„Forza Horizon 4“ angezockt: Rasante Idylle
Als Microsoft im Juni „Forza Horizon 4“ vorgestellt hatte, war ich einigermaßen skeptisch: Als Multiplayer-Muffel war ich von dem ganzen Gefasel einer gemeinsamen Spielwelt, die man sich in den Standardeinstellungen mit anderen Gamern teilt, wenig angetan. Nun konnte ich mir dank eines Testmusters aus Redmond detailliertere Eindrücke verschaffen und muss meine Skepsis zum größten Teil ablegen. Auch wenn Rennspiele nicht zu meinen bevorzugten Genres zählen, hatte ich bisher jede Menge Spaß mit „Forza Horizon 4“.
Auch „Forza Motorsport 6“ und „Forza Motorsport 7“ habe ich gezockt. Beide Spiele sind für einen alten Action-Adventure- und RPG-Fan für mich aber zu sehr klassische Rennsimulationen, als dass sie mein Herz hätten völlig erobern können. Die Reihe „Forza Horizon“ setzt aber andere Schwerpunkte. Sie behält einige der klassischen Tugenden der Hauptreihe bei, etwa die schier unendliche Anzahl von Fahrzeugen, die endlosen Tuning-Optionen und das extrem anpassbare Fahrverhalten bzw. die automatische Unterstützung dabei, setzt aber auf eine offene Spielwelt mit zahlreichen Haupt- und Nebenaufgaben.
Wie auch in der Hauptserie, könnt ihr dabei durch zahlreiche Settings haarklein anpassen, wie schwer oder leicht das Spiel sein soll. Etwa schaltet ihr die Assistenz ein oder aus, die euch anzeigt, welche Position ihr am besten auf der Straße oder im Gehölz einnehmt und wann ihr abbremsen solltet. Außerdem könnt ihr auch Brems- und Lenkhilfen im Grad der Hilfestellungen konfigurieren und die Fähigkeiten der KI-Fahrer anpassen. Denn glücklicherweise könnt ihr auch immer noch auf Wunsch als Singleplayer durch das britische Szenario von „Forza Horizon 4“ kurven, solltet ihr menschliche Rivalen lieber meiden.
Die Spielwelt ist dabei mit viel Liebe zum Detail gestaltet worden: Ihr könnt herumstehende Zäune, Mauern und Mülltonnen umbrettern. Damit ramponiert ihr zwar euer Fahrzeug, erhaltet aber auch Skillpunkte. Besonders viele gibt es, wenn ihr mehrere rasante Manöver verknüpft. Rast ihr also gegen einen Zaun, driftet um eine Kurve, nur um dann einem anderen Fahrer knapp auszuweichen, dann multipliziert das den Bonus. Dabei gibt es einige RPG-Mechaniken: Je mehr ihr mit einem bestimmten Wagen herumkurvt und Skillpunkte anhäuft, desto mehr könnt ihr Boni für das spezifische Fahrzeug freischalten. Dadurch sammelt ihr dann etwa mehr bzw. schneller Einfluss.
Den Einfluss benötigt ihr vor allem zu Anfang, um die jeweiligen Horizon Showcases der unterschiedlichen Jahreszeiten freizuschalten. In jenen abgedrehten Events startet ihr beispielsweise gegen ein Luftkissenboot, einen Zug und mehrere Motorcross-Fahrer einzelne Rennen. Die Jahreszeiten bringen aber noch deutlich mehr ins Spiel. So eiert eurer Sportwagen natürlich bei vereisten Straßen ganz anders durch die Gegend, als bei klarem Sommerwetter. Auch optisch kleidet der Entwickler Playground Games die Spielwelt jeweils in ein ganz eigenes Gewand, je nachdem welche Jahreszeit vorherrscht.
Jedoch wechseln die Jahreszeiten zu Anfang automatisch mit den Showcase Events und später einmal pro Woche. Selbst Einfluss darauf nehmen könnt ihr leider nicht. Habt ihr euch durch die Showcases geackert, zählt ihr zum festen Horizon Roster. Dadurch könnt ihr schließlich auch an Online-Events teilnehmen – Forzathon nennt sich der Spaß und beinhaltet regelmäßig neue Herausforderungen. Jene haben mich aber null gereizt und auf unangenehme Weise an Free-to-Play-Titel wie „Hearthstone“ erinnert. So hagelt es hier lahme Aufgaben, bei denen man auf bestimmte Weise Skillpunkte sammeln soll oder bestimmte Fahrzeuge kaufen muss.
Wer mehr Spaß an Multiplayer-Modi hat als ich, freut sich vielleicht eher über die sogenannten Team Abenteuer. Dabei bilden die Spieler zwei Gruppen und messen sich in mehreren Modi wie der Flaggenjagd miteinander. Hier gibt es sogar Ligen, in denen ihr Belohnungen freispielen könnt und euch im Rahmen einer Saison Schritt für Schritt hocharbeiten könnt. Mein Bier ist das nicht, da ich dafür einfach zu unregelmäßig zocke. Aber wer am Ball bleibt, kann hier sicherlich viel Spaß fürs Geld rausholen.
Ich habe mich dann eher den Singleplayer-Missionen gewidmet: Es gibt unterschiedliche Rennformate wie die Dirt-Rennen durchs Gehölz, klassische Rennen über die Straßen oder auch die ausgefalleneren Stuntman-Missionen. Letztere haben mir besonders viel Spaß gemacht. Sie lassen euch etwa innerhalb eines Zeitlimits Skillpunkte durch das Verwüsten eines Dorfes sammeln oder schicken euch rasend durch die Pampa. Des Weiteren ist die Spielwelt aber auch mit anderen Aufgaben vollgestopft.
