Insta360 X4 im Kurztest: Lohnt sich der Wechsel von der X3?

Vor nun mittlerweile über anderthalb Jahren durfte ich mir die Insta360 X3 für einen Test anschauen. Hierbei handelt es sich um eine Actioncam, die besonderes Augenmerk darauf legt, nicht nur normale Weit- und Ultraweitwinkelvideos zu ermöglichen, sondern gleich ganze 360°-Aufnahmen erlaubt. Jene werden dann in 5,7K aufgenommen. Je nachdem, wie das Reframing der Videos auf Nutzerseite am Ende ausfällt, liegt die Auflösung dann aber natürlich niedriger. Dieses Jahr hat der Hersteller Insta360 sein neuestes Modell, die Insta360 X4 veröffentlicht, welche ich mir nun auch seit geraumer Zeit ausgiebig anschauen durfte.

Dabei sei eines vorweggesagt: Es handelt sich hierbei ganz klar um ein Upgrade der X3, das aber bei Weitem nicht für alle Nutzer zwingend notwendig ist. Darauf gehe ich im Nachfolgenden etwas genauer ein. Es sollte nur klargestellt sein, dass die X4 noch immer dieselbe Basis wie bei der X3 bietet, was ebenfalls den Funktionsumfang angeht. Vielmehr ist die Hardware der neuen Kamera optimiert worden, und das zahlt sich in vielen Aspekten auch aus – aber dazu gleich mehr. Einen direkten Vergleich der beiden Modelle liefert Insta360 direkt selbst:

Den Anfang macht hier also vor allem die maximale Videoauflösung, welche von 5,7K auf jetzt 8K bei weiterhin 30 Bildern pro Sekunde liegt. Der Zeitlupenfunktion ergeht es hier ähnlich. Dort ermöglicht die X4 nun 360°-Videos in 4K statt in den bisherigen 3K bei 100 fps. Weiter geht’s mit Videos im Weitwinkelformat, wo ihr nun 4K in 60 fps aufnehmen könnt und nicht mehr bei 30 fps limitiert seid. Auch der Selfie- oder besser „Ich“-Modus löst hier höher auf, 4K statt 1080p, dafür aber nur in maximal 30 statt bisher 60 fps.

Klar schlägt sich das auch im Akkuverbrauch nieder, doch hier kontert Insta360, indem man den austauschbaren Akku mit 2.290 mAh bestückt hat, welcher dann bis zu 135 Minuten Aufnahme erlauben soll. Bei der X3 waren es hier noch knapp 80 Minuten, wenn man Videos in denselben Settings aufnehmen wollte, was also durchaus einen ordentlichen Bonus ausmacht.

links die X3, rechts die X4

Was mir an der X4 aber direkt besser gefallen hat, was der mitgelieferte und vor allem simpel an- und abbaubare Linsenschutz für beide Linsenhälften. Per Gewinde sind die Dinger schnell aufgeschraubt und schützen die wichtigen Linsen vor unschönen Kratzern oder Schlimmerem. Was ich persönlich zudem ganz cool finde (mich aber erst ein wenig Überwindung gekostet hat, es einzusetzen), ist die neue Gestensteuerung. Ihr hebt die Hand und könnt damit die Aufnahme stoppen oder eben starten. Zeigt ihr das Peace-Symbol mit Zeige und Mittelfinger, wird ein Foto erstellt. Das ist natürlich auch nicht in allen Szenarien notwendig, birgt aber durchaus eine sinnvolle Erweiterung. Dennoch muss man hier aufpassen, denn die Erkennung der Gesten kann sehr wohl auch False Positives erzeugen, also Aufnahmen, die nur dadurch entstanden sind, dass die Software der Meinung war, eine Geste erkannt zu haben, wo eigentlich keine war.

Die hier dargestellten 36-MP-Aufnahmen wurden nachträglich komprimiert, die Originalaufnahmen gibt es hier.

