Gruner + Jahr baut Maßnahmen gegen Werbeblocker massiv aus
Werbeblocker sind vielen Verlagen und Websitebetreibern ein Dorn im Auge. Dass etwa der Axel Springer Verlag bzw. speziell Bild.de sogar Benutzer eines Adblockers komplett aussperrt, hatten einige von euch noch ironisch als sinnvollen Content-Filter umgedeutet. Nun zieht Gruner + Jahr mit Karacho nach. Nachdem man auf Geo.de bereits mit dem Aussperren von Adblock-Usern experimentiert hatte, wird diese Maßnahme im Verlauf der Woche auf sieben weitere Websites des Verlags ausgeweitet. Darunter sind auch die Portale Brigitte.de, Gala.de und Schoener-Wohnen.de.
Das Aussperren von Adblock-Usern ist freilich eine zwiespältige Maßnahme: Einerseits will man die User so dazu bewegen zu erkennen, dass die Finanzierung großer Portale ohne Werbung schwerlich möglich ist. Andererseits ignoriert man, dass das Gros der User Adblocker vor allem anschmeißt, um aufdringliche Werbung aus dem Browser zu verbannen. Im Grunde bekämpfen Sperren für Werbeblocker also nur das Symptom und nicht die Wurzel des Übels – nämlich die aufdringliche, für Nutzer störende Werbung, die den Adblockern erst zu ihrem Aufschwung verholfen hat. Irgendwo kann ich beide Seiten verstehen: Websites benötigen Werbung, um sich zu finanzieren und Nutzer wollen „in Frieden“ Content konsumieren, ohne erst etliche Pop-Ups oder Autoplay-Videos wegklicken zu müssen.
Gruner + Jahr hat sich jedenfalls dazu entschieden, dass man Nutzer mit aktivierten Adblockern nicht mehr auf seinen Seiten haben möchte. Jedenfalls gilt das für Geo.de, Schoener-Wohnen.de, Essen-Und-Trinken.de sowie Living-At-Home.de. Jene Sites lassen sich kostenlos nur noch mit deaktiviertem Adblocker nutzen. Wer den Adblocker aktiviert lassen möchte, soll stattdessen zahlen. Vorsichtiger ist Gruner + Jahr bei Brigitte.de, Gala.de, Urbia.de und Chefkoch.de: Dort erhalten Adblock-Nutzer zwar bald eine Meldung, dass sie ihren Werbeblocker doch bitte abschalten mögen – werden aber (noch) nicht rigoros ausgesperrt. Hier geht man demnach etwas sanfter vor.
Laut dem Verlag habe die Aussperrung von Nutzern mit Werbeblockern bei Geo.de sich als sehr erfolgreich erwiesen: Jeder dritte Nutzer wolle offenbar nicht auf das Angebot verzichten und schalte seinen Werbeblocker nun nach der Aufforderung ab, statt die Site zu verlassen. Negative Auswirkungen auf die Trafficentwicklung habe diese Strategie bisher nicht gezeigt. Im Klartext scheint der Content auf Geo.de also interessant genug zu sein, um die User dazu zu überreden den Adblocker zu deaktivieren und die Werbung wieder in Kauf zu nehmen. Davon geht Gruner + Jahr auch für seine anderen Websites aus.
Wie handhabt ihr das? Empfindet ihr die Strategie von Gruner + Jahr als Gängelung und meidet die Websites dann aus Prinzip oder würdet ihr, insofern der Content für euch relevant ist, den Blocker abschalten?
Gutes Geld für gute Arbeit, ist OK. Wenn der Content mich interessiert, bin ich – wie bei Printmedien auch – durchaus bereit, dafür zu bezahlen. Doch ich möchte selbst entscheiden, was ich für „bezahlenswert“ halte, und was nicht. Dazu brauche ich erst einmal freien Zugang zu den Teasertexten. Dann entscheide ich, ob mir der Inhalt des Ganzen Textes das Geld wert ist. (Die Artikel von Stiftung Warentest werden so verkauft.) Wer mich aussperrt und/oder mir meist vollkommen überflüssige (nicht an den Content angepasste) und darüber hinaus noch nervige Werbung zumutet, wird einfach auf MEINE SPERRLISTE gesetzt. Infos gibt es im Web an jeder Ecke. Weshalb glauben die Verlage, dass es wirklich notwendig – und vor allem erfolgreich – ist, ihre Leserschaft zu erpressen? So doof können die doch im Grunde genommen gar nicht sein. Oder vielleicht doch?
Naja, wenn der Grunter+Jahr Verlag das machen will, sollen sie es doch tun.
Für mich das wichtigste Argument für Adblocker ist schlicht, dass ich die Tracker nicht bemerke. Ich kann also ohne Adblocker die Tracker weder kontrollieren noch deren Menge und Auswirkungen einschätzen. Und da ich weiß mit welch geringen Datenmengen man jemand identifizieren kann, sehe ich den Einsatz von Adblockern als eine Art Autoimmunsystem an. Es ist immer an und schützt mich auch dann vor den Trackern und nerviger Werbung, wenn ich nicht bewusst darauf achte.
