Ulmer Nester: Smarte Schlafplätze für Obdachlose

Bild: Ulmer Nest (Widerstand & Söhne GmbH, bootschaft GbR)

In der deutschen Stadt Ulm hat man ein Projekt namens Ulmer Nester gestartet. Damit sind Schlafplätze für Obdachlose gemeint, die auch smarte Funktionen integrieren. Der Sinn der Nester liegt darin, Menschen ohne ein Dach über dem Kopf vor dem Erfrieren zu schützen.

In einem Interview mit dem Bayrischen Rundfunk hat einer der Initiatoren des Projekts, Falko Pross, die Zielsetzungen und das Vorgehen ein wenig aufgeschlüsselt. So sollen die Schlafkapseln vor niedrigen Temperaturen schützen. Über Sensoren erkenne man, wenn sich eine Person hereinlege. Das erfolge jedoch anonym. Eine Kamera sei also nicht verbaut. Man erkenne über einen Bewegungsmelder, ob die Klappe auf- bzw. zugehe. Passiere das, dann leite man im Falle eines belegten Nestes eine Meldung an die Caritas Ulm sowie die Stadt Ulm. Am nächsten Morgen suche die Caritas das Nest auf und prüfe weitere Maßnahmen. Beispielsweise werde die Person eingeladen in die Wohnungslosenhilfe zu kommen.

Sollte das jeweilige Nest beschädigt worden sei, könne die Caritas einen Reparaturauftrag starten. Auch ein Reinigungsauftrag sei möglich. So könne man relativ günstig sicherstellen, dass die Schlafplätze benutzbar bleiben. Im Grunde sind die Ulmer Nester also ein niederschwelliges Angebot für Obdachlose. Erste Funktion ist der Notfall-Schlafplatz in der Nacht. Sekundär stellen die Nester aber eben auch Kontakte her. Da habe es auch schon positive Rückmeldungen gegeben, etwa dass die Obdachlosen sich nicht so sehr als Bittsteller fühlen würden.

Tagsüber sind die Ulmer Nester geschlossen, sie entriegeln sich erst Abends – ab 18 Uhr. Laut Pross habe es man so auch geschafft, ein wenig Struktur in den Alltag einiger Personen zu bringen. Auch, weil die Caritas morgens ja die Übernachtung beende. Dies kann eventuell im Einzelfall helfen, ein wenig wieder in die richtige Spur zu führen. Das Endziel sei es natürlich, die Obdachlosen wieder von der Straße zu holen und ihnen richtige Wohnungen anzubieten. Dies sei jedoch oft nur langfristig zu erreichen.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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20 Kommentare

  1. Krass was diese Dinger für Kreise ziehen! Aber ja, vielleicht nehmen sich ja andere Städte ein Beispiel.
    Viele Grüße aus Ulm!

  2. Super Idee, die in der Praxis bestimmt ein paar Tage gut funktionieren, bis die Teile vollgekotzt, vermüllt und als Drogen- und Alkoholdepot missbraucht wurden. Die Lebensführung dieser Zielgruppe lässt einfach alles in ihrer Umgebung in Windeseile verkommen. Aber irgendeine Stadt muss ja die ersten Erfahrungen damit sammeln um den Beweis zu erbringen.

    • Bitte gehen Sie nach Telegram um Ihre Meinung zu trollen!
      Ich mag es gar nicht, wenn Aussagen (alle Obdachlosen sind drogenabhängig und selbst schuld an ihrem Schicksal und können nicht für sich selbst sorgen) pauschalisiert und – wie in diesem Fall auch noch für billige Polemik missbraucht werden.

      • Wir nennen Aussagen aushalten, die uns nicht gefallen Toleranz.
        Was Sie hier betreiben wirkt gutmenschlich und ist passend wie üblich aber Hetze. Denn Sie laden ja nicht zu einer Diskussion ein, sondern maßen sich besserwisserisch an und wollen des Platzes verweisen. Sie selbst blockieren mögliche Erkenntnisse. Genau was Sie ja mit Fingerzeig unterstellen möchten.

        • Auch wenn es möglicherweise falsch ankam…
          @Martin hat auf jeden Fall Recht

        • therealThomas says:

          Man sollte immer offen für eine Diskussion sein, ja.
          Aber ich empfinde Daniels Kommentar als absolut. Er hat sein Urteil gefällt und daran gibt es nichts zu rütteln, die anderen werden schon sehen, dass er recht hat. Mit so einer Einstellung beim Gegenüber kann eine Diskussion doch gar keinen ergiebigen Verlauf nehmen, oder?

          • Wohnungslosigkeit in DE ist oft Schicksal.
            Obdachlosigkeit hingegen ist Wahl.

            Es gibt in DE ein breites Hilfsangebot für Wohnungslose – inkl. Rechtsanspruch(!) auf Unterbringung auf ca. dem Niveau einfacher Jugendherbergen.

