Miiya: Wie mich ein Kinder-Wearable-Crowdfunding zum Kopfschütteln zwingt
Täglich schießen zig neue Projekte auf diversen Crowdfunding-Plattformen wie Pilze aus dem Boden, die um unsere Aufmerksamkeit bitten. Viele davon sind zweifelsohne klasse Ideen und werden zurecht finanziert. Andere wiederum gehören zur Kategorie „Was zum Geier soll ich davon halten?“. Miiya ist eines davon. Miiya ist ein wearable Gadget, das Kinder spielerisch dazu animieren soll sich zu bewegen. Miiya mag auch einige sinnvolle Features mit sich bringen, unterm Strich frage ich mich jedoch, warum Eltern technische Spielereien benötigen, um ihre Kinder zum Spielen vor der Tür zu bringen.
Ich erinnere mich, wie höchstwahrscheinlich einige der Leser dieses Blogs, sehr gut an meine Kindheit zurück. Damals ist man aufgestanden, hat ein kurzes Frühstück von Mutti über sich ergehen lassen und ist dann raus aufs Fahrrad, um die Kumpels abzuklappern und sie zum Fußballspielen abzuholen. Nach Hause hat uns entweder nur die Dunkelheit oder besagte Mutter gekriegt, die mit hochrotem Kopf schimpfte, dass das Abendessen (mittlerweile kalt) auf dem Tisch stehe. Mir ist wohl bewusst, dass die Zeiten sich seitdem verändert haben, dennoch geht mir immer noch ein kalter Schauer über den Rücken, wenn ich elfjährige Kids mit Technik wie beispielsweise iPhones durch die Gegend ziehen sehe.
Doch erstmal der Reihe nach: Was ist Miiya? Miiya ist ein kleines Maskottchen, dass in einem kleinen bunten Wearable/Smartwatch zuhause ist (Tamagotchi, anyone?). Dieses Wearable können Eltern ihren Kindern um den Arm schnallen, um ihre Bewegung zu tracken. Das weitere Prinzip ist simpel: Wenn das Kind sich eine bestimmte Zeit bewegt hat, erhält es zur Belohnung Achievements in Form von niedlichen Animationen von Miiya. Nach und nach über Tag soll sich Miiya schließlich in einen Superhelden (oder Superheldin?) verwandeln und das Kind somit eben spielerisch zu mehr Bewegung animieren.
Übereifrige „Helikopter-Eltern“ haben zudem die Möglichkeit mithilfe einer Companion-App jederzeit nachzusehen, wo sich das Kind gerade befindet. Außerdem kann ein Geofence eingestellt werden, sodass die Eltern sofort benachrichtigt werden, wenn sich die Kinder zu weit von zuhause weg bewegen. Im eigenen Garten, wie in dem nachfolgenden Video, mag dies vielleicht unsinnig erscheinen, aber dieses Feature ist das einzige, welches ich als sinnvoll empfinde. Falls dem Kind tatsächlich etwas zustoßen sollte, was man niemals hofft, ist man mit Gadgets wie Miiya auf jeden Fall über den Standort des Kindes informiert und das ist gut.
Alles andere kann ich irgendwie nur mit Kopfschütteln begegnen. Wie ich eingehend sagte, kann und will ich nicht verstehen, was um alles in der Welt falsch laufen muss, dass Kinder mit technischen Spielereien animiert werden müssen, um vor die Tür zu gehen. An dieser Stelle sollten sich Eltern eher die Frage stellen, ob man einige Punkte der Erziehung überdenken sollte. Kleiner Tipp: Stecker aus der PlayStation ziehen und vor die Tür stellen. Das Kind wird schon den nächsten Spielplatz von alleine ansteuern.
Wer sich Miiya nun dennoch mal anschauen möchte, um den eigenen Stubenhocker vielleicht doch zum rausgehen bewegen zu können, kann dies gerne bei Indiegogo tun. (Danke an Stefan!)
Herr Wuttke,
haben Sie selbst Kinder?
@Herr sudo: Nein Herr sudo, leider noch nicht.
@Ted: Wie meinen?
@Wolfgang
Noch! Ich weiß nicht, wie alt deine „Große“ ist, aber ab 14 etwa sieht man die Kids auf der Straße doch nur noch mit dem Smartphone in der Hand: WhatsApp und Facebook. Dabei werden mittlerweile doch sogar nahezu alle gesellschaftlichen Normen ignorieriert: WhatsApp beim Essen, WhatsApp im Kino, WhatsApp hier, WhatsApp da.
Wenn das bei dir nicht so ist: Daumen hoch! Alles richtig gemacht!
