Sony stellt erste rezeptfreie Hörgeräte ab 1.000 Dollar vor (US only)
In den USA startet das Unternehmen Sony Electronics aktuell mit den ersten rezeptfreien Hörgeräten durch, welche in Zusammenarbeit mit dem WS Audiology (WSA) entwickelt worden sind und ab 1.000 US-Dollar kosten sollen. WSA entwickelt bereits seit über 100 Jahren Hörgeräte, Sony möchte hier nun sein technisches Know-how ergänzen. Als erste Produkte entstehen aus dieser Partnerschaft die beiden selbstanpassenden OTC-Hörgeräte CRE-C10 und CRE-E10. Mithilfe einer App passen sich das CRE-C10 und das CRE-E10 intuitiv an die Sprache und die Umgebung des Nutzers an.
Geeignet sind die Geräte für Menschen mit leichten bis mittelschweren Hörverlusten, das Aussehen kann nach Benutzervorlieben beim Kauf variiert werden. Die Hearing-Control-App soll den Nutzern dann in einzelnen Schritten bei der Einrichtung der Hörgeräte helfen, das Ganze dauere lediglich wenige Minuten. Während des Selbstanpassungsprozesses in der App stellt sich jedes Gerät selbst auf das am besten geeignete der vordefinierten Hörprofile ein, die auf Tausenden von tatsächlichen Audiogrammergebnissen aus dem wirklichen Leben basieren sollen. Bis zu 70 Stunden Batterielebenszeit bei kontinuierlicher Nutzung verspricht Sony zudem. Der CRE-E10 verfüge dabei dann sogar über einen wiederaufladbaren Akku für kabelloses Aufladen, der bis zu 26 Stunden ununterbrochene Nutzung ermöglichen soll. Außerdem sei das Gerät auch kompatibel mit Bluetooth. Beide Modelle bieten eine Geräuschunterdrückung, der Klang wird automatisch an die jeweilige Umgebung angepasst.
Das OTC-Hörgerät CRE-C10 hat einen empfohlenen Verkaufspreis von 999,99 US-Dollar, das OTC-Hörgerät CRE-E10 wird in diesem Winter zu einem empfohlenen Preis von 1.299,99 US-Dollar erhältlich sein.
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Moin,
Jeder kann sich irgendein Hörgerät kaufen ohne Rezept. Ist dann nur teurer. Also keine Besonderheit.
Ja, aber für das Sony Hörgerät wird es wahrscheinlich keine 700 € pro Ohr geben. Richtig, Hörgeräte kannst du so kaufen.
Mir stellt sich die Frage, ob es so sinnvoll ist, ohne ärztliche Empfehlung (mit Empfehlung hätte man dann wohl ein Rezept) ein Hörgerät zu verwenden. Könnte man seinen Ohren damit nicht sogar eher noch schaden?
Oder ist das, da ja für die USA vorgesehen, für Leute ohne entsprechende Versicherung, die dann trotz Arztbesuch kein Rezept bekommen?
Als Hörgeräteakustiker mit über 19 Jahren Berufserfahrung bin ich hier sehr zwiegespalten. Einerseits bin ich sehr dafür, dass Menschen mit Hörminderung geeignetes Fachpersonal aufsuchen (in Deutschland ist es der Hörgeräteakustiker), um sich anständig beraten zu lassen und um vom fachlichen Know-How bei der Einstellung der Systeme zu profitieren. Man kann da durchaus eine Menge verkehrt machen. Dabei rede ich nicht mal nur davon, dass man den Ohren unbedingt schadet im Sinne von zu hoher Lautstärke.
Andererseits schreitet Technik laufend voran, sogenannte OTC-Hörgeräte sind durchaus im kommen. Aktuell eher im US-Markt. Und durch Anbindung an das Smartphone hat man selbst schon sehr viele Möglichkeiten. Das Thema selbstbestimmtes Hören ist auch nicht zu unterschätzen. Mit „klassischen“ Hörgeräten ist es ja so, dass die grundsätzliche Einstellung vom Akustiker vorgenommen wird. Durch Anbindung ans Smartphone und Apps der verschiedenen Hörgerätehersteller hat der Kunde schon einiges an Möglichkeiten selbst Einfluß zu nehmen und zu personalisieren. An die Grundeinstellung kommt er aber nicht ran. Das hat Vorteile (ein Großteil der Leute weiß halt nicht, was sie da tun), wie Nachteile (für Leute die sich mit dem Thema auseinandersetzen wäre es schon ein großer Nutzen).
Dieses „Selbstanpassung“ bei dem o.g. Gerät sehe ich aber durchaus skeptisch. Ja, Algorithmen können sehr viel. Aber ich als Akustiker möchte schon immer gerne nachvollziehen, was genau gerade im Hörgerät passiert.
