Musik: Alt ist mächtiger als Neu
Wer sich intensiv mit Musik beschäftigt, hört in der Regel nicht nur aktuell aktive Künstler, sondern blickt auch in der Zeit zurück – egal ob selbst Jugendlicher oder „alter Knacker“. Das kenne ich von mir selbst: Als ich etwa als Teenager meine Begeisterung für Black Metal entdeckte, ging ich auch den musikalischen Ursprüngen der Szene auf den Grund. Doch laut The Atlantic hat sich da mittlerweile ein Problem ergeben: Alte Musik sei beliebter und erfolgreicher als neue Musik.
Man bezieht sich auf den US-Markt, viele Aussagen dürften aber auch hierzulande gelten. Demnach würden „alte“ Song aktuell für 70 % des US-Musikmarktes stehen. Der Markt für neue Musik schrumpfe. So ergebe sich das Wachstum der Musikbranche vor allem aus altbekannten Songs bzw. den Katalogen eingesessener Künstler. So würden die Kunden mehr Alben und Songs älteren Datums kaufen als neue Hits. Ein weiteres Beispiel: Die 200 beliebtesten neuen Tracks stehen in der Regel nur für 5 % der Musikstreams. Das Verhältnis war vor ca. drei Jahren noch deutlich anders.
Es zeichnet sich ab, dass auch jüngere Musikhörer immer häufiger Klassikern der Vergangenheit lauschen, während moderne Musik in der Popkultur an Einfluss verliert. Selbst Charthits werden also teilweise von vielen Menschen gar nicht mehr wahrgenommen. Dies dürfte wohl auch dem Einfluss des Streamings geschuldet sein: Im Radio entkommt man manchen aktuellen Tracks schlichtweg nicht. Beim Streaming sieht das anders aus, weil man sich selbst entscheidet, welche Playlists, Künstler, Alben oder Songs gezielt laufen sollen.
Die abnehmende Bedeutung aktueller Musik sei auch anhand der Grammys zu beobachten: Ehemals ein wichtiges Ereignis der Musikindustrie, interessiert die Preisverleihung einen schwindenden Kreis. Nun werfen einige Leser vielleicht ein, diese Entwicklung hin zu „Alt statt Neu“ sei der Pandemie geschuldet. Schließlich könnten Jugendliche nicht in Clubs gehen, Konzerte besuchen und sich auf Partys mit den neuesten Songs gegenseitig beschallen. Doch die aktuelle Entwicklung begann bereits vor der Pandemie. Etwa gilt die Vinyl-LP inzwischen für Enthusiasten als physisches Medium der Wahl – neuere Medien von höherer technischer Qualität, etwa Blu-ray Audio, spielen kaum eine Rolle.
Investment-Unternehmen wiederum veranstalten ein Wettbieten um Songkataloge aus den vergangenen Dekaden – David Bowie, Bob Dylan oder Bruce Springsteen sind es, die gefragt sind und nicht der neueste Jungspund. Ich selbst bin aber wohl eine Ausnahme: Ich höre bei Spotify täglich frische, junge Künstler an, kontaktiere sie auch manchmal über soziale Netzwerke, wenn mir ihre Songs besonders gefallen. Da ich früher selbst Musik gemacht habe, kommt man manchmal locker ins Gespräch. Es sind also viele neue Talente vorhanden: Aber es ist sicherlich schwerer denn je, nicht in der Masse unterzugehen.
Dazu kommt eventuell, dass Plattenfirmen in Verbindung mit neuen Künstlern sozusagen eher nach kurzfristigem Hype streben. Der langfristige Aufbau einer Band oder eines Solo-Künstlers sind schwieriger. Da veröffentlicht man dann eben vielleicht lieber ein David-Bowie-Remaster und ist sich der Einnahmen sicher. Aber selbst die Algorithmen von Spotify, Deezer, Tidal und Co. sind träge: Sie schlagen Songs und Künstler vor, die dem ähneln, was man ohnehin bereits hört. Da wird es schwerer, überhaupt einen innovativen Künstler zu geraten, der aus der Masse heraussticht. Denn die Algorithmen fördern Konformität und nicht Revolution.
Es wird also spannend, ob es nochmal musikalische, neue Bewegungen wie Punk geben wird, die ja nicht nur für Musik standen, sondern auch für bestimme Ideologien. Vermutlich werden sie sich dann eher selbstständig über soziale Netzwerke durchsetzen, anfangs ohne Unterstützung der Industrie.
