Vorratsdatenspeicherung: EU-Staaten treiben sie erneut massiv voran

Die Vorratsdatenspeicherung ist ein Thema, das uns in unterschiedlichen Varianten und Härtegraden seit Jahren begleitet. Es geht darum, Nutzungsdaten von Internetdiensten anlasslos zu speichern. Kritiker sehen darin einen Schritt hin zur Massenüberwachung und eine massive Einschränkung der Bürgerrechte. Zumal der praktische Nutzen zur Verbrechensbekämpfung in Studien in aller Regel nicht klar nachweisbar ist. Dennoch hält die Politik daran fest. Mehrere EU-Staaten haben einen neuen Vorstoß im Auge.

Sie fordern ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, das deutlich schärfer sein soll, als bisherige Vorgaben. Man fordert, dass so gut wie alle Internetdienste ihre Nutzerdaten anlasslos speichern sollen – für ein Jahr. Inbegriffen wären da natürlich auch Messenger wie Signal, Telegram oder auch WhatsApp. Dass so eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung mehrfach als unverhältnismäßig und rechtswidrig vor Gericht gekippt worden ist, auch vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof, scheint die Politik wenig zu kümmern.

Auch in Deutschland drängt man auf die Vorratsdatenspeicherung. Sie ist sogar im Koalitionsvertrag festgehalten und soll Zugangsanbieter verpflichten „IP-Adressen und Portnummern“ drei Monate lang zu speichern, damit diese Anschlussinhabern zugeordnet werden können. Die EU-Pläne gehen aber wie erwähnt noch weiter und sehen zum einen umfassender Datenspeicherungen vor und zum anderen längere Verwahrungsfristen. Einige Mitgliedsstaaten fordern dabei ganz direkt eine Vorratsdatenspeicherung durch Over-the-Top-Dienste, also eben durch z. B. WhatsApp und Co.

Speicher, speichern – überwachen

Als weitere Dienstleister, welche die Vorratsdatenspeicherung durchführen sollen, nennt man noch z. B. Zahlungsdienstleister, Filesharing- und Cloud-Dienste, Vermittler von E-Commerce- und Finanzplattformen, Lebensmittellieferdienste, Hosting-Anbieter, Taxi-Services, Gaming-Plattformen und Automobilhersteller. Im Grunde sollen also alle fleißig Nutzerdaten horten, die nicht bei drei auf den Bäumen sind.

Viele EU-Staaten begnügen sich deswegen nicht mit den deutschen Plänen, nur IP- und Portadressen zu speichern, weil sie das nur als Minimal- bzw. Mindestdatenkategorien bewerten. Teilweise wird auch der offene Wunsch geäußert, Seriennummern von Internet-Geräten zu speichern. Auch Kommunikations-Verbindungs-Daten wollen einige Länder speichern. Daraus könnte man dann ableiten, wann ihr wo, wie und mit wem kommuniziert habt. Es gibt auch EU-Staaten, die gerne Standortdaten gespeichert wissen wollen. Die Aufbewahrungsfrist von einem Jahr wollen einige Länder dabei gerne als „Mindestfrist“ verstanden wissen, sodass bei Bedarf auch längere Dauern möglich wären.

Wozu die gespeicherten Daten am Ende verwendet werden könnten, halten sich die Staaten dann eher offen. Offen wird angesprochen, dass sie nicht nur für schwere, sondern für praktisch alle Straftaten und auch Belange der nationalen Sicherheit relevant sein könnten. Die meisten Staaten befürworten, die Daten z. B. auch für Ermittelungen bei weniger schweren Online-Straftaten wie Stalking zu nutzen, wo das Strafmaß zwar moderat sei, ohne die Daten aber praktisch keine Ermittlungen möglich wären.

Ein konkreter, neuer Gesetzesvorschlag für die Vorratsdatenspeicherung in der EU soll 2026 kommen. Netzpolitik hat aktuelle Protokolle dazu veröffentlicht, welche die Pläne transparenter machen. Ich selbst sehe das extrem kritisch, zumal sich einmal erhobene Daten später sehr leicht missbrauchen lassen würden.