Ich bin selbst erst Mitte 20 und kann da nur den Kopf schütteln. Sicher, wir hatten früher auch unsere „Suchtmittel“, vielleicht der erste eigene Fernseher oder der erste eigene PC, aber so extrem habe ich das nicht in Erinnerung. Vermutlich, weil man die nicht 24/7 dabei hatte…
Bedenkt bei der Bewegung auch, _wo_ die Kinder wohnen. Auf dem Land oder in Vororten kann man die Kinder rausschicken und sie haben tolle Möglichkeiten. So bin ich auch aufgewachsen. In der Stadt ist rumhängen angesagt. Hier in Hamburg sehe ich die Kiddies viel in den U-Bahnen sitzen und am Hauptbahnhof oder halt den Stationen sich treffen. Da wäre Animation natürlich sinnvoll.
Ob so ein Tool sinnig ist, kommentiere ich nicht.
Völlig irsinnig. Was kommt als nächstes? Ein „Spiel“ für Erwachsene, das dafür sorgt, dass die ganzen Nerds nach draußen gehen? Zum Beispiel indem die Spielmechanik dafür sorgt, dass man bestimmte Orte aufsuchen muss? Nennen wir es WorldCaching… oder nein, vielleicht besser Ongrass?
Ich finds auf jeden Fall lustig, wenn sich hier Leute, die sich regelmäßig die neuesten Smartphones kaufen und in ihrer Freizeit Gadget-Blogs lesen oder beruflich schreiben, statt raus zu gehen, darüber beschweren, dass auch Kinder nicht mehr so leben wie vor 40 Jahren 😉
@ Pascal
Der Spiegel bezog sich auf Caschy und seinen immer währenden Kampf.
@Ted: das der bei Beitrag NICHT von caschy ist, hast du aber schon gesehen, oder? 😉
Ich binjetzt auch in meinen 30ern, aber die grundlegend eher negativen Einschätzungen hier teile ich überhaupt nicht.
1. Jede Generation, die „natürlich“ mit einer neuen Technologie aufwächst, nutzt diese anders als die davor. Das mag uns älteren eigen vorkommen, aber war schon immer so.
2. Wenn das Ding nur ein halb so guter Erfolg wird, wie das erwähnte Tamagochi, ist es zumindest wirtschaftlich sinnvoll.
3. Nur ein Beispiel für funktionierende Gamifikation: http://www.handelsblatt.com/technologie/das-technologie-update/healthcare/mysugr-das-diabetes-monster-zaehmen/10976852.html
Klar, Gamifikation funktioniert nicht überall, man muss sich dem Einsatzzweck anpassen. Wenn man es aber richtig macht, sind die Möglichkeiten allein den Versuch wert.
Eine lustig virtuelle Hundeleine.
Aber erwachsene brauchen natürlich ein Fitnessband, ein Handy oder eine Waage die mit dem Handy kommuniziert. Das ging ja früher auch nicht ohne… oh wait.
Ich frage mich, wie viele der Kommentatoren (von den Autoren weiß ich es ja), ein Kind in entsprechendem Alter haben. Ohne mit der Wimper zu zucken, hätte ich unserer Tochter so ein Ding umgeschnallt. Heute sind wir froh, wenn wir das Freunde suchen-Feature unter iOS nutzen können. Wer eine Kindheit von heute mit seiner eigenen Kindheit vergleicht, hat irgendwo etwas verpasst, egal ob die Kindheit nun 10, 20 oder 30 Jahre her ist.
@Ted: ich rede mir aber nichts schön, sondern stehe zu meinen Fehlern 😉 Übrigens Gratulation zur Kommunikation, die fast Murphys Law entspringen könnte.
@Sascha Ostermaier
Dazu gab es letztens eine ganz interessante Beitrag zu einem Buch (weiss gerade nicht mehr wie es hiess) es ging dabei um die Frage was sich verändert hat in den letzten 20Jahren für Kinder. Gefahren durch Straßenverkehr oder eben sexueller Missbrauch. Es hat sich dabei gar nix geändert, bzw sind die Zahlen sind eher rückläufig. Es hat sich nur etwas in der Berichterstattung geändernt, heute wird alles gleich aufgebauscht.
Ich glaube es war „mehr Matsch!“ von Andreas Weber
@ Pascal
Nee, hatte ich nicht gesehen, erst nach deiner Antwort. Wer lesen wil, ist im Vorteil.
@ caschy
Nunja, auf der Strecke vom Pott zur Küste muss ein Knoten drin gewesen sein.
(P.S. Zu deinem Schönheitsideal hatte ich dir mal vor 5 Jahren oder so ein Buch über Kohlehydrate geschickt. Solltest du vielleicht noch einmal versuchen. Bei mir klappt es immer wieder. Nur die Zeit dazwischen, da habe ich immer schwerere Knochen, dann das Alter, Stress … 🙂 )