Das Oppo Find N im Test

Foldable Smartphones werden wieder populär und wie man jüngst in meinem umfangreichen Testbericht zum Samsung Galaxy Z Flip4 lesen konnte, bin ich alles andere als abgeneigt. Gerade für jemanden, der in der Regel immer Apple- Geräte als Daily Driver einsetzt, ist Innovation durch einen erfrischenden Formfaktor oder generell technischer Spielereien eine mehr als willkommene Abwechslung. Super also, dass Hersteller Oppo mit dem Find N erst selbst ein faltbares Handy auf den „Markt“ brachte. Anführungsstriche, weil dieses spezielle Modell einen ganz großen Haken hat – denn Stand jetzt ist das Find N nicht im Westen erhältlich. Ob sich das ändern wird, vielleicht mit einem Nachfolgemodell wie die Gerüchteküche jüngst verlauten ließ, muss man abwarten. Das hat mich dennoch nicht davon abgehalten, einen Blick darauf zu werfen, um euch darüber zu berichten.

Unerwartet edler Ersteindruck

Das Oppo Find N erschien mit seinen 7,1“ und doch recht happigen 275 g am 17. Dezember des letzten Jahres. Das Gewicht lässt bereits erahnen, dass wir es hier mit einem großen Gesamtpaket zu tun haben – insbesondere im direkten Vergleich mit dem kompakten und nur 187 g leichten Z Flip4. In erster Linie liegt das daran, dass das Gerät wie bereits das Fold4 aus dem Hause Samsung sowie ähnlicher Modelle mit einem vollwertigen AMOLED-Außendisplay daher kommt. Dieses hat eine Auflösung von 988 x 1.972 bei 5,49“ und besteht aus Gorilla Glass Victus. Das Gehäuse ist aus glossy Aluminium und das Highlight – das innere 1.792 x 1.920 120-Hz-AMOLED-Display bei 370 ppi – aus flexiblem Plastik und einem HDR10 Peak von sage und schreibe 1.000 nits.

Verbaut sind neben dem Qualcomm Snapdragon 888 5G und wahlweise 256 GB / 8 GB RAM oder 512 GB / 12 GB RAM ein Set aus Dreifach-Kameras (Spezifikationen: Siehe Tabelle unten) als Haupteinheit sowie je eine Selfie-Kamera auf der Innenseite sowie an der Oberseite des Cover-Displays. Dazu gesellen sich Dual-SIM-Funktionalität sowie ein 4.500-mAh-Akku, welcher sich mit dem beigelegten Charger bei 33 Watt innerhalb von 80-85 Minuten im Test auf 100 % bringen ließ.

Die Verpackung kommt recht schlicht, aber ziemlich edel daher: Beim Aufklappen auf voller Breite wird der Mittelteil mit dem offen darin liegenden Find N angehoben und bietet dem Nutzer einen ersten Blick auf den erfrischenden Formfaktor des Geräts. Darunter befinden sich (nonEU-)Charger, Typ-C Kabel sowie der ganze andere, übliche Kram wie Anleitungen und Simtray-Werkzeug. Beim Auspacken bemerkt man direkt: Die aufgeklappte Form hat bei den Dimensionen von rund 133 x 140 Millimetern einen ganz anderen Schwerpunkt als etwa der Konkurrent Galaxy Z Fold4. Während letzterer unkonventionell vertikal ausfällt und somit bei manchen typischen Medien wie etwa YouTube-Videos oder Spielen für verschenkte Bildbereiche sorgt, ist das Find N praktisch quadratisch.

Die Specs:

Da wird weder gekleckert noch geknickt

Ähnlich einer Tafel Ritter Sport liegt das Oppo-Foldable deutlich angenehmer in der Hand. Es ist groß genug, um einen entsprechenden Mehrwert zu bieten, aber eben noch so kompakt in seiner Bauweise, damit seine Haptik auf Dauer nicht unangenehm ausfällt. Schwer in Textform zu erklären, daher konkret runtergebrochen: Selbst aufgeklappt fühlt sich das Find N noch wie ein Handy und nicht wie ein Tablet an. Da dürfen andere Hersteller zukünftig gerne abkupfern.