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Wundert mich gar nicht. Neue, aktuelle Musik ist einfach nicht mehr mein Fall. Ich mag das, was heutzutage produziert wird, schlichtweg nicht mehr. Kann mich damit nicht identifizieren. Selbst Bands, denen ich schon länger folge, überzeugen mit aktuellen Werken nicht mehr so, wie früher. Deswegen höre ich lieber den alten Kram weiter. Das ist der für mich einzige Grund.
Und wenn ich mir die deutschen Singlecharts so ansehe.. Joa, dann bleibt das auch so.
Außerdem finde ich es extrem schwierig, erfrischende, neue Musik zu finden. Da hilft auch Spotify mit seinen „Intelligenten Playlisten“ bei mir wenig…
Es gibt auch heute noch eine immense Vielfalt und erstklassige Künstler. Als Beispiele würde ich, wenn ich nun jüngere Künstler nehme, z. B. Hazel English, Phoebe Bridgers, The Howl & The Hum oder auch Graveyard Club nennen. Das Ding ist nur, dass es schwerer geworden ist sie zu entdecken, aufgrund der schieren Masse.
In jedem Genre gibt es tolle neue Bands / Solokünstler – damals wie heute. Ich gucke da selbst aber ohnehin abseits der Charts, mit denen konnte ich auch als Teenager schon nichts anfangen, das ist für mich also keine Veränderung.
„Das Ding ist nur, dass es schwerer geworden ist sie zu entdecken, aufgrund der schieren Masse.“
André, aber das verstehe ich genau nicht. Auch früher gab es unfassbare viele Künstler und wir mussten teilweise ins Ausland fahren, uns dort Tage lange durch Plattenläden wühlen, um mit den neu erworbenen Schätzen nachhause zu fahren. Einfacher als heute geht es doch gar nicht. Alles ist digital und durch Datenbankabfragen und Metadaten zugänglich gemacht.
Es gibt durchaus Dienste die da sehr intelligent sind. Wenn Spotify oder Amazon mir Musik aufgrund meiner bisherigen Hörhistorie vorschlägt, dann kommt quasi immer nur Müll raus.
Viel früher habe ich jedoch mit Pandora reihenwiese echte Perlen entdeckt.
Leider ist der Dienst nur über vpn hier erreichbar und meine Hoffnung von vor 10 Jahren, dass die den Sprung nach Europa machen hat sich leider nicht erfüllt.
Wer die Möglichkeit hat Pandora mal zu testen sollte es aber unbedingt probieren.
uh, danke Andre für „The Howl & The Hum“
nice. 🙂
da kann ich Byte.FM empfehlen – und dabei auch gleich aufrufen, Freund oder Freundin zu werden.
Dort läuft moderiertes Programm und dort gibt’s auch neues – auch abseitiges.
Radio Paradise!! Dieser Musikfan der es immer wieder schafft mit seinen Playlisten werbefrei zu überzeugen, sollte einfach gehört und unterstützt werden. Noch dazu fast auf jedem Gerät als Flac zu hören.
Definitiv, Bill ist der Beste 🙂
Oh ja, dem kann ich nur zustimmen! Bin einfach nur begeistert von der Vielfalt und Moderation. Bemerkenswert wie viel Mühe sich die Moderatoren geben und immer wieder spannend Hintergründe von neuer und alter Musik zu erfahren.
Um Missverständnissen vorzubeugen: ich bezog mich auf den Kommentar von Tomasz und seiner Empfehlung von ByteFM. 🙂
Ich kann mich da durchaus wiedererkennen. Ich bin zwar kein „Oldie-Fan“ im allgemeinen Sinn, höre aber viel mehr Musik aus meiner Jugend als aktuelle Charts, die ich maximal im Autoradio mitbekomme. Mit vielem, das sage ich ganz ohne Wertung, kann ich nichts mehr Anfangen (Cloud-Rap, Autotune etc…), wobei auch Ausnahmen hier die Regel bestätigen.
Ah, auch den Rick Beato Beitrag auf seinem youtube channel gesehen ;-))
Den Beitrag kenne ich auch. Guter Kanal den ich schon lange folge.
Wenn eine neuer Song einen alten sampelt (‚tschuldigung), zählt das dann als alter oder neuer Song.
Gestern erst wieder gehört, dass man sich and „running up that hill“ vergriffen – ein Sakrileg!
In er Fitnessbude spielt die Trainerin gerne A-Teen mit Abba Covern: „Das ist doch Eure Musik“, und neulich hatte sie neue Musik dabei, drin wurde Whitney Houstons „I wanna dance with somebody“ verwurstet.
