Streaming in Deutschland: Selbstverpflichtungen zu Investitionen sind wohl eher Blendwerk

Ich hatte es schon einmal aufgegriffen: Zwischenzeitlich war für Streaming-Dienste eine Investitionsverpflichtung in Deutschland im Gespräch. Das Argument der Politik, das wesentlich von der hiesigen Produzentenlobby geprägt wurde: Wenn z. B. US-Plattformen hierzulande viel Geld verdienen, sollten sie zumindest auch einen Teil wieder in lokale Produktionen stecken. Am Ende entschied man sich dann jedoch gegen gesetzliche Vorgaben und für freiwillige Regelungen. Bei genauerem Blick entpuppen sich jene jedoch eher als Blendwerk.

Schaut man auf den ersten Blick auf die Zahlen, klingt das beeindruckend: 15,5 Mrd. Euro hat die Industrie für den Zeitraum 2026 bis 2030 an Investitionen in dt. Produktionen rechtlich unverbindlich zugesagt. Das geht aus einem durchgesickerten Paper aus Wolfram Weimers Abteilung hervor, der aktuell der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist. Doch der größte Teil dieser Summe entfällt zum einen auf das öffentlich-rechtliche Fernsehen und zum anderen auf das deutsche Privatfernsehen. Die US-Streaming-Anbieter haben lediglich 1,83 Mrd. Euro zugesagt. Das entspricht pro Jahr etwa 366 Mio. Euro.

Die Produzentenlobby erachtet das als Mogelpackung, weil das im Wesentlichen einer Stagnation entspreche, beziehe man das rasante Wachstum der Streaming-Dienste und auch der Werbeeinnahmen, welche sie generieren, ein. Zufriedenstellend wäre eine Investition von mindestens 2,58 bis 3,88 Mrd. Euro gewesen, argumentiert die Branche. Zumal die „freiwilligen Selbstverpflichtungen“ rechtlich keinerlei Handhabe böten. Sie seien ja eben nicht bindend, intransparent und somit kaum zu überprüfen. Hielten sich die Streaming-Dienste nicht daran, hätten sie am Ende keinerlei Konsequenzen zu befürchten.

So fürchten die Produzenten, dass Deutschland als Film- und Serienstandort weiter abgehängt werde (via The Spot). Ich selbst sehe da jedoch tiefere Probleme, als nur bei den Investitionen an sich. Auch die deutsche Filmförderung etwa müsste grundlegend überarbeitet werden. Zumal ich selbst oft beim (seltenen) Ansehen dt. Produktionen das Gefühl habe, dass es schon an einfachster Handwerkskunst bei Schnitt, Kamera, Drehbuch und Regie scheitert. Wenn ich etwa die x-te Szene sehe, in der jemand mit einer wackelnden Kamera eine Nahaufnahme oder ein vorbeifahrendes Auto in Szene setzt, während triviale Monologe mit dramatischem Overacting präsentiert werden, dann sehe ich da schon an der Basis andere Baustellen.

Natürlich trifft das nicht auf alle Produktionen aus Deutschland zu, doch der schlechte Ruf ist mittlerweile national und international so zementiert, dass ein größerer Umbruch her müsste. Ich hatte ja auch schonmal über Studien berichtet, die zeigen konnten, dass speziell in Deutschland nationale Produktionen besonders unbeliebt sind.

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Hauptberuflich hilfsbereiter Technik-, Games- und Serien-Geek. Nebenbei Doc in Medienpädagogik und Möchtegern-Schriftsteller. Hofft heimlich eines Tages als Ghostbuster sein Geld zu verdienen oder zumindest das erste Proton Pack der Welt zu testen. Mit geheimniskrämerischem Konto auch bei Facebook zu finden.

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10 Kommentare

  1. Die deutsche Kunst- und Kulturszene verliert, nicht zuletzt auch durch die von der EU vorgegebenen Abschottung, an weltweiter Bedeutung. Insbesondere in DE haben wir deutlich größere Probleme als die Förderung von Kunst und Kultur.

    Abgesehen von den handwerklichen Fehlern, beschäftigt sich eine Vielzahl deutscher Film- und Fernsehproduktionen mit der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte. Wer auf der Welt will den x-ten Film über die Grausamkeiten und Schicksale von Menschen im 3. Reich sehen?

    Auch das nicht eindeutige Verhältnis zum Einsatz von KI/AI in Film- und Fernsehproduktionen und anderen Kulturerzeugnissen, sind der Sache nicht gerade förderlich.

    Ich würde behaupten, dass nach der von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende, die Menschen eher ein Interesse an seichter Unterhaltung als an schwer zu verstehender Geschichtsbewältigung oder Problemdarstellungen haben.

    Die den Streaming-Diensten auferlegte Selbstverpflichtung zu Investitionszusagen in DE kann nur ins Leere laufen. Deshalb war und bleibt es gut und richtig, auf gesetzliche Vorgaben zu verzichten.

