Ausprobiert: Lenovo Yoga 910 – Convertible mit reichlich Power, nix für Gamer
Wenn man mal einen Blick auf den Notebook-Markt riskiert, dann fällt einem ein Segment immer häufiger auf: die Convertibles. Geräte, die zwar im Aufbau einem Notebook ähneln, jedoch ratzfatz zu einem Tablet oder auch in den Zeltmodus umgebaut werden können. Der Käuferkreis für solche Geräte ist sicher nicht der größte auf dem Markt, jedoch sorgt gerade die Flexibilität der Convertibles dafür, dass sich immer mehr Kunden finden, welche diesen Geräten eine Chance geben. Ich durfte mir nun in den letzten Wochen Lenovos aktuelles Yoga 910 genauer anschauen und will meine Eindrücke zum Gerät in diesem Testbericht mit euch teilen.
Generell ist es gerade die Yoga-Serie von Lenovo, die einem auf der Suche nach Convertibles für den Alltag immer wieder ins Auge fällt. Ich selbst nutze ein Asus ZenBook Flip UX360C und kenne demnach die Vorteile aber auch die Tücken, die solch ein Gerät (gerade mit Windows 10) mit sich bringen kann.
Das Lenovo Yoga 910 überzeugt beim Auspacken bereits mit seiner hochwertigen Optik, die vor allem durch die 360° Yoga Gliederscharniere zur Geltung kommt. Beim Gehäuse handelt es sich um ein Unibody-Design aus Aluminium, bei meinem Testgerät in Schwarz-Silber gehalten. Geladen wird über ein mitgeliefertes USB-Kabel mit USB 2.0 Typ-C-Stecker.
Das erstklassige 4K-Display wird von einem sehr schmalen Bezel umrahmt, was zum einen zwar sehr schnieke aussieht, auf der anderen Seite aber beim Handling in anderen Modi ein gewisses Problem mit sich bringt – komme ich aber später drauf zu sprechen.
Kommen wir vielleicht erst einmal zur Hardware, mit der die Geräte der Yoga 910-Reihe so daherkommen:
- Prozessor: bis zu Intel Core i7 der aktuellsten Generation (so auch im Testgerät verwendet)
- Betriebssystem: Windows 10 (Pro)
- RAM: bis zu 16 GB Arbeitsspeicher
- Grafik: Intel HD-Grafik
- Festplatte: bis zu 1 Terabyte PCIe-SSD
- 720p Webcam mit Dual-Array-Mikrofon
- 2x JBL Stereolautsprecher (Dolby Audio Premium)
- Display: 13,9″ (35,3 cm) 4K-Display (3.840 x 2.160) IPS-Technologie
- Akkulaufzeit: bis zu 10,5 Stunden mit UHD, bis zu 15 Stunden mit FHD (Kapazität: 78 Wh)
- Abmessungen: 323 x 224,5 x 14,3 mm (B/T/H)
- Aluminium-Unibody
- Gewicht: ab 1,4 kg
- Fingerabdruckleser (geeignet für Windows Hello)
- Konnektivität: Wi-Fi 802.11 a/b/g/n/ac – 2,4 oder 5 GHz, BT 4.1
- Anschlüsse: USB 3.0 Typ C mit Videoausgang, USB 2.0 Typ mit Ladeanschluss, USB 3.0 mit Always-On-Ladeanschluss, Audio-Kombianschluss
- Sonstiges: Hintergrundbeleuchtete Tastatur, Yoga Gliederscharniere
- vorinstallierte Software: diverse Lenovo-Anwendungen, McAfee LiveSafe und Microsoft Office 2013 als Testversion
Nun sieht die Hardware auf den ersten Blick ja schon einmal interessant aus. Die im Testgerät verbaute Kombination aus i7 und 16 GB RAM sind für meine Ansprüche allerdings schon zu viel des Guten, ich begnüge mich im Normalfall mit einem i3 und 8 GB. Aber genau hier liegt der Hund ja auch begraben:
Der Anwendungsfall ist für jeden Einzelnen ein anderer – in meinem Falle benötige ich ein Notebook nun einmal zum Bloggen und gelegentlich darf der Nachwuchs auf diesem noch einmal einen Film schauen. Ich brauche das Gerät schnell einsatzbereit und es muss für mich komfortabel zu hantieren sein. Daher schreibe ich auch diesen Testbericht hier an eben jenem Yoga 910 – das Szenario beschreibt meine Arbeit nun mal sehr gut und so kann ich das Gerät authentisch beim Bedienen bewerten.