Eigentlich könnte ich den Hardware-Abschnitt in einem Satz runterbrechen: Leider ziemlich, ziemlich genial. Das Gerät selbst fühlt sich in der Hand hochwertig an – was bestimmt auch dem hohen Gewicht, vor allem aber der soliden Bauweise geschuldet ist. Alles wirkt präzise angefertigt und in Summe entsteht schon fast der Eindruck, das Find N sei aus einem Guss. Im aufgeklappten Zustand zeigt sich eine andere Überraschung, die ich tatsächlich so nicht erwartet hätte: Die Falte, welche mich noch im letzten Smartphone- Test so massiv gestört hatte, war kaum vorhanden. Selbst im ausgeschalteten Zustand oder bei verändertem Betrachtungswinkel: Kaum da. Um so begeisterter merkte ich schnell, dass man sie auch kaum bei der Nutzung spürt.

Liegt daran, dass der chinesische Tech-Gigant Oppo im Gegensatz zur Konkurrenz das faltbare Display eben NICHT knickt. Stattdessen wird es beim Schließen des Geräts in einen kleinen Hohlraum beim Scharnier gebogen. Das lässt sich leicht visualisieren: Nehmt ein Blatt DinA4 Papier zur Hand und führt beide Enden zueinander, ohne es in der Mitte zu knicken. Diese Tropfen-Form, welche sich da dann bildet, hat im inneren des Find N Platz. Was nicht geknickt wird, hat keinen Knick. Simpel, logisch und doch ziemlich clever.

Der AMOLED-Plastik-Screen im Inneren strahlt einem bei bis zu 1.000 nits und HDR10 knackig entgegen. Auf der Oberfläche scheint sich eine dünne, hauseigene Folie als Screen-Protector zu befinden. Erfahrungsgemäß sollte man an dieser im Foldable-Kontext lieber nicht herum pfuschen. Wohingegen bei meinem Review-Exemplar das Cover-Screen aus Glas ebenfalls eine mit sich brachte, die man durchaus hätte entfernen können. Im Gegensatz zu der Konkurrenz sind wir beim Oppo Find N nicht gezwungen, entweder 60 Hz oder eine dynamische Bildwiederholrate bis zu 120 Hz zu nutzen. Das mag nützlich sein, um in Summe Batterie zu sparen – kann im Alltag allerdings auch störend auffallen: Etwa wenn ich das Gerät zur Hand nehme und es noch keine 120 Hz anwählt, fühlt sich alles doch sehr träge an. Im Idealfall geschieht diese Transition natürlich flott genug, doch gerade wenn der Arbeitsspeicher am Limit ist oder das Gerät im Sommer schneller überhitzt, fällt das durchaus auf.

Hier springt einem aber auch direkt einer der größten Nachteile ins Gesicht: Das Außendisplay läuft bei 60Hz. Sprich: Wer sich zu sehr an die fluffig schnellen 120 Hz des Hauptdisplays gewöhnt, dürfte sich durchaus optisch an dem anderen Bildschirm stören. Mir fiel das im Alltag tatsächlich regelmäßig auf und ich würde genau diesen Punkt gerne bei einem Nachfolger behoben sehen – sofern er denn auch hier bei uns im Westen erscheint.

Der Telefonie-Lautsprecher des Find N arbeitet angenehm klar, sodass ihr euren Gesprächspartner in der Regel auch in lauteren Umgebungen gut verstehen könnt. Die externen Lautsprecher können durchaus abliefern, lassen sich allerdings trotzdem nicht mit der Akustik eines Apple-Produkts vergleichen. Doch für Medienkonsum, gerade da der Formfaktor dafür recht prädestiniert scheint.

Spannendes Knipser-Gespann

Die 50 MP Dreifach-Kamera – eine Sony IMX766 – an der Außenseite steht Oppo-typisch vom restlichen Gehäuse ab, fügt sich aber wunderbar ins Gesamtbild ein. Gerade die edlen Kamera-Elemente machen optisch neben der künstlich angerauten Glas-Rückseite des Geräts einiges her. Auch die Fotoqualität kann bei gutem Lichteinfall am Tag in Summe auf ganzer Linie überzeugen: Im normalen Fotomodus wird das Bild stets kontrastreich und detailstark eingefangen. Der Übergang zwischen Hauptkamera und Telefoto ist sanft und hochwertig. Nur die Ultraweitwinkel-Linse neigt zu leichten Unschärfen. Sobald sich die Lichtverhältnisse ins Schlechtere änderten, versuchte die Szenenoptimierung auszuhelfen – was jedoch schnell zum Glücksspiel werden konnte: So werden dann Kontraste zu sehr hochgeschraubt und ein leichter Farbstich gesellt sich dazu. Am Ende habe ich die HDR-Szenenoptimierung nur bei Bedarf hinzugeschaltet, wenn die Szene etwa generell schon recht farblos erscheint und ich nicht im Nachgang noch mit Filtern hantieren wollte. So unaufdringlich und präzise wie die automatische Szenenoptimierung meines mehrere Jahre alten iPhones arbeitet jene des Oppo Find N dann leider doch nicht.