Höher aufgelöste Aufnahmen erfordern auch, dass diese mindestens genauso schnell wie bisher oder besser noch schneller auf Endgeräte übertragen werden können. Hierfür besitzt die X4 jetzt einen USB-C-3.0-Port, der deutlich flotter arbeitet als noch der 2.0-Port des Vorgängers. Die Verbindung zwischen Smartphone und X4 findet weiterhin über Wi-Fi statt. Hierbei soll die Übertragung der Daten aber noch einmal um 58 % im Vergleich zur X3 gesteigert worden sein.

Ich mochte die X3 vor allem wegen ihrer Vielseitigkeit. Möchte ich „nur“ eine hochauflösende Single-Lens-Aufnahme machen, welche ich auch mit vielen anderen Actioncams erstellen könnte? Will ich vielleicht ein VLOG im Ich-Modus aufnehmen, in dem ich perfekt im Sucher positioniert bleibe? Oder möchte ich mich lieber noch gar nicht richtig festlegen, nehme stattdessen einfach ein 360°-Grad-Video auf und kümmere mich erst im Anschluss darum, was und wie es im finalen Video später zu sehen ist?

Das alles geht mir der X4 auch, nur eben noch besser. Die Aufnahmen sind deutlich schärfer, das Stitching zwischen den Linsen (quasi der Nahtübergang, der zwangsläufig vorhanden ist, aber von Software gut vertuscht werden kann) ist noch feiner, weshalb die Naht viel weniger wahrzunehmen ist. Die Fotos lösen weiterhin maximal in 72 MP auf, was erst einmal nach viel klingt, sich aber auf das Gesamtbild einer 360°-Grad-Aufnahme bezieht. Wollt ihr ein Weitwinkelbild mit einer der Linsen aufnehmen, löst jenes mit 18 MP auf. Für Snapshots auf Touren, etc. ist das mehr als ausreichen. Aber ihr solltet nicht erwarten, dass ihr damit ultrahochauflösende Selfies, etc. machen könnt.

[Das Klemm-Stativ wackelig, die Wege mehr als huckelig – dennoch bekommt es die Insta360 X4 hin, so großartig stabilisiertes Videomaterial daraus zu machen.]

Optisch ähnelt die X4 der X3 auch immer noch sehr, wenngleich sie auffallend größer, vor allem aber auch spürbar schwerer ist. Das wirkt sich in der Handhabung aber nur minimal aus, ich nutze die Cam vor allem am kleinen Manfrotto-Stativ oder eben am Selfiestick von Insta360, mit dem sich auch die bekannten Videos machen lassen, bei den es so wirkt, als sei die Kamera wie eine Drohne schwebend über/hinter der Person montiert. Allein damit lassen sich schon unglaublich interessante Bilder und Videos festhalten.

Das im Vergleich zur X3 noch größere Touchdisplay der X4 kommt vor allem der Bedienbarkeit zugute. Wer Angst hat, die Kamera im Regen zu benutzen oder sie auch mal in einen See/Bach/etc. zu halten, dem sei gesagt, dass das Modell von sich aus schon bis zu 10 Meter wasserdicht ist. Per Extra-Case (separat erhältlich) sollen dann gar bis zu 50 Meter möglich sein.

Das Update von 4K auf 8K bei den 360°-Grad-Videos sorgt vor allem dafür, dass in den finalen Reframing-Videos noch mehr Details zu erkennen sind, die Bildqualität im Gesamten viel besser ist. Sehr gut gefällt mir weiterhin die automatische Bildstabilisierung der X4, durch die Videos beim Laufen, Radfahren oder gar in der Achterbahn wirklich so gut wie immer wirken, als seien sie mit einem ultrateuren Gimbalsystem stabilisiert worden. Das hatte Insta360 auch schon bei der X3 perfektioniert. Großes ABER: Auch die neue X4 hat ihre Schwächen mit der Bildqualität, wenn das Licht während der Aufnahme mal nicht so perfekt ist. In Szenen, in denen beispielsweise Dämmerung herrscht oder aber die Morgensonne gerade erst aufsteigt, rauscht das Bild schon sehr, nach Bilddetails kann man dann eher suchen. Schuld ist hierbei wohl vor allem die Größe des verwendeten Sensors, der aber bei viel Licht seine vollen Stärken präsentiert.

