Streaming: Kreative und Anbieter streiten um Einstufung als „Home Video“ oder „Pay-TV“
Für den Zuschauer ist es einerlei: Streaming kann man sowohl als modernes Äquivalent zum früheren Kauf von VHS-Kassetten und optischen Datenträgern betrachten oder eher als eine Art Pay-TV-Angebot. Für beide Sichtweisen gibt es gute Argumente. Für Kreative kann die Einordnung jedoch einen erheblichen Unterschied machen, wenn es an die Entlohnung geht. Daher streitet sich aktuell der Entertainer Bill Nye („Bill Nye the Science Guy“) mit Disney.
Es geht, wie sollte es anders sein, um das liebe Geld. Im Klartext behält Disney 80 % seiner Einnahmen durch Streaming-Angebote für sich selbst. Das ist möglich, weil man diese Einnahmen dem Bereich „Home Video“ zuordnet. Nur 20 % fließen also an andere Stakeholder – zum Beispiel die Kreativen. Diese Verteilung stammt aus einer Zeit, als Videokassetten noch den Ton angaben und sei daher nicht mehr zeitgemäß, so Nye und sein Anwalt. Für Disney entstünden heutzutage weitaus geringere Kosten, da man quasi nur digital aufs Knöpfchen drücke und keine Kassetten oder Discs herstellen und vertreiben müsse.
Nye fordert daher eine höhere Beteiligung für Kreative. Nicht nur Disney, auch andere Streaming-Anbieter wie Amazon Prime Video und Netflix würden enorme Einnahmen erwirtschaften und die Kreativen daran kaum beteiligen. Eben weil man sich noch auf den Verteilungsschlüssel für „Home Video“ berufen könne. Das ist für Alteingesessene wie Nye relevant, da sie sich noch auf Verträge berufen müssen, die teilweise aus den Anfängen der 1990er-Jahre stammen. Damals war an moderne Streaming-Plattformen noch nicht zu denken.
Bisher unterlag Nye jedoch vor Gericht, will aber durch weitere Instanzen gehen. Der Vorwurf lautet, dass Disney und Konsorten auf unfaire Weise von alten Verträgen profitieren, die der aktuellen Wirklichkeit nicht mehr standhielten. Die Anwälte Nyes argumentieren, die Einnahmen durch Streaming sollten eher ähnlich wie Kino- oder Pay-TV-Erlöse eingestuft werden. Viele Studios würden das auch so handhaben – Disney weigere sich jedoch. Andernfalls erhielten die Kreativen höhere Beteiligungen, wenn es um Pay-TV-Lizenzen gehe.
So käme es dann zu einer Aufteilung von 50 zu 50 statt 80 zu 20. Nye und weitere Stakeholder würden dann also deutlich höhere Zahlungen erhalten. Disney argumentierte vor Gericht, Streaming-Angebote wie Disney+ seien eine Evolution im Bereich „Home Video“ und stünden dem näher, als dem Fernsehen wie Pay-TV. In Nyes Vertrag ist nun für seine Beteiligungen konkret von Einnahmen die Rede, die sich auf „Videogeräte“ beziehen. Damit sei laut dem Entertainer damals ein VHS-Rekorder gemeint gewesen. Das könne aus seiner Sicht kein Streaming-Angebot sein – das sei ja nicht einmal ein physisches Gerät.
Letzten Endes muss man hier mal abwarten, was die Zukunft bringt. Das Problem für Kreative könnte sein, dass sie nur noch anfangs eine hohe Zahlung erhalten, auf lange Sicht aber deutlich geringere Summen fließen, als das früher der Fall gewesen ist. Hier werden alle Beteiligten also wohl in Zukunft anders verhandeln müssen.
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Und am Ende zahlen die Nutzer die ganzen Anwaltskosten. Egal in welche Tasche das Geld nun wandert. 😉
„Für beide Sichtweisen gibt es gute Argumente.“ – Wie sind denn diese Argumente?
Was mir jetzt spontan einfällt – Home Video: Da kaufe ich einen Datenträger (VHS/DVD/…) und der gehört mir dann, kann ich so oft ansehen wie ich möchte, ohne weitere Kosten (wäre aktuell demnach ein Kauf eines Filmes, ohne notwendiges Abo). Streaming wäre dann eher die Videothek bei dem ich bei jedem Abruf bezahle.
Die Argumentation Streaming = Home Video ist mir daher überhaupt nicht schlüssig…
Meiner Meinung nach sind Videotheken und Filmverkauf (z.B. bei Saturn) Home Video, da ich einen Anspruch drauf habe, dass ich diesen bestimmten Film bekomme. Entweder ganz oder nur geliehen.
Bei Pay-TV habe ich Zugang zu dem Kanal und kann gucken was es gibt. Wenn etwas gestern verfügbar war und heute nicht mehr, dann hab ich Pech gehabt und keinen Anspruch auf diesen einen Film.
Gutes Argument, bei den Eigenproduktionen wie von Disney und Netflex& Co. zieht das.
Aber bei bspw. Netflix, wenn was die Lizenz für Fremdcontent ausläuft, ist der Film weg.
Ich würde mal sagen, dass man die Produktionskosten und Vermarktung von Videokassetten mal die Kosten für den Betrieb eines PayTV-Kanals oder als Streaming-Dienst gegenüberstellen müsste. Ich kann mir vorstellen, dass die laufenden Kosten da bei einer Streaming-Plattform um ein vielfaches höher sind aber wahrscheinlich ab dem Breakevenpoint pro Abo deutlich geringer ausfällen. Wäre zumindest mal eine interessante Rechnung.
Da gibts keine zwei Sichtweisen. Es ist ganz klar ein Pay TV Angebot. Denn keine der Sendungen „besitzt“ man und könnte jederzeit verschwinden bzw. die Nutzungsrechte verschwinden, wenn man den Service kündigt. Da gibt es eigentlich keine Diskussion. Aber ist klar, das die grosse Entertainment Firma wieder den kreativen über den Tisch ziehen will. Aber immer sind die bösen Fans schuld.