            Jedem, der statt (egal, aus welcher Richtung!) Propaganda zu treiben lieber sachlich informiert diskutieren möchte lege ich ans Herz, sich in diese Publikation der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. einzulesen¹.
            Wiewohl die BAG WLH e.V. ein Interessensverband ist deckt sich die Darstellung weitgehend mit den Aussagen aus NVwZ 20/2012, S. 1283 ff „Die polizei- und ordnungsrechtliche Unterbringung von Obdachlosen“ – dürfte also sehr nah an der Realität liegen.

            ¹ https://www.ebet-ev.de/files/EBET/evo/Recht/Ruder%20Rechtsgutachten%20Unterbringung%20BAGW.pdf

        • Interessanter Standpunkt – aber m.E. fällt es nicht unter Toleranz, wenn pauschal ganze Personengruppen diffamiert werden. Das wird dann auch nicht mehr durch Meinungsfreiheit gedeckt.
          Durch zu viel Toleranz geben wir ja Trollen die Möglichkeit, ihre pervertrierten / falschen Meinungen immer weiter zu verbreiten. Wohin das führt, sehen wir leider gerade in aller Welt, wo man zwischen falschen und richtigen Informationen teilweise nur schwer unterscheiden kann. Und leider gibt es genügend Nährboden von Menschen mit geistig unterdurchschnittlichem Horizont oder Fanatikern, bei denen das rationelle Denken aussetzt.

          Dies ist aber auch das falsche Forum. Im Beitrag ging es um die Unterstützung von Menschen, die durch das gesellschaftliche ‚Normal‘ gefallen sind. Es geht weder um die Zuweisung von Schuld, der Suche nach Ursachen und deren Lösung. Sondern ganz einfach um eine schnelle, unbürokratische Hilfe für Menschen, die sich sonst nicht weiter helfen können. Und das kann ich nur befürworten!

          • Warum soll das nicht durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein? Ist hier § 130 StGB (Volksverhetzung) davon betroffen? Ich denke nicht, denn sonst dürfte man ja gegenüber keiner gesellschaftlichen Gruppe mehr ein Sterbenswörtchen der Kritik übrig lassen. Ein permanenter Eiertanz um gesellschaftliche Probleme wäre die Folge, was diese eher verschärfen und zu noch mehr Unmut gegenüber dieser gesellschaftlichen Gruppen führen würde.
            Ich denke nicht, dass es das ist, was du dir wünscht. Wir leben glücklicherweise noch in einer liberalen Demokratie, in der auch Dinge gesagt werden dürfen, die vielleicht nicht Jedem gefallen.
            Zum Thema: Es gibt unzählige präventive als auch akute Hilfen, die bereitstehen. Wer diese nicht annimmt, wird sich auch nicht bereitwillig in so einen „Pennersarg“ kuscheln. Das wird ein theoretisches Konzept bleiben.

        • FriedeFreudeEierkuchen says:

          „Wir nennen Aussagen aushalten, die uns nicht gefallen Toleranz.“
          Toleranz – Schon mal selbst ausprobiert? Wohl eher nicht…

          „Was Sie hier betreiben wirkt gutmenschlich und ist passend wie üblich aber Hetze.“
          Irgendwo ist beim Schreiben etwas verloren gegangen. Der Satz macht keinen Sinn.
          Und: Ist man ein Schlechtmensch, wenn man sich von „Gutmenschen“ abgrenzen muss? Und wie passt das zu Ihrer beschworenen Toleranz?

          „Sie selbst blockieren mögliche Erkenntnisse.“
          Welche Erkenntnisse ergeben sich aus pauschalierten Aussagen?

          Und kommen wir zum interessantesten Punkt: Was wäre Ihr Vorschlag für den – nach Ihre Meinung – korrekten Umgang mit Obdachlosen?

    • (von mir nicht verifizierten) Berichten aus Ulm zufolge wird automatisch ‚eine Stelle‘ (Behörde/Betrieb der Stadt?) von der Belegung eines ‚Nests‘ unterrichtet und schaut am nächsten Morgen
      a) nach dem Benutzer, ob er Hilfe benötige
      b) nach dem Zustand des ‚Nests‘ und reinigt/desinfiziert Dieses

      Ich sehe die ‚Nester‘ aus einem anderen Grund sehr kritisch:
      Sie stellen wenige sehr privilegierte (trocken, rel. warm, geschützt) Schlafplätze dar, um deren ‚Besitz’/Nutzung sicher noch härter gekämpft werden wird, als das bei gewöhnlichen Schlafplätzen („Platte“) bereits der Fall ist.

  3. Sieht behaglich aus. Warum nicht auch für Billiglöhner?
    An der Stapelbarkeit müsste noch gearbeitet, um die notwendige Mobilität zu gewährleisten.