Mein Vater hat sich letztes Jahr neue Hörgeräte gekauft (beim Akustiker) und mich trotzdem gebeten, vorher ein paar Informationen zu den Herstellern und Modellen einzuholen. Das ist leider kaum möglich. Ich hatte den Eindruck, dass die Infos von den Herstellern bewusst unterm Tisch gehalten werden.
Das Gerät, was er sich ausgewählt hat, hat über 3000€ gekostet und selbst für mich war es super kompliziert, die Bluetooth Verbindung mit seinem Handy einzustellen (Thrive App). Deswegen ist es glaub ich mal ganz gut, dass hier durch andere Firmen etwas Druck auf die etablierten Hersteller ausgeübt wird, die sich vermutlich etwas zu sehr auf dem Status Quo ausgeruht haben.
Danke für deine Darstellung Daniel. Ich bin seit meiner Kindheit Träger von Hörgeräten und habe eine „an Gehörlosigkeit grenzende Schwerhörigkeit“, zudem trage ich nach einer Kopfverletzung auf einer Seite auch ein CI (Anmerkung für andere: Cochlea Implantat). Hierzu möchte ich ein paar Gedanken zur Technik formulieren.
Ich empfinde die Möglichkeiten der technischen Entwicklungen als „viel zu langsam“. Wegen meiner starken Schwerhörigkeit brauche ich eben auch ein starkes Hörgeräte (zuvor zwei starke Hörgeräte). Wenn ich zurückdenke, fällt mir ein, dass Resound bereits 2011 ein Hörgerät auf den Markt brachte, welches bluetoothfähig war und mit dem iPhone gekoppelt werden konnte. Erst 2017 bekam ich dann meine ersten Hörgeräte von Phonak, zu dem Zeitpunkt noch beidseitig, welches zwar bluetoothfähig war, aber immer noch den Compilot als Zusatzgerät brauchte (Anmerkung für andere: Es musste um den Hals, wie eine Kette, gelegt werden). Auch hatte das Hörgerät keinen Akku, der Batterieverbrauch ist enorm.
Mir persönlich ist die Entwicklung viel zu langsam, wahrscheinlich auch deshalb, weil ich eben technik-affin bin. Und ich bin mir sicher, dass das technische Know-how bei den großen Hörgeräte-Herstellern vorhanden ist, aber irgendwas hält sie ab, wirklich Innovationen auf den Markt zu bringen – und das ist die mangelnde Konkurrenz. Das ist meine Vermutung, daher begrüße ich es, dass die großen Hörgeräte-Hersteller „disruptiert“ werden, so wie andere große Unternehmen auch.
Ich möchte gerne selbst Einstellungen vornehmen und an Situationen anpassen können, ohne jedes Mal einen Termin beim Hörgeräteakustiker zu vereinbaren. Ja, es gibt Profile, allerdings sind diese eben vorher fest definiert und nicht mehr vom Hörgeräteträger änderbar.
Für mich unheimlich störend ist auch, dass sich der Wechsel vom Handy zu Laptop zu Fernseher und vice versa sehr sehr umständlich ist. Wenn mein Hörgerät + CI über Bluetooth mit dem Handy verbunden ist, ich aber einen Anruf auf meinem Laptop erhalte, muss ich die Verbindung zu meinem Hörgerät + CI zunächst trennen und dann am Laptop verbinden. Das ist für mich sehr umständlich und zeitaufwändig. Warum schafft der Hersteller es nicht, dass mehrere Geräte gleichzeitig verbunden sind, obwohl die Bluetooth-Spezifikation dies ausdrücklich spezifiziert. Mit dem Compilot ging das wunderbar, da konnte ich drei oder vier Geräte gleichzeitig mit meinen beiden Hörgeräten verbinden und zwischen den Geräten problemlos hin und her wechseln. Ein Traum.
Es wirkt aber auf mich so, dass Phonak überhaupt nicht empfänglich für Verbesserungsvorschläge ist. Einmal kam ein Mitarbeiter von AB (Tochter von Phonak, CI-Hersteller) zum Hörzentrum für CI-Anpassungen. Auf meinen Einwand, dass ich immer nur ein Gerät zur Zeit koppeln kann, wurde erwidert, dass ich einfach die vier Schritte durchführen soll. Dass es für mich umständlich ist, wenn ich mehrere Besprechungen am Tag habe und somit eher störend ist, sah er anders.
Ich glaube, die großen Hörgeräte-Hersteller werden, wie auch andere Unternehmen in naher Zukunft nicht mehr lange bestehen bleiben, wenn sie nicht kundenorientierter handeln. ich jedenfalls würde mir wünschen, mehr einstellen zu können. Vielleicht auch bei „tieferen Einstellungen“ nicht zum Hörgeräteakustiker gehen zu müssen, sondern dass das aus der Ferne erledigt werden kann. Und natürlich das Verbinden mehrere Geräte und ein störungsfreies Wechseln zwischen den verbundenen Geräten. Vielleicht hast du ja Tipps @Daniel?
Alles, was du schreibst, kann ich bestens nachvollziehen.
Nur: wer soll warum das technisch mögliche alles in einem Rutsch umsetzen? Das Geschäft läuft doch prima: die Krankenkasse zahlt nur wenig, der Träger zahlt oft viel drauf und wenn man die technischen Verbesserungen erst eine nach der anderen umsetzt, zahlen die Träger immer wieder viel drauf.
Sie sollen nicht in einem Rutsch ermöglicht werden, dennoch sind das Technologien, wie z. B. Akkus, die ja nicht wirklich innovativ sind, weil bereits existent. Oder das Verbinden mit mehreren Geräten.
Und weil wir „draufzahlen“, und das ordentlich, sind innovative Unternehmen, die den Markt disruptieren willkommen.
Hallo Hörgeräteträger,
aus Zeitgründen nur ganz kurz:
-Anpassung aus der Ferne:
Ist technisch natürlich möglich, ist aber aktuell mit ziemlicher Rechtsunsicherheit verbunden. Mehr kann ich da aus dem Stehgreif gerade nicht zu sagen.
-BT Kopplung Phonak + CI: Ich kann mir vorstellen, dass die Hürde da die Kombination aus Hörgerät und CI ist. Und dann hängt es oft davon ab, welche BT Protokoll genutzt wird, sowohl im Hilfsmittel, als auch am Device. Das ist leider auch ein sehr leidiges Thema…
-langsame Entwicklung: Der Großteil unserer Kunden sind Rentner. Davon wiederum ist ebenso ein Großteil wenig an Technik interessiert oder gar überfordert. Es gibt einiges an spannender Technik in Hörsystemen. Die kommt aber selten bis gar nicht zum Einsatz, weil der Bedarf kaum da ist. Es ist halt immer noch alles Nachfrage und Angebot. Und die Nachfrage ist auf den gesamten Markt betrachtet eher gering, was technische Innovationen, die übers „Hören und Verstehen“ hinaus gehen, angeht. Ist für die einzelnen interessierten Hörgeräteträger frustrierend. Ich persönlich finde es auch schade.
Hallo Daniel,
danke für deine Antwort, ist sehr hilfreich. Ja, kann mir vorstellen, dass der Großteil eurer Kunden Rentner sind, die meisten jungen Leute wollen ja keine Hörgeräte tragen, war bei mir ja nicht anders, mittlerweile ist das nicht mehr so. Ich denke aber, dass sich das vielleicht ändern könnte, denn heute ist ja das Tragen von AirPods und Buds immer mehr zur Normalität geworden.
Ja, auch kann ich mir vorstellen, dass es an der Kombination Hörgerät + CI liegt, diese Konstellation kommt wohl zu gering vor. Die Möglichkeit sowohl das Hörgerät als auch das CI mit Bluetooth zu koppeln, funktioniert ja auch erst seit der Naida Marvel Plattform. Ich hoffe, dass es in Zukunft möglich sein wird, dann wird es nicht nur angenehmer sein, sondern auch Spaß machen.
Das aktuelle Modell von Phonak (Lumity) kann ebenso wie das Vorgängermodell (Paradise) mit 8 BT-Geräten gleichzeitig gekoppelt sein. Außerdem ist es möglich, dass zwei dieser 8 Verbindungen gleichzeitig aktiv sind. Außerdem ist Phonak der einzige Hersteller (genauer: der Mutterkonzern Sonova, deren anderen Marke Unitron kann das auch), welcher hands free Telefonieren mit Android Smartphones kann, das Streaming also in beide Richtungen funktioniert. Man muss zum Telefonieren das Smartphone nicht mehr aus der Tasche nehmen.
Ich werde nächste Woche anfangen, das Lumity zu testen. Mal sehen, ob Phonak auch hält, was sie versprechen.
Es tut sich also schon etwas.
Hi Hermann, ja, die neuen Hörgeräte können das, geht, soweit ich weiß, seit dem letzten Launch. Es wird auch kein Zwischending mehr benötigt, welches man sich um den Hals legen muss (gemeint ist der Compilot).
Wie Daniel schon schrieb, liegt es wohl an der Kombination Hörgerät + CI, dass man immer nur mit einem Gerät zur Zeit verbunden werden kann. Aber hands free geht bei mir in der Kombination Hörgerät + CI auch.
Viel Spaß beim Testen.
Ich freue mich über wachsende Konkurrenz. Die Preise für aktuelle Hörgeräte sind teils unverschämt und zeigen, dass hier eine gewisse Konkurrenzsituation fehlt. Alle Hersteller haben wahrscheinlich stillschweigenede Übereinkommen, ein gewisses Preisniveau nicht zu unterschreiten. Die alten Menschen sind die Leidtragenden.
Hörgeräte tragen nicht nur alte Menschen
Was meinst du denn mit Konkurrenz?
Für 1000€ bzw. knapp 1300€ bekommt man in Deutschland auch schon Gute Hörgeräte. Da habe ich dann teilweise noch nicht mal Folgekosten für Reparaturen. Die kosten für eine Reparatur belaufen sich bei einem Defekt des Mic, oder Hörers schnell mal auf mehrer hundert Euro.
Ja und Nein … generell sind die Preise grad im Medizin Sektor recht hoch (Entweder weil die Produktion/Zulassung aufwändig ist oder weil die Zielgruppe klein ist). Die Margen der Hersteller sind aber meist nicht so sonderlich groß (im Vergleich zu anderen Branchen) das es „Kartelle“ mit Absprachen gibt sieht man ja bei den Brillen/Brillengläsern auch. Bei den Hörgeräten ist halt das Problem das der Markt „überschaubar“ ist und die Hörgeräteakustiker müssen ja von irgendwas leben und ihre Miete zahlen. Brille würde auch 3000-5000 € kosten wenns weniger Leute geben würde die eine Brille brauchen.
Der Grund warum Hörgeräte so teuer sind ist,
dass sie bis jetzt nur exklusiv via Hörgeräte Akustiker verkauft werden dürfen als Medizinprodukt.
Der Hersteller verdient an dem Gerät am wenigsten. Ca 2/3 der Kosten werden nur von dem Akustiker berechnet für seinen Service.
Bei 3k€ Geräten sind die eigentlichen kosten wie jetzt bei Sony auch geschätzt bei 1k€.
Das in den USA auch direkt verkauft werden darf ist ganz neu und war vorher auch nicht möglich. Dadurch können viel bessere Preise erzielt werden.
@Jones:
Was bzgl. der Preissituation die meisten nicht auf dem Schirm haben: Du zahlst ja nicht nur das reine Hörgerät. Du zahlst (vor allem) den Hörgeräteakustiker. Also kompetentes und fachlich gut ausgebildetes Personal, welches dich während der Anpassphase (min 4-6 Wochen, bzw. min 4-6 Termine von 30-90 Minuten) begleitet, berät und dir die Hörgeräte bestmöglich einstellt. Und nach dem Kauf hast du den Akustiker quasi die nächsten 6 Jahre (bis man wieder Anspruch auf neue HG von der Krankenkasse hat) mitgekauft, denn du kannst jederzeit zu deinem Akustiker gehen, die Hörgeräte nachjustieren lassen, bekommst weiterhin Beratung, es wird regelmäßig dein Gehör überprüft etc. Und das alles, ohne dafür noch was extra zahlen zu müssen, denn diese Serviceleistungen sind durch den Kauf der Hörgeräte abgedeckt.
Der größte Preistreiber sind die Hörgeräteakkustiker. Mysecondear bietet online Geräte teilweise über 40% billiger an. Aber man bekommt dann eben auch nur einen Online-Service. Wenn man auf eine professionelle Feinanpassung und der sechsjährigen Vor-Ort-Support verzichten kann, ist das vielleicht eine Option.
Andererseits nutzen die Online-Voreinstellungen (z. B. ohne die Möglichekeit einer In-Situ-Messung) das Potential der Hörgeräte gar nicht aus. Wahrscheinlich käme man mit einem billigeren, aber professionell eingestellten Modell beim Hörgeräteakkustiker auf denselben Hörerfolg.
In Deutschland bekommst Du Hörgeräte auf Rezept und musst eine mehr oder weniger hohe Zuzahlung leisten. Je nach aussuchten Gerät, das mehr oder weniger Funktionen hat.
Auch nicht unwichtig, für die verschriebenen Geräte zahlt die Krankenkasse auch den regelmäßigen Service, Pflege, Reinigung und Austausch defekter/verbrauchter Teile. Nur Batterien müssen selber bezahlt werden. Sehe das bei Verwandten.
Das muss der Käufer in den USA alles selber bezahlen.
Allerdings ist Sony nicht die erste Firma, die OTC-Hörgeräte in den USA auf den Markt gebracht hat. Jabra und Bose haben und hatten ähnliche Produkte im Programm.