„Streit To Unlock“ – Punktsieg für HTC im Kampf gegen Apple

Erinnert sich noch jemand? Früher startete man seinen Androiden noch wie ein iPhone: Mit einer Wischgeste von links nach rechts. Bis Apple anfing alles und jeden zu verklagen und ein Patent an dieser Unlock-Methode geltend machte.  Im Dauerstreit darüber stellte ein Gericht in UK nun fest: Pech gehabt, Apple. Microsoft hat’s erfunden.

In diesem Disput zwischen HTC und Apple ging es um vier Patente zur Gestensteuerung eines Touchscreens. Jetzt hat der Londoner High Court sich in diesen Fällen jeweils gegen Cupertino entschieden und den Taiwanesen recht gegeben.

Die Begründung für die bekannteste Geste: Das „Sliden“ als Konzept gab es schon in Windows CE, und die Aufforderung zum Entsperren über einen grafischen Button existierte bereits beim Neonode N1, einem Smartphone-Urvater aus dem Jahr 2005.

Welche Auswirkungen hat das Urteil?

Das ist noch unklar, da Streitereien dieser Art einem nationalen Patentrecht unterliegen. Es hängt also mitunter davon ab, wann tatsächlich welches Produkt mit welcher Funktion in welchem Markt erschienen ist. Insofern können sich vorerst nur HTC-Kunden auf den britischen Inseln freuen.

Warum wird dieser ganze Aufwand überhaupt so verbissen betrieben?

Reine Technikfans lässt das sicherlich kalt, aber die Hardware-Hersteller lassen bei solchen Details dennoch ihre Rechtsabteilungen fortlaufend gegeneinander antreten. Als Alleinstellungsmerkmale, die man sich im harten Wettbewerb sichern will, geht es dabei um die Gunst der Alltagsnutzer. In die Entwicklung der Geräte sind direkt Techniksoziologen und Marketingpsychologen eingebunden, die sich ausschließlich nur um eine Frage kümmern:

Wie bekommt man es hin, dass Laien ihre Smartphones bestenfalls gar nicht als technische Geräte wahrnehmen, sondern nur als nützliche Helfer im Alltag?

Diese „Humanisierung der Gadgets“ ist ein wichtiger Schlüssel, um weniger technisch interessierte Anwender zu erreichen. Eingängige Touch-Gesten, die natürlichen Handbewegungen nachempfunden sind, sind deshalb mittlerweile hart umkämpfte Ideen, die jeder für sich schützen lassen will, um seine Geräte einfacher bedienbar zu machen, als es der jeweiligen Konkurrenz gelingt.

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11 Kommentare

  1. Paul Peter says:

    Reaktion darauf: Klage auf Importverbot für iPhone?

  2. Wo zur Hölle gibts diesen geilen Fußabtreter zu kaufen?

  3. Gratulation zum Artikel und Fazit. So neutral und auf den Punkt gebracht bekommen das weder Caschy noch Casi hin wenn’s um dieses Thema geht.

  4. Off-Topic:

    Links in die Fußmatte ein NFC Sensor-Dingens, dann rechts noch eins und mit dem passenden Smartphone Slide to Unlock Terassentür 😀

  5. Ich freue mich darüber, dass apple endlich mal was auf die Mütze bekommen hat.

  6. Belthazor says:

    Als Apple Jünger sag ich mal: Selbst Schuld, Apple. 🙂

    Hoffentlich haben diese Klagen bald ein Ende. Wenn die ins Fernsehgeschäft einsteigen sollen, werden die bestimmt wieder Samsung verklagen wollen, obwohl jeder von Samsung kopiert.

  7. Sobald ein Patentrichter „prior art“ feststellt, ist es völlig egal wo auf der Welt dieses Produkt auf den Markt gebracht worden ist, solange man mit einiger zumutbarer Mühe das Gerät hätte in der Öffentlichkeit kaufen oder sogar nur in die Hand nehmen können. Einzige unrühmliche Ausnahme ist das US-Patent“recht“. Alles was nicht in USA verkauft bzw. in Englisch publiziert wurde, existiert vereinfacht gesagt nicht.
    Das ändert sich aber auch gerade.

  8. Kann mich nur anschließen, der Punkt „Warum wird dieser ganze Aufwand überhaupt so verbissen betrieben?“ erklärt mal ausführlich, wozu dieses ganze Patentgerangel dient. Auch wenn es stets zweischneidig zu sehen ist, auf der einen Seite ist es wahrlich just jene Problematik, auf der anderen Seite, wenn ich verschiedene Smartphone-Philosophien (iOS vs. Android vs. Windows Phone) teste und sehe, dass hier es für den einen Nachholbedarf gibt und dort für den anderen, ist es schon sehr schade, dass sich auf Grund des Patentgeraffels just eben die Lösungen nicht mehr gegenseitig „befruchten“ sondern vielmehr eigentlich nur noch „kastrarieren“ können/werden und just darunter leidet letztendlich der Endanwender, Budgettöpfe für Techniksoziologen und Marketingpsychologen hin oder her…

  9. Schön wäre es, wenn Apple jetzt Slide-to-unlock von all seinen Geräten entfernen müsste 😛

  10. Karsten Werner says:

    Danke!

    @werner67: „prior art“ & Protektionismus durch US-Patent“recht“. Guter Hinweis.

    @Christian: Innovationsstau(„befruchten“) durch ewige Patentkriege? Prima Thema.

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