    Viele Kunst- und Kulturschaffende in DE sind, meiner Meinung nach, nicht in der Lage den Mainstream-Interessen gerecht zu werden. Beim Streaming geht es aber genau darum. Weniger hochtrabend und nicht nur für eine kleine Zielgruppe, sondern mehr, qualitativ hochwertige Produkte für die Mehrheit der Bevölkerung. Denn am Ende muss die Kasse klingeln.

    • Hallo Mr. T.,

      „Viele Kunst- und Kulturschaffende in DE sind, meiner Meinung nach, nicht in der Lage den Mainstream-Interessen gerecht zu werden. Beim Streaming geht es aber genau darum. Weniger hochtrabend und nicht nur für eine kleine Zielgruppe, sondern mehr, qualitativ hochwertige Produkte für die Mehrheit “

      finde den widerspruch :

      am mehrheitsgeschmack orientiert und hochwertig.

      Ja vielleicht im technischen Sinne , also filmische umsetzung – aber der Inhalt?

      Schlimm genug wenn du schreibst „beschäftigt sich eine Vielzahl deutscher Film- und Fernsehproduktionen mit der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte. “

      Da politische Strömungen die Populismus, Rassismus, antisemitismus, Ausgrenzung andersdenkender und -empfindender auf ihre Agenda geschrieben haben wieder erstarken, kann man eigentlich nicht genug mahnen – auch durch literarische und filmische Dokumentation und Aufarbeitung.

      Auch übrigens der DDR-Vergangenheit, das war ja die zweite Diktatur auf deutschem Boden. Plus der auseinandersetzung mit modernen totalitären Strukturen wie denen in China under derzeit in den USA.

      Seichte Unterhaltung klar, auch die hat ihren Platz aber nur noch Mainstream funktioniert nicht. Kunst und kultur ist eben mehr als „Kasse machen“

      Gebe Dir und dem Beitragsautor hinsichtlich ansprüche an gute handwerkskunst bei der filmischen Umsetzung Recht – auch eine Komödie verdient futes film – und Schauspielhandwerk – vielleicht sogar mehr als mancher Action-Film – aber das ist eben nur die ein Teil dessen was aus einem film gute Unterhaltung macht.

      Der Inhalt muss auch passen – denk mal an filme wie „Rosen für den Staatsanwalt“ oder die „Wunderkinder“-Filme – satirisch-bissige Filmkommödien mit dennoch wichtigem gesellschaftspolitischem Hintergrund. Es geht beides zusammen: gute Kunst und dennoch übers seichte hinausgehender Inhalt.

      Oder ein neueres Beispiel „Kästner und der kleine Dienstag“, knapp zehn Jahre alt – es gibt also gute filme , selbst wenn sie in der Zeit spielen über die Deiner Meinung nach nun schon viel zu viel produziert wurde.

      Durchhaltefilme , seicht und glamourös hatten wir übrigens genau in dieser Zeit, man denke an die Kollossalproduktionen der UFA wie „Münchhausen“ mit hans Albers, wird ja auch im vorgenannten film erwähnt.

      Zweifelsfrei handwerklich für ihre Zeit gute Produktionen. Aber Instrument der Ablenkung und übertünchung dessen was wirklich im „Reich“ geschah.

      Brauchen wir nicht wieder, schon gar nicht steuerlich gefördert.

      • Hallo Andreas,
        du scheinst die Situation damals und heute zu verkennen. Damals war die Nachrichtenlage weit weniger präsent als heute. Wer möchte, kann sich durchaus umfangreich über das politische Weltgeschehen und das Handeln der Bundesregierung informieren. Diese Möglichkeit war damals nicht gegeben. Seichte Unterhaltung wurde zum Propagandainstrument.

        Leider ist die Gemütslage der deutschen Bevölkerung wieder einmal an einem Tiefpunkt angekommen. Nur noch Bilder von Krieg, Not und Elend zu sehen und Filme über Probleme und Geschichtsbewältigung sorgen für immer mehr Frustration.

        Manchmal muss man auch einfach mal abschalten dürfen. Man kann gute Unterhaltung technisch perfekt gestalten und sie via Streamingdienst vermarkten. Dienste, die ausschließlich Trash anbieten, können ebensowenig überleben, wie Dienste, die nur Hoch- und Höchstkultur bieten.

        Egal was, wenn eine Filmproduktion handwerklich schlecht gemacht ist, will kaum jemand dafür bezahlen. Genau da liegt, so wie ich André Westphal verstanden habe, das Problem der deutschen Film- und Fernsehproduktionen. Trotzdem werden sie mit Steuergeld gefördert.

        Am Mehrheitsgeschmack orientiert und hochwertig, ist kein Widerspruch in sich. Wenn ein hochwertiges, literarisches Werk als Paperback erscheint, tut es dem Inhalt keinen Abbruch. Erscheint ein schlecht gemachtes literarisches Werk in einem super herausgeputzten Einband, wird des nicht besser. So sehe ich das auch beim Film.

