
Wie wird es mit Apple weitergehen? Werden die ohne Steve auskommen können müssen wollen?
Steve, rest in peace …
Es gab doch keine bessere Anerkennung, als das die meisten von seinem Tod über das Gerät, welches er entwickelt hat, erfahren haben.
…und es macht einfach spaß, solche postings zu lesen. eigenverfasste postings, ohne diese copy+paste-metalität. man merkt auch, wie ein bloggerer bei solchen beiträgen denkt…
Habe selbst einen guten Freund durch die Chemo begleitet. Das kann man wirklich keinem wünschen!
Caschy, das ist mit so viel ♥ geschrieben.
Ich musste am Ende wirklich fast weinen ;_;