[Eine der Funktionen aus der Insta360-Studio-Software für Windows und macOS ist Timeshift]

Die zugehörige App, über die ihr später die Aufnahmen auch zurechtschneiden und vor allem das Reframing vornehmen könnt, ist kostenlos verfügbar. Dank wirklich guter Einführung geht das Erstellen von kreativen Videos flott von der Hand – wer mag, kann diese dann auch direkt in soziale Netze streuen. Zudem lassen sich in den Aufnahmen einzelne Personen oder Objekte als Ziel festlegen, sodass diese in der Aufnahme durchgehend zentriert bleiben. Das gab es aber auch alles schon mit der X3.

Darum hier nun auch zu meinem Fazit am Ende des Kurztests: Die Insta360 ist eine großartige Actioncam für Menschen, die entweder besonders kreative Ideen mitbringen, wie sie ihre Videos in Szene setzen wollen und dafür ein recht kleines Gadget mit wirklich guter Bildqualität brauchen. Auf der anderen Seite ist sie aber eben auch ein Gerät, das sich für Leute eignet, die sich beim Aufzeichnen einfach noch nicht festlegen möchten, was sie später im finalen Video alles zeigen möchten und was eher nicht.

Besitzer einer X3 kennen eben diese Features aber schon, setzen dabei auf weniger Auflösung und einen kleineren Akku. Mit Blick auf den mittlerweile schon gut gefallenen Preis der X3 im Vergleich zu den knapp 560 Euro für die neue X4 muss der Bedarf nach mehr Auflösung aber schon sehr stark sein, um als überzeugender Grund herzuhalten.

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Nordlicht, Ehemann und Vater. Technik-verliebt und lebt fürs Bloggen. Außerdem: Mail: benjamin@caschys.blog / Mastodon

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7 Kommentare

  1. Danke für den ausführlichen Bericht!

    Ich persönlich bin hauptsächlich an Photospheres interessiert und die sehen auch mit der X4 einfach total matschig aus. Wenn man das mal durchrechnet müssten die Bilder allerdings besser aufgelöst sein, als sie es sind. Ich habe ja den Verdacht, dass die Kamera die sehr stark komprimiert. So kann man sich das jedenfalls nicht gerne als Erinnerung ansehen.

  2. Wie verbindet man die Kamera mit dem Handy?
    Müssen die beiden im selben WLAN sein? Oder strahlt die Kamera ihr eigenes WLAN aus, so wie ich es von Sony-Kameras kenne, und man dann auf dem Handy kein Internet hat?
    Kann man auf dem iPhone den Hotspot starten und die Kamera fürs Streaming nutzen?

    • Normalerweise nutzt Du für die Handyverbindung die App von Insta360.
      Das funktioniert mehr schlecht als recht und meist wird die Verbindung gerade dann verloren, wenn es gar nicht brauchen kann.
      Mit schon 1,2GB direkt nach der Installation ist die App auch nicht gerade ein Leichtgewicht.

  3. Die Videos mal mit einer Quest getestet? Gerade hier macht Auflösung schon einen Unterschied.

  4. Was mich bei der X3 stört ist die Fummelei mit dem Aufladen. Ich würde mir wünschen, dass es eine induktive Ladeschale gäb und das Ding einfach drauf stellt.

  5. Sir_Kartoffelbrei says:

    Ich habe das Upgrade von X3 auf X4 gemacht. Ohne lange zu überlegen. Ichfilme damit Motorrad Fahrten und vieles mehr. Ich Filme dank X4 im 5,7K+ Modus. Es wird also 8K gefilmt und dann in der Kamera auf 5,7K gespeichert, aber mit mehr Details Dadurch bleibt mehr Akku zur Verfügung, aber die Bildqualität steigt. Dann ist da sowieso der größere Akku. heißt weniger Akku Wechsel oder Lade Pausen. Und jetzt, etwas das mich überzeugt hat, ich kann endlich ohne viel kabel verlegen zu müssen, mein Headset direkt mit der Kamera verbinden und meine MotoVlogs aufnehmen und nicht erst hinter her besprechen oder über Umwege (andere Aufnahmegerät oder Kabel und Adapter) zusammenfügen, wie es bei der X3 der Fall war.

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