Netzsperren: Internetzugangsanbieter und Rechteinhaber gründen „Clearingstelle“

Man muss kein Netflix, Prime Video, Sky oder Disney+ haben, um Serien und Filme zu schauen. Im Netz gibt es seit „seit immer“ Seiten, die entweder geschützt oder öffentlich Inhalte anderer Rechteinhaber zeigen und zeigten. Movi2K oder Kino.to, das waren zum Beispiel vor vielen Jahren solche Streamingseiten. Und ebenfalls gab es früher schon DNS-Sperren von Providern, sofern diese verdonnert wurden, bestimmte Seiten für ihre Nutzer zu sperren – damals beispielsweise Vodafone bei KinoX.

Nun haben sich welche zusammengefunden, nämlich die Internetzugangsanbieter und Rechteinhaber. Humorlos und unauffällig hat man da die CUII gegründet – eine „Clearingstelle“.

Beide Seiten haben einen gemeinsamen Verhaltenskodex „Clearingstelle Urheberrecht im Internet“ unterzeichnet. Unternehmen und Verbände beider Seiten hatten zu diesem Zweck im Vorfeld ein Verfahren erarbeitet, durch das der Zugang zu sogenannten „strukturell urheberrechtsverletzenden Webseiten“ nun außergerichtlich gesperrt werden kann, wenn die gemeinsam eingerichtete unabhängige Clearingstelle unter Vorsitz eines pensionierten Richters des Bundesgerichtshofes dies empfiehlt und die Bundesnetzagentur (BNetzA) keine Bedenken gemäß der EU Netzneutralitätsverordnung hat.

Bedeutet in Kurzform: Die Rückkehr der DNS-Sperren. Treten die Rechteinhaber mit stichfesten „Beweisen“ und nach Abnicken der pensionierten Richter (!) an die Provider heran, dann können diese die Seiten für ihre Kunden nicht erreichbar machen. Also vermutlich nur für die Nutzer, die nicht in der Lage sind, eine andere Möglichkeit zu nutzen.

Strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten sind laut der Clearingstelle Webseiten, deren Geschäftsmodell auf massenhafte Urheberrechtsverletzungen ausgerichtet ist. Sie fügen den betroffenen Branchen der Kreativwirtschaft jedes Jahr große wirtschaftliche Schäden zu, indem sie unberechtigt Zugang zu urheberrechtlich geschützten Inhalten verschaffen und dadurch die Nutzung legaler Angebote behindern.

Es sollen ausdrücklich ausschließlich klare Fälle von urheberrechtsverletzenden Webseiten gesperrt werden. Dies betrifft strukturell urheberrechtsverletzende Webseiten, deren Anbieter ein Geschäftsmodell verfolgen, mit dem geschützte Werke wie Kinofilme oder Musikstücke planmäßig und ohne Berechtigung einer hohen Nutzerzahl zugänglich gemacht und damit regelmäßig hohe Werbeerlöse erzielt werden. Eine Sperrungsempfehlung durch die CUII kann nur bei Einstimmigkeit des dreiköpfigen Prüfausschusses erfolgen.

Ihr wollt sicher wissen, wer da an Bord ist, oder? Vodafone, Telekom, der Verband der Filmverleiher, STM, Telefonica, Sky, MPA (Motion Picture Association), Verband der Games-Branche, Mobilcom-Debitel, Deutsche Fussball-Liga und der Bundesverband Musikindustrie sowie 1&1 und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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23 Kommentare

  1. Statt das wirkliche Problem – nämlich die Fragmentierung von Inhalten – zu bekämpfen, kramt man solche nutzlosen Dinge wie DNS-Sperren wieder aus der Schubblade. Da merkt man wieder, dass die Content-Industrie „dieses Internet“ nicht verstanden hat.

    • Vor allem lässt sich das einfach durch einen nicht der deutschen Jurisdiktion unterstehenden DNS umgehen. Wer den DNS seines Providers verwendet ist eh lost.

    • Bei der Masse der Nutzer wird das schon funktionieren. Wir hier wissen, wie man das ändert oder auch, was das überhaupt ist, aber der normale Nutzer da draußen doch nicht.

      • Wenn der auf die Inhalte nicht zu greifen kann lernt er das sehr schnell…bspw im Edge Browser ist das eine Standard Einstellung wie bald beim chrome

      • Joa und die, die auf solchen Seiten unterwegs sind wissen es oder nutzen so oder so eine VPN. Also ist die ganze Maßnahme für’n Arsch.

