„Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ angespielt: Für Fans mit Retro-Faible
Es ist schwierig, einen Test zu „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ zu verfassen, wenn man das Original nie gespielt hat. Das dürfte aber nicht nur für mich gelten, sondern auch für viele Leser: Das JRPG erschien ursprünglich 2003 für die PlayStation 2 und erregte außerhalb Japans nur moderate Aufmerksamkeit. Nun hat Atlus dem Spiel eine HD-Neuauflage spendiert, die ich mir für einen Test an der PlayStation 5 angesehen habe.
Der Titel hat aber keine native PS5-Version erhalten. Man kann das Spiel aber natürlich via Abwärtskompatibilität an der Konsole zocken. Auch wenn das Spiel nun jedoch mit einer höheren Auflösung und im Format 16:9 läuft, sieht man der Grafik ihr Alter extrem an. Die Charaktere sind polygonarm, die Umgebungen wirken eher steril und die Texturen sind extrem detailarm. Das wird durch die höhere Auflösung eher noch stärker offengelegt. Immerhin wirkt das Spiel nun aber recht clean, denn das extreme Kantenflimmern der PS2-Version ist etwa Geschichte.
Für Nicht-Eingeweihte: Die mittlerweile im Westen wesentlich bekanntere Reihe „Persona“, hier mein Testbericht zu „Persona 5: Royal“, begann als Spin-off zu „Shin Megami Tensei“. Solltet ihr also mit der „Persona“-Reihe etwas anfangen können, dann werdet ihr euch bei „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ rasch zu Hause fühlen. Man erkennt da durchaus die Verbindungen, insbesondere in den philosophischen Story-Elementen.
So startet das Spiel eher ungewöhnlich: Ihr müsst die Apokalypse nicht verhindern, wie in so vielen anderen Rollenspielen, vielmehr ist sie bereits geschehen. Gleichzeitig war sie eine Art Reset für die Welt, welche nun wieder neu geschaffen werden darf. Bis das geschieht, was nur ein sehr willensstarker Mensch bewältigen kann, steckt die Menschheit in einer Art Limbo fest. Als Spieler habt ihr nun in „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ die Chance, verschiedene Charaktere zu unterstützen. Sie alle haben ganz eigene Vorstellungen davon, wie die Zukunft aussehen sollte – keine ist perfekt.
In diesem Punkt war der Titel mit seinen Entscheidungsmöglichkeiten und unterschiedlichen Enden seiner Zeit weit voraus. Die Neuauflage erhöht dabei den Komfort, denn ihr könnt nun jederzeit speichern und auch den Schwierigkeitsgrad weiter nach oben und nach unten anpassen. Im Kern bleibt der zentrale Anreiz jedoch, der für das Jahr 2003 ziemlich gewagt war, dass ihr die Geschichte stark lenken könnt. Vorsicht: Das Game hält eure Hand dabei deutlich weniger als aktuelle Spiele, sodass ihr oft ausknobeln müsst, was genau der nächste Schritt ist, der die Story vorantreibt.
Manchmal kann das ein wenig frustrierend sein, wenn man nun genau mit einem Charakter, der irgendwo herumstand, zunächst nicht geredet hatte, die ganze Welt aber jetzt wieder durchkämmen muss. Die Kämpfe laufen dabei in klassischer Manier rundenbasiert ab. Dabei erkannte ich viele der Gegner aus „Persona 5“ wieder und selbst einige Zaubersprüche waren identisch. Das ist natürlich ein nettes Schmankerl, dass man hier quasi die Wurzeln der Reihe entdecken darf. Auch das Spiel mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen der Monster vollzieht sich sehr ähnlich.
Viele Spielmechaniken werden „Persona“-Fans also bekannt vorkommen, da sie bereits in „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ als Fundament für spätere Titel vorkommen. Auch hier könnt ihr Monster auf eure Seite ziehen und aufleveln oder miteinander kreuzen, um noch mächtigere Verbündete zu erschaffen. Der Schwierigkeitsgrad ist allerdings gesalzen und deutlich höher als bei den letzten „Persona“-Games. Etwas entschärft wird der Frust durch die Möglichkeit, jetzt überall speichern zu können. Aber Grinding ist im Spielverlauf unvermeidbar.
Manchmal hatte ich während des Zockens zudem das Gefühl, dass der Spielfigur (und damit mir selbst) eine zentrale Motivation fehlte. Die Nebencharaktere vertreten zwar allesamt interessante Denkansätze, um die Welt wieder auf Kurs zu bringen, sie wachsen einem aber nicht grade emotional ans Herz. Die Hauptfigur wiederum bleibt eher vage, was wohl absichtlich so gehalten wurde, da ihr ja selbst im Spiel mit Entscheidungen die Handlung beeinflusst. So treibt es einen dann von Schauplatz zu Schauplatz und da die veraltete Grafik sehr steril wirkt und die Charaktere sich ein wenig wie wandelnde Philosophiebücher geben, fehlt der emotionale Anker, der Spannung aufbauen würde.
Dabei könnt ihr sehr, sehr viel Zeit in „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ investieren: Wie andere Spiele von Atlus, so ist auch dieser Titel extrem umfangreich – 50 bis 60 Stunden für einen Durchgang sind drin. Dabei sind die verschiedenen Handlungsoptionen und damit verbundenen Abspänne zwar natürlich ein Aspekt, der für Wiederspielwert sorgt – ich kann mir aber kaum jemanden vorstellen, der mehrere Durchgänge von so einem Epos durchzieht.
Am Ende ist „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ ein schönes RPG, das auch die „Persona“-Reihe nachhaltig beeinflusst hat. Da die Technik sehr veraltet ist, daran ändert auch die Überarbeitung nichts, glaube ich jedoch, dass der Titel in erster Linie für beinharte Fans der Reihe lohnt. Wenn ihr allerdings auf Rollenspiele abseits des üblichen Standards steht und euch für Philosophie interessiert, dann könnt euch das Game ganz besonders gut abholen.
Mit fast 50 Euro empfinde ich den Startpreis allerdings als zu hoch angesetzt – hier wären eher 30 Euro angemessen. Liebt ihr die „Persona“-Reihe abgöttisch und seid gespannt auf einen Blick in die Historie von Atlus, dann werdet ihr trotz veralteter Technik und etwas angestaubten Gameplays sicherlich viel Spaß mit „Shin Megami Tensei III Nocturne HD Remaster“ haben. Neben der von mir getesteten PS4-Version ist das Spiel im Übrigen auch für die Nintendo Switch erhältlich.
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Habe damals das original auf der ps2 gespielt und war echt begeistert. Schade dass die nach folgenden persona games alle samt mist waren. Habe damals in das original spiel ca. 200-300 Stunden rein geballert da sind ihre Einschätzung von 50-60 Stunden doch sehr niedrig an gesetzt