Die neue Musik plündert die alte und da bleiten die Nutzer offenbar lieber beim Original.
Ich persönlich hoffe weiterhin auf neue Musik von Kate Bush – und endlich wieder einen Live Auftritt.
Verwurstet wurde schon immer.
U.a. die deutsche Sprache. 😉
Wenn ich den Radiosender meiner Kinder verfolge, fällt mir auf, dass man sich bei vielen neuen Liedern ganz oder teilweise bei alten oder zumindest älteren Liedern bedient hat, d.h. es sich entweder um eine Cover-Version oder um einen Remix handelt oder zumindest Samples verwendet wurden. Das hat sicher auch seine Gründe.
Es gibt zwar immer wieder neue Lieder die ich mir gerne anhöre, aber selten noch Lieder oder gar Alben bei denen ich ein „Muss ich haben!“ empfinde und mir eine CD kaufe (und nicht nur einen Download oder es gar bei einem Stream belasse).
Die alten Sachen verteilen sich über viele Jahre, sind also der Long Tail. Damit haben aber die Empfehlungsalgorithmen der Musikdienste ein Problem: Es gibt einfach zuviel Musik und zu wenig Hörer, um sinnvolle Parallelen finden zu können. Ich habe mir schon überlegt, ob ich anstatt 5% der alten Songs mit Herz zu bewerten, stattdessen mal ein paar aktuelle Hits aus dem Deezer Flow hören sollte, um den Algorithmus besser zu trainieren. Aber wahrscheinlich wird er mir dann nur noch neue Sachen empfehlen. Dabei will ich doch die auf den Alben versteckten Perlen von früher finden. Die Singles kenne ich eh alle aus dem Radio, die Listen davon sind auf Chartsurfer.de mit 200 Titeln pro Jahr (veröffentlicht werden rund 500 pro Jahr, aind alao nicht vollständig).
Oh das würde ich lassen, es dauert ewig bis das wieder aus deinen Empfehlungen raus ist.
Letztes Jahr wurde man ja mit Giovanni Zarella Werbung überschüttet und ich habe mir nach anfänglichem Brechreiz ehrlich vorgenommen das Album mal komplett bei Amazon Music zu hören.
Ich habe jetzt fast ein Jahr gebraucht bis dieser Ausrutscher aus den Empfehlungen verschwunden ist.
Höre jetzt seit einiger Zeit nur noch Absolut Oldie Classic im Auto über DAB+ mit dem jeweiligen Verkehrsfunk einblendung aber ohne das Dummgeschwätz vom WDR 2 MuW, oder Zuhause über die Alexa Boxen.
Die aktuellen Top 100 gehen mir am A… vorbei , da kenn ich fast nix.
Bei mir läuft HR1 meistens im Radio, die spielen halt noch die Originale. 🙂
Vielleicht liegt es aber auch an der Käuferstruktur. Die Boomer sind halt noch den Kauf gewöhnt, die jüngere tendieren zum Streamen. In der Klassik hört man Künstler die seit 200 Jahren tot sind. Und die Popmusik wir halt erwachsen. Als ich älter wurde habe ich mich auch zunehmend für die Klassiker interessiert. Ein weiterer Indiz für die Entwicklung ist, dass jetzt auch mehr Schallplatten gepresst werden wie vor 5 oder 10 Jahren.
Wen wunderts. Neue Songs sind kurze Stücke fürs Streaming, ohne viel Kunst, Kreativität oder Vision. Die sollen ja von Anfang an nur kurzfristig funktionieren und das Streaming wird bespielt mit gleichklingender Musik.
Es gibt aber auch noch Indies. Wie Timber Timbre, die ich sehr gerne höre und mit denen man sich zwangsläufig beschäftigen muss, weil es keine „Nebenbei“ Musik ist. Aber auch ich lande dann oft wieder bei Jefferson Airplane und anderen „oldies“.
Es mag sein, dass was neues mal ganz gut klingt. Das wars dann aber auch schon. Wahre Künstler und Kunstfiguren gibt es auch kaum noch. Alles etwas schade. Beim Film aber genau so. Es wird nie wieder so ein Epos wie z.B. Der Pate geben. Auch HEAT würde heute nie so produziert, weil du heute drei Filme aus der Handlung machen könntest.
Qualität weicht der Masse. Geschuldet dem Streaming und dem schnellen Konsum, in welchem wir leben. Traurig aber einige Perlen findet man mit Suchen noch.