Der Gamer könnte sich bei einem i7 der neuesten Generation und 16 GB Arbeitsspeicher auch durchaus noch einigermaßen zufrieden geben, aber spätestens bei der integrierten Intel HD-Grafiklösung dürfte ihm ein kalter Schauer über den Rücken jagen. Eines ist klar: Ein Convertible soll auch gar nicht zum Zocken gedacht sein. So sieht es halt auch beim Yoga 910 aus.
Als Arbeitswerkzeug eignet sich das Gerät dagegen aber einwandfrei für den Businessbereich. Die Leistung reicht ohne Probleme für mehrere parallel laufende Anwendungen. Beim Bloggen hab ich gern Spotify in Betrieb und habe im Normalfall für etwaige Bildbearbeitungen noch Affinity Photo geöffnet. Google Chrome dient als Browser und hat auch gerne mal 15 – 20 Tabs geöffnet, den Speicherhunger hierbei kennt der geneigte Anwender.
Dank SSD ist das System binnen weniger Sekunden hochgefahren und einsatzbereit. Eben per Fingerabdruck das Gerät entriegelt und schon kann es losgehen.
Wie aber fühlt sich das Arbeiten mit dem Lenovo Yoga 910 an? Der Unibody aus Aluminium ist schlichtweg sexy. Das matte Schwarz und die silberfarbenen Scharniere und Ränder bilden zusammen mit dem scharfen Display eine wirklich hübsche Einheit.
Das Gerät lässt sich neben der Funktion als Notebook auch noch im Zeltmodus (beispielsweise zum Filme schauen) und auch als Tablet betreiben. Am Zeltmodus lässt sich nichts weiter bemängeln, außer vielleicht, dass das Gehäuse auf harten Oberflächen schnell zum Rutschen neigt. Eine gerade Ausrichtung sollte also beachtet werden. Als Windows 10-Tablet sorgt das angenehm große Display ohne großartige Ränder wieder einmal für einen top Eindruck. Generell werden alle Toucheingaben am Bildschirm akkurat erkannt und umgesetzt, Verzögerungen gibt es keine.
Aber der Tablet-Modus offenbart leider ein paar Schwächen des Yoga 910, welche ich hier nicht für mich behalten möchte. Die wirklich schmalen Ränder am Display sorgen gerade in dem Modus immer wieder einmal nur durch das Festhalten des Geräts für ungewollte Toucheingaben. Hier muss man schon sehr darauf achten, das Gerät sehr vorsichtig zu halten. Auch die etwas scharfen Kanten vom Gehäuse sorgen im Zusammenspiel mit dem für ein Tablet recht hohen Gewicht dafür, dass man dieses nicht lang in der Hand von A nach B transportieren möchte. Nicht, dass es sich in die Haut schneiden würde. Aber lasst mich das Szenario kurz vorstellen, bei welchem mir dieser Umstand unangenehm aufgefallen ist:
Ich hielt das Gerät im Tablet-Modus links und rechts fest und platzierte es im (circa) 45°-Winkel auf meinen Oberschenkeln, um mich durch meine Google Fotoalben zu manövrieren. Bereits nach 5 Minuten drückte das 910 so unangenehm auf meinen Beinen, dass ich flugs in den Notebook-Modus zurück wechselte, um weiterzumachen. Mag nun nicht jeden so stören wie mich, aber ich hielt es dann dochfür erwähnenswert.
Leider sorgt auch das vorinstallierte Betriebssystem Windows 10 für ein weiteres Manko wenn man das Yoga 910 als Tablet nutzen möchte. In sechs von zehn Fällen sorgte nämlich der angesprochene Treiber von Windows dafür, dass ich statt Tablet-Oberfläche einen Bluescreen erhielt, der mich zum Geräte-Neustart zwang. Zwar lässt sich der Modus auch manuell über das Info-Center aktivieren, leider ist das aber nur eine unbefriedigende Lösung. Hier denke ich, könnte ein entsprechender Patch eventuell schon für Abhilfe sorgen – bin ich mir aber nicht sicher.