        Es sollte nicht darum gehen, nur die filmischen Inhalte zu fördern, die einer hochgradig, akademisch besetzten Jury in den Kram passen. Auch die Handwerkskunst, die notwendig ist einen guten Film zu machen, dessen Story den Geschmack des Mainstreams trifft, kann und sollte durchaus gefördert werden.

        Es ist schon so wie es im Blogbeitrag von André Westphal wiedergegeben wurde. Den deutsch Filmschaffenden ist die gute Handwerkskunst abhandengekommen. Diejenigen, die es „drauf haben“ gehen ins Ausland und sind somit für die deutsche Kunst- und Kulturlandschaft verloren.

    • André Westphal says:

      Ich finde meistens teilt sich das in 2 Lager: Entweder man macht richtigen Klamauk auf niedrigstem Niveau, der richtig zum Fremdschämen ist (z. B. sowas wie „Chantal im Märchenland“) oder zelebriert den Holzhammer-Anspruch. Es ist sehr selten, dass man unverkrampft was Lustiges oder was „natürlich“ Anspruchsvolles hinbekommt, das gleichzeitig gut unterhält. Fairerweise muss man Sachen, dass die meisten US-Produktionen auch nicht besser sind in diesem Bezug, bei der schieren Masse ist einfach die Wahrscheinlichkeit größer, dass auch mal ein Juwel dabei ist.

      Handwerklich sehe ich dt. Filmschaffende subjektiv aber als besonders schlecht an. Wie gesagt, wenn ich nur einmal einen dt. Film oder eine dt. Serie einschalte, sieht alles gleich aus: Da filmt jemand mit wirrem Rumgewackel z. B. eine Dialogszene, weil er irgendwie wohl verzweifelt Tempo in die hirnverbrannt lahmen Gespräche bringen will – da will ich immer schreien „Nimm doch mal ein Stativ!“. Oder es gibt die ewig gleiche Autowerbung, sorry, Übergangsszene, in der irgendein BMW gefühlt 2 Minuten um die Ecke biegt.

      Wenn mir als Laien schon solche Sachen auffallen, die einfach stümperhaft sind und sich seit Jahrzehnten wiederholen, dann ist es halt auch kein Wunder, dass international wenig Interesse gegeben ist.

  2. Ich als Konsument habe schon den Eindruck, dass es ausreichend lokale Produktionen, deutsche wie europäische.
    Ich erinnere mich an 5 Staffeln Money Heist (Spanien), 8 Staffeln Elite (auch Spanien), 3 Staffeln Dark (Deutschland), 3 Staffeln Lupin (Frankreich), 3 Staffeln How to Sell Drugs Online (Deutschland), Ragnarok (Norwegen), 5 Staffeln The Last Kingdom (UK) die mir alle recht gut gefallen haben.
    Mag sei, dass das in Euro und Arbeitsplätzen nicht auf Augenhöhe mit dem Umsatz ist, den man hier einfährt. Mir persönlich fällt aber trotzdem eher das Gegenteil positiv auf: Dass es viel guten lokalen Inhalt auf der Plattform gibt.

    Sollte die aktuelle Kritik zu noch mehr lokalen Inhalten führen freu ich mich drauf.

  3. Bitte verschont mich mit deutschen Produktionen bei Netflix:)
    Da kommt zu 90% nur Schrott bei raus…
    No offence, alles Geschmackssache:)

  4. ich finde den Grundgedanken okay, allerdings benötige ich persönlich das nicht… spannender fände ich den Auftrag an die Streamingdienste einen Teil des Gewinns in den Glasfaserausbau in Deutschland zu stecken, davon hätte vermutlich ein größerer Teil der Bevölkerung einen Mehrwert 🙂

  5. Entschuldigung aber „Wolfgang Weimer“ (…)“der aktuell der Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien ist“ Etwas weniger offene Abneigung wäre nicht schädlich. Man könnte auch schlicht von dem Kulturstaatsminister sprechen, Weimer… „Wolfram“ Weimer!
    Soviel Sorgfalt bei derart viel Empörung ist nicht zu viel verlangt, grundsätzlich gebe ich Dir allerdings bei einigen Punkten Recht und diese deutschen Produktionen sind entweder historische Heuler oder dreiste Plagiate internationaler Vorbilder. Die Streaming Anbieter sollte man zu europäischen Produktionen nötigen, die meines Erachtens nicht selten deutlich spannender sind, als die amerikanische Konkurrenz. Allerdings weniger zu deutscher Einfalls- und Humorlosigkeit, der hunderttausendsten Weltkriegs/DDR-Schmonzette oder anderen vermeintlich Moralschleudern, auf die der Rest der Welt nicht gewartet hat.

    • André Westphal says:

      Danke, hab ich korrigiert! Wo du da aber persönliche Abneigung gegen ihn herausliest, ist mir an dieser Stelle rätselhaft – ich hab einfach seine offizielle Amtsbezeichnung benutzt.

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