Einiges davon passiere aber auch schon beim Radio.
Oder woher kommt die Radio edit version?
Mal ganz abgesehen von wandelnden Geschmäckern:
das könnte auch daran liegen, dass bestimmte Formen von Alben seltener geworden sind. Ein Song hat heute 3 Minuten und wird mit einer Handvoll anderer gesammelt herausgebracht. Das ist ok und hat seine Zielgruppe.
Viele Alben von früher hatten aber manchmal ein Konzept, eine Story, und luden zum sequentiellen Hören ein. Also nicht nur Mitsingen und Tanzen, sondern nur zuhören, phantasieren, denken, träumen.
Kennt jemand die Kurz-Story „The Fall of the House of Usher“ von Edgar Allen Poe?
Das wurde ja Ende der 70er von Alan Parsons Project vertont. 5 Songs, insgesamt ca 15 min. Wenn man die Story im Hinterkopf hat, ist das Hören wie der Ablauf eines Films im Kopf.
Ich denke sowas gibt es auch heute noch, nur das es eben über die Streaming-Algorithmen nicht angeboten wird. Da muss man schon suchen.
Und die meisten Musiktitel waren schon immer zwischen 3-5 Minuten lang, eben Radiotauglich. Längere Stücke waren selten, erregten dann aber teilweise auch Aufmerksamkeit, unter anderem genau deswegen. Die galten dann aber auch eben als „nicht radiotauglich“. Sollte man eigentlich meinen das dies heute dank Streamings anders wäre (keine Werbepausen, Moderatoren, etc.).
Viele Titel *waren* 3-5 Minuten lang, heute muss man schon suchen, um einen Radio-Edit zu finden, der die 3 Minuten überhaupt knackt. Oft pendelt es sich zwischen 2‘20 und 2‘40 ein.
Das ist mir aber auch zuletzt aufgefallen:
Kenne ich noch viele Musik aus den 80ern und 90ern, sieht das in den letzten Jahren absolut schlecht aus.
Aber geht das nur mir so, oder klingt heute halt (das Zeugs was im Radio kommt) immer alles gleich?
Das sagt man mit zunehmendem Alter oder wenig Beschäftigung mit dem Genre doch immer: Ich habe als Teenager in den 1990er-Jahren etwa Eurodance gehasst wie die Pest und tue es heute noch. Damals konnte man auch schon sagen „Klingt alles gleich“, denn vor allem wurden da simple Rhythmen und Basslinien genutzt.
Heute sagt man das als Laie dann eben über den ganzen Autotune-Hip-Hop / -Pop. Sicherlich gibt es aber auch da Differenzierungen – so wie streng genommen ja auch bei meinen Hass-Genres Rave, Techno, Euroance aus den 1990ern nicht alles identisch klingt.
Wie gesagt, habe ich früher viel Black Metal gehört und ein Laie wird da auch sagen: „Klingt alles gleich, Gitarren-Geschraddel, Gekeife, High-Speed-Drums“. Gibt da aber natürlich auch total facettenreiche Unterbereiche und höchst unterschiedliche Künstler – man nehme nur die technisch hochkomplexen Emperor und vergleiche die dann mit eher punkigen Bands wie (frühen) Mayhem.
Achja, das waren noch Zeiten! Ich erinner mich gerne an meine erste Begegnung mit „Dissection“ – ganz davon ab dass der Typ nicht alle auf dem Zaun hatte wie sich später herausstellte. Aber ich hör auch irgendwie lieber die „Klassiker“ wobei ich mich immer freue auch mal etwas neues zu entdeckenaber oftmals hat man eben alles schonmal gehört oder es geht in der Masse unter. „Daemonesq“ ist endlich mal wieder was Neues was mich an die guten alten Zeiten erinnert und gut Brett hat.
Schon immer waren „die alten Songs“ besser als das aktuelle, weil es einfach eine Zusammenstellung der besten Hits von damals ist. Wenn man in den 80ern musikalisch aufgewachsen ist, dann hatte man damals auch ein paar nette Songs in den Charts, aber im Grunde war 90% Mist und jeder hat versucht sich auszuprobieren.
Genau das gleiche heute; es gibt ein paar gute Songs und 90% sind Mist. In 20 Jahren wird es auch heißen „ach, die Songs der 20er waren noch super.