Das absolute Glanzstück des Yoga 910 ist in meinen Augen das farbstarke 4K-Display, welches ich gern auch in meinem ZenBook verbaut wüsste. Neben den scharfen Bildern und der einwandfrei funktionierenden Toucheingabe hat dieses aber leider auch ein ganz großes Manko zu verzeichnen: es spiegelt verdammt stark und das leider in so gut wie jeder Umgebung. Bereits in den hier im Beitrag verstreuten Fotos dürfte das sehr gut zu erkennen sein.
Bedingt dadurch, dass das Wetter in den letzten Wochen nicht immer das beste gewesen ist, kann ich leider nicht beurteilen, wie stark dieses Spiegeln im Sonnenlicht im Park oder woanders im Grünen wirken mag. Aber ich befürchte, dass auch hier viel zu oft der Zwang beim Nutzer entsteht, die Augen zuzukneifen, um mehr vom Bild erspähen zu können. Gerade in Innenräumen reicht bereits ein wenig Zimmerbeleuchtung aus einem ungünstigen Winkel oder auch das durch die Fenster herein scheinende Tageslicht, um statt Bildschirminhalten fast nur noch Spiegelungen anzuzeigen. Das stört leider wirklich enorm.
Durch die dezente Wölbung im Deckel liegen die beiden Hälften des Geräts im Tablet-Modus leider nicht plan aneinander. Finde ich nicht weiter dramatisch, stört aber beim Greifen schon ein wenig, weil der dadurch entstehende Spalt recht breit ist.
Andere Tester monierten hier und da die teilweise wohl sehr lauten Lüftergeräusche und die dadurch entstehende Wärmeentwicklung vom Gerät. Selbiges Problem erlebte ich auch. Ein Patch vom Hersteller sorgte hier aber bereits zu Testbeginn umgehend für Abhilfe.
Die Tastatur und das Touchpad verrichten beide eine sehr gute Arbeit. Das Tippen erfolgt äußerst geräuscharm und jede Taste verfügt über einen angenehm kurzen Hub und einen sehr gut spürbaren Druckpunkt. Ebenso gefreut habe ich mich über die zuschaltbare zwei-stufige Hintergrundbeleuchtung der Tastatur. Warum nun ausgerechnet die rechte Shift-Taste rechts neben die Cursor-Tasten gewandert ist, kann ich mir nicht erklären.
Zehn-Finger-Tipper könnten sich daran durchaus stören. Mich hingegen lässt diese Anordnung kalt, da ich komplett mit der linken Shift-Taste auskomme.
Das Touchpad reagiert ausgesprochen akkurat auf jede Eingabe – nicht nur beim reinen Bewegen der Maus, sondern auch bei Drag & Drop-Aktionen. Eine kleine Hilfslinie markiert den Trennbereich zwischen linker und rechter Eingabefläche, welche beim Clickpad die linke und rechte Maustaste übernehmen.
Zwischen 10,5 bis zu 15 Stunden Akkulaufzeit – je nach verwendeter Auflösung – verspricht der Hersteller. Nachdem ich das Gerät nun über mehrere Wochen im täglichen Einsatz testen durfte, würde ich an dieser Stelle mein persönliches fiktives Siegel „Murmel approved“ unter diese Aussage setzen. Ich konnte die Gesamtlaufzeit in meinem Anwendungsfall sogar auf 17 Stunden hinaus ausreizen.
Beim Sound des Yoga 910 kann ich mich auch einigermaßen kurz fassen. Die beiden JBL-Stereolautsprecher machen beim Abspielen von Musik einen eigentlich guten Eindruck – klare Mitten, dezente Bässe und in der höchsten Volume-Einstellung dürfte man auch größere Zimmer immer noch gut beschallt kriegen. Allerdings sollte man nicht allzu oft auf die höchste Einstellung setzen, dann nämlich wird es schnell blechern und die Höhen übertönen andere Geräusche sehr stark. Beim Schauen von YouTube-Videos oder beim Hören meiner Spotify-Playlists hingegen gefiel mir der Klang in humaner Lautstärke durchaus gut.