Besonders lustig finde ich es, wenn gerade die Verlage mit Anti-Adblockerlösungen kommen. In den letzten 10-15 Jahren habe sich diese Verlage beklagt, dass ihnen das „böse“ Internet die Einnahmequellen (= Print) kaputt machen. Bei der Print-Ausgabe von Bild geht die Auflage kontinuierlich herunter, sodass die berechtigte Befürchtung gibt, dass wir mehr Gratis-Bildzeitungen sehen, damit die Einnahme auch bei wenig Abonementen noch sprudeln können.
Selbst wenn man Geld ausgeben möchte, haben es die Verlage jahrelang verkackt. Nur den Haupt-Artikel ca. 10 Seiten online lesen? Oft genug konnte man diesen nur für 50% des Printpreises kaufen und bekam dann nur eine PDF-Version. Bezahlen tut man dann per Bankeinzug. Bei Preisen von 0,10 bis 3€ zu viel Aufwand für zu wenig Leistung.
Mittlerweile gibt es ja Blendle. Dort wird zwar massiv Javascript benutzt, aber es scheint so eine Art „Heiliger Grahl“ für die Branche zu sein.
Man will einen Artikel lesen? OK, ein Account ist nötig? So schnell einen Account wie beim Blendle habe ich selten angelegt.
Bezahlte Artikel lesen ohne Geld? Kein Problem. Blendle schenkt einem 2€, damit man das Angebot testen kann.
Man bemerkt am Ende, dass der Artikel scheiße war? Ein Klick und das Geld ist wieder da.
Man bemerkt am Artikelende, dass die ganze Ausgabe interessant ist? Man bezahlt nur die Differenz zum Ausgaben-Preis. Sobald man beim Lesen der Einzelartikel den Preis für die gesamte Ausgabe bezahlt hat, wird automatisch die restlichen Artikel der Ausgabe freigeschaltet.
Blendle macht so vieles richtig, was der Rest der Branche die letzten Jahre konsequent falsch gemacht hat, dass man fast ein „Die Hölle friert zu“-Moment hat.
Ich nutze Blendle zwar nicht oft, da ich aber – weil es so einfach ist – auch mal komplexere Analysen lese, kommen da schon 2-3€ für ca. 4 Artikel zusammen. Ob ich jemals in einem Monat so viele Werbeeinnahmen bei allen Verlagen zusammen generiert habe, bezweifle ich sehr. Ob mit oder ohne Adblocker.
Wenn also der Gruner+Jahr Verlag meint, dass dies der richtige Weg ist, sollen sie es ausprobieren. Wenn ich bei Blendle oder ganz klassisch ein gutes Print-Angebot von dem Gruner+Jahr Verlag sehe, werde ich es kaufen wie bisher, solange das Produkt für mich interessant ist. Aber auf den Grundschutz der Adblocker werde ich nicht verzichten. Ich surfe im gesamten Netz und da selbst „gute“ Seiten „böse“ Werbung verteilen können, bleibe ich bei den Adblockern.
@Alexander: danke für deinen Kommentar. Werde Blendle gleich mal testen.
@MathisD
> Zahlen werde ich jedenfalls nicht.
> in selbstständig und meine Dienstleistung VERKAUFT sich aufgrund von Angebot und Nachfrage…
Merkst du was?
> …und muss nicht quersubventioniert werden.
Auf Seiten wie dieser ist das DIE Einnahmequelle und keine Quersubvention. Wovon soll das hier bezahlt werden? Zumal du selbst sagst, dass du eben NICHT zahlen wirst.
Ich liebe es wenn sich Seiten selbst ins Aus schießen mit ihren Maßnahmen. So werden diese eben nicht mehr besucht wenn diese nur noch so vor Müll strotzten wenn sich dieser nicht redutieren läßt oder gar Abschalten…
Super! Wenn die Aktion von BILD.de für eine Sache gut war, dann eventuell als Vorbild für andere, hochwertigere Seiten. Es handelt sich schließlich um einen durchaus mutigen Schritt, aber irgendwann muss man eben etwas gegen die Gratismentalität unternehmen. Es wäre natürlich wünschenswert, dass solche Maßnahmen tatsächlich flächendeckend umgesetzt werden und die Nutzung von Adblockern maximal unattraktiv gemacht wird. Mit Bild.de, RTL now und G+J sind es nun ja schon bekanntere Namen, die auf den Zug aufspringen. Zumal insbesondere BILD.de und RTL now eine Zielgruppe ansprechen, die unter Umständen nicht immer über die Folgen von Adblockern nachdenkt.
Für viele Otto Normalverbraucher mag es bequem sein, Werbung zu blockieren. Und mit Sicherheit haben die Ad-Anbieter mit ihren Autostart-Videos (mit Ton!!!) eine Mitschuld, trotzdem sehe ich eigentlich für die Masse Nachteile. (Zweifelhafte) Werbung im Content, noch aggressivere Werbeformen, drohende Pleiten.
