Bundesinnenminister will Überwachung in Deutschland stark ausbauen

Wie soll man das mit der staatlichen Überwachung bewerten? Das Thema ist komplex, denn Missbrauch ist keine reine Verschwörungstheorie mehr, sondern durch Whistleblower nachgewiesene Realität. Und ob ein Mehr an Überwachung am Ende wirklich die Verhinderung von Anschlägen begünstigt, ist hochumstritten. In anderen Ländern, in denen der Staat bereits ein deutlich wachsameres Auge hat, konnten dennoch Anschläge der jüngeren Zeit nicht eingedämmt werden. Dennoch fordert Bundesinnenminister Thomas de Maizière in Deutschland mehr Mechanismen, um die Bürger Straftäter ins Visier zu nehmen.

Ist der Preis der Freiheit ewige Wachsamkeit? Ja, doch sollte man wachsam die Bürger im Auge behalten oder nicht vielmehr die Machtinhaber und ihre Agenden? Das ist eben die Frage. Am Ende gibt es keine reine Schwarz- / Weiß-Antwort. De Maizière wünscht sich jedenfalls Software zur Gesichtserkennung im Einsatz, um bei der Videoüberwachung an Bahnhöfen „um Terroristen, Gefährder und Straftäter zu fassen.“ Unbeteiligte sollen angeblich nicht erfasst werden. Auch eine Ausweitung über Bahnhöfe hinaus hält der Politiker für wünschenswert: „Wenn die Software wirklich zuverlässig funktioniert, sollte sie bei schweren Verbrechen auch an anderen Stellen zum Einsatz kommen können, an denen öffentliche Videokameras eingesetzt werden.

Zudem würde De Maizière es begrüßen, wenn der Staat bzw. Sicherheitsbehörden Zugriff auf die verschlüsselte Kommunikation in Messengern wie WhatsApp hätte. Zumindest „unter bestimmten Voraussetzungen“ sollte der Zugriff gewährleistet sein, was natürlich sehr vage klingt. Auch Online-Durchsuchungen und Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) befürwortet der Bundesinnenminister. Dabei würden die Behörden über ihre Software Verdächtige noch während der Kommunikation überwachen. Was analog möglich sei, müsse auch digital möglich sein.

Wie gesagt, das ganze ist ein sehr kompliziertes Thema, denn auf den ersten Blick klingt absolut schlüssig, dass man nach mehr Möglichkeiten sucht Straftaten und Terroranschläge zu verhindern. Dass auch eine Überwachung und Identifizierung der Täter möglich sein muss, dürfte niemand bestreiten. Allerdings zeigten gerade die Beispiele der Vergangenheit in Deutschland, dass die Probleme ganz woanders lagen: Etwa war Anis Amri den Behörden lange vor seinem Anschlag bekannt, es wurde aber inkonsequent vorgegangen. Ob also wirklich ein Mehr an Überwachung notwendig ist und nicht vielmehr Optimierungen an anderen Stellen die Terrorbekämpfung effizienter gestalten würden, ist eine wichtige Frage.

Zumal der Blick in andere Länder oder nur das eigene im Hinblick auf die Leaks der letzten Jahre unterstrichen hat, wie leicht Überwachungsmöglichkeiten missbraucht und entgegen geltender Gesetzgebung zweckentfremdet werden. Wenn die Rechte der unbescholtenen Bürger leiden, dann ist das indrekt auch ein Gewinn für die Terroristen.

(via Tagesspiegel)

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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28 Kommentare

  1. Wer die Überschrift zu diesem Blogpost gelesen hat und meint, das Thema gehört hier nicht rein, der nutzt dann auch keine elektronische Kommunikation, weil die ja zum Thema gehört, nicht wahr?

  2. DDR 2.0

    Waren die „Volks“parteien nicht mal gegen den DDR-Überwachungsstaat. Was Straftaten sind, wird auch von denen definiert, die die Überwachung ausbauen.

  3. Ist mir ein Rätsel, wieso die wenigen politischen Artikel hier bei Cashy irgendwem immer noch zu viel sind. Kaum ein anderes politisches Thema dürfte mehr Leser betreffen als exakt dieses hier. Darüber kann gar nicht zuviel geredet werden.

    Unabhängig davon fand ich @Ninas Kommentar

    > Klar war auch, daß jemand mit dem üblichen retardierten AfD Mimimi meint, daß
    > Flüchtlinge hier etwas mit den Problemen in diesem Land zu tun hätten.

    bestens auf den Punkt gebracht. „AfD-Mimimi“, den Ausdruck muss ich mir merken. 🙂

  4. Sinnvoller als weiterer Umbau des Landes zu einem rechtsautoritären Land wäre sinnvolle Anwendung des bereits vorhandenen legalen Instrumentariums.