Bei Aufnahmen im Dunklen hilft der Nachtmodus mal mehr, mal weniger aus. Gerade die Farben wirken schnell überkontrastiert und die Details können das eine Mal überzeugen und rutschen dann beim nächsten Mal jedoch wieder zu sehr ins Rauschen. Contenance vermisst man hier. Wenn man bei dunkleren Szenen auf den Nachtmodus verzichtet, muss man allerdings mit deutlich weniger Details und stark verwaschenen Farben leben. Etwas, dass sich bei der Nutzung der Sekundärkameras noch weiter bemerkbar macht. Beim Portrait-Modus der Hauptkamera kann man allerdings kaum meckern – der Übergang in den verwaschenen Hintergrund ist präzise und sowohl Personen als auch Gegenstände werden in der Regel sehr gut eingefangen.

Die Selfie-Kameras wirken hingegen wie gut gemeintes Beiwerk: Sowohl über dem Front-Screen als auch der aufgeklappten Innenseite sind je eine vorhanden – die sich in ihrer technisch limitierten Qualität nicht viel nehmen. Im Gegenteil, ganz gleich, ob mit der Innen- oder Außen-Selfie-Kamera geschossen: die Details gehen verloren, der Hintergrund wird nicht sauber vom Model getrennt und leichtes Detailrauschen an den Kanten (vornehmlich Haare) sorgt für suboptimale Ergebnisse. Alles wirkt unscharf und die Lichtverhältnisse werden kaum korrekt eingefangen.
Am Ende habe ich mich meistens eines Kniffes bedient, der mich dann doch recht überrascht hatte: Die 50 MP Hauptkamera kann ebenfalls zum Selfie- Schießen genutzt werden! Heißt konkret: Bei den Bedienelementen im regulären Selfie-Modus gibt es eine Funktion, um diese auf den äußeren Sekundär-Screen zu schieben. Dann dreht man das Find N um und nutzt das Dreifach-Gespann der Hauptkamera dafür. Die Ergebnisse können sich dann natürlich sehen lassen. Mit den Bedienelementen hin und her zu wechseln ist umständlich, aber ein akzeptables Übel, denn die gesonderten Selfie-Kameras sind im Alltag wirklich unbrauchbar gewesen.

Nachvollziehbar unverständlich und unvollständig

Zu guter letzt noch ein Abschnitt über die größte Schwäche eines ansonsten tollen Smartphones: Das Betriebssystem ist „out of the box“ alles andere als auf unseren westlichen Markt angepasst. Heißt konkret, dass das Handy mit zig Bloatware-Apps auf chinesischer Sprache daher kommt. Dazu gesellen sich der Mangel an so ziemlich allen notwendigen Grundlagen wie etwa der Google Play Store, Google Pay und Co. Die Systemsprache lässt sich auch höchstens auf Englisch umstellen – von Deutsch fehlt jede Spur und das Nachinstallieren wenn nur über viele technische Umwege möglich. (Spoiler: Ich habe es nicht geschafft.)

Immerhin kann man viele der vorinstallierten Apps löschen und Englisch ist auch nicht gerade das dickste Hindernis in der Alltagsnutzung. Doch täglich auf chinesische Untermenüs und Fehlermeldungen zu stoßen, ganz gleich, ob etwas anderes ausgewählt wurde, nervt. Des Weiteren ist das Einpflegen verschiedener Drittanbieter-Accounts, wie etwa die Google- und Office-365-Dienste ein Totalausfall, wie ich ihn selten erlebt habe. Doch die Krönung fand sich dann im vorinstallierten Webbrowser: Hier werden rigoros Webseiten wie etwa Reddit wegblockiert, da sie in China nicht erlaubt sind.