Einige davon sind allerdings auch recht stumpfe Sammelarien. Ein paar Hundert Schilder in der Spielwelt aufzustöbern und stupide zu zertrümmern, das ist nicht unbedingt das, was ich mir unter Spaß vorstelle. Empfinde ich als veraltetes Spieldesign, das leider aber zuletzt auch „Spider-Man“ noch infiziert hatte. Immerhin bringt die spielerisch anspruchslose Sucherei euch Vorteile: Wer alle Fast-Travel-Schilder zerdeppert, reist etwa danach umsonst. Außerdem gilt es noch Beauty-Spots aufzustöbern, Blitzer mit möglichst hohem Tempo auszulösen und z. B. bei Warnschildern mit möglichst viel Kawumm waghalsige Stunts auszuführen.
Grafisch ist „Forza Horizon 4“ eine Wucht. Auf der Xbox One X lässt sich das Game entweder in nativem 4K mit 30 fps oder aber in 1080p mit 60 fps zocken. Beide Modi haben ihre eigenen Vorzüge. Wer also die beste Bildqualität wünscht, zockt natürlich in 4K. Wer aber lieber ein flüssigeres Gameplay mag, kann mit 60 fps voll auf seine Kosten kommen. Auch die Soundkulisse ist gelungen. Allerdings gibt es bei den Radiostationen schnell Wiederholungen, so dass man schon innerhalb kürzerer Sessions rasch immer wieder den selben Tracks lauscht. Gilt doppelt, wenn man nicht so sehr auf elektronische Musik steht, denn da gibt es noch die größte Auswahl bei den Sendern.
Einsteiger fühlen sich vielleicht Anfangs von „Forza Horizon 4“ überfordert, denn man kann sozusagen bis zur Art der Zündkerze bei mehr als 450 Fahrzeugen alle Kleinigkeiten anpassen. Wer sich damit nicht beschäftigen möchte, kann sich aber dank der Community Tuning-Einstellungen herunterladen. Ihr zahlt dann dennoch die im Game freispielbaren Credits für die Modifikationen, müsst aber eben nicht selbst alles im Detail in den verschachtelten Untermenüs begutachten. Das gilt auch für die endlosen Möglichkeiten die Autos zu lackieren.
Während des Anspielens hatte ich jede Menge Spaß mit „Forza Horizon 4“, glaube aber, dass die Langzeitmotivation nur bleibt, wenn man auch auf die umfangreichen Multiplayer-Optionen Bock hat. Zum Rennspiel-Fan macht mich der Titel als eher genrefremden Zocker also leider nicht. Allerdings bietet das Game eine absolut beeindruckende Technik, eine liebevoll gestaltete Spielwelt und umfangreiche Anpassungsmöglichkeiten. Auf Bugs bin ich ebenfalls kaum gestoßen – einmal blieb ich halb in einem Haus stecken, konnte mich durch wirres Rumgewackel dann aber doch befreien.
Wer also die Reihen „Forza Motorsport“ und „Forza Horizon“ liebt, kommt bei „Forza Horizon 4“ in den Genuss eines sehr vielseitigen und ausgereiften Rennspiels, das mit seiner Spielwelt, einem gewissen augenzwinkernden Humor und der tollen Technik mit Sicherheit viele Fans finden wird.
jepp, ein sagenhaft gutes spiel.. tolle open-world, hervorragende grafik – bei den (optischen) tuning-möglichkeiten könnte es etwas mehr geben, aber dafür gibt’s auch ne riesenauswahl an autos, inkl. vieler klassiker.
läuft auch auf meinem „nicht-mehr-so-ganz“-high-end pc super: win 10, i7-3770, 16gb ram, radeon rx480 – ordentliche 70+ fps (mit freesync) bei ultra-grafikeinstellung und 1080p
Megageiles Spiel!
…wenn es da nicht schon die 2 hervorragende Vorgänger gebe. Leider bietet FH4 zu wenig Gameplay Neuerungen. Für jemanden, der FH3 und FH2 nicht gespielt hat ist es sicherlich eine Offenbahrung, für alle anderen ist das Spielkonzept vermutlich langsam ausgelutscht!
Ich habe keine Rennspiele und auch keine Erfahrung darin. Kann man FH4 auch mit einem Controller spielen oder braucht man zwingend ein Lenkrad mit Pedale um einigermaßen mitzuhalten? Bitte nur ernst gemeinte Zuschriften 🙂
controller ist grundsätzlich kein problem. spiele es mit nem xbox (360)-controller.
Kein Problem. Benutze den „alten“ X360 seit eh und je für Racer aller Art, inkl. Assetto / Project Cars.
Hi!
Bin Neuling in Sachen XBox .. wollte mal fragen, ob die Games auch noch auf einer ollen Xbox One S Spaß machen .. oder ist die für solche Sachen zu langsam ?
Danke euch!
Ich habe selbst eine One S und damit macht es nicht weniger Spaß! Performance technisch bei noch keinem Spiel ein Problem gehabt bisher.
Die One X kann das sicherlich besser darstellen (natives 4K, HDR etc.) aber mit der One S hast du keine Einschränkungen. 🙂
PS: Ich würde die One S auch nicht als „olle“ Konsole bezeichnen, seh sie noch vor der PS4 Pro. 😀
Träum weiter 🙂
bezogen auf welche Aussage? 😉
„seh sie noch vor der PS4 Pro“ Kleiner Spaß Deinerseits.
Xbox One S hast du dann 1080p mit 30 fps – sollte aber trotzdem ausreichend Laune machen :-).
Bei der One S hast du auch 4K, zwar nicht nativ (wie bei der One X) aber hochskaliert. 🙂