Einziger Unterschied ist nur, dass es heute mehr alte Songs gibt als früher. Das was wir alle heute als Musik bezeichnen kommt maximal aus den 50ern oder 60ern und ist meist mit Elvis, Beatles und ähnlichem gestartet. Während man also in den 80ern nur Musik aus 3-4 Jahrzehnten hören konnte/wollte, hat man heute 7-8 Jahrzehnte zur Verfügung. Also hat man mehr Auswahl an „alten Songs“, was aber auch meistens nur 1-2 Songs pro Jahr im Schnitt sind.
Gutes Argument und ziemlich logisch.
Guter Erklärungsansatz.
Finde ich nicht. Guck dir mal alte Charts an, die wimmeln von „Klassikern“, die es teilweise nicht mal auf Platz 1 geschafft haben, weil da ein „noch klassiker Klassiker“ festgehangen hat. 🙂
Ich würde eher sagen, früher, als Du noch Bilder von Musikern auf einer Plakatwand bezahlen musstest, wenn Du in die Chart wolltest, machte es für die Publisher Sinn, einen Künstler dauerhaft aufzubauen und im Markt zu halten.
Sowas gibt es heute gar nicht mehr. Stones, Beatles, Bowie und wie sie alle heissen: Leute, die über Jahrzehnte top sind und zuverlässig gute Musik liefern, sich im Stil ändern, alte Fans vor den Kopf stossen und neue dazu gewinnen.
Ich vermute ganz pragmatisch, heute landet ein Musiker einen Hit, und wenn er dafür auch mal Kohle sehen will, zieht der Produzent einen neuen Musiker aus der Tasche, der wieder für 200 Euro plus Getränke in den Charts landet, bis er… GOTO 1. In einer digitalen Welt brauchst Du Kanäle statt Gesichter, das macht austauschbar.
Als Toningenieur und Musiker (eher inaktiv) habe ich ein großes Ohr für Musik. Allerdings finde ich mein Hörverhalten im Beitrag auch wieder. Obwohl ich Tidal zum Hören neuer Musik verwende (meine Musik habe ich im CD Schrank oder als HighRes auf dem Server) bleibt da meist wenig hängen. Musik ist heute einfach anders. Evtl. könnte man sagen nicht mehr so „lässig“. Ich sage immer etwas provokant „verkopfte Gymnasiasten Musik“ (sorry). Obwohl in den 70er die Musik ohne Ende mit Bedeutung aufgeladen war klingt sie deutlich mehr nach „einfach nur Musik“ als heutige Musik. Neue Musik ist für mich meist ältere Künstler oder Bands die ich „früher“ irgendwie übersehen habe.
„Neue Musik ist für mich meist ältere Künstler oder Bands die ich „früher“ irgendwie übersehen habe.“
Wie wahr. Höre jetzt alles nach, was ich mir früher nicht kaufen konnte. Dazu endlich die kompletten Alben statt nur Hitsingles.
Egal wann ich mal das Radio anmache oder mir eine der vielen Chartlisten im Streaming anhöre: die klingen alle gleich.
Nur noch Soundbrei und Autotune-Geplärre, und wenn doch ausnahmsweise mal eine interessante natürliche Stimme dabei ist, gefällt mir wahrscheinlich das Genre nicht :-).
Ich bin Klassikhörer und ansonsten im IDM-Genre zuhause. Das wird heute produziert und mit „heute wird nichts Gutes mehr produziert“ kann ich nichts anfangen. Das ist effektheischendes Gerede.
Ich kaufe lieber (vermutlich da ich Boomer bin, wie gemeinhin diagnostiziert wird). Meist Bandcamp.
Kann es nicht sein, dass es aktuell auch weniger Gelegenheit/Ereignisse gibt, die man mit der Musik verbindet? Ich für meinen Teil, verbinde viel Musik mit bestimmten Gefühlen.
Ich könnte mir vorstellen, dass das auch wieder mehr wird.
Beispiel TikTok/Reels: Die Trends dort basieren oft auch auf aktuellen Hits wie von Justin Bieber oder dergleichen. Dadurch bleiben die im Kopf, vielleicht verbinden manche Menschen damit tolle Abende mit Freuden, bei denen sie Tiktoks gedreht haben?
Wenn dann wieder Konzerte stattfinden, Roadtrips, Urlaube, …. Dann gibt es doch bestimmt auch wieder „Titelsongs“ dafür.
Vielleicht nicht mehr in den Maße wie früher, weil nicht immer Radio läuft. Aber die Bands treten beispielsweise (zum Glück) immer noch live auf.