Fazit?
Selten habe ich mich mit einem Fazit so schwer getan. Das Lenovo Yoga 910 macht technisch und optisch einen ziemlich starken Eindruck. Allein die Scharniere und das wirklich schicke Unibody-Design gefallen mir schon enorm gut. Allerdings muss man auch einmal den Preis in Relation setzen mit den von mir im Test beschriebenen Problemchen, die das Gerät am Ende so mit sich bringt. Der Hersteller selbst veranschlagt für die unterschiedlichen Ausführungen zwischen 1.449 € und 1.999 €. Das ist ein happiges Sümmchen für ein knapp 14 Zoll großes Convertible, welches in den meisten Lichtverhältnissen mit starken Spiegelungen zu kämpfen hat und in Sachen Anschlüssen auch nicht allzu viel bieten kann.
Wer das nötige Kleingeld mitbringt und ein wirklich flottes Gerät für den Businessbereich sucht, der ist hier meiner Meinung nach gut beraten. Ob es hier jedoch zwingend ein 4K-Display benötigt, muss jeder mit sich selbst ausmachen. Wie eingangs erwähnt, ist der Markt der Convertibles so oder so mit dem Namen Lenovo Yoga überflutet. Alternativen lassen sich aber dennoch auch bei anderen Herstellern finden, nicht zuletzt mit dem von mir verwendeten Asus ZenBook Flip UX360C.
Vielen Dank für deinen ausführlichen Testbericht. Du sprichst genau das Problem an….Für einen „Arbeits-Convertible“ zu teuer und leistungstechnisch überdeminsioniert. Ich suche auch gerade fieberhaft nach etwas Ähnlichem, bei dem auch das Preis-Leistung-Verhältnis stimmt. Wie es aussieht werde ich mal ein Risiko eingehen und das Chuwi Hi13 probieren. Das scheint mir für einfache Arbeiten (Office-Internet-Notizen etc.) die bessere Wahl.
Einen Stylus/Stift gibt es für das Gerät nicht, oder?
Ich will ein Convertible nicht mehr missen. Meine Wahl fiel aber auf das Lenovo YogaBook. Einfach ein tolles Gerät mit toller Stiftfunktion. Perfekt für die Berufsschule. Für längere Texte schreiben, ist das Halo-Keyboard aber nicht. Aber für dies nehme ich einfach meineLogitec Bluetooth-Tastatur und das Tablet im Zelt-Modus.
Musstest Du das Gerät zurückschicken oder darfst Du das nach dem Test behalten?
@joshuabeny1999: Das YogaBook war auch in der engeren Wahl, aber in den Tests haben sie über die ungenaue Sitfteingabe (Kommentare in PDFs etc.) gesprochen. Deswegen habe ich es wieder verworfen. Kommst du mit der Stifteingabe klar?
@Matze Das Gerät ist bereits wieder verpackt und wartet darauf, an die Lenovo PR zurück zu gehen. Habe ja mein ZenBook parat, welches noch immer hervorragende Dienste verrichtet 😉
@Benjamin
Das ZenBook ist wirklich ein sehr feines Gerät. Würde ich mir aktuell ein Notebook kaufen wäre es entweder ein Zenbook oder ein Surface Book. Beides hervorragende Geräte.
Kann hier nur das HP Spectre x360 hervorheben. Hab mich gegen das Lenovo und Asus entschieden.
@Chriscube Die Stifteingabe ist sehr genau auf dem Halo-Keyboard. Dort geht sie wunderbar. Auf dem Display ist sie nicht so gut. Mit einem Papier und dem Kugrlschreiber kann man noch viel genauer schreiben. Doch man gewöhnt sich schnell daran direkt auf die schwaze Fläche (Halo Keyboar) zu schreiben und dies geht prima.
@Eric Ich habe mich auch fürs Spectre entschieden. Gleiche Preisklasse wie das Lenovo, ebenfalls gute Verarbeitung (wobei das Yoga-Scharnier schon cool ist). Hat aber einen Digitizer, ohne würde ich kein Convertible kaufen. Und die Anschlüsse beim Lenovo sind ja wohl ein schlechter Witz…