Auch gibt es keinerlei Möglichkeiten, um Android Auto oder Google Pay zum Laufen zu kriegen. Ich habe zwei Nachmittage lang daran verschwendet, das Gerät ordentlich mit meiner Sony-Soundanlage im Auto zu koppeln. Keine Chance, außer ich gebe mich mit reinster Bluetooth-Wiedergabe zufrieden. Gerade diese zwei Dinge nutze ich tagtäglich und stellen für mich ein ultimatives KO-Kriterium in der Import-Frage dar.

Im Kontrast zu dem mehrfach angesprochenen Samsung Galaxy Z Flip4 scheint das Find N kaum Software-Funktionen zu bieten, welche gezielt auf die Knick-Mechanik des Geräts ausgelegt sind. Ich zum Beispiel kann nicht etwa während eines YouTube-Videos meine Gedanken in einer Notizen-App festhalten. Multitasking geht ganz gut, aber solche Spielereien sucht man leider vergebens. Cool allerdings: Mit dem Fingerwischen lassen sich beinahe alle Apps in der Mitte des aufgeklappten Foldables „durchschneiden“ und entweder rechts oder links dann eine andere App öffnen. Das funktioniert in 60 % aller Fälle – YouTube und generell extern nachinstallierte Apps markieren hier die anderen 40%.

Des Weiteren scheinen nicht alle Apps gleichermaßen auf die Bildschirmorientierung anzusprechen: Nicht selten muss das Gerät einmal um 90° gedreht werden, da sich die App wiedermal in der falschen Ausrichtung geöffnet hat. (Nur bedingte) Abhilfe schafft hier die Einstellung, dass das Find N diese und jene App im Vollbildmodus frei steuern darf. Funktioniert gefühlt nur bei jeder zweiten Verwendung richtig und muss obendrein für jede einzelne (!) App von Hand eingestellt und bestätigt werden. Einen globalen Schalter hierfür gibt es nicht. Doppelt schade.

Der Rest vom Schützenfest ist ansonsten recht annehmbar. Das Betriebssystem agiert flott und fühlt sich angenehm an. Designelemente – sofern fehlerfrei dargestellt – reagieren stets auf das Auf- und Zuklappen des Geräts, was sehr hochwertig anmutet. Gerade beim ersten Aufklappen des Find N bleibt einem gerne mal vor Erstaunen die Kinnlade unten, weil sich der animierte Hintergrund mit einer abstrakt-digitalen Konstruktion scheinbar 1:1 zur Bewegung des Geräts selbst hin vor einem entfaltet. Wird niemals langweilig.

Fazit

Das dürfte das kürzeste Fazit sein, das ich je geschrieben habe: Das Oppo Find N ist im Grunde das Foldable meiner Träume, mit einer Software und entsprechenden Problemen auf die ich definitiv verzichten könnte. Wenn Oppo genau dieses hochwertige Gerät in seiner durchdachten Bauweise mit ausgereifter internationaler Software auf den Markt wirft, dürfte ich sofort zugreifen. Den genialen Formfaktor und die Bauweise vermisse ich schon jetzt. Daumen sind gedrückt.

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Timo – per Definition ein nachtaktiver Vater, Ehemann und Content Creator. Betrat das Metaverse schon, bevor Meta überhaupt verse war. Schreibt hier, dort und überall. Status: Unregelmäßiger Gastautor.

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2 Kommentare

  1. Ich hatte das Find N sehr lange auf meinem Schirm und hätte es gerne gekauft, wenn es mit Playstore nach Europa gekommen wäre. Aber leider ist es nicht der Fall. Das Gerät ist für mich hardwaretechnisch das beste, was ich mir vorstellen kann. Super Formfaktor und geile Technik! Beim Samsung Fold stört mich, dass es unausgeklappt schon so riesig ist, dass ich gar nix mehr ausklappen möchte. Ich möchte ein kleines Handy, was riesig wird, wenn man es ausklappt. Und das ist beim Find N so. Schade, dass es nicht nach Deutschland gekommen ist.

  2. Stimmt so nicht ganz.
    Auf China abgestimmt passt die Software, die wurde ja nicht für den globalen Markt angepasst, also würde ich das nicht in Stein meißeln.

    Die Aussage mit Europa ist falsch, es dreht sich nur um Deutschland.

    Wie viel Sinn es macht, jetzt das N zu testen, wo angeblich in 2 Wochen das N2 angekündigt wird, das auch global erhältlich sein soll, sei mal dahingestellt…
    Danach würde ich mir erst ein Urteil über die Software machen.

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