    Da das Terrorproblem Kausalfolge neoliberalistischer US Außenpolitik darstellt, ist nachhaltige positive Veränderung der US Außenpolitik erforderlich. Dieser Wunsch ist leider illusorisch.

  5. @Kritiker
    Absolut richtig, wir sollten allerdings dabei nicht vergessen, dass wir als drittgrößter Waffenexporteur der Welt als auch mit unserer / der französischen und britischen Beteiligung an dieser Außenpolitik teilnehmen.

  6. Von den ca. 1 Million Flüchtlingen in D sind ca. 30000 polizeibekannt d.h. mehrfach auffällig wegen diverser Straftaten. Und aus dieser Gruppe kommen auch die Terroristen. Würde man diese recht kleine Zahl aus dem Verkehr ziehen, würde das der Sicherheit und dem Bild der Flüchtlinge in der Öffentlichkeit massiv helfen. Dann bräuchte man schlicht keinerlei Überwachung.
    Und dann sollte man sich den Artikel von Sascha Lobo in Spiegel Online durchlesen wonach tausende gerichtlich teils mehrjährig verknackte Straftäter (Rechte, Linke Islamisten) frei rumlaufen und aus einer Vielzahl von (dummen) Gründen nicht da sind wo sie eigentlich hingehören.
    Auch Anis Amri, die Bataclan Leute und so gut wie alle anderen Terroristen waren polizeibekannt.

    Zu guter Letzt: Bombardieren könnte/sollte man Stadtteile wie Brüssel-Moolenbeck, Duisburg-Marxloh und Paris-St Denis statt Städte jwd (im Nahen Osten) wo die Bewohner so schon genug geplagt sind (erst heute ist die syrische Kleinstadt Draara mit 150 Faßbomben, 25 Luftangriffen und 120 Raketen belegt worden (140 Tote) – man kann also nicht sagen, daß das Militär vor Ort nix gegen Islamisten tut).

    Das unser Innenminister De Maizière ein ahnungsloser Idiot ist, braucht hier nicht weiter diskutiert werden.
    Das ganze hat tatsächlich mit irgendwelcher elektronischen Kommunikation (und deren Überwachung) überhaupt nichts zu tun sonder schlicht mit der Durchsetzung vorhandener Gesetze durch Polizei und Justiz und dem völlig mangelnden Willen Streßmacher aus dem Verkehr zu ziehen.
    Die Diskussion von @ASD einerseits und @MAX/@Hauser andererseits geht völlig an der Sache vorbei. Wenn man sich die Fakten ansieht, haben beide Seiten recht (bis auf die gegenseitigen Beschimpfungen natürlich).

  7. „Würde man diese recht kleine Zahl aus dem Verkehr ziehen, würde das der Sicherheit und dem Bild der Flüchtlinge in der Öffentlichkeit massiv helfen. Dann bräuchte man schlicht keinerlei Überwachung.“

    Eben deshalb wird das nicht gemacht. Um ein Volk unter Kontrolle zu halten muss man es ausforschen und überwachen. Und damit die Bürger das mitmachen, müssen sie in Angst versetzt werden. Da es die RAF nicht mehr gibt, die „NSU“-Affäre (mit freiberuflichen Verfassungsschutzmitarbeitern) ziemlich daneben ging und die „pösen Nazis“ einfach keine Terroranschläge verüben wollen, importiert man eben ein paar zehntausend Kriminelle und Terroristen, um dann nach mehr Überwachung und Kontrolle schreien zu können.
    Helfen würde nur mehr Polizei auf der Straße und mehr Gefängnisse für die „Intensivtäter“ und Konsorten. Aber genau dafür wird kein Geld ausgegeben. Auffällig, nicht?

  8. Die Angst der Bevölkerung vor Terroranschlägen wird weiter steigen, die Entwicklung ist erst am Anfang, die Radikalisierung hat gerade erst eingesetzt. Am Beispiel Frankreich sieht man, das selbst die nicht besonders obrigkeitshörigen Franzosen den dauerhaften Ausnahmezustand zur Terrorbekämpfung akzeptiert haben, da werden sogar Grundrechte ausgehebelt, z.Bsp. Wohnungsdurchsuchungen ohne richterliche Anordung. In GBR fehlt nicht mehr viel und man wird alle Möglichkeiten des Staats aus zu schöpfen beginnen. In der Massenüberwachung ist man dort schon weiter.

    Ein paar weitere erfolgreiche Terroranschläge in Deutschland und ich sehe nicht, wer einen Ausbau der Massenüberwachung in Deutschland verhindern sollte. Die Mehreit der Wähler wird jede Verschärfung begrüßen. Im übrigen eine zu erwartende Entwicklung. Wer seine Grenzen nicht schützt muss im Innland den Aufwand steigern, um Schutz zu gewährleisten.

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