„Persona 5 Tactica“ im Test
Das Spiel „Persona 5“ bzw. dessen erweiterte Variante „Persona 5 Royal“ ist einer meiner All-Time-Faves. Zusammen mit „Final Fantasy VI“ und „The Witcher 3: Wild Hunt“ rechne ich das Game von Atlus sogar zu den für mich persönlichen besten Rollenspielen aller Zeiten. Wobei dieses Jahr mit „Baldur’s Gate 3“ unverhofft noch ein Titel in die höchsten Sphären aufsteigen konnte. Nach „Persona 5 Strikers“ erweitert Atlus das Universum seines JRPGs jedenfalls erneut: mit „Persona 5 Tactica“. Ich habe diesen Titel für euch an der Xbox Series X angespielt.
Verfügbar ist „Persona 5 Tactica“ allerdings auch für den PC, die PlayStation 5 und PlayStation 4, Xbox One und die Nintendo Switch. Wer „Persona 5“ nicht gespielt hat, der sollte das einerseits schnell nachholen und andererseits „Persona 5 Tactica“ erst einmal hinten anstellen. Denn man wird hier ziemlich in die Welt hineingeworfen. Es wird quasi vorausgesetzt, dass ihr die Protagonisten und ihre grundlegende Geschichte bereits kennt. Ohne Vorwissen dürft die ganze Handlung daher als reichlich wirr wahrgenommen werden.
Generell ist der neue Ableger der JRPG-Reihe dann auch wirklich eher etwas für Fans. Denn Atlus stemmt hier zwar ein gutes Rundentaktik-RPG, vergleicht man aber mit anderen Spielen dieses Genres, etwa dem kürzlich von mir getesteten und leider gefloppten „The Lamplighters League“, dann ist das Gameplay eher Genre-Durchschnitt. „Persona 5 Tactica“ kann diesem Bereich also keine neuen Impulse liefern oder zu den Platzhirschen aufsteigen, versucht das aber auch gar nicht ernsthaft. Vielmehr ist es das Ziel, eben den „Persona 5“-Fans mal ein anderes Genre näherzubringen – und das gelingt.
Atlus hat es aber gut geschafft, die Eigenarten der „Persona 5“-Kämpfe auf ein Taktik-RPG zu übertragen. Beispielsweise könnt ihr die aus dem Hauptspiel gewohnten Zaubersprüche und Personas nutzen, die euer Recke mit besonderen Fähigkeiten, Stärken aber auch Verwundbarkeiten ausrüsten. Tatsächlich kann inzwischen nicht mehr nur Joker zusätzliche Personas ausrüsten, sondern auch die anderen Begleiter. Sie können jeweils zu ihrer Haupt-Persona eine zusätzliche Gestalt wählen.
In den Gefechten haben die Zaubersprüche dabei neue Kniffe erhalten: Einige ziehen Gegner etwa näher an euch heran, andere schieben sie stattdessen weg oder reißen sie von erhöhten Plateaus herunter. Könnt ihr Gegner zudem mit euren Charakteren flankieren, im Grunde muss sich dabei ein Dreieck zwischen euren Figuren abzeichnen, könnt ihr einen kombinierten Angriff starten und besonders viel Schaden anrichten. Da hat man die „All-out Attack“ aus „Persona 5“ recht gewitzt in das neue Umfeld übertragen.
Allerdings entfalten auch solche Angriffe nicht ihre volle Wirkung, wenn die Gegner noch über Deckung verfügen. Im Idealfall kickt ihr also zuerst alle Gegner ins freie Feld und heizt ihnen dann gemeinsam ein. Wichtig ist es hier auch, Folgeangriffe zu sammeln, die ihr erhaltet, wenn ihr z. B. gezielt einen gegen meinetwegen Blitzzauber empfindlichen Gegner mit einem solchen traktiert. So könnt ihr eure Aktionen maximieren, bevor der Gegner am Zug ist.
Leider bietet „Persona 5 Tactica“ außerhalb der Kämpfe relativ wenig. Zwar gibt es auch hier ausladende Visual-Novel-Sequenzen, ihr könnt aber keine sozialen Beziehungen zu neuen Figuren entdecken oder durch Shopping euer Zimmer um neue Optionen aufstocken. Die Life-Sim-Elemente sind also gewichen. Wenn ihr euch zudem in den Gesprächen entscheiden müsst, beeinflusst das die Dialoge nur marginal, ändert aber nichts am linearen Spielverlauf. Das wäre wohl auch nur schwer möglich gewesen, da „Persona 5 Tactica“ ein Exkurs ist, der zeitlich kurz vor dem Ende von Teil 5 spielt.
Immerhin könnt ihr auch hier neue Personas sammeln / durch Fusionen generieren. Und auch besteht die Möglichkeit, eure Charaktere über einen Fähigkeitenbaum weiterzuentwickeln. In den rund 30 Stunden Spielzeit entsteht aber durchaus des Öfteren eine gewisse Monotonie. Da ich selbst enormer Fan der Marke bin, habe ich mich zwar dennoch gut unterhalten gefühlt, doch es zeigt sich, dass die Phantomdiebe inzwischen vielleicht den wohlverdienten Ruhestand antreten sollten, um in einem „Persona 6“ frischen Charakteren und Ideen Raum zu geben.
Was wieder wirklich Laune macht, ist der treibende Soundtrack, der erneut eine Mischung aus Rock, Electronica und Jazz kredenzt. Und es sind auch erneut die englischsprachigen Sprecher an Bord, die man aus den bisherigen Spielen des „Persona 5“-Universums gewohnt ist. „Persona 5 Tactica“ läuft dabei recht locker-flockig mit 60 fps und sieht dennoch knallig und scharf aus. Die Xbox Series X dürfte hier technisch aber auch nicht wirklich gefordert werden, denn die Grafik bietet zwar ein durchdachtes Art-Design, zeigt aber doch recht einfach gestaltete Umgebungen und Chibi-Figuren.
Im Ergebnis ist „Persona 5 Tactica“ für mich ein lohnenswertes Spiel als Fan der JRPG-Reihe von Atlus. Ich habe aber auch alle Spin-offs gespielt, selbst das Rhythmus-Spiel und sogar die Anime-Boxen auf Blu-ray daheim. Somit zähle ich zur absoluten Kernzielgruppe. Wer eher Gelegenheits-Fan ist, sollte vielleicht auf eine Preissenkung warten, um diesem Titel dann eine Chance zu geben. Und wer generell noch keine Berührungspunkte zum „Persona“-Franchise hatte, aber nach einem neuen Taktik-RPG sucht, der schaut möglicherweise zuerst mal beim untergegangenen „The Lamplighters League“ herein.
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Kerngruppe? Ich glaube das nennt man auch harter Fanboy, wenn du fast jedes Merch dieses Game dein eigen nennst…
Fast jedes Merch eher nicht, die Anime-Blu-rays halt. Da gibts bei Persona ja alles von Figuren über Shirts, Taschen und was auch immer ;-).
Fanboy dürfte es hier trotzdem ganz gut treffen 🙂
Würde ich nicht sagen, für mich ist ein Fanboy jemand, der eine Sache komplett unkritisch sieht – das ist bei mir bei keinem Franchise der Fall, auch bei „Persona“ nicht – sieht man ja auch am Test.
Dann haben wir unterschiedliche Definitionen von dem Begriff.