Transparenz: In diesem Artikel sind Partnerlinks enthalten. Durch einen Klick darauf ge­lan­gt ihr direkt zum Anbieter. Solltet ihr euch dort für einen Kauf entscheiden, erhalten wir ei­ne kleine Provision. Für euch ändert sich am Preis nichts. Partnerlinks haben keinerlei Einfluss auf unsere Berichterstattung.

Gefällt dir der Artikel? Dann teile ihn mit deinen Freunden.

Avatar-Foto

Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

Neueste Beiträge

Mit dem Absenden eines Kommentars stimmst du unserer Datenschutzerklärung und der Speicherung von dir angegebener, personenbezogener Daten zu.

5 Kommentare

  1. In der sehr nahen Zukunft ist es wohl unvermeidlich, dass wir nur noch über ein VPN ins Netz gehen – jedenfalls, wenn man von dieser Problematik weiss. Allerdings hoffe ich zuerst, dass Apple die Funktion “Private Relay” auf den ganzen Internet-Traffic ausdehnt – und ihn nicht mehr nur auf Safari beschränkt.

    • Und den VPN Anbieter oder Apple, also meist und bei Apple sicher Ultra-Kapitalistische unternehmen (notabene mit Sitz in den USA, in denen Datenschutz eh inexistent ist), vertraust du mehr als der EU? Naja. Sage nicht, dass das Gesetz der EU gut ist, nein es ist eine Katastrophe. Aber sich auf Apple oder VPN Anbieter zu verlassen ist dann extrem Naiv.

  2. Als ob die EU nicht andere und dringendere Probleme hat. Einfach unverständlich, dass das in regelmäßigen Zyklen immer wieder auf die Tagesordnung kommt und Geld verbrennt!

    • Das größte Problem der EUrokraten ist es, dass die Bürger nicht ausreichend überwacht werden.

      Manchmal bekommt man den Eindruck, da wird alles für den Machtwechsel und ein autokratisches System vorbereitet. Demokratie und demokratische Prozesse müssen als Deckmäntelchen herhalten. Parallelen zur dunkelsten Zeit deutscher Geschichte sind m. E. nicht von der Hand zu weisen. Deshalb, „Wehret den Anfängen!“

  3. Mir fehlen die Worte. Sie versuchen es einfach immer und immer wieder :-/

  4. Next Level: Kameras in jedem Raum der eigenen Wohnung mit Gesichtserkennung für den Besuch inkl. Melder wann ein Schrank geöffnet wird, welche Lebensmittel eingekauft und verzehrt werden und die Durchlaufmenge des Wassers beim Duschen.

    Die sollen mir nicht wieder mit Pädos kommen, die sind mittlerweile mit KI Bildern versorgt was noch eine Grauzone ist. Im Zuge der Rechten in einem Rechtsstaat macht mir diese Überwachung langsam Angst. Nicht für mich, sondern die, die nach mir und uns kommen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Es werden alle Kommentare moderiert. Lies auch bitte unsere Kommentarregeln:

Für eine offene Diskussion behalten wir uns vor, jeden Kommentar zu löschen, der nicht direkt auf das Thema abzielt oder nur den Zweck hat, Leser oder Autoren herabzuwürdigen. Wir möchten, dass respektvoll miteinander kommuniziert wird, so als ob die Diskussion mit real anwesenden Personen geführt wird. Dies machen wir für den Großteil unserer Leser, der sachlich und konstruktiv über ein Thema sprechen möchte - gerne auch mit Humor. In jedes Thema Politik einbringen ist nicht erwünscht. Es besteht kein Recht auf die Veröffentlichung eines Kommentars.

Du willst nichts verpassen?

Du hast die Möglichkeit, den Kommentar-Feed dieses Beitrags zu abonnieren. Wer natürlich alles lesen möchte, der sollte den Hauptfeed abonnieren.