Retroaktive Zensur: Disney schnippelt an Filmen bei Disney+ herum

Disney+ will in erster Linie eines sein: familienfreundlich. Deswegen lässt man auch viele Genres und Inhalte außen vor. Horror, Thriller, blutige Krimis – all das findet man beim Streaming-Anbieter nicht. Manche Inhalte bewegen sich aber an der Grenze oder weisen nur kleine Momente auf, die nicht so ganz in die geschönte Welt von Disney passen. Was macht man da? Man setzt die Schere an. Was nicht passt, wird passend gemacht.

Für Kontroversen sorgt da aktuell ein eigentlich kleiner Eingriff, der aber für ein größeres Problem steht: Im Film „Splash – Eine Jungfrau am Haken“ hat Disney eine kleine Szene zensiert, in der man für wenige Sekunden den nackten Po der Darstellerin „Daryl Hannah“ sieht. Zu viel für Disney, man verlängerte nun nachträglich digital das Haar der Darstellerin, sodass es die Kehrseite abdeckt. Aus deutscher Sicht kompletter Unsinn, in den (an der Oberfläche) prüden USA in gewisser Weise nachvollziehbar.

Allerdings wirft so eine retroaktive Zensur viele Probleme auf: Studios haben beim Streaming nun die Möglichkeit Inhalte nachträglich so anzupassen wie sie möchten – Originalversionen lässt man unter den Tisch fallen. Vielleicht wäre es da sinnvoller, Inhalte, die nicht zu 100 % zu Disney+ passen, lieber auf anderen Kanälen zu belassen? Denn derartige Zensur könnte eben nur der Anfang sein. Es sind auch weitere künstlerische Eingriffe möglich.

Flach gesprochen: Sony gefällt nicht mehr, dass Dan Akroyd in „Ghostbusters“ an einer Zigarette nuckelt, wie es in den 1980er-Jahren in vielen Filmen zu sehen gewesen ist? Vielleicht entfernt man den Glimmstängel digital oder ersetzt ihn durch einen Lutscher. Klingt albern, aber die Frage ist eben, wo die Studios am Ende aufhören werden, wenn die Tore erst einmal geöffnet sind. Disney hat da auch bei anderen Filmen die Schere angesetzt und etwa in „Free Solo“ sowie „Die Nacht der verrückten Abenteuer“ Schimpfwörter entfernt.

Auch fehlt bei Disney+ die erste Episode der dritten Staffel von „Die Simpsons“ in der Michael Jackson einen Gastauftritt hatte und im Originalton einem Charakter seine Stimme lieh – das ist rückblickend durchaus eine historische Folge gewesen, denn sie öffnete wesentlich die Türen für die vielen Gastauftritte Prominenter, die wir heute aus der Serie kennen.

Letzten Endes kann man als Zuschauer leider nicht verhindern, dass Disney an seinen Filmen herumschneidet – auch wenn man damit nicht nur dem Publikum die Option raubt einen Inhalt originalgetreu zu konsumieren, sondern auch den Kreativen im Grunde die Kontrolle über ihr Werk raubt. Bleibt zu hoffen, dass langfristig nicht noch deutlich tiefere Eingriffe in Filme und Serien die Folge sein werden.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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63 Kommentare

  1. ROFL
    Die Meerjungfrau mit Fell-Hintern….
    da war ein wahrhafter CGI Künstler am Werk

  2. Mir geht dieser weichgespühle „Hauptsache familienfreundlich“ Hype sowieso ziemlich aufn Keks, daher ist Disney+ eh nix für mich. Es muss doch nicht ALLES kindgerecht sein, wo kommen wir den da hin? Aber selbst bei Netflix oder Prime bekommt man keine vernünftigen Horrorfilme zu sehen.

  3. Der mit dem Aluhut says:

    Somit wird Zeitgeschichte verschwinden gelassen. Dinge die in der Vergangenheit normalwaren aber heute verpönt sind, werden heute nachträglich zensiert. Frühere Alltagsszenen und Darstellungen einer Zeit werden gelöscht. DIe Nachwelt erhält somit nur ein verklärtes Bild aus der Vergangenheit, statt die damaligen alltäglichen DInge jener Zeit zu sehen zu bekommen. Echt schade.

    Zusätzlich ist es bedauerlich, dass in vergangenen Zeiten wir Menschen immer freier wurden und auch mal ein nackter Po kein Aufsehen mehr erregte. Aber heute wird unsere Gesellschaft immer prüder und schafft unsere gewonnenen Freiheiten wieder ab. Man könnte glatt auf den Gedanken kommen, dass die strengen Paradigmen einer gewissen orientalischen Religion nun auch in unserer westlich ehemals freien geselslchaft ihre Paradigmen einbringt und die westliche Gesellschaft aus gutmenschlicher Toleranz sich diesen Gepflogenheiten beugt.

  4. michael h. says:

    Also nee, ein solch behaarter Hintern ist total unästhetisch. Da sieht selbst Chewie’s Hintern natürlicher aus…

    … andererseits, was war die Aufregung groß als erstmals eine nackte Frau im das Meer tauchte um Werbung für ein Seifenprodukt zu machen.

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