  4. Ich bezweifle den Erfolg. Allein der morgendliche Besuch dürfte abschrecken, aber auch schon das Wissen um Kenntnis, dass derjenige sich eben da befindet. Ich hätte da noch einige weitere Dinge aus vermuteter Sicht der Betroffenen. Trotzdem hoffe ich zum Wohlfühlen natürlich, dass das was bringt.
    Denn was anderes ist das nicht. Wir sehen die Leute einfach als uns selbst, was zwar gut klingt, aber nicht realistisch ist. Man kann und sollte(!) niemandem helfen der sich nicht helfen lassen will! Das einzige was sinnvoll wäre, sind Abbau von erpresserischen Mechaniken für jene die eben wollen. Denn einzig die stehen im Weg. Schröders dummes „Fördern und FORDERN“.

    • Wenn ich dir Wahl habe zu erfrieren, oder in einem „kleinen“ Kasten zuschlagen und am nächsten Morgen ein Gespräch führen zu „müssen“.

      Dann will ich eher mein Leben behalten…

  5. Sehr gute Idee, nur hoffe ich, dass die Dinger nicht mutwillig zerstört werden.. Ich werde die Idee mal bei uns in den Stadtrat bringen.

  6. Ich finde das ein beeindruckendes Projekt. Ob es funktioniert wird man sehen. Ich kann hier weder die negativen, noch die überschwänglichen Kommentare verstehen. Die Wahrheit über Akzeptanz, Funktionalität und „gebrauchen/missbrauchen“ liegt sicherlich irgendwo in der Mitte.

    Dennoch: super, dass man was macht und nicht nur zuschaut. Denn anonym ist es aus der Comfort-Zone leicht, über Menschen deren Schicksal man nicht kennt zu lästern und nichts zu tun, als den eigenen Wohlstand zu sichern.

  7. Es sind alles Einzelschicksale. Pauschalisierungen, gleich in welche Richtung nutzen, keinem. Mancher ertränkt sicher seinen Kummer und sieht keinen Ausweg, vielleicht kommen dann Drogen, vielleicht auch nicht. Es sind sicher auch ein paar dabei die sich für ein solches Leben bewusst entschieden haben. Es sind auch garnichtmal wenige die nichts von Rechtansprüchen wissen. Aber es hat keiner ein Schild auf der Stirn und wenn, dann würde auf jedem Schild wohl etwas anderes stehen. Jeder hat seine Geschichte des Lebens und es ist gut, dass es Menschen gibt die sich derer annehmen.
    Wirklich traurig ist hingegen, dass Menschen von dieser Gesellschaft an den Rand gedrängt werden und richtig schlimm ist es hier und an anderen stellen gewisse Kommentare lesen zu müssen – echt jetzt mir wird gerade schlecht.
    Das Projekt hingegen ist wirklich toll, ein Angebot an die die Hilfe annehmen wollen, es gibt also noch gute Menschen auf dieser Welt, hoffentlich werden es mehr.

    • wie wahr.
      Und wer sich wirklich informieren will, es gibt diverse Reportagen in den Mediatheken ( GuteNachBus ) ,
      die Personen auf der Straße fragen oder wer sich nicht traut, bei einem Tee in der Caritas.
      Und wenn man hört, wie einfach es heutzutage ist, auf der Straße zu landen ….
      Apropos mal eben eine Wohnung bekommen, hier in Düsseldorf schafft man es nicht mal, Familien mit Anspruch eine Wohnung zu vermitteln. ( Angebot & Nachfrage )

      Und daß einige irgendwie sich verlieren und aufgeben, ist einfach nur menschlich.

  8. Wenn man diverse Reportagen / Rundgänge bezüglich Obdachlosigkeit gesehen und erlebt hat, dann ist das ein guter erster Schritt.
    Zuerst wird primär verhindert, daß die Leute draussen erfrieren. Und morgens werden die Personen dann besucht und können dann mit zur ( warmen ) Caritas kommen ( inklusive frisch machen, Frühstück ? ). Und es erfolgt dann auch die Reinigung, um eben zu verhindern, daß die Box „vermüllt“.
    Gut ist auch, daß die Personen aus der Anonymität kommen. Viele trauen sich aus diversen Gründen nicht, bei den vorhandenen Stellen nach Hilfe zu fragen und so ist dann ein erster Kontakt vorhanden.
    Ich hatte auch erst Bedenken, aber wenn man schon mal mit ( ehemaligen ) Obdachlosen ( bei einem Rundgang in ihrem ehemaligen ) Wohnzimmer gesprochen hat , dann ist das eine wirklich gute Idee.
    ( Bei uns in Düsseldorf gibt es Stadtteilrundgänge von und mit Obdachlosen, um auf die täglichen Probleme aufmerksam zu machen ). Und deren Probleme sind wirklich deutlich komplexer, als man sich das so einfach vorstellt.
    Zb sich mal eben was kochen …. , Lebensmittel auf Vorrat kaufen, mal eben Wäsche waschen , sich selbst …

  9. Bin gespannt ob die „smarten“ Funktionen in der Praxis funktionieren und dadurch Probleme vermieden werden können, die ähnliche Projekte in der Vergangenheit bereits hatten (Verschmutzung, „Ghettofizierung“ etc.). Insgesamt natürlich eine gute Idee.

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