  2. Ich finde es äußerst bedenklich dass nun die Wirtschaft hier in die Meinungsfreiheit eingreift.
    Das ist ureigene Aufgabe des Staates mit dem Gerichtswesen hier eine Abwägung nacht Recht und Unrecht zu treffen.
    Wenn das nun die Unternehmen tun – was kommt als nächstes? Webseiten konkurrierender ISPs blockieren? Wikipedia sperren?

  3. Einfach QUAD9 oder einen anderen freien DNS festlegen und gut ist 🙂

    • Nö.
      Einfach unbound und hyperlocal laufen lassen. Schneller als die größtmögliche Menge an DNS-Infos im eigenen Netz vorzuhalten geht es nicht. Und viel Trackingpotential durch externe DNS-Server entfällt logischerweise auch.

      • Ja so ist mein Setup auch, aber das kann man nicht jedem zumuten

        Im Interface der Fritzbox einen neuen DNS hinterlegen ist da wesentlich einfacher.

  4. Pensionierte Richter richten Probleme, mit der ein selbstgegründeter Verein außergerichtlich seine geschäftlichen Probleme abgekürzt lösen will? Echt jetzt?

    • Offensichtlich, und offenbar sogar offiziell abgesegnet durch eine Bundesbehörde.
      Und gleichzeitig wird über die poesen Chinesen grjammert. Diese Heuchelei stinkt zum Himmel.

    • das dachte ich mir auch 😀

  5. Unternehmen lassen Sperren von einem Opa durchwinken und Provider und Bundesnetzagentur machen mit.

    S.to heißt jetzt Serien.sx
    Sonst ändert sich nix

  6. 1.1.1.1 oder 8.8.8.8 nutzen.

  7. Eine privatwirtschaftlicher Verein betreibt jetzt eine Zensurbehörde ohne das es von Gerichten im jeweiligen Fall angeordnet wird?
    Oder anders gesagt, bestimmen Interessenvertreter was der Kunde zu sehen bekommt?
    Das ist mehr als bedenklich und ich hoffe stark dass ein Gericht das kippt.

    Die Ausrede das ja nur gegen bestimmte Rechteverletzer vorgegangen wird, glaube ich kein Stück.
    Derartiges kennen wir auch aus der Politik, wo aus eingriffen nur gegen schwersten Straftaten und Terrorismus ganz rasch der kleine Drogenhändler um die Ecke wird.

    Eingriffe ins Netz und in die Netzneutralität müssen hoheitliche Aufgaben bleiben und transparent gestaltet.

    Wirtschaftliche Interessenvertreter dürfen solche Macht nicht besitzen!

  8. Gegen so ausgefuchsten Methoden wie DNS-Sperren ist man natürlich chancenlos 😛

  9. Wer auf solchen Seiten ohne VPN mit eigenen DNS Servern unterwegs ist, ist eh selber schuld.

  10. Ich finds immer so anstrengend zu lesen, dass angeblich aberwitzige Milliardenbeträge durch Rechteverletzung flöten gehen. Das wäre nur der Fall, wenn viele Schlingel sich den Content nach Sperre tatsächlich vom hartverdienten EUR auch kaufen.

    Ich denke aber eher, dass kaum jemand durch eine Sperre ausgelöst wirklich Geld in die Hand nimmt für den ganzen Dreck der so produziert wird. So lange es nichts kostet schaut oder hört man halt mal rein, aber für Geld – das ist mir dann tatsächlich zu kostbar und an anderen Stellen besser investiert.

    • verstrahlter says:

      Das sind aber genau die Stategie und gegensätzlichen Positionen.

      Der eine möchte einen grosszügig geschönten „Schaden“ geltend machen, die anderen keinen aufgerufenen Preis bezahlen.

      Dadurch, dass das Geld nie bei den kreativen Leuten landet, ist die Verlockung allerdings auch gross, es den selbstgefälligen vorzuenthalten.
      Den Hals nicht voll genug zu bekommen und weltfremde Politiker und Richter von gierigen Zahlenspielereien zu überzeugen, befeuert sowas auch eher.

      Die Taktik von z.B. amazon – Gewinne grösstenteils nicht von Geiern abschöpfen zu lassen, sondern ins Projekt zu reinvestieren – ist da momentan noch sympathischer.

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