Ich bin bisher jedenfalls immer sehr gut ohne Werbeblocker ausgekommen und habe zudem ebenfalls seit kurzem Blendle für mich entdeckt.
Warum Gratismentalität?
Oder ist man als Verlag verpflichtet für deine Zeitungen eine Webseite zu machen? Diese Webseiten sind doch nur ein zusätzliches Angebot. Ober sind sie schon die Haupteinnahmequelle?
@Michael: es sagt doch auch niemand, dass Werbung eine sinnvolle und vor allem zukunftfähige Einnahmequelle für Publizisten ist… ganz im Gegenteil: alle, deren Geschäftsmodell allein darauf fußt, werden sich ganz schnell was anderes überlegen müssen. Ist doch auch nix, was in anderen Branchen nicht schon vorgekommen wäre. Ich bin mir sicher, dass content, der Nutzen bringt, sich auch anders und damit transparenter „verkaufen“ lässt. Als ein Caschy wäre ich da z.B. ganz entspannt, auch wenn es ein Transformationsprozess sein wird, seine „Kunden“ daran zu gewöhnen und auch selbst dann seine Leser als seine „Kunden“ zu begreifen. Das könnt schon schwieriger für manchen sein 😉
„gmmedia 9. Februar 2016 um 22:37 Uhr
Hoffentlich werden die Adblock-Schmarozer bald überall gesperrt.“
Sagte der Werbespacken, der seine Kohle mit der Belästigung von Leuten macht. Als nächtes willst du sicher das Um- oder Ausschalten am TV bei Werbesendungen verbieten.
Wenn ein Geschäftsmodell nicht ankommt, nötigt man die Kunden einfach so lange, bis sie nachgeben? LOL
Schon interessant wie hier auf dem Blog kommentiert wird. 😉
Interessant allerdings auch, dass zum Beispiel über dieses Projekt:
http://www.n-tv.de/technik/eBlocker-macht-Datenschutz-zum-Kinderspiel-article16970401.html
rein gar nichts auf diesem Blog zu finden ist (SuFu genutzt), wo doch wirklich alles mögliche an Gerätschaften oder Software hier zumindest mal erwähnt wird.
Ein kurzer Test noch:
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/eblocker-im-test/
Bin mal gespannt, ob dazu noch etwas zu lesen sein wird. Oder lieber nicht den Ast absägen, auf dem ich sitze? Interessant finde ich das Projekt allemal!
Bemerkenswert, was und wie zu diesem Thema hier kommentiert wird. 🙂
Interessant allerdings auch, dass hier alles mögliche an Gerätschaften oder Software zumindest vorgestellt und manchmal auch getestet wird. Warum:
http://www.n-tv.de/technik/eBlocker-macht-Datenschutz-zum-Kinderspiel-article16970401.html
bisher (Sufu genutzt!) nicht zu finden ist? Liest sich doch irgendwie interessant, oder?!
Ich habe einen Anbieter gefunden, der Werbung auf der Webseite trotz Adblockern mit Hilfe eines Plugins anzeigen lässt. Damit sollte das Problem der genannten Seiten doch gelöst sein? adbreach
Bei Chefkoch.de war es so, dass man die Möglichkeit hat, eine Jahresgebür zu zahlen. Dafür sollte man die Werbung deaktivieren können und als weitere Gimmicks kann man mehr Fotoalben anlegen und mehr Fotos hochladen.
Aktuell ist es aber so, dass man trotz der bezahlten Jahresgebühr /Mitgliedschaft dazu gezwungen wird, den Ad-Blocker zu deaktivieren. Ansonsten kann man verschiedene Funktionen auf der Seite nicht nutzen und neuerdings sogar eigene erstellte Schritt-für-Schritt – Anleitungen nicht mehr sehen – und die der anderen user ebenfalls nicht ! Finde das absolut unverschämt und daher bleibt mein Ad-Blocker schon aus lauter Trotz aktiviert. Jetzt erst recht ! Mal sehen, wer auf lange Sicht den längeren Atem hat !! G + J – oder die (bezahlenden) user /Mitglieder.
Es gibt auch andere schöne Koch-Seiten im Netz – da bin ich sicher !! Ich werde G + J mit Sicherheit NiCHT mehr mit meinem Jahresbeitrag unterstützen. Wer den Hals nicht voll kriegt, hat das nicht verdient. Da unterstütze ich lieber andere, die kleinere und feinere Kochseiten ins Netz gestellt haben, mit einem Jahresbeitrag.
Hallo Karl – Heinz Schultze,
deinen Beitrag kann ich voll und ganz unterschreiben !!!
Wie wäre es, wenn DU eine schnuckelige, kleine, feine Koch- und Backseite ins Netz stellst ?? Du hast das nötige Know-How und ich wäre sofort dazu bereit, mich mit einem Jahresbeitrag als Mitglied zu registrieren – und ich würde noch eine ganze „Bande“ von Hobbyköchen mitbringen. :o)