Gesetz über digitale Dienste: Kommission benennt erstmals sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen

Vom DSA (Digital Services Act, oder auch Gesetz für digitale Dienste) habt ihr sicherlich schon gehört. Ziel des DSA ist es unter anderem, EU-Bürger besser vor Desinformation, Hassrede oder illegalen Dienstleistungen zu schützen. Dazu sei es vor allem notwendig, die großen Tech-Konzerne wie Facebook, Google, Apple und Co. stärker regulieren zu können. Es wird ein Meldeverfahren gefordert, mit dem illegale Inhalte im Internet schneller entfernt werden können. Nutzern wird hierbei allerdings auch zugesichert, im Sinne ihrer Meinungsfreiheit, vor dem Löschen ihrer Inhalte, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden und sollen dann auch in der Lage sein, diese Entscheidung anzufechten.

Kommissar Thierry Breton, zuständig für den Binnenmarkt:

Heute fällt der Startschuss für die Regulierung des digitalen Raums mithilfe des Gesetzes über digitale Dienste. Der Countdown für 19 sehr große Online-Plattformen und -Suchmaschinen, die den besonderen Verpflichtungen, die ihnen mit dem Gesetz über digitale Dienste auferlegt werden, in vollem Umfang nachkommen müssen, hat begonnen.

Heute hat die EU-Kommission die ersten Entscheidungen zur Benennung von Betreibern im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) erlassen und 17 sehr große Online-Plattformen (Very Large Online Platforms, VLOPs) und zwei sehr große Online-Suchmaschinen (Very Large Online Search Engines, VLOSEs) benannt, die mindestens 45 Millionen monatlich aktive Nutzer erreichen. Überraschung: Offenbar haben bekannte Portale für pornographische Inhalte weniger Nutzer als gedacht – oder man hat einfach weniger gemeldet. Folgende Anbieter sind erst einmal genannt worden:

Very Large Online Platforms:

  • Alibaba AliExpress
  • Amazon Store
  • Apple AppStore
  • Booking.com
  • Facebook
  • Google Play
  • Google Maps
  • Google Shopping
  • Instagram
  • LinkedIn
  • Pinterest
  • Snapchat
  • TikTok
  • Twitter
  • Wikipedia
  • YouTube
  • Zalando

Very Large Online Search Engines:

  • Bing
  • Google Search

Die Plattformen wurden auf der Grundlage der Nutzerdaten benannt, die sie bis zum 17. Februar 2023 zu veröffentlichen hatten.

Nach ihrer Benennung müssen die Unternehmen nun innerhalb von vier Monaten alle neuen Verpflichtungen des DSA erfüllen. Diese zielen auf die Stärkung und den Schutz der Online-Nutzer, einschließlich Minderjähriger, ab, indem sie von den benannten Diensten verlangen, ihre systemischen Risiken zu bewerten und zu mindern und robuste Instrumente zur Inhaltsmoderation bereitzustellen. Dies beinhaltet laut der EU-Kommission wie folgt:

  • Stärkung der Handlungsfähigkeit der Nutzerinnen und Nutzer:
    • Die Nutzer erhalten klare Informationen darüber, warum ihnen bestimmte Inhalte empfohlen werden, und haben das Recht, sich gegen auf Profiling beruhende Empfehlungssysteme zu entscheiden.
    • Die Nutzerinnen und Nutzer werden illegale Inhalte leicht melden können, und die Plattformen müssen solchen Meldungen sorgfältig nachgehen.
    • Werbung darf nicht auf der Grundlage sensibler Daten des Nutzers angezeigt werden (z. B. ethnische Herkunft, politische Meinungen oder sexuelle Ausrichtung).
    • Die Plattformen müssen jegliche Werbung kennzeichnen und die Nutzer darüber informieren, wer sie finanziert.
    • Die Plattformen müssen eine leicht verständliche und klare Zusammenfassung ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in allen Sprachen der Mitgliedstaaten, in denen sie tätig sind, bereitstellen.
  • Starker Schutz Minderjähriger:
    • Die Plattformen müssen ihre Systeme umgestalten, um für ein hohes Maß an Privatsphäre, Sicherheit und Schutz von Minderjährigen zu sorgen.
    • Gezielte Werbung auf der Grundlage des Profilings von Kindern sind nicht mehr zulässig.
    • Besondere Risikobewertungen, auch in Bezug auf negative Auswirkungen auf die psychische Gesundheit, sind der Kommission vier Monate nach der Benennung vorzulegen und spätestens ein Jahr später zu veröffentlichen.
    • Die Plattformen müssen ihre Dienste, einschließlich ihrer Schnittstellen, Empfehlungssysteme und allgemeinen Geschäftsbedingungen, neu gestalten, um diese Risiken zu mindern.
  • Sorgfältigere Moderation von Inhalten, weniger Desinformation:
    • Plattformen und Suchmaschinen müssen Maßnahmen ergreifen, um den Risiken im Zusammenhang mit der Verbreitung illegaler Inhalte im Internet und den negativen Auswirkungen auf die Meinungs- und Informationsfreiheit entgegenzuwirken.
    • Die Plattformen müssen über klare allgemeine Geschäftsbedingungen verfügen und sie sorgfältig und ohne Willkür durchsetzen.
    • Plattformen müssen über einen Mechanismus verfügen, über den Nutzer illegale Inhalte melden können, und müssen auf die Meldungen zügig reagieren.
    • Plattformen müssen ihre besonderen Risiken analysieren und Risikominderungsmaßnahmen ergreifen – beispielsweise um die Verbreitung von Desinformation und die unauthentische Nutzung ihres Dienstes zu bekämpfen.
  • Ein höheres Maß an Transparenz und Rechenschaftspflicht:
    • Die Plattformen müssen sicherstellen, dass ihre Risikobewertungen und die Einhaltung aller Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste einer unabhängigen externen Prüfung unterzogen werden.
    • Sie müssen Forschenden Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten gewähren. Zu einem späteren Zeitpunkt wird ein spezieller Mechanismus für zugelassene Forschende eingerichtet.
    • Die Plattformen müssen Archive aller auf ihrer Schnittstelle dargestellten Werbeanzeigen veröffentlichen.
    • Die Plattformen müssen Transparenzberichte über Moderationsentscheidungen zu Inhalten und über das Risikomanagement veröffentlichen.

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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4 Kommentare

  1. Der einzige passus, der mir Kopfschmerzen macht, ist „Sie müssen Forschenden Zugang zu öffentlich verfügbaren Daten gewähren. „. Ich werde nicht gern Versuchskaninchen für irgendwelche Soziologen oder was immer wenn ich einen Online-Dienst nutze. Wenn ich jemandem , und sei es anonnym oder sumarisch meine Daten zur Verfügung stelle will ich erstens um Erlaubnis gefraggt werden, und zwar nicht vom Online-Dienst, sondern den wissenschaftlerInnen bzw. deren Auftraggebern /Instituten und ggf. auch Bezahlung für die nutzung meiner Daten fordern können.

    • Es ist OK, wenn es Möglichkeiten gibt, sich auf eine „Robinson-Liste“ zu setzen (so nannte man in Österreich die Liste jener, die sich von allen Postwurfsendungen ausschließen ließen), aber ich finde es nicht OK, diesen Zugang zum herrschenden Paradigma des Datenschutzes zu machen. Diesen Eindruck gewinne ich allerdings. Das wäre dann der Tod jeder wissenschaftlichen Forschung.

  2. „Bezahlung für die Nutzung meiner Daten“?
    Was denken sie, wie viel Ihr eigener Datensatz „wert“ ist? Ich tippe mal keinen Cent.

    • Hallo Matthias, warum sollte dann jemand an meinen „wertlosen“ Nutzungsdaten interessiert sein? Ich habe selbst als Teilnehmer an einigen Verhaltensstudien an einer Uni teilgenommen. Nix invasives und nichsts mit Medikamenteneinnahme. Das waren eben Studien die einen gewissen Zeitaufwand meinerseits kosteten und der aufwendigste „Eingriff“ war die Hirnstromableittung überr elektroden außen am Kopf. Aber ich bekam eine aufwandspauschale. Und wurde ausgiebig über die Verwendung der gewonnenen Daten u. a. in einem Vorgespräch informiert. Bei O2 gab es ähnlich die Möglichkeit die Nutzungsdaten anonymisiert z. B. für Mobilitätsstudien zur Verfügung zu stellen, aber mit einem optout, von dem ich auch Gebrauch machte. Gleiches sollte hier gelten. Nicht einfach weil „Wissenschaft“ drauf steht Dritten pauschal Nutzungsrechte an Daten der Personen die die Dienste dieser Anbieter nutzen auch noch per Gesetz einräumen. Meine Daten, auch anonymisierte, sind mein Besitz. Wer an meinen Besithz ran will muß fragen und u. U. eben auch zahlen.

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