Gastbeitrag: Ein Journalist „in the cloud“ Teil 1

Wie zuverlässig und wie sicher ist das Arbeiten „in the cloud“? Der Journalist Jürg Vollmer schreibt für das schweizerische Pressebüro maiak.info Hintergrundberichte über Russland, Belarus und die Ukraine. Sein Equipment — Hardware und Software — ist die Summe vieler Erfahrungen im professionellen Einsatz unter oft schwierigen Bedingungen.


On the road. Vom Redaktionsbüro in Zürich fahre ich oft mit dem superkomfortablen ICN-Neigezug in die Bundesstadt Bern und in die UNO-City Genf für Informationsgespräche und Interviews mit russischsprachigen Politikern. Dazu kommen regelmässige Flüge nach Russland, Belarus und in die Ukraine.

Innerhalb dieser drei russischsprachigen Länder bin ich unterwegs mit topmodernen Regionalflugzeugen und plüschig-nostalgischen Nachtzügen, mit der rumpelnden Elektritschka (Vorortszug) und den vollgestopften Marschrutki (Kleinbus-Sammeltaxi).

Schon im Jahre 2000 hatte ich deshalb beschlossen, als journalistischer Nomade mein ganzes „Büro“ auf dem MacBook (vor 2006 ein PowerBook) mit mir zu führen. Alles, was nicht sowieso schon in Datenform vorhanden ist, wird seither eingescannt. 2008 verlagerte ich mein „Büro“ von der Festplatte ins Internet — in the cloud.

Aber auch in dieser virtuellen Wolke braucht es handfestes Equipment, für das ich folgendes Pflichtenheft erstellt habe:

  • Die Hardware muss leicht, kompakt und robust sein.
  • Die Software inklusive Browser und browserbasierte Software muss
    schnell, sicher und zuverlässig sein.
  • Meine Daten und Dokumente müssen geschützt sein, gleichzeitig
    muss ich jederzeit und überall darauf zugreifen können.

HARDWARE

iMac

Im Redaktionsbüro und im Home Office stehen je ein iMac mit 24 Zoll-Bildschirm (und eine Nespresso-Maschine) bis zum Glühen im Dauereinsatz. Unterwegs ist mein „Büro“ eine SwissGear Signal Notebook-Tasche von Wenger.

MacBook Air

Darin steckt — 30 Tage im Standby-Modus — ein neues 13-Zoll MacBook Air mit 128 Gigabyte Flash-Speicher. Es ist klein, 1300 Gramm leicht, lautlos und mit dem Aufklappen des Displays sofort einsatzbereit, damit ich unterwegs bis sieben Stunden schreiben kann. Seine Bildschirmauflösung von 1440 × 900 Pixel hält mit jedem 15-Zoll Macbook Pro mit, so dass ich auch meine Fotos on the road bearbeite.

WLAN-Hotspot Huawei E585

Wo ich in Russland, Belarus und der Ukraine auch bin, ich errichte mir einen eigenen Internetzugang mit dem mobilen WLAN-Hotspot Huawei E585 und Prepaid SIM-Karten des jeweiligen Landes. Der 90 Gramm leichte MiFi-Router läuft mit einer Batterieladung bis sieben Stunden, exakt so lange wie der Akku des MacBook Air.

iPhone

Über den MiFi-Router sendet in Russland, Belarus und der Ukraine so oft wie möglich auch mein iPhone, sonst würde mich der Datentransfer ins Armenhaus bringen. Denn ich nutze extensiv SMS und Twitter, die Kamera mit Flickr-Upload, Scanner Pro mit Evernote– und Dropbox-Upload, miCal, die jeweilige Metro-App und den Lonely Planet City Guide, die NZZ Online und die (Schweizer) Radio DRS-App. Gelegentlich nutze ich das iPhone sogar für Telefongespräche…

Mobiltelefon mit Prepaid SIM-Karten

Für die meisten Telefongespräche in Russland, Belarus und der Ukraine verwende ich aber ein simples Siemens-Handy mit verschiedenen Prepaid SIM-Karten. Diese haben den Nebeneffekt, dass ich damit kaum zu orten bin, was bei Hinterhof-Gesprächen mit Oppositionspolitikern und Nichtregierungsorganisationen ungemein beruhigend wirkt.

USB-„Schlüssel“ und Rugged Safe-Festplatte von LaCie

Wobei ich mich nicht beklagen kann. Als Schweizer Journalist werde ich von den Behörden in Russland, Belarus und der Ukraine respektiert.
Aber man muss ja nicht sein ganzes Wissen auf dem Silbertablett präsentieren. Deshalb schlummern sensiblen Daten auf einer 300 Gramm leichten, silbernen LaCie Rugged Safe-Festplatte mit biometrischer Authentifizierung und 128-Bit-AES-Hardwareverschlüsselung.

Am Schlüsselbund hängt zudem ein unauffälliger 32GB USB Camouflage-„Schlüssel“ von LaCie, auf den ich im Büro einer russischen Nichtregierungsorganisation auch schon mal sensible Daten to go gespeichert habe. Wenn es doch einmal zu einer unfreundlichen Begegnung der uniformierten Art kommen sollte, ist der „Schlüssel“ auf den ersten Blick Camouflage genug und die Daten sind zusätzlich mit TrueCrypt verschlüsselt.

Livescribe Echo Smartpen

Bei freundlichen Begegnungen mit Politikern aus Russland, Belarus und der Ukraine sind leider oft keine Audio-Aufnahmen erlaubt. Dann hilft mir ein zweites unauffälliges Camouflage-Tool, der Livescribe Echo Smartpen. Dieser Kugelschreiber nimmt das Gespräch mit einem integrierten Mikrofon auf und zeichnet gleichzeitig die Schreibbewegungen auf dem speziellen Notizblock mit einer Infrarotkamera in der Spitze auf.

Nach dem Interview lege ich den Stift in die Dockingstation, welche die Daten über USB auf mein MacBook Air lädt. In den Audioaufnahmen kann ich navigieren, indem ich auf ein Wort im Notizblock klicke. Meine schriftlichen Notizen sind so fix mit dem Audio-Protokoll verknüpft. Und es hat sich nachträglich noch kein Politiker beschwert, dass ich seine besten Zitate wortgetreu wiedergegeben habe.

Teil 2 erscheint morgen hier im Blog…

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Hallo, ich bin Carsten! Ich bin gelernter IT-Systemelektroniker und habe das Blog 2005 gegründet. Baujahr 1977, Dortmunder im Norden, BVB-Fan und Vater eines Sohnes. Auch zu finden bei X, Threads, Facebook, LinkedIn und Instagram.

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58 Kommentare

  1. War echt interessant, wenn auch ein wenig zu apple-lastig. Mich würde mal interessieren, wie es tatsächlich mit der Sicherheit von Macs steht, die sind ja nun nicht dafür bekannt, von Sicherheitsexperten eingesetzt zu werden.

  2. Hallo Jürg!
    Ein durchaus interessanter Artikel wurde da von ihnen verfasst!
    Der zweite Teil wird sehnsüchtig erwartet 😀

    Mich würde die LaCie-Festplatte interessieren, da ich mir auch solch etwas biometrisch-verschlüsseltes zulegen möchten.
    Könnten sie vielleicht ein paar Worte zu ihrer Zufriedenheit bezüglich Gewicht, Lautstärke, Datenübertragung usw… verlieren?

    Merci vielmals!

  3. @Jürg

    „Man sollte grundsätzlich keine Fotos machen, wo es nicht erlaubt ist. Ausser man ist ein guter Sprinter oder hat einen guten Anwalt.“

    😉 Da haben Sie Recht.Allerdings sehen das manche Journalist anders.
    Sprinten hilft bei Scharfschützen wohl auch nicht mehr.

    „…Der zweite Teil meines Beitrages endet nicht zufällig mit dem Satz: “Als Russland-Journalist weiss ich: Nichts ist so, wie es aussieht.”…“

    So ist es!

  4. Sehr guter, genauer Beitrag mit vielen Praxisbeispielen.

    Freue mich schon sehr auf den nächsten Beitrag!

  5. James Bond 2.0?

  6. Sehr schöner Beitrag. Danke. Kaum zu toppen. Bin mal auf den zweiten Teil gespannt.

  7. Ich würde an dieser Stelle vorschlagen, dass wir uns duzen. Ich halte dies auch in meinem Weblog so. Einverstanden?

    @AlexW_Climbr

    Die LaCie-Festplatte ist 300 Gramm leicht und mit USB 2.0 für meine Bedürfnisse schnell genug. Und bis jetzt konnte ich mir in Moskau noch kein Hotelzimmer leisten, in dem die Festplatte lauter gewesen wäre, als der Autoverkehr vor dem Hotel. 🙂

    @domingos2

    Die Sicherheit von Macs im Vergleich zu PC kann ich nicht beurteilen. Die 128-Bit-AES-Hardwareverschlüsselung der externen LaCie-Festplatte und TrueCrypt auf dem MacBook Air oder in der Dropbox sind für meine Bedürfnisse jedenfalls Sicherheit genug.

    @Alle

    Ich denke, dass meine Sicherheitsvorkehrungen in Etwa dem Standard von Geschäftsreisenden und Journalisten entsprechen. Alles andere halte ich für leichtsinnig. Ich würde auch in der Schweiz oder in Deutschland die Notizen eines vertraulichen Gespräches mit einem Politiker oder Wirtschaftsführer verschlüsseln.

  8. Sehr interessant! Mehr davon, passt hier sicher sehr gut her. Danke Jürg für den Einblick, danke Caschy.

  9. [MacBook Air 13″] »Seine Bildschirmauflösung von 1440 × 900 Pixel hält mit jedem 15-Zoll Macbook Pro mit« – hält es nicht, nur das kleinste 15″ MBP hat 1440 × 900, die zwei größeren haben 1680 × 1050. Nur nebenbei, für die Korrektheit im Archiv.

    Sicher, dass die LaCie-Platte die Verschlüsselung _ordentlich_ vornimmt? „AES“ und viele Bits alleine sagen gar nichts, wie zahllose Heise-c’t-Tests von externen Speichermedien mit Verschlüsselung zeigen. Bisher reichte jedenfalls immer ein Tesafilm mit einem Abdruck, den man am Wasserglas des echten Nutzers abnehmen konnte. Da ist dann ein vierstelliger Code noch sicherer …

  10. Toller Artikel, äusserst interessantes Thema! Denke, in den nächsten Jahren wird das clouding noch wilder…

  11. Hallo Jürg

    liest sich wirklich in erster Linie wie Reklame für Produkte.
    Was mich beim zappen auf deiner Seite interessierte, sind Artikel die diese Vorsicht benötigen.
    Vielleicht sind mir gewisse Zusammenhänge nicht klar, aber in welcher deiner Arbeiten kann ich diese Notwendigkeit wiederfinden?

  12. Grüzi Jürg, eine feine hardwaresammlung hast du dir für deinen broterwerb zugelegt. Fehlt nur noch ein unsichtbarer SNG für liveübertragung 😉 Am meisten hat mich der LaCie-Schlüsselanhänger beeindruckt; sieht aus wie ein schlüssel und ist extrem praktisch. Alle anderen gadgets kannte ich bereits.
    Ich freue mich auf deine fortsetzung. Dein alltag ist sicher noch spannender als die ausrüstung.
    Ciao….

  13. „Sprinten hilft bei Scharfschützen wohl auch nicht mehr.“
    => Stimmt, man sollte gleichzeitig auch ein Meister im Hakenschlagen sein!

    „Marschrutki“ ist ja geil! 🙂

  14. Bitte mehr davon!

  15. Äußerst Interessanter Beitrag, freue mich schon auf den heutigen 🙂 Danke!

  16. Toller, interessanter Artikel! Ich bin häufig dienstlich bei Firmen der Hochtechnologie-Branche unterwegs. Dort muß man z.T. sein Handy sowie Kameras beim Pförtner abgeben, und WLAN-Zugänge sucht man vergebens. Da kann man Twitter, flickr und DropBox in die Tonne treten, deren dienstliche Verwendung mir jedoch ohnehin verboten sind. In der Regel werden nach Meetings die Informationen (Protokolle & Präsentationen) ganz „old-fashion“ per E-Mail verteilt.

  17. Interessanter Artikel, ist er James Bond.?

  18. Bruno Dobler says:

    Bei freundlichen Begegnungen mit Politikern aus Russland, Belarus und der Ukraine sind leider oft keine Audio-Aufnahmen erlaubt. Dann hilft mir ein zweites unauffälliges Camouflage-Tool, der Livescribe Echo Smartpen. Dieser Kugelschreiber nimmt das Gespräch mit einem integrierten Mikrofon auf und zeichnet gleichzeitig die Schreibbewegungen auf dem speziellen Notizblock mit einer Infrarotkamera in der Spitze auf.

    Ich fühle mich in meinem Misstrauen gegen Journalisten bestätigt. Heimliche Aufnahmen!?

    In der Schweiz eindeutig strafbar und ein Verstoss gegen journalistische Sorgfaltspflichten. In anderen Ländern vermutlich genauso.

    Bei Maiak und Jürg Vollmer weiss ich leider nie, was Wahrheit und was Legende oder wenigstens optimistische Selbstdarstellung ist. So oder so bewundernswert ist aber, wie es Jürg Vollmer schafft, sich sein geliebtes Berichten über Russland von einem Mäzen finanzieren zu lassen. Ich glaube, viele Journalisten wünschten sich das, doch den meisten gelingt es nie. Umso trauriger, dass es immer noch kaum Medien gibt, die Maiak-Berichte übernehmen.

  19. Vielen Dank für diesen Beitrag. Sehr interessant. Wie sieht es mit deinen Daten in der Dropbox aus? Liegen diese auch in einem TrueCrypt Archiv? USA, Server, Land, Recht …

  20. @Eduard Seifert:

    Über die von mir verwendete Software, Browser etc. berichte ich im zweiten Teil meines Beitrages.

    Um Deine Frage aber hier schnell zu beantworten:

    Die meisten Inhalte meiner Dropbox sind unverfängliche Zeitschriftenartikel, Vereins-Korrespondenz, Scans von Lieferscheinen etc. Wirklich sensible Daten kommen natürlich mit TrueCrypt in die Dropbox.

    Wobei ich bis heute noch keine abschliessende Antwort darauf gefunden habe, wie die Rechtslage mit US-amerikanischen Cloud-Dienstleistern für uns Europäer ist.

    Ob das US-amerikanische Rechtssystem und deren Hegemonie (eigene Interessen als gesellschaftliche Allgemeininteressen zu definieren und durchzusetzen) wirklich so viel besser ist, als die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 immer noch herrschenden Rechtsunsicherheit der russischsprachigen Transformationsländer, wage ich jetzt einmal zu bezweifeln…

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