Ich denke, das liegt daran, dass man Musik heutzutage gar nicht mehr so hört wie früher.
Ich habe früher öfter als Kind / Jugendlicher dagesessen oder auf dem Bett gelegen und eine ganze CD gehört. Und einige CDs habe ich so dutzende Male durchgehört. Heutzutage wird doch Musik kaum mehr aufmerksam gehört. Weder von mir selbst, noch von den Bekannten, die ich so kenne. Da läuft Musik meist nur im Hintergrund, ohne dass da richtig zugehört wird. Oder man hört mal ein oder zwei Lieder am Stück aufmerksam und das war es dann. Ein ganzes Album am Stück hören? Geht doch gar nicht mehr.
Dazu ist einfach das Angebot an alternativen Medien und Dingen viel zu groß. Und wenn man mal aufmerksam zuhört, dann eher einem Hörbuch oder einem Podcast, aber keiner Musik mehr. Daher denke ich, ist das Konzept eines Albums mittlerweile veraltet. Leider.
Najaaaaaa also das ist jetzt schon an vielen Stellen sehr dünn argumentiert:
„Etwa gilt die Vinyl-LP inzwischen für Enthusiasten als physisches Medium der Wahl – neuere Medien von höherer technischer Qualität, etwa Blu-ray Audio, spielen kaum eine Rolle.“
Das liegt halt daran dass „physische Medien“ einfach nicht mehr so relevant sind. Sage sogar ich mit weit über 40.
Daraus zu schließen „alt ist beliebter“, ist eine Fehlinterpretation.
Das gleiche gilt für die Grammy-Übertragungen: diese Zahlen machen erst Sinn, wenn man den generellen Rückgang beim linearen Fernsehen mit einbezieht. Wer keinen Fernseher mehr hat, kann die Grammys nicht mehr schauen, selbst wenn er noch so viel moderne Musik hört.
Ich liebe meine „MixTapes“ auch wenn die schon seit vielen Jahren (Jahrzehnten ;-)) in digitaler und damit im Umfang nicht begrenzter Form vorliegen.
Über das jeweils aktuelle Jahr hinweg sammeln sich oft schon 30-50 Tracks an die ich neu für mich entdecke – nicht das diese dann auch altersmäßig wirklich neu sein müssen. Aktuelles, manchmal schon ein paar Jährchen altes aber auch gelegentlich Chartstoff bilden so mein persönliches musikalisches Jahr ab und liegt dann als „MixTape“ auf Platte und Mobilteil.
Es ist eine wirklich prima Sache jederzeit musikalisch in eine bestimmte Zeit zu springen und damit auch viele Eindrücke dieser Zeit wieder hoch zu holen.
Dank digitalem Angebot und auch fleißigem „kopieren“ alter Medien geht es aktuell bis 1979 in die Vergangenheit 🙂
Mcht einfach Spaß!
Es ist einfach die Zeit…
Musik hatte einen ganz anderen Stellenwert, als heute und man hatte nicht so viele Ablenkungen, technische Möglichkeiten, außerdem war die Zeit nicht so schnelllebig.
Die 1950er bis 1970er Jahre war eine Zeit des Umbruch, es ging von der muffigen Nachkriegszeit in die heutige Zeit.
Nie gab es eine kreativere Musikphase als damals. Es gab Wochen, da sind zehn Alben erschienen, die bis heute als Meilensteine gelten.
Heute ist Musik ein Gebrauchsgut, es wird über Algorithmen, Playlisten und Radio verabreicht, kaum einer verfolgt seine eigenen Musikinteressen. Die Musik wird auch über Algorithmen „komponiert“, man hört es im Radio oft, dass man Songs nicht unterscheiden kann, so ähnlich sind sie sich.
Sicher gibt es heute noch immer gute Musik, aber der Normalo bekommt es nicht mehr mit, da alle Sender dasselbe funken.
Ich bin 63, besitze recht viele Schallplatten und CDs, auch neue, aber ich merke immer wieder, dass ich musikalisch in meine Jugend zurück falle. Man verbindet mit einfach zu viel mit der Musik.
Ich kann mich z.B. gut erinnern, wie wir vor Begeisterung vollkommen durchgedreht sind, als „Wish You Were Here“ von Pink Floyd erschienen ist… 😉
Heute kaufe ich Musik, höre sie ein paarmal und lege sie in die Ecke.
Eine Frau namens „Daniela Alfinito“ führt die Album-Charts in Deutschland an. Noch Fragen? Musik war